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Von Daniel Jüttner.

Auflegen, spannen, schießen und das Gleiche noch einmal von vorne. Aber halt: Was, wenn der Pfeil beschädigt ist und wie erkenne ich das eigentlich? Muss ich den sofort wegwerfen oder kann man noch etwas retten? Der folgende Artikel soll euch bei diesen Fragen helfen.

Wer bereits etwas Erfahrung damit gesammelt hat, wie das Leben als Bogen- oder Armbrustschütz*in auf einer Con ist, der kennt sicher folgende Situation: Der Kampf ist vorbei, die Pfeile überall auf dem Schlachtfeld verteilt; es geht ans Suchen. Je nach Veranstaltung gibt es sehr aufmerksame Spielleitungen, die schon während des laufenden Gefechts die verwendeten Geschosse gesammelt und zur Abholung bereitgelegt haben. Am Ende ist die Situation die Gleiche: Man steht vor einem Berg an Pfeilen, den es zu überprüfen gilt.

Schütz*innen sollen schützen

Diesen Spruch sollte man als Fernkampf-Spieler*in umgehend verinnerlichen. Denn ist der Pfeil erst einmal auf dem Weg, kann man diesen nicht mehr zurückholen. Es gibt kein Abbremsen in letzter Sekunde, keine Änderung in letzter Sekunde; nichts, was im Larp-Nahkampf möglich wäre. Das Spielen eines*einer Schütz*in bringt eine erhöhte Verantwortung mit sich, bei der stets noch mehr als üblich auf die Sicherheit seiner Mitspielenden zu achten ist. Der Fokus darauf soll selbstverständlich niemanden abschrecken oder den Spielspaß einschränken. Denn beachtet man ein paar Punkte, ist der Aspekt relativ unkompliziert im Larp umzusetzen.

(Neues) Equipment

Um eine*n Schütz*in überhaupt darstellen zu können, benötigt man zuerst einmal die passende Ausrüstung. Das Charakterkonzept dabei einmal ausgeklammert, sind es bei einem*einer Bogenschütz*in im Regelfall: Bogen, Pfeile, Köcher, Armschutz und Schießhandschuh (alternativ ein Fingerschutz-Tab). Die beiden zuletzt Genannten dienen der eigenen Sicherheit und sollen hier nicht unerwähnt bleiben. Den Satz “wer billig kauft, kauft zweimal” haben sicher die meisten bereits einmal gehört und darin steckt mehr als nur ein Körnchen Wahrheit. Darum sollte man definitiv darauf verzichten, bei vermeintlichen Schnäppchen im Internet zuzuschlagen, bei denen Bögen und Pfeile zu einem Spottpreis aus dem Ausland importiert werden. Generell sollte man beides besser vor dem Kauf einmal in der Hand gehabt haben, um ein Gefühl dafür zu bekommen.

Bogen und Nutzung

Es gibt verschiedene Arten von Bögen und diese sind jeweils unterschiedlich zu handhaben. Außerdem ändern sich durch die Varianten die Anforderungen daran. Im Larp-Alltag trifft man im Regelfall auf zwei Typen, den Lang- sowie den Reiterbogen. Sport- oder auch Jagdrecurvebogen werden zum einen wegen der Optik, zum anderen wegen der sich dadurch entwickelten Kraft auf den Pfeil meist nicht auf Cons zugelassen. Gemessen wird die Stärke eines Bogens in lbs (libres, englisch für Pfund), welche man mit Bogenwaage und Messpfeil nachprüfen kann. Auf den meisten neu gekauften Bögen ist die lbs-Angabe direkt auf dem Bogen zu finden, was es für Spielleitungen bei etwaigen Kontrollen einfacher macht. Sollte dies nicht vermerkt sein, greift man durchaus auch während der Veranstaltung auf die erwähnten Messgeräte zurück. Wie stark ein Bogen sein darf, ist tatsächlich auf jedem Event unterschiedlich geregelt. Manche Veranstalter lassen (Lang-) Bögen mit max. 30 lbs und, aufgrund der höheren Kraftentwicklung, Reiterbögen mit maximal 25 lbs zu. Der Richtwert, der sich über die letzten Jahre für egal welchen Bogentyp durchgesetzt hat, liegt aktuell bei 25 lbs. Wie man mit dem Bogen korrekt umgeht, soll hier nicht das Thema sein. Am besten beschrieben hat das Karsten Schiller in einem Gastartikel im Blog der Kranke-Geister-Orga. Dieser Beitrag ist allen neuen oder alten Larp-Schütz*innen zu empfehlen, die noch etwas dazulernen möchten.

Pfeilarten

“Pfeil ist doch Pfeil”: Ein Satz, den man nur von jemandem hört, der sich noch nie wirklich mit dem Thema beschäftigt hat. Eine schnelle Suche im Internet lässt einen darauf stoßen, dass es Pfeile in den verschiedensten Arten gibt. Maßgeblich dabei sind hauptsächlich die unterschiedlichen Materialien, die, in einem direkten Vergleichstest, zu abweichenden Ergebnissen führen, was Geschwindigkeit und Energie angeht. Beginnend mit dem Pfeilkopf, findet man dort bereits zwei verschiedene Varianten. Zum einen den Flachkopf, bestehend zumeist aus Schaumstoff, und zum anderen den Rundkopf, der aus einem Kunststoffguss besteht. Die Erfahrung auf Con zeigte in den letzten Jahren einen Trend hin zum Rundkopf, wie man sie von den Firmen IDV engineering und Bogensport Beier erstehen kann. Dieser ist überwiegend an einem Glasfaserschaft zu finden, welcher sich zwar durch ein etwas höheres Gewicht als die Vergleichsmaterialien auszeichnet, aber bei einer Beschädigung nicht splittert, sondern ausfasert, ohne Spitzen zu bilden. Moderne Carbonpfeile verhalten sich ebenfalls so, auch wenn sich hartnäckig Gerüchte über gebrochene Pfeile, die die Hand aufgespießt hätten, halten. Aktuell hergestellte Carbonpfeile werden kreuzförmig gewickelt, um genau das zu verhindern. Der Holzschaft macht verständlicherweise keine Innovation mehr durch und splittert weiterhin gefährlich scharfkantig. Am unteren Ende des Schafts des Pfeils befindet sich die Befiederung, die aus einzelnen echten Federn oder einem Kunststoffüberzug, der drei Federn nachbildet, bestehen kann. Bei den Echtfedern gibt es viele Farben und Formen, die beim echten Bogensport zwar für bessere Flugeigenschaften sorgen, bei dem Gewicht eines Larppfeils diese Vorteile aber größtenteils verlieren. Abgeschlossen wird das Ganze durch eine Nocke, im Regelfall aus Plastik, in die man die Bogensehne einlegt. Mancher Holzpfeil ist an dieser Stelle noch rustikal und besitzt nur eine Kerbe dafür am Pfeilende.

Pfeile überprüfen

Ist ein Pfeil einmal verschossen worden, sollte man ihn vor der nächsten Nutzung einer gründlichen Prüfung unterziehen. Das ist mit ein paar Handgriffen schnell verinnerlicht und mindert ein Unfallrisiko um ein Vielfaches. Was man nie tun sollte, ist, seinen eigenen oder, noch schlimmer, einen fremden Pfeil ungeprüft sowie ungefragt vom Boden aufzuheben und zu verschießen. Das wurde tatsächlich schon mehrfach auf Großcons beobachtet und ist ein absolutes No-Go. Zum einen handelt es sich um fremdes Eigentum und zum anderen weiss niemand, ob der Pfeil wirklich intakt ist. Darum gilt: Nur die eigenen Pfeile verwenden und nach dem kurzen Grundsatz der drei S prüfen: Schaft, Spitze, Schluss. Was das genau bedeutet, ist hier präziser ausformuliert.

Der Schaft

Ob aus Holz, Carbon oder Glasfaser: Die Prüfung läuft bei allen Materialien gleich ab. Nach einer Begutachtung auf offensichtliche äußere Schäden, ist der Schaft nah an ein Ohr zu halten. Sollte durch ein leichtes Biegen oder Drehen in entgegengesetzte Richtungen ein knackendes Geräusch zu hören sein, weist der Pfeil einen (Faser-) Riss auf und sollte aussortiert werden. Auch wenn der Schaden optisch nur klein erscheinen mag, dort ist an diesem Moment die Sollbruchstelle und somit das Risiko nicht tragbar.

Die Spitze

Der Pfeilkopf ist von allen Richtungen einmal zu begutachten. Sollten sich Fremdkörper, wie z.B. Dornen oder Kieselsteine, festgesetzt haben, sind diese zu entfernen. Wenn der Schaumstoffkopf oder die Schaumstoffummantelung danach keine Risse oder Einschnitte aufweist, geht man zur Probe durch Erfühlen über. Dabei ist ganz sanft am Pfeilkopf zu ziehen, als wollte man ihn vom Pfeil lösen. Gibt dieser nicht nach, ist alles in Ordnung. Im nächsten Schritt drückt man mit dem Daumen fest die Spitze ein, um durch das Polstermaterial den Druckverteiler darunter zu erfühlen. Fühlt sich dieser nicht fest und intakt, sondern wackelig oder gebrochen, an, ist der Pfeil direkt auszusortieren.

Der Schluss

Das Pfeilende besteht aus zwei wichtigen Komponenten, der Befiederung und der Nocke, bei denen eine Beschädigung sofort ins Auge springt. Fehlt eine Naturfeder oder rutscht die Kunststoffbefiederung den Pfeil entlang, legt man den Pfeil erst einmal zur Seite.

Das Gleiche gilt, wenn an der Nocke ein Bruch zu erkennen ist, da in beiden Fällen eine sichere Nutzung nicht mehr gewährleistet ist.

 

Retten oder aussortieren?

Wenn unter den geprüften Pfeilen nun einer dabei war, der nicht durch die obige Kontrolle gekommen ist, gibt es nur zwei Optionen: Reparieren oder Entsorgen. Diese richten sich danach, was genau das Problem am Pfeil ist. Sollte die Feder rutschen bzw. fehlen oder die Nocke gebrochen sein, so ist das Geschoss nicht verloren. Für beide Fälle kann man Ersatz erstehen und sollte das vorsorglich auch tun. Mit einer kleinen Zange kann man die beschädigte Nocke vom Pfeil ziehen, um so eine neue anzustecken. Auch eine neue Kunststofffeder kann so befestigt werden. Beides lässt sich mit einem Alleskleber fixieren und nach einer Wartezeit von mindestens zwei Stunden ist das Geschoss bereits wieder einsatzbereit. Sollte euer Pfeil durch die Schaft- oder Spitzenprüfung gefallen sein, dann ist dieser zu entsorgen. Auf keinen Fall sollte man diesen noch nutzen, die Aussage “Ach, der geht schon noch” ist definitiv nicht zulässig!

Verlust-Erfahrung

Um die die Angst zu nehmen, jedes Jahr zwanzig neue Pfeile kaufen zu müssen, weil das Beschädigungsrisiko doch so hoch sei, sei hier die persönliche Erfahrung des Autors angegeben. In über vier Jahren Dauereinsatz von IDV Rundkopf Pfeilen auf dem Conquest und diversen Kleincons sind von dreißig Pfeilen nur vier beschädigt worden. Da mag natürlich auch ein Quäntchen Glück mitspielen, aber ein Geschoss pro Jahr ist ein verschmerzbarer Verlust für die Anzahl an Nutzungen.

Nachwort

Unabhängig davon, welcher Pfeil am Ende genutzt wird, die obigen Schritte sollten die Unfallchance auf jeden Fall senken. Sollte trotz Einhaltung aller Punkte doch etwas passieren und sich herausstellen, dass Produktionsfehler oder Konstruktionsmängel dafür verantwortlich sind, dann sind zumindest die Pfeile von IDV mit einer Summe von 3 Millionen Euro versichert (Details dazu auf deren Webseite). Zum Schluss bleibt eigentlich nur noch eines zu sagen: Achtet gut auf euch und eure Mitspieler*innen.

Gut Schuss!

Artikelbilder : © Tamara Wurm (@feli.feather), Das Kriegsrad
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Jessica Albert

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