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Ob in einer Taverne oder gemütlich am Lagerfeuer, oft heben Barden mit ihrer Musik enorm die Stimmung. Doch was muss ein Barde eigentlich mitbringen? Reicht es, mit einer Gitarre aufzutauchen und ein Liedchen zu trällern, oder steckt mehr dahinter, als man auf den ersten Blick ahnt.

Barden sind eine extreme Bereicherung für eine Taverne und das ganze LARP. Ist ein guter Barde anwesend, wird der Abend nicht langweilig. Die Bardenrolle birgt allerdings ihre ganz eigenen Stolpersteine und hat einen gewissen Anspruch.

Was braucht ein Barde?

Was völlig unerlässlich ist, ist natürlich die Liebe zur Musik. Das Wichtigste ist, gerne zu tun, was man macht, und auch abseits von Veranstaltungen Zeit in dieses Hobby zu investieren. Jeder Musiker, egal, ob im Liverollenspiel oder in der Realität, muss üben, wenn er sich verbessern und sein Repertoire erweitern will.

Leidenschaft für die Musik und ein gewisses Charisma sind natürlich Grundvoraussetzung.

Hilfreich ist außerdem ein gewisses Mindestmaß an Charisma. Persönliche Ausstrahlung mag einen völligen Mangel an Talent nicht ersetzen können, ist aber durchaus dazu in der Lage, die ein oder andere falsche Note zu kompensieren. Im Gegenzug wird ein uncharismatischer, langweiliger Auftritt das Publikum nicht mitreißen, auch wenn jeder Ton perfekt getroffen wurde.

Hier wird deutlich, dass auch Barden Spieler sind, die lediglich einen Charakter darstellen und abseits der Musik genauso spielen wollen wie jeder andere.

Neben musikalischem Talent und Charisma kann auch ein dickes Fell von großem Nutzen sein, und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen gibt es immer wieder Menschen, die nicht konstruktive, sondern schlicht böswillige Kritik äußern, zum anderen kann das Publikum manchmal sehr undankbar sein. Heutzutage ist Musik im Alltag ständig verfügbar. Wir können jedes Lied, das wir mögen, jederzeit einfach über das Internet konsumieren. Genau diese Verfügbarkeit gibt es beim LARP nicht, auch wenn das nicht immer allen klar zu sein scheint. Längeres Gequengel nach einem bestimmten Lied, welches dann kaum gewürdigt wird, gehören leider zum Spielalltag eines Barden.

Spielleute und ihre Musik werden, besonders auf Tavernen, einerseits oft als selbstverständlich betrachtet, andererseits aber auch oft kaum wahrgenommen oder zur Hintergrundmusik degradiert. Solche Situationen können stark an die Substanz gehen. Wer in Erwägung zieht, einen Barden zu spielen, muss sich darauf einstellen, dass so etwas durchaus passieren kann. Natürlich gibt es auch dankbares Publikum und Applaus, aber dem Barden sollte bewusst sein, dass es auch anders kommen kann. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten, daher wird man es eh nie allen recht machen können.

Wichtig ist auch, dass nicht jeder Charakter, der ab und an musiziert, gleich ein Barde ist. Nur weil man ein Instrument dabeihat, muss man nicht automatisch gleich ein Barde sein (auch wenn man natürlich oft dafür gehalten werden wird). Auch andere Charaktere können gelegentlich Musik machen, ohne gleich Spielleute zu sein. Man kann ja auch im realen Leben ab und an gerne singen, ohne gleich ein Musiker zu sein. Um einen Barden zu spielen, sollte sich der Kern des Charakters um die Musik drehen. Und wenn man seine Sache gut machen will, sollte man wie erwähnt auch über das Spiel hinaus etwas Anstrengung aufbringen.

Eine Frage der Liederwahl

Ob eigene Lieder oder Interpretation mehr oder weniger bekannter Stücke – die Auswahl des Repertoires hat großen Einfluß auf den erzielten Eindruck.

Auch hier kann man sich darauf einstellen, dass man nicht jedermanns Geschmack treffen wird. Zwar hat jeder seine Lieblingslieder, über die er sich freut, aber genauso hat jeder auch Lieder, an denen er etwas auszusetzen hat. Sei es, weil es gerade nicht zur Stimmung passt, oder weil es an den Expartner erinnert, oder, oder, oder. Allerdings ist es für Spielleute völlig unmöglich, sich auf alle Eventualitäten einzustellen. Würde man das auch nur versuchen, wäre kein einziges Lied mehr spielbar. Der Barde sollte sich bewusst sein, dass jedes Lied auch eine Wirkung hat. Dadurch lässt sich die Stimmung sowohl untermalen als auch anheizen oder anderweitig in gewissem Maße steuern.

Auch, welche Lieder man spielt und woher man sie bezieht, sind wichtige Aspekte des Bardendaseins.

Gerade, weil es so viele Lieder wie Sterne am Himmel gibt, sind das Was und das Woher nicht immer einfach. Während manche Spieler immer dieselben Evergreens bevorzugen, sind andere froh, auch mal etwas anderes zu hören.

Nicht jeder ist gut darin, seine eigenen Lieder zu schreiben, und das muss auch nicht jeder tun. Über die Jahre haben sich einige Lieder etabliert, die der breiten Masse der Liverollenspieler bekannt sind, sodass man fast schon von allgemeinem Liedgut sprechen kann. Doch unabhängig davon sollte man die Lieder anderer Spielleute keinesfalls ungefragt übernehmen. Wer seine eigenen Lieder schreibt, investiert darin oftmals viel Zeit und Herzblut. Sich diese Arbeit ungefragt anzueignen, ist Diebstahl geistigen Eigentums. Zumal es oft nur einer freundlichen Nachfrage bedarf, um die Zustimmung des Urhebers zu bekommen. Im Wesentlichen ist es einfach eine Frage des gegenseitigen Respekts.

Was eher ungern gesehen wird, ist das Verwenden von Songs bekannter Folkbands. Zwar ist vorsichtig dosiert nichts dagegen zu sagen, besonders wenn der Barde noch am Anfang seiner Laufbahn steht und die Texte etwas anpasst, aber jedes Lied, das aus dem OT bekannt ist, birgt auch immer die Gefahr, die Hörer aus dem Spiel zu ziehen. Wobei hier auch nicht Lied gleich Lied ist. Volkslieder können trotz OT-Bezügen oft sehr „ambientig“ wirken. Neuere Cover werden unbewusst natürlich mit dem Original verglichen, und nicht jeder mag andere Interpretationen.

Angesichts der Tatsache, dass es etliche etablierte Barden gibt, kann es anfangs schwierig sein, den Anschluss zu finden. Besonders dann lohnt es sich, zu üben und den Austausch mit erfahreneren Kollegen zu suchen.

Andere Barden: eher Kollege oder Konkurrenz?

Einzelgänger oder Teamplayer – der Barde kann Stärke sowohl aus Abgrenzung als auch aus Zusammenarbeit ziehen.

Auch, wenn es IT zu persönlichen Rivalitäten und Spannungen kommen kann, sind Barden untereinander meist sehr kollegial. Wenn mehrere Barden aufeinandertreffen, ist es weitaus wahrscheinlicher, dass sie anfangen, miteinander zu musizieren, als dass sie sich gegenseitig übertrumpfen wollen. Dabei werden etliche Lieder dann entweder mehrstimmig oder als Duett gesungen. So findet auch ein reger Austausch von Musik und Liedern statt. Alternativ kommt es oft vor, dass die Barden anfangen, sich untereinander abzusprechen, wer was als nächstes spielt.

Wie oben schon angedeutet, ist der Respekt füreinander ein wichtiger Aspekt des Bardenspiels. Charaktere reden miteinander, und äußert man sich abfällig über einen Kollegen, ist es wahrscheinlich, dass sich das früher oder später zu ihm durchspricht. Natürlich kann das auch gezielt gemacht werden, um Spiel daraus zu generieren. Auch wenn die meisten Barden sich untereinander gut verstehen, kann eine kleine Rivalität hier und da sehr spielfördernd sein.

Wichtig ist auch, sich bewusst zu sein, dass man lediglich ein Barde von vielen ist und nicht der Nabel der Welt. Auch, wenn man ein wirklich guter Spielmann ist, darf man sich dessen zwar durchaus bewusst sein, sollte es aber keinesfalls jedem unter die Nase reiben. Niemand mag Musiker mit Starallüren. Das gilt nicht nur für andere Spielleute, sondern auch für das Publikum. Zwar bekommt man viel Lob, wenn man eine gute Show abliefert, aber es sich zu Kopf steigen zu lassen, kann sich schnell rächen. Herablassendes oder arrogantes Auftreten kann schnell isolieren, und LARP ist immerhin ein Hobby, welches vom Zusammenspiel und vom Miteinander lebt.

Fazit

Am Ende dreht sich das Dasein eines Barden besonders intensiv um einige wenige Punkte. Die Musik, das Spiel mit dem Publikum und das Spiel mit anderen Barden. Auch, wenn das erstmal nicht nach viel klingt, kann jeder dieser Punkte sehr viel Mühe kosten.

Wenn man bereit ist, sich auf das Bardenspiel einzulassen, kann es eine überaus dankbare Rolle sein, mit der man sich nicht nur selten langweilt, sondern auch anderen viel Vergnügen bereiten kann. Natürlich braucht es Zeit, um sich einen Ruf aufzubauen, doch ist das erstmal gelungen, ist man an jedem Tisch oder Lagerfeuer ein gern gesehener Gast. Hier muss man eventuell noch mehr als bei anderen Rollen darauf achten, dass man das Konzept auch ein Stück weit leben kann. Zwar kann hier ein Misserfolg besonders frustrierend sein, aber umso mehr Erfüllung kann auch das Geräusch der applaudierenden Spielerschaft bringen. Nur wenige Rollen erfordern ein derart hohes Maß an Hingabe, aber diejenigen, die mitbringen, was man braucht, werden es wahrscheinlich früher oder später ohnehin irgendwann ausprobieren. Einige werden scheitern oder feststellen, dass ihnen diese Rolle doch nicht liegt, aber diejenigen, die Erfolg haben, werden nicht nur viel Spaß haben, sondern auch anderen mit ihrer Musik viele schöne Stunden bereiten.

Artikelbilder: © bettorodrigues, surkovdimitrisvarshik1.gmail.com @ Depositphotos.com, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

Über den Autor

Robert Hess studiert Ressortjournalismus in Ansbach und verbindet damit Hobby und Studium. Als leidenschaftlicher LARPer treibt er sich hauptsächlich in Süddeutschland auf diversen Cons rum. Über dieses phantastische Hobby schreibt er nun auch bei den Teilzeithelden und widmet sich dabei Praxistipps ebenso wie Bastelanleitungen.

 

 

6 Kommentare

  1. Schöner Artikel, vielen Dank! Sehr übersichtlich aufgestellt, was einen zukünftigen Bardenspieler erwartet.
    Was mir ein wenig fehlt – bzw. zwischen den Zeilen zu sehr untergeht – ist die Ermutigung zum lebendigen Charakter. Natürlich ist Entertainment der Barden Job, aber unsere Rolle beginnt nicht erst Abends am Feuer oder in der Taverne. Auch Barden können – und sollten! :) – Plot jagen, Abenteuer erleben, die Welt mitretten.

  2. Eine Bitte an die vielen Jungbarden, und, auf die Gefahr hin sexistisch zu klingen, aber das ist vor allem ein Phänomen weiblicher Bardinnen:

    Es ist ja schön, dass man ein riesiges Repertoire weltschmerzender frühadoleszenter Wehmutslieder vorzuweisen hat und zudem jedes noch so anzügliche Trinklied in unangebrachter Melancholie zu ersaufen fähig ist, aber ich beobachte eine gewisse Tendenz zum Kuschel(wappen)rock, der jeden noch so amüsanten Abend durch das Bedürfnis nach außen getragener Einfühlsamkeit aufmerksamkeitsbindend zu stören weiß.

  3. Ein wirklich schöner Artikel, wobei ich mir gewünscht hätte, gerade bei der Überschrift „Zwischen Rollenspiel und Musik“ dass er noch ein wenig mehr in die Tiefe geht.

    Seit dem Jahr 2000 bin ich LARPer, seit 2004 spiele ich einen Barden. Durch das Liverollenspiel habe ich irgendwann mein Hobby zum Beruf gemacht und bin nun tatsächlich seit 7 Jahren auch hauptberuflich Musiker.
    Barden haben mitunter mit deutlich mehr zu kämpfen, als „nur“ mit der Kritik. Oft ist die Taverne auf Cons ein Ort der, gerade zu späterer Stunde, gerne zu einer großen OT-Balse mutiert. Das ist, gerade für Barden, oft frustrierend. Ich weiss nicht wie oft ich in den letzten Jahren schon Tavernen verlassen habe, weil mich das OT in der Taverne genervt hat. Das betrifft natürlich nicht nur die Barden, aber da man als ein solcher eben sehr oft, auch zu späterer Stunde noch die Taverne unterhält (und auch unterhalten möchte) bekommt man es vermutlich öfter mit als andere Charaktere.

    Noch ein sehr interessanter und auch sehr schwieriger Punkt, fehlt im Artikel leider komplett:
    Ein guter Barde bringt Stimmung in eine Taverne, bringt die Leute zum Tanzen, mitsingen, länger bleiben und auch zum Konsumieren. Es ist, wie mit einer (Cover-) Band bei einem kleinen Festival. Solange die Musik läuft, bleiben die Leute und trinken. Nun gibt es neben den vielen Tavernen, die das Bier oft zum (fast) Selbstkostenpreis anbieten, auch immer wieder Tavernen, die extern auf LARPs kommen, oder gar, wie zum Beispiel bei so mancher Großveranstaltung, damit richtig Geld machen. Ist der Barde an diesem Punkt nicht schon mehr Musiker als Rollenspieler? Ist es gerechtfertigt, dass Barden auf Con weniger/gar nichts zahlen, oder ist es einfach nur eine Rolle mehr, die der Taverne Leben einhaucht? Was denkt ihr dazu? Denn für Kupfer kann man sich auch in der intime-igsten Taverne nun mal kein Bier kaufen.

    beste Grüße
    der Barde Ranarion

  4. Ich lese es immer wieder auch wenn ich es noch nie erlebt hab: das Kupfer fürs „endlich aufhören“ ;) Solange jemand zahlt spiele ich. Davon lebe ich in der Rolle als Spielmann zumindest und als Barde vielleicht wenn es um Musik geht.
    Es kommt oft genug vor, dass natürlich nicht das ganze Publikum mit der gleichen Musik zufrieden ist. Ich denke es ist schon eine Kunst für sich, das Gespür aufzubringen, wann bestimmte Lieder die Stimmung in eine Wünschenswerte Richtung drehen und wann man nur noch noch für einige wenige spielt (egal wie sehr man vll. persönlich auf ruhige Balladen steht). Fair ist meiner Meinung nach, zunächst für die Mehrheit zu spielen, und bei gewissen Stimmungen und Situationen im LARP eben auch das Szepter in die Hand zu nehmen und etwas passendes zu spielen. Draußen sind grad 10 Leute gefallen um das Dorf zu verteidigen aber drinnen heißt es „Barde spiel ein Sauflied“…ja nee…manchmal muss man dann schon zwischen schönen Spiel und heiterem Publikum abwägen. Ich vertrete die Meinung, dass Spiel vorgeht und die Fröhlichkeit manchmal auch noch 15 Minuten Warten kann.

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