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In einer fernen Zukunft regieren nur noch Konzerne den bekannten Weltraum und alles, was für viele Menschen zählt, ist Likes auf sozialen Plattformen. Judith C. Vogt und Christian Vogt entführen uns in diesem Science-Fiction-Roman in eine Welt zwischen Konzernen, Likes und Weltraum-Gangs.

Bücher zu Rollenspielen gibt es eine ganze Menge und so ist es nicht verwunderlich, dass das Autor*innen-Duo Vogt zu ihrem Science-Fiction-Gang-Rollenspiel Aces in Space auch gleich den passenden Roman veröffentlicht.

Story

Die Zukunft ist strahlend, aber wenig gerecht, denn der bekannte Weltraum ist unter Konzernen aufgeteilt, die besonders um den sagenumwobenen Stoff Minkonium streiten, der interstellare Raumfahrt erst möglich macht. Alle, die nicht im Konzern leben und dienen, versuchen sich als freie und gerne unterdrückte Siedler*innen auf nicht ganz erschlossenen Planeten oder in konzernfreien Regionen des Weltraums als Freelancer*innen oder in einer Gang. Scheuen Gangs der heutigen Zeit mit ihren Aktivitäten meist das Rampenlicht, gehört in dieser Zukunft eine geschickte Vermarktung der eigenen Taten fest zum Geschäft dazu. Jeder Stunt könnte ein Like sein, jeder waghalsige Angriff auf einen Konzern einen neuen Sponsorenvertrag eines anderen Konzerns mit sich bringen. Das eigene Leben oder das Anderer steht hinter diesem Ziel in der Regel zurück.

Ace of Space erzählt uns in dieser Welt die Geschichten dreier Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Danai war Kampfpilotin des Konzerns Hadronic Inc. und desertierte samt Raumjäger, nachdem sie herausfand, dass der Konzern sie Zivilpersonen bombardieren ließ. Ihre Flucht vor der Vergeltung des Konzernes führt sie in die Gang ihrer Mutter, die mit Stunts und kleinkriminellen Aktionen ihr Dasein fristet, um den nächsten Like abzusahnen. Dort trifft sie auf den Prospect Kian, ein Anwärter für die Gang, der für den nächsten Like fast alles tut, aber doch zwischen Gewissen und Ruhm hin- und herschwankt. Beide verbindet die junge Aktivistin Neval, die ihr Jurastudium geschmissen hat, um Siedler*innen auf der von Konzernen beherrschten Welt Valoun II. zu helfen.

Grade als Danai beginnt, sich in das Leben der Gang einzufinden, holt ihre Vergangenheit sie ein. Sie muss an den Ort zurück, an dem sie für den Konzern Unschuldige getötet hat. Es entbrennt ein Katz- und Maus-Spiel, bei dem am Ende nicht nur das Leben der Siedler*innen auf dem Spiel steht.

Schreibstil

Aces in Space - Promoplakat des Kickstarters
Aces in Space – Promoplakat des Kickstarters

Die Geschichte wechselt zwischen den Perspektiven der drei Hauptpersonen und lässt Leser*innen an den Gedanken teilhaben. Das hilft sehr, die jeweilige Motivation der teils waghalsigen Handlungen zu verstehen. Unterbrochen werden die einzelnen Erzählstränge durch Einschübe, die das Geschehen aus Sicht von Social Media-Nutzer*innen wiedergeben. Das mag zu Beginn kurz irritieren, ist aber ein gutes Mittel, um das Gefühl für die Welt an sich zu verbessern.

Das Duo legt dabei ausgeprägten Wert auf eine inklusive Schreibweise, die sich konsequent durch Beschreibungen als auch Dialoge zieht. Herauszuheben ist, dass ihnen das auf eine derart angenehme Weise gelingt, dass selbst Kritiker*innen, die durch konsequentes Gendern den Lesefluss behindert sehen, kaum was zu meckern haben dürften. Allerdings gibt es eine exzessive Verwendung von, teils selbsterdachten, Jugendwörtern. Das stört den Lesefluss tatsächlich, da manche Wörter nicht gleich selbsterklärend sind und somit stocken lassen. Jenseits dessen ist das Buch aber sehr angenehm zu lesen und baut einen soliden Spannungsbogen auf, der aber leider erst nach circa der Hälfte des Buches wirklich anzieht.

Was leider viel zu kurz kommt, ist eine Beschreibung der Welt. Bis auf ein paar wenige Fakten fehlt das klassische Worldbuilding, obwohl der Roman den Platz gehabt hätte. So sind manche Dinge nicht auf Anhieb verständlich und auch das Gefühl für die Welt selbst leidet ein wenig darunter. Möglicherweise kann hier das Rollenspiel helfen. Es ist jedoch nicht praktikabel, beim Lesen eines Romans nebenher in einem Regelwerk zu blättern.

Die Autoren

Judith und Christian Vogt schreiben regelmäßig zusammen Romane in den Bereichen Fantasy und Science-Fiction. Judith ist zudem Herausgeberin des viel gelobten RollInclusive, einem Werk zu Diversität und Repräsentation im Rollenspiel, und engagiert sich stark für queere und feministische Themen. Außerdem ist sie Mitherausgeberin des Magazins Queer*welten.

Erscheinungsbild

Das Cover zeigt eine Ass-Karte und verweist damit sowohl auf den Titel als auch den Glücksbringer von Danai. Mittig ist zudem ihr Raumjäger platziert. Damit schlägt das Cover einen schönen Bogen zum Buch, was nicht immer selbstverständlich ist.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Ach je Verlag
  • Autoren: Judith C. Vogt, Christian Vogt
  • Erscheinungsdatum: 2020
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover und eBook
  • Seitenanzahl: 500
  • ISBN: 978-3947720477
  • Preis: 16,99 EUR Softcover, 12,99 EUR eBook
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Das Buch lässt mich zwiegespalten zurück. Ich bin begeistert von den Charakteren und dem einfach schönen Umgang mit Diversität. Es wirkt zu keiner Zeit erzwungen, sondern so, wie es sein sollte: ganz normal. Der Roman greift zudem auch wichtige aktuelle Themen auf, wie zum Beispiel den Umgang mit völkerrechtswidrigen Handlungen, bei denen die Weltgemeinschaft wegschaut.

Auf der anderen Seite fehlt es dem Roman eindeutig an einer Beschreibung der Welt. Vielleicht muss man dazu das Rollenspiel kennen, das sollte aber bei einem eigenständigen Roman nicht notwendig sein. Auch wirken die Sexszenen zwar sehr ästhetisch, aber nicht erforderlich für die Geschichte. Hier wäre spannender gewesen, mehr über die Welt zu erfahren, die gefühlt einiges Potential hat.

Die Geschichte an sich ist eher Standardkost und ziemlich vorhersehbar. Lesende dürften zu keinem Zeitpunkt überrascht sein. Für Genre-Neulinge ist vieles in dem Buch vermutlich nicht nachvollziehbar, für Kenner*innen fehlt es an Spannung. Gelungen sind aber die Charaktere und besonders die Kampfbeschreibungen. Man fühlt manche Kurve fast schon mit. Wer das Rollenspiel kennt, dem kann man das Buch jedoch bedenkenlos empfehlen.

Artikelbild: © Ach je Verlag, © Ace in Space Kickstarter
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Alexa Kasparek

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