Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Protagonist Heath Huston hat es in Fear Agent wirklich nicht leicht. Da will er im All seiner Alkoholsucht frönen und dann kommt dem Alienjäger auf dem Abstellgleis eine miese Verschwörung in die Quere. Womit diese actionreiche Graphic Novel überzeugen kann, besprechen wir in unserem Kurzcheck.

Bei einigen Autoren bin ich automatisch neugierig auf jede Neuankündigung. Spätestens seit Deadly Class gehört Rick Remender in diese Riege. Die Faszination dieser Serie sind ihre vielschichtigen Charaktere und ein stimmungsvoller Mix aus Action-Thriller und Coming-of-Age-Story. Zudem hat Remender bereits zuvor mit Seven to Eternity bewiesen, dass ihm auch epische Science-Fiction-Geschichten liegen.

Logischerweise hat es auch Fear Agent auf meinen Radar geschafft, besonders wenn man sich die Illustratoren der Graphic Novel ansieht. Der erste Teil des Sammelbandes ist von Tony Moore (bekannt aus Battle Pope und The Walking Dead) illustriert, während der zweite Teil von dem bereits bei Seven to Eternity überzeugenden Jerome Opeña gezeichnet wurde. Die Kurzbeschreibung versprach außerdem eine unterhaltsame Geschichte randvoll mit Action. Was konnte noch schief gehen?

Handlung & Charaktere

Wie sich zeigte wenig, denn Fear Agent liefert exakt das ab, was es verspricht. Der vorliegende Sammelband enthält die ersten 10 Ausgaben der im Original 32 Bände umfassenden Reihe. Protagonist Heath Huston ist das abgewrackte Überbleibsel einer Gruppe von Friedenswächter*innen, den sogenannten Fear Agents. Gebrochen von den Ereignissen der Vergangenheit sucht er immer nach neuen Wegen, seine Alkoholsucht und den Lebensstil eines Weltraum-Vagabunden zu finanzieren.

Da kommt es für ihn zugegeben ungelegen, als er auf eine Alien-Verschwörung zur Ausrottung der Menschheit stößt. Solche Heldenarbeit erfordert Fokus und Disziplin, die beim alkoholabhängigen Jäger nicht mehr in rauen Mengen vorhanden sind. Gemeinsam mit der Warp-Forscherin Mara begibt sich Heath widerwillig auf eine Mission, die mit boshaften Aliens, widerlichen Parasiten, und einer Vielzahl anderer Unannehmlichkeiten gespickt ist.

Fear Agent ist für mich ein gelungenes Beispiel von Science-Fiction-Action. Heath als Protagonist ist weder besonders sympathisch noch originell oder tiefgründig. Allerdings erfüllt er die ihm zugedachte Rolle dank seiner zynischen Art, dem hilfreichen Quäntchen Glück und seinem Hang zu dummen Kommentaren mit Bravour. Das Lesegefühl hat mich an Chrononauts: Zukunftsschock oder Space Bandits erinnert, die auf ihre unkomplizierte Art ebenfalls unterhalten. Im Vergleich zu Millars Graphic Novels erkennt man bei Remenders Geschichte außerdem bereits die Andeutung einer noch größeren Handlung im Hintergrund. Fear Agent ist damit nicht nur kurzweilig, unterhaltsam und abgefahren, sondern weckt auch Neugier am Hintergrund.

Optimierungspotential besteht dennoch. Wie bereits erwähnt könnten die Protagonist*innen Tiefgang vertragen, wobei neben Heath und Mara zugegeben alle anderen Charaktere irrelevant sind. Gegen Ende des Sammelbandes gibt es allerdings Anzeichen, dass sich das ändern könnte. Darüber hinaus verliert man schnell jede Sorge um den Helden von Fear Agent. Im Laufe der zehn Bände gerät Heath in eine Menge von Schwierigkeiten und in mindestens zwei Fällen wirkte die Lösung äußerst erzwungen. Auf der einen Seite erlaubt das Rick Remender den Charakteren fiese Steine in den Weg zu legen, auf der anderen Seite stumpft man als Leser*in mit zunehmender Lektüre ab.

Zeichnungen & Kolorierung

Trotz der beiden renommierten Künstler, hatte ich vor der Lektüre Sorge. Oftmals sorgen mehrere Illustrator*innen in einem Band bei mir für einen Bruch im Lesefluss, da ich Stilwechsel als störend empfinde. Glücklicherweise gelingt Moore und Opeña das Kunststück, einen einheitlichen Grafikstil zu verwenden. Einzelne Unterschiede im Detailgrad sind zwar erkennbar, beeinflussen aber das Lesevergnügen nicht negativ.

Fear Agent setzt in visueller Hinsicht auf Tuschezeichnungen mit markanten Außenlinien, leichte Überzeichnung und eine gesättigte Farbpalette. Die Kolorierung wechselt je nach Szene zwischen deprimierend schmutzig bis hin zu quietschbunt. Das Design der Charaktere ist nichts Bahnbrechendes und auch die außerirdischen Wesen sind zwar gelungen, aber keine Meilensteine der Science-Fiction. Dennoch entsteht der Eindruck eines vielfältigen und lebendigen Universums und die erzählte Geschichte profitiert von Abwechslungsreichtum.

Die Action ist wuchtig inszeniert und bei einigen Szenen fühlt man mit Heath mit, in welcher Gefahr er gerade schwebt oder welche Schmerzen er leiden muss. Generell sind Mimik und Gestik ausdrucksstark und die turbulenten Augenblicke glänzen mit Dynamik. Ein wunderbares Beispiel hierfür ist das vierte Kapitel, in dem es Heath und Mara mit tödlichen Roboterwesen aufnehmen. Das letzte Panel, das gleichzeitig das Ende des ersten Abschnitts des Sammelbands darstellt, hat sich direkt in mein Gehirn eingebrannt. Ebenso sieht es bei einigen Szenen aus, die opulent auf Doppelseiten dargestellt werden.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Cross Cult
  • Autor*in: Rick Remender
  • Zeichner*innen: Tony Moore, Jerome Opeña
  • Sprache: Deutsch
  • Seitenanzahl: 256
  • Preis: 26,00 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Fear Agent liefert genau ab, was ich mir von einer Rick Rememder Graphic Novel versprochen habe. Die Handlung um den verbitterten Alien-Jäger Heath Huston ist actionreich, dreckig, aber auch gleichzeitig melancholisch bis humorvoll. Das Resultat ist ein kurzweiliges Lesevergnügen, obwohl die Geschichte und Charaktere das Rad nicht neu erfinden. Klassische Motive und Charaktere der Science-Fiction finden sich in Fear Agent zuhauf, allerdings zu einem unterhaltsamen Cocktail zusammengemischt. Die Leichtigkeit der Erzählweise steht dabei der anvisierten Epik der Rahmenhandlung, die den Untergang der Menschheit bedeuten könnte, nicht im Wege.

Bei der visuellen Gestaltung hat Rick Remender mit Tony Moore und Jerome Opeña zwei echte Profis an Bord gebracht, die sich auf die Inszenierung knalliger Action verstehen. Trotz des Wechsels des Zeichners zwischen den beiden Abschnitten dieses Sammelbands, wirken die Kapitel aus einem Guss. Die Illustrationen entfalten besonders aufgrund der ausdrucksstarken Charaktere und wuchtigen Konflikte ihre eindringliche Wirkung. Als kleines Zusatzbonbon gibt es außerdem noch die Coverbilder der Einzelausgaben, sowie Skizzen und Artworks der beiden Zeichner zu finden.

Fear Agent erzählt vielleicht nicht die originellste Geschichte, verbindet seine Stärken jedoch gelungen zu einer unterhaltsamen Lektüre. Mich hat die Graphic Novel unterhalten und ich freue mich bereits auf den zweiten Sammelband, der im März 2021 erscheinen soll.

Futuristisches Action-Spektakel mit leichten Makeln

 

Artikelbilder: ©Cross Cult, © clearviewstock|depositphotos.com
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Christin Grigowski
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein