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Das dritte Jahr in Folge bringen Supermassive Games pünktlich zur dunkleren Jahreszeit einen neuen Teil ihrer Horror-Anthologie The Dark Pictures In House of Ashes geht es in den Irak, wo wir antike Gefahren entdecken, die unter der Erde verborgen waren. Wie spielt sich der neuste Teil der bewährten Horror-Formel?11

Das Team von Supermassive Games hat bisher nicht enttäuscht: Vier Jahre nach Veröffentlichung von Until Dawn (wir berichten in unserem Artikel über Single-Player-Spiele, die auch zu zweit Spaß machen) kam mit Man of Medan der Auftakt zur Horror-Reihe The Dark Pictures. Dabei handelt es sich um eine Anthologie von Spielen, die jeweils eine eigene Geschichte erzählen, aber nach demselben Spielprinzip funktionieren.

Den zweiten Teil der Reihe, Little Hope, haben wir ebenfalls für euch rezensiert. Die Spiele überzeugen mit einer eigenen Horror-Formel, die mehr Wert auf die Story und bedeutsame Entscheidungen legt und Action nur gut dosiert und wirksam einsetzt, statt sie zum Kern der Spiele zu machen.

Der neuste Teil der Reihe heißt House of Ashes. Darin nehmen wir die Rollen von vier Soldaten und einer Soldatin der US-amerikanischen Armee ein, die im Irak stationiert sind. Eine neue Technologie konnte ein gegnerisches Waffenlager ausfindig machen, das es zu zerstören gilt. Doch natürlich erfolgt nicht alles nach Plan und wir landen in einem unterirdischen Tempel aus vergessenen Zeiten, wo der Horror erst richtig losgeht. Schafft es House of Ashes, an die hohe Qualität der Vorgänger heranzukommen, oder wäre diese Geschichte besser vergraben geblieben?

Dunkle Geheimnisse der Antike

Zu Beginn des Spiels erleben wir wie gewohnt einen Prolog, der getrennt vom eigentlichen Spielgeschehen stattfindet. Diesmal ereignet er sich tausende Jahre in der Vergangenheit zu Zeiten des akkadischen Reichs. Wir erhalten Einblick in religiöse Rituale, welche die Götter besänftigen sollen, doch sie scheinen vergebens zu sein – der Tempel wird von dunklen Monstern überrannt und wir fallen ihnen zum Opfer.

Dann ein Sprung in die Gegenwart. Wir erhalten einen kurzen Einblick in die Beziehungen der Hauptcharaktere untereinander, bevor wir von unserer neuen Mission erfahren. Die Truppe soll ein potentielles Waffenlager der Gegenseite aufdecken und zerstören. Doch erst während der Mission stellt sich heraus, dass es sich nicht wirklich um ein Waffenlager handelt. Als die Erde sich auftut, landen wir stattdessen in dem Tempel, der seinerzeit von den Dämonen überrannt wurde.

In House of Ashes verschlägt es uns in einen Tempel aus dem antiken Mesopotamien.

Während wir nach einem Ausweg suchen, kämpfen wir nicht nur gegen irakische Soldaten um unser Überleben, sondern auch gegen die unheimlichen Monster aus der Vergangenheit. Währenddessen erkunden wir die Ruine und erfahren bald, dass wir nicht die ersten sind, die den Tempel gefunden haben: Bereits vor Jahrzehnten haben Archäolog*innen den Tempel erforscht und ein dunkles Geheimnis aufgedeckt.

Fünf Blickwinkel

In The Dark Pictures: House of Ashes schlüpfen wir abwechselnd in die fünf Hauptcharaktere und erleben aus ihren Augen die Story. Wir entscheiden, wie sie handeln und beeinflussen damit nicht nur den Verlauf der Geschichte, sondern auch die Beziehungen zwischen den Charakteren und ihre Eigenschaften. So kann sich ein Charakter im Laufe des Spiels verändern und Eigenschaften ablegen, die zu Beginn noch stark ausgeprägt waren.

Zu Beginn ist Rachel noch aggressiv und stur – doch das kann sich ändern.

Auf diese Weise entscheiden wir, wie sich das Geschehen auf einen Charakter auswirkt. Während beispielsweise Hauptcharakter Rachel King zu Beginn noch „Queen Bitch“ genannt wird, können wir mit unseren Entscheidungen dafür sorgen, dass sie bis zum Ende des Spiels sanfter und freundlicher wird – oder wir entscheiden uns, die vorhandenen Charakterzüge zu festigen. Doch all das hat ohnehin nur eine Bedeutung, wenn der Charakter überhaupt überlebt. Jeder von ihnen kann überleben, jeder kann sterben – es liegt in unserer Hand.

Gameplay

Das Spiel lässt sich mit bis zu vier weiteren Personen online oder lokal spielen. Jedem werden dabei ein oder mehrere Charaktere zugeordnet. Dann beginnt die Story. Das Gameplay steht auf drei Säulen: Dialoge, Erkundung und Action-Sequenzen.

Mit Sprache Realität erschaffen

Dialoge machen einen Großteil des Spiels aus. Dabei unterhalten sich die Charaktere und wir können zwischendurch Dialog-Optionen wählen. Dabei (und bei allen anderen Aktionen) ist es auch meist möglich, nichts zu tun oder zu sagen. Unsere Entscheidungen beeinflussen die Beziehungen und Eigenschaften der Charaktere.

Im Menü können wir beziehungsrelevante Entscheidungen einsehen.

Leider sind die Dialoge nicht so wirkungsvoll wie in früheren Teilen. Bei den Charakteren von Man of Medan oder Little Hope hat es Spaß gemacht, ihren Eigenschaften entsprechend zu handeln – oder auch nicht. Es blieb stets spannend, wann welche Charaktere wie auf unsere Entscheidungen reagieren.

Mal haben unsere Entscheidungen sofortige Auswirkungen, manchmal nur mittelbare.

Diesmal sind die Optionen jedoch deutlich weniger grau und mehr schwarz-weiß, sodass für uns oft nur eine Möglichkeit infrage kam. Möglicherweise liegt das aber auch daran, dass wir uns mit den patriotischen Soldat*innen nicht ganz so gut identifizieren konnten wie mit den zivilen Charakteren früherer Teile. Bedauerlicherweise war unsere spannendste Interaktion im gesamten Spiel die mit einem nicht-spielbaren Nebencharakter – nicht das, was wir von Supermassive Games gewohnt sind.

Iterativer Erzählstil

Ein weiterer zeitintensiver Aspekt des Spiels ist die Erkundung. Dabei steuern wir den Charakter durch die Katakomben des Tempels und suchen nach Hinweisen. Dabei kann es sich um Dokumente oder Gegenstände handeln, aber auch um Steinplatten, mit denen wir Vorahnungen freischalten – kurze Videosequenzen, bei denen wir mögliche zukünftige Ereignisse wie Charaktertode sehen können. Sie können uns helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um das Gesehene herbeizuführen oder zu verhindern.

Neben Informationen zur Story gibt es auch allgemeines Hintergrundwissen zu entdecken.

Außerdem können wir Hintergrundinformationen über die Geschichte erfahren. So finden wir anhand von Tagebucheinträgen heraus, was mit den Archäolog*innen passiert ist, die den Tempel bereits vor langer Zeit erkundet hatten. Allerdings ist die Story nicht so spannend, wie wir es aus früheren Teilen kennen. In Little Hope war die Hintergrundgeschichte so in ihre Puzzleteile dekonstruiert, dass es spannend war, sie nach und nach zu erfahren und zusammenzusetzen. Diesmal wird hingegen recht früh klar, was damals geschehen ist und wir erfahren mit jedem neuen Dokument kaum etwas, das wir nicht bereits vorher vermutet hatten.

Des Weiteren kommt bei der Erkundung nicht der gleiche Grusel auf wie in den Vorgängern. Während in Little Hope gut platzierte Schreckmomente und Rückblenden die Erkundungs-Sequenzen mit unheimlicher Stimmung aufgeladen haben, ist die Erkundung in House of Ashes größtenteils ohne Unterbrechungen ­– und ohne Grusel-Atmosphäre.

Action: ungewohnt plump

Das dritte Standbein des Spiels bilden die Action-Sequenzen, denen wir auf drei Arten begegnen. Wenn unser Charakter sich geschickt anstellen oder schnell reagieren muss, gibt es Quick-Time-Events, bei denen wir rechtzeitig eine gewisse Controller-Taste drücken müssen.

Hier müssen wir die schweren Türen schließen, bevor die Monster uns erreichen.

Bei Herausforderungen, die Kraft erfordern, müssen wir eine Taste oft hintereinander drücken, beispielsweise wenn wir uns gegen eine Tür stemmen. Wenn unsere Charaktere offensiv agieren, können wir meist innerhalb eines Zeitrahmens zielen und schießen oder schlagen.

Wenn die Zeit abläuft, haben wir unsere Chance auf einen Treffer verpasst.

Zwischendurch müssen wir uns auch verstecken – dann gilt es, in einem vorgegebenen Rhythmus eine bestimmte Taste zu drücken, damit unser Charakter stillhält. Das ist an sich zwar gar nicht so schwer, doch die Anspannung kann mitunter dazu führen, dass man versehentlich zu früh drückt.

Wenn der Puls ausschlägt, müssen wir den angegebenen Knopf drücken, um stillzuhalten.

Während die Action-Sequenzen zwar gewohnt spannend sind, schafft es das Geschehen jedoch nicht, uns in seinen Bann zu ziehen. Die Story ist zu geradlinig, als dass sie eine mitreißende Atmosphäre erzeugen könnte. In den vorherigen Teilen war für einen Großteil der Spielzeit ungewiss, was es mit dem Grusel auf sich hat und wie wir uns ihm am besten stellen. Das macht die Story nicht nur interessanter, sondern jagt uns auch noch mehr Angst ein – gerade weil wir nicht wissen, wovor wir uns eigentlich fürchten. Doch diesmal erfahren wir recht früh, wer unsere Gegner und was ihre Schwächen sind – nicht gerade unheimlich.

Es gibt jedoch auch eine spielmechanische Verbesserung: Bereits in Little Hope wurde ein dynamischer Charakterwechsel eingeführt, der nun angepasst wurde. Zuvor wechselte man mitten in einer Action-Sequenz in einen anderen Charakter und führte als dieser Aktionen aus. Das hatte jedoch den Nachteil, dass man im Multiplayer mitunter für die Charaktere von Mitspielenden verantwortlich war, was potentiell stressig werden konnte. In House of Ashes haben wir hingegen Zeit, den Controller weiterzureichen und müssen erst bestätigen, bevor es weitergeht.

Kleinere technische Mängel

Das Spiel läuft auf der PlayStation 4 flüssig, ohne besonders lange Ladezeiten und sieht dabei anständig aus. Die Charaktere wirken mitunter etwas merkwürdig animiert, aber das war auch bereits bei den Vorgängern der Fall. Ein weiterer optischer Makel ist, dass die Grafik teilweise noch gerendert wird, während wir sie bereits sehen, doch das ist nicht weiter störend.

Deutlich unangenehmer sind die Störgeräusche: Auf der PlayStation 4 kam es besonders in lauten Szenen mit viel Hintergrund-Lärm oft dazu, dass der Ton verlangsamt wiedergegeben wurde und von unangenehmem Knistern durchsetzt war. Ein Nebeneffekt war, dass Dialoge teilweise nicht vollständig ausgegeben wurden. Es bleibt zu hoffen, dass diese Soundprobleme mit Updates noch behoben werden.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Supermassive Games
  • Publisher: BANDAI NAMCO
  • Plattform: Windows, PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One, Xbox Series
  • Sprache: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Arabisch, Japanisch, Koreanisch, Portugiesisch, Russisch, Chinesisch
  • Mindestanforderungen: 64-Bit-Prozessor und -Betriebssystem, Windows 10, Intel Core i5-4690K oder AMD FX-8350, 8 GB RAM, Nvidia GeForce GTX 960, 4 GB oder AMD Radeon R9 380, 4 GB, DirectX 11, 65 GB verfügbarer Speicherplatz
  • Genre: Survival Horror
  • Releasedatum: 22.10.2021
  • Spielstunden: 6+, abhängig vom Spielstil und Anzahl der Durchläufe
  • Spieler*innen-Anzahl: 1-5
  • Altersfreigabe: 18 Jahre
  • Preis: 29,99 EUR (PC), 23,99 EUR (Konsolen)
  • Bezugsquelle: Online-Store, Amazon, idealo

 

Fazit

Supermassive Games bringen mit The Dark Pictures: House of Ashes den dritten Teil ihrer Horror-Anthologie heraus, die uns bisher gut gefallen hat. Diesmal schlüpfen wir in fünf Soldat*innen im Irak, wo wir auf einen antiken Tempel stoßen und gegen grässliche Monster und gegnerische Soldat*innen kämpfen müssen. Jeder unserer Charaktere kann leben und jeder kann sterben – es liegt in unserer Hand. Durch unsere Entscheidungen und unser Agieren bei Action-Sequenzen beeinflussen wir das Spielgeschehen und die Eigenschaften und Beziehungen unserer Charaktere.

Leider konnte House of Ashes uns nicht so überzeugen, wie es seine Vorgänger geschafft haben. Die Story war zu schwach und die gruselige Atmosphäre, die wir aus früheren Teilen liebten, bleibt diesmal aus. Auch die Charaktere sind zu uninteressant, als dass wir uns mit ihnen identifizieren könnten und Entscheidungen, die wir treffen, fühlen sich selten bedeutsam an. Während frühere Teile uns packten und in ihren Bann zogen, ließ uns die Story von House of Ashes größtenteils unberührt.

Wer ein Neuling der Reihe ist und definitiv alle Teile spielen möchte, könnte mit House of Ashes anfangen, da dieser mit Abstand der schwächste ist – danach werden die anderen nur umso mehr Spaß machen. Wer hingegen das militärische Setting mag und keine gruselige Atmosphäre in einem Horror-Spiel braucht, denen könnte das Spiel hingegen durchaus Spaß machen. Allen anderen empfehlen wir, diesen Teil lieber zu überspringen und auf den nächsten zu warten, der The Devil in Me heißen wird. Obwohl House of Ashes uns nicht gänzlich überzeugen konnte, haben wir weiterhin große Hoffnungen für das Finale der ersten Staffel von The Dark Pictures.

 

  • Gewohnt geschmeidiges Gameplay
 

  • Schwache Story
  • Mangelnde Stimmung
  • Kaum spannende Entscheidungen

 

Artikelbilder: © Supermassive Games
Layout und Satz: Verena Bach

Lektorat: Denise Hollas
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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