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Cosplayerinnen bewegen sich in auffälligen Kostümen durch die Öffentlichkeit und ziehen damit viele Blicke auf sich. Die Schattenseite davon sind viel zu regelmäßig Situationen mit Grenzüberschreitungen, Belästigungen und auch sexuellen Übergriffen, da vollkommen irrig unterstellt wird, wer sich auffällig kleide, wolle damit immer sexuelle Botschaften schicken.


Alle Artikel der Themenwoche zur Gleichberechtigung:


Unter dem Schlagwort „Cosplay is not Consent“ werden bereits seit einigen Jahren insbesondere in den USA Kampagnen für öffentliche Aufmerksamkeit gefahren, die auf sexuelle Belästigung und Übergriffe gegen Cosplayerinnen (und seltener Cosplayer) aufmerksam machen und dagegen ankämpfen. Auch in Deutschland wird das Thema seither immer wieder angesprochen, denn sexuelle Belästigung ist, wie #metoo und auch zuvor #Aufschrei gezeigt haben, keinesfalls ein lokales Phänomen, sondern ein internationales Problem.

Sexuelle Belästigung – das Alltagsphänomen jeder Frau

Wenn eine Frau Kleidung anzieht und sich damit vor die Haustür wagt, ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem sexistischen oder anzüglichen Spruch bedacht zu werden, tendenziell vorhanden. Wer sich konkrete Beispiele holen möchte, sei dazu aufgefordert, sich mit den Social-Media-Accounts von Projekten wie „Catcalls of xxx“ auseinanderzusetzen – dort werden in vielen Städten weltweit die Belästigungen protokolliert, indem am Ort des Geschehens der Spruch mit Kreide auf die Straße geschrieben wird, um öffentliche Aufmerksamkeit auf das Problem zu lenken.

Die unaufgeforderte Reduzierung eines Menschen auf dessen Fähigkeit, Sexualfantasien zu bedienen, ist kein Kompliment.

Gerade junge Frauen und Mädchen berichten von sexuellen Aufforderungen durch teils deutlich ältere fremde Männer, und auch am Arbeitsplatz und in der Schule oder Universität erleben Frauen sehr alltäglich, dass sie aus heiterem Himmel plötzlich zum Sexobjekt degradiert werden.

Denn das ist das, was bei einem anzüglichen Kommentar oder einer entsprechenden Geste passiert: Die Frau wird nicht mehr als Mensch mit Fähigkeiten, Interessen und Persönlichkeit wahrgenommen, sondern nur noch auf ihre Fähigkeit, männliche Sexualfantasien zu bedienen, reduziert. Der Mann, der einem Mädchen an der U-Bahn-Station „Hey, blas mir doch einen!“ hinterher ruft, reduziert sein Gegenüber nur noch auf seine eigene Sexfantasie. Ein Gegenüber, das regelmäßig vor dem Spruch keinerlei Interesse, insbesondere nicht sexueller Art, am Belästiger gezeigt hat.

Cosplay: Wie die Szene die Belästigungsformen prägt

Im Cosplay sind mehrere Faktoren relevant, die gerade Belästigungssituationen noch wahrscheinlicher machen als im sonstigen Alltag und gewisse Ausprägungen besonders häufig machen. Die allermeisten Cosplays sind auffällig, durch grelle Farben der Kleidungsstücke und Perücken, sodass der (schweifende) Blick auf die Cosplay-Trägerin gezogen wird und an ihr hängen bleibt.

Viel zu viele Medienvorlagen weiblicher Charaktere sind zudem bereits sehr sexistisch bis erotisierend codiert, die Figuren sind aus Männerfantasien entsprungen und werden entsprechend oft in unpraktischer bis unsinniger, dafür aber sexuell aufreizender Kleidung dargestellt. Plakative Beispiele sind z. B. Wonder Woman, deren originäre Superhelden-Kleidung auf 50er-Jahre-Pinup-Darstellungen basiert, also auf Unterwäsche zurückgreift.

Auch wenn ein Cosplay sehr aufreizend ist, ist das niemals eine „Einladung“ zu sexuellen Kommentaren oder gar Handlungen.

Auch sehr offensichtlich sind die aufgeblasenen Ballonbrüste, die nur marginal von Stoffeckchen bedeckt werden, wie sie in vielen Videospielen vorkommen, insbesondere in legendären Fighting-Games wie Dead or Alive. Generell ist beim Kostümdesign weiblicher Charaktere regelmäßig zu beobachten, dass Funktionalität kaum eine Rolle spielt. Werden diese Kostüme dann gecosplayt, sind die fertigen Outfits natürlich entsprechend freizügig und körperbetonend. Das zieht dann eben die Blicke – und wo die Aufmerksamkeit hinfällt, sind leider auch Belästigungen wahrscheinlicher.

Die Fankultur in der Szene bringt zudem zwei weitere Faktoren hinein: Cosplay ist auch Ausdruck des Fan-Daseins, und die Szene suggeriert eine innere Verbundenheit der Szene-Mitglieder.

Als Ausdruck der Fan-Kultur gehen viele Betrachter davon aus, dass ein Cosplayer das entsprechende Fandom genauso kennen und ausleben würde, wie der Betrachter, der die Vorlage erkennt. Sie schließen da viel zu oft von sich auf andere. Sind im Fandom (oder bereits im Originalwerk) sexuelle Inhalte in Doujinshi oder Fanart üblich, kommt es hier zu irrigen Annahmen, dass eine Cosplayerin diese Inhalte ebenso „gut“ finde wie der Betrachter, der Fan dieser sexuellen Inhalte ist.

Die „Szene-Verbundenheit“ suggeriert dann zudem eine Nähe, die zwischen an sich Fremden nicht existiert. Weil man „im selben Fandom“ ist, wird eine gewisse „Freundschaft“ angenommen, in der ein persönlicherer Umgang gepflegt werden könne, obwohl man den konkreten Cosplayer zuvor noch nie getroffen oder gesprochen hat. Auch das führt zu Grenzüberschreitungen, weil eine Vertrautheit angenommen wird, die eben gerade nicht existiert. Was man „unter Freunden“ vielleicht im Scherz sagen oder tun könnte, sagt man hier Leuten, die mangels Freundschaft keinerlei Kontext für eine Äußerung haben und gegenüber denen solche „Scherze“ eben nicht angemessen sind.

Cosplay ist auch nur Kleidung in bunt – Cosplay ist keine Einladung

Die genannten Faktoren (Auffälligkeit, sexistische Cosplay-Vorlagen, ggf. sexlastiges Fandom und fälschlich angenommene Fan-Nähe) spielen eine Rolle darin, dass und wie innerhalb der Fanszene belästigt wird. Die üblichsten Vorkommnisse sind unerwünschte Berührungen und verbale Belästigungen. Doch dass diese Faktoren dabei eine Rolle spielen, heißt eben gerade nicht, dass die Cosplayerinnen „schuld“ daran wären, dass Männer hier irgendwelche nichtvorhandenen Signale herbeifabulieren.

Vor einer Umarmung sollte immer gefragt werden!

Gerade die fälschlich angenommene „Freundschaft“ in der Szene ist es, die zu vielen unerwünschten Berührungen in der Szene führt. Das betrifft nämlich nicht nur offene sexuelle Belästigungen, bei denen einer Frau an Brüste oder Po gefasst wird, sondern auch plötzliche Umarmungen oder sonstige ungefragte Berührungen an Haaren oder Kostüm. In Deutschland sind zwischen Fremden allenfalls unabsichtliche Berührungen oder ein Händeschütteln üblich. Umarmungen sind unter Freunden üblich, aber gerade hier passiert eben innerhalb der Szene oft der Fehlschluss: Nur, weil sich beide Menschen in derselben Fanszene bewegen, für das gleiche Fandom und ggf. den gleichen Charakter schwärmen, sind die Personen nicht automatisch Freunde. Es gibt viele Menschen, die auch lose Bekanntschaften umarmen, aber dies ist nicht selbstverständlich, daher sollte vor einer Umarmung immer gefragt werden.

Auch häufig beobachtet: Sind in einer Begegnung mehrere Cosplayer der gleichen Serie involviert, werden Verhaltensweisen aus der Dynamik der Charaktere reproduziert. Doch auch hier muss man klar sagen: Die Cosplayerin oder der Cosplayer trägt nur das Kostüm. Sie oder er möchten deswegen nicht automatisch vom Cosplayer des entsprechenden Serien-Partners geküsst werden. Oder umarmt, gedrückt, „in-character“ begrapscht oder sonstwas, weder von Männern noch von Frauen. Und frau möchte auch nicht mit dem Charakter verwechselt werden – denn die Frage, wie es denn so als Daenerys-Cosplayerin ist, „von seinem Ehemann vergewaltigt zu werden“, ist auf so vielen Ebenen unangemessen, dass man kaum weiß, wo man anfangen soll mit dem Aufregen.

Auch wenn ein Cosplay sehr aufreizend ist, ist das eben niemals an irgendjemanden eine „Einladung“ zu sexuellen Kommentaren oder gar Handlungen. Der Mechanismus ist aber leider auch aus Studien bekannt – Männer haben in bekannten Verhaltensstudien dazu tendiert, die Gesichtsausdrücke und Körpersprache von Frauen auszublenden und stattdessen das Interesse einer Frau an ihrer Kleidung fest zu machen. Was natürlich vollkommener Unfug ist, denn in einem warmen Skianzug kann eine Frau genauso offen für Avancen sein wie in einem hautengen Kleid. Entsprechend uninteressiert kann sie auch sein, wenn sie ein freizügiges Cosplay anhat.

Es ist eine von vielen wichtigen Errungenschaften der Moderne, dass Menschen sich nicht mehr an strenge Kleidervorschriften halten müssen, die ihnen ihr sozialer Stand, ihr Familienstand oder ihr Geschlecht vorschreibt. Gerade im Hobby Cosplay sollten sich alle Betrachter klar machen: Das Kostüm hat nichts mit dem emotionalen Zustand des cosplayenden Menschen zu tun. Es ist in letzter Konsequenz nur Kleidung. Kleidung kann Botschaften senden, aber diese sind selten vom bloßen Betrachten der Kleidung her eindeutig. Aufgrund von Kleidung anzunehmen, dass eine Frau für sexuelle Avancen empfänglich sei, ist immer eine arg weit hergeholte Annahme, die besser vor jeder sexuellen Ansprache verbal abgeklärt werden sollte: Macht ein neutrales Kompliment und fragt nach, ob Flirten erwünscht ist. Und seid mental endlich darauf gefasst, dass die Antwort „kein Interesse“ wahrscheinlicher ist als ein Flirt.

Wer tut denn sowas?!? Irgendwer, dauernd.

Es wurde nun viel zur Theorie gesagt, wie Belästigung entsteht und warum Leute meinen, ihre verbalen oder tätlichen Übergriffe seien „normal“ oder „okay“. Gehen wir zu ein paar unangenehmen Beispielen über, die im direkten Aufeinandertreffen und in der digitalen Welt so passiert sind.

Eine Cosplayerin berichtete von der Gamescom, dass sie in einer Warteschlange mit ihrem Kostüm stand, das etwas tiefer ausgeschnitten war. Ein fremder Mann, der hygienisch wie äußerlich nicht zur attraktivsten Sorte gehörte, lief an ihr vorbei, wurde langsamer, versenkte seinen Blick für lange Momente in ihrem Ausschnitt und ging dann ganz langsam weiter. Er suchte niemals Blickkontakt, auch angesprochen hat er die Cosplayerin nicht. Seine Nase hing dafür nur noch wenige Zentimeter über ihren Brüsten.

Eine Cosplayerin machte in einem Schuluniform-Cosplay Fotos auf dem Außengelände einer Convention. Bei einem Windstoß wehte es ihr den Rock hoch – ein Mann mit einer Kamera hatte offenbar genau auf diesen Moment gewartet und fotografierte ihr direkt unter den Rock.

Eine Cosplayerin mit etwas größerem Followerkreis auf Social Media bekommt von einem ihr bisher unbekannten Follower eine Nachricht – ob sie denn einen „Cum Tribute“ haben wollen würde. Um Erklärung gebeten, erläutert er, dass er Bilder der Cosplayerin ausdruckt, darauf wichst und vom spermaversauten Bild dann wiederum ein Foto macht, welches er der Cosplayerin als „Tribut“ zuschicken könne, so sie denn Interesse hätte.

Eine Cosplayerin kontaktiert einen Fotografen, mit dem sie vor etwas längerer Zeit Cosplay-Fotos gemacht hat, ob sie diese auch für weitere Veröffentlichungen über die bisher vereinbarten Social Media hinaus nutzen dürfe. Er willigt ein, im Chat werden noch ein paar Zeilen oberflächlicher Smalltalk ausgetauscht. Dann fragt er, ob sie nicht Interesse an einem Akt-Fotoshooting hätte.

Diese Auszüge – alle Situationen sind der Autorin und Freundinnen persönlich passiert – zeigen, wie schnell und unvermittelt Cosplayerinnen sexuell belästigt werden. Von den unendlich vielen Fällen unfreiwilliger „Free Hugs“, nur versuchten Pantyshots (dank Safety Pants) und anderen „kleineren“ Grenzüberschreitungen noch nicht einmal angefangen.

Strategien zum Selbstschutz

Die Frauen in der Cosplay-Szene sind ebenso wie Frauen im Alltag mit diesen Situationen so regelmäßig konfrontiert, dass sie natürlich Strategien entwickelt haben, um einigen Situationen von vornherein zu entgehen.

Der „Klassiker“, dass unter kurze Röcke fotografiert wird, um die Unterhose zu erwischen, wird schon seit vielen Jahren mit unter kurzen Röcken getragenen Radlerhosen („Safety Pants“ genannt) vereitelt.

Um den besoffenen Anmachen „normaler“ Stadtbewohner auf dem Weg von der Con zum Hotel zu entgehen, werden Kostüme vorher ausgezogen oder lange Mäntel und Jacken darüber gezogen.

Damit Hände nicht irgendwohin verschwinden, wo sie nicht erwünscht sind, werden bei „gemeinsamen“ Fotos mit Passanten Posen mit Distanz gewählt, sodass keine Hand von der Schulter auf den Po der Cosplayerin herabsinkt.

All dieser Selbstschutz ist anstrengend und erfordert Planung, Geistesgegenwärtigkeit und letztlich auch Einschränkungen der Cosplayerin, die sich letztlich nicht so frei bewegen kann, wie andere Menschen, da sie aktiv den Übergriffen ausweichen muss. Genauso wie in den unangenehmen Situationen im Job („Steige ich jetzt mit dem schmierigen Kollegen in den ansonsten leeren Aufzug, oder tue ich so als hätte ich was in meinem Zimmer vergessen?“) könnte das Leben so viel einfacher sein, wenn nicht Frauen antizipieren müssten, dass sie belästigt werden, sondern Männer aufhören würden, Frauen zu belästigen.

Was es also eigentlich braucht, ist die Erkenntnis: Ja, es gibt ein Problem, und insbesondere Männer müssen ihr Verhalten überdenken und ändern.

Victim Blaming ist Mist. Nein sagen ist ok. Vorher Fragen ist cool.

Ein erster wichtiger Schritt ist bereits, dass auch in der Szene das weitverbreitete Victim Blaming (also die Schuld für die Situation vom Täter zum Opfer zu schieben) aufhören muss. Eine Cosplayerin hat keinerlei Einladung verschickt, angemacht oder angegrapscht zu werden, nur weil sie ein freizügiges Cosplay angezogen hat. Die Belästigung ist das Problem, nicht das Cosplay, der tiefe Ausschnitt, der kurze Rock oder die großen Brüste.

Gerade im Bereich der sexuellen Belästigung ist es auch ganz und gar nicht schwer, zu begreifen, wo die Grenze liegt. Die vielfach vorgebrachte Ausrede, man(n) wisse ja nicht, was man(n) noch sagen und tun dürfe, ist erwiesenermaßen Unsinn. Ist es ok, einer fremden Frau an den Hintern zu fassen? Nein. Ist es ok, einer fremden Frau minutenlang in den Ausschnitt zu starren? Nein. Ist es üblich, wildfremde Leute, die an dir vorbei laufen, plötzlich zu umarmen? Nein.

Was man mit einem unbekannten Menschen egal welchen Geschlechts auf der Straße nicht tun würde, sollte man auch mit einer Cosplayerin lassen, die man allenfalls seit drei Sätzen kennt. Und wenn es um unter Bekannten oder Freunden vielleicht übliche Dinge geht, kann man immer noch fragen. Man hat einen Mund zum Reden, doch nicht einmal der ist immer nötig. Ob zum Beispiel eine Umarmung ok ist, kann verbal oder nonverbal gefragt werden. Die Arme öffnen ist die Frage, wenn das Gegenüber erwidert, ist das die positive Antwort. Wenn das Gegenüber aber einen Schritt zurück geht oder die Arme abwehrend erhebt, ist das eine negative Antwort – und man hat diese zu akzeptieren!

Die Belästigung ist das Problem, nicht das Cosplay – und nein heißt nunmal nein!

Gerade dort hapert es nämlich auch oft. Denn wenn eine Frage gestellt wird, ob etwas ok ist, muss als Antwort immer auch ein Nein akzeptiert werden. Dieses Nein ist keine Ablehnung der Person des Fragenden, sondern hat meist viel mehr mit dem aktuellen Gemütszustand des Gefragten zu tun. Eine Cosplayerin kann hungrig oder müde sein, wenn sie ein Foto ablehnt – oder sie ist verschwitzt und will niemanden mehr umarmen. Oder sie spürt schon, wie die Congrippe sie erwischt hat und will jetzt nicht noch mehr Leute anstecken. Oder ihr Bodypaint ist nicht perfekt abgepudert und landet überall, wenn sie Menschen berührt.

Was auch immer es ist, die Beweggründe gehen oft genug niemanden etwas an und sind letztlich uninteressant. Wichtig ist, die Antwort ernst zu nehmen. Da muss nicht verhandelt werden, niemand hat einen Anspruch auf Umarmungen, Aufmerksamkeit oder Erläuterungen.

Würden sich alle Leute daran halten, dass sie einerseits unangebrachte Kommentare und Verhaltensweisen einfach mal lassen, bei Zweifeln fragen, sowie die Antwort akzeptieren würden, wären wir schon sehr, sehr, sehr viel weiter.

Fazit

Wie es aktuell steht, kommen Cosplayerinnen Jahr für Jahr mit einer weiteren unangenehmen Geschichte nach Hause zurück, obwohl sie auf ganz vielen Ebenen schon Strategien zum Selbstschutz anwenden. Es liegt also noch viel Arbeit vor uns allen. Wir müssen unser eigenes Verhalten überdenken – wo haben wir vergessen zu fragen, ob etwas ok ist? Wann haben wir einen ekligen Spruch unwidersprochen geschehen lassen? Wo haben wir gedacht: „Na bei dem kurzen Rock braucht sie sich nicht wundern?“

Und wir müssen danach handeln. Gruslige Fotografen, die auf Pantyshots geiern, zur Rede stellen und bei den Veranstaltungs-Ordnern verpfeifen, sie ggf. sogar bei der Staatsanwaltschaft anzeigen. Männer, die ihre Finger nicht bei sich behalten können, festhalten und den Opfern so die Möglichkeit geben, Personalien für eine Anzeige zu bekommen. Viel häufiger laut werden, wenn eklige Kommentare fallen. Fragen, bevor wir andere anfassen, und ihre Antwort direkt akzeptieren.

Es ist an uns als Gesellschaft, die Welt für Frauen allgemein und Cosplayerinnen im Speziellen zu einem besseren Ort zu machen, als er jetzt ist und in Vergangenheit war.

Denn Cosplay ist keine Einladung zu irgendwas, außer auf Nachfrage zusammen Spaß mit Kostümen zu haben.

 

Artikelbilder: © Nomadsoul1, svershinsky, VitalikRadko, Minotaurus73, BrianAJackson, vlerijse | depositphotos.com, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

7 Kommentare

  1. Ich stimme absolut zu das die Regeln der normalen Gesellschaft auch auf Cosplay zutreffen. Und vorallem auch eingehalten werden sollten.

    Ich hätte mal zwei Fragen zu den Beispielen aus dem realen Leben:
    „Ein fremder Mann, der hygienisch wie äußerlich nicht zur attraktivsten Sorte gehörte, lief an ihr vorbei, wurde langsamer, versenkte seinen Blick für lange Momente in ihrem Ausschnitt und ging dann ganz langsam weiter.“
    Das geht natürlich grundsätzlich gar nicht.
    Allerdings fällt mir folgendes auf:
    Heißt das, wäre es ein sehr attraktiver Mann gewesen wäre das ok gewesen?
    Ist das nicht auch eine rein aufs äusserliche Reduktion des Mannes? Sprich, unattraktiv = schmierig, notgeil etc? Der darf das nicht, aber andere schon weil es mir dann eher schmeichelt?
    Ich will nicht relativieren was er getan hat, aber wenn Männer ihr Verhalten in jeglicher Form ändern sollen, dann müssen es Frauen gleichermaßen. Ich habe selbst schon häufig erlebt wie weniger attraktive Männer von Frauen auch sehr demütigend und abwertend behandelt werden. Da wird die Abscheu sehr deutlich gezeigt.
    Ein Beispiel:
    Ein Arbeitskollege von mir ist recht korpulent. Er ist aber ein feiner Kerl, sauber, etc, aber eben kein Brad Pitt. Einige meiner Arbeitskolleginnen lassen ihn das hin und wieder deutlich spüren. Seine Frau wurde eines Tages nochmal schwanger und als er es verkündete und alle sich freuten sagte er überschwänglich „Mein Samen ist stärker als die Pille!“ Nicht der klügste Sprurch, geb ich zu. Daraufhin kamen sehr deutliche Würggeräusche dieser Kolleginnen, die sogar anderen Kolleginnen auffallend unangenehm waren. Was hinter seinem Rücken gesagt wurde möchte ich hier nicht wiedergeben.
    Solche Beispiele gibt es auch zuhauf und werden nicht angesprochen. Aber ich finde eben das Frauen genauso anfangen müssen sich zusammen zu nehmen wie sie es von Männern fordern.

    Ich möchte über mein Beispiel natürlich keine Grundsatzdiskussion hier und jetzt anstoßen.
    Die Beantwortung der Frage würde ich aber begrüßen.
    ————————————————————
    „Dann fragt er, ob sie nicht Interesse an einem Akt-Fotoshooting hätte.“
    Irgendwie fehlt mir hierzu etwas mehr Information. Aktfotografie ist per se erstmal keine sexuelle Belästigung. Ich kann hier erstmal nicht erkennen ob er es aus rein künstlerischer Betrachtung in Erwägung zieht und fragen muss er ja, wenn er sie als interessantes Model sieht. Ist die Frage danach vielleicht falsch aufgenommen worden? Hat er sich noch weiter aufs sexuell-reduzierende geäußert das aufzeigt das es definitiv sexuelle Belästigung war?

  2. Etwas enttäuschend: Ein erster Kommentar, der die weibliche Sicht auf die Belästigung generell in Zweifel zieht, statt anzuerkennen, dass für Frauen all diese Erlebnisse und Situationen unangenehm bis bedrohlich oder gar lebensgefährlich sind.

    Zu den Fragen, auf die hier ziemlich forsch eine Antwort eingefordert wird:
    Das olfaktorischhe „Erlebnis“ des ungewaschenen, aufgrund von Körperfülle stark schwitzenden Menschen war für die Cosplayerin, die diese Situation erleben musste, ein entscheidender Teil der Belästigung. Leute, die sich in der Öffentlichkeit dem Grundkonsens von regelmäßiger Körperhygiene verschließen, sind im eigenen Personal Space noch um ein vielfaches unangenehmer als „reguläre“ Belästiger es sowieso schon sind.

    Die Story vom „korpulenten“ Kollegen und seinen sexistischen Sprüchen im Büro ist dann im Kontext des Artikels auch eher als Whataboutism anzusehen… Vielleicht würgen die Kolleginnen ja auch, weil besagter Kollege zwar zu dir als Mann „ein feiner Kerl“ ist, aber die Kolleginnen bereits öfters mit widerlichen Sprüchen über sein Sperma bedacht hat? Es ist ebenfalls aus zig Erfahrungsberichten und Studien bekannt, dass Männer tendenziell dann die widerlichsten Sprüche drücken, wenn niemand in der Nähe ist, der diese ahnden könnte – also wenn er alleine mit einem hierarchisch unter sich stehenden Opfer ist. Also dann, wenn du nicht daneben stehst und die Sprüche hörst.

    Was die andere Frage angeht:
    „Ist die Frage danach vielleicht falsch aufgenommen worden?“
    Die Frage wurde gestellt, in einer Situation, in der KEIN ausreichendes Vertrauensverhältnis vorhanden war, um ein Akt-Fotoshooting anzustoßen und die gefragte Frau grundsätzlich Akt-Fotoshootings ablehnt. Was sie dem Fotografen auch erklärt hat, nach seiner unangemessenen Frage. Nein, es lag nicht an „ihm“, sondern daran, dass sie in keiner Konstellation die Existenz von Nacktfotos möchte. Sein Drängen, dass er vertrauenswürdig wäre, war in der konkreten Situation eher weiter belästigend.

    Zumal ich persönlich der Meinung bin, Fotografen sollen sich diese Fragen generell sparen, bis sie vom MODEL danach gefragt werden. Es gibt nämlich tausend Möglichkeiten, sein Interesse an dieser Art der Fotografie kund zu tun, OHNE eine Frau zu fragen, ob sie sich nicht für einen nackt ausziehen möchte. Zum Beispiel: „Ich hab mich mal in Akt-Fotografie reingelesen, fand ich interessant, wie dabei mit Licht gearbeitet wird.“ Oder: „Ich hab kürzlich ein Akt-Fotoshooting machen dürfen, das war eine besondere Herausforderung.“ usw. Wenn eine Frau dadurch das Gefühl bekommt, der Fotograf nimmt Akt-Fotografie tatsächlich fotografisch ernst UND sie Interesse hat, kann sie das äußern. So umgeht man auf BEIDEN Seiten die sexuelle Belästigung – längst nicht jeder Fotograf hat an nackten Menschen Interesse!
    Alles andere ist eben schon sexuelle Belästigung, weil vollkommen ohne Vorsondierung einer potentiellen Aufgeschlossenheit der Gegenseite „Hey, willste dich für mich ausziehen?“ kommt. Es zieht eine Konversation, die nichts mit Sexualität zu tun hatte auf die sexuelle Ebene. Wer das macht braucht sich nicht wundern, in der gleichen Schublade zu landen wie die Typen, die schon lange ihre Kamera als Alibi verwenden, um Frauen nackt sehen zu können.

    Zuletzt: Bitte überdenke deine Sicht auf die Probleme. Dein Kommentar zeigt, dass du die Worte von Frauen, die diese Situationen aufgedrängt bekommen, nicht ernst nimmst. Damit bist du ersichtlich Teil des Problems, denn du denkst dir lieber Situationen aus, in denen die Frau unberechtigt handelt, statt Männer für ihr Verhalten zu kritisieren.

  3. Ok, Du hast meinen Kommentar gelesen.
    Jetzt würde ich Dich bitten meinen Kommentar nochmals objektiv betrachtet zu lesen.
    Dann fällt Dir sicher auf das ich im ersten Absatz eben darauf hinweise das ich absolut die Probleme anerkenne. Denn für mich gehört es zur Normalität einer Gesellschaft das niemand sexuell belästigt wird. Damit zweifle ich eben nicht generell die Sicht auf Belästigung an, im Gegenteil, ich erhebe sexuelle Belästigung als absolutes No-Go generell und für alle Menschen, nicht nur für Frauen. Das sexuelle Belästigung von unangenehm bis lebensbedrohlich sein kann ist eine Tatsache. Wie kommst Du darauf das ich das nicht anerkenne? Etwa weil ich nur partiell auf deinen Kommentar eingegangen bin und nicht über jede deiner Zeilen zustimmend geschrieben habe? Sollte das so sein hast Du meinen ersten Absatz scheinbar komplett ignoriert und wolltest dich lieber über meine Fragen echauffieren.

    Nun zu den von mir kommentierten zwei Situationen:
    Erste Situation:
    Ich habe mir eine Antwort gewünscht. Wie man daraus ableiten kann das die Antwort gefordert wird und das auch noch forsch ist mir schleierhaft. Zeigt aber Deine Einstellung meinen Kommentar zu lesen. Nämlich von der Grundhaltung her negativ. Ich hoffe bei Deinem wiederholten Lesen schaffst du es neutral zu lesen, so wie auch meine Intention beim Erstellen des Kommentars war. Genauso wie bei diesem.
    Ich stimme absolut zu das das Geruchserlebnis nicht das Schönste war das sie an dem Tag erlebt haben musste. Allerdings ist das keine sexuelle Belästigung. Sollte das allgemein anders gesehen werden hast Du Recht und ich muss meine Sicht überdenken. Vielleicht hat er religiöse, medizinische oder persönliche Ansichten die wir hier nicht nachvollziehen können oder es war schon am Abend nach einem langen Conventiontag. Das mögen wir weder verstehen noch akzeptieren, aber das als sexuelle Belästigung auszulegen ist hanebüschen. Schließlich ist das Geruchsempfinden ja wohl sehr subjektiv.
    Das Eindringen in den personal space und auch das momentelange Starren ins Dekolletee sehe ich definitiv als sexuelle Belästigung und gehört unterbunden. Das ich das nicht explizit erwähnt habe, sondern nur auf die Unattraktivität eingegangen bin ist meiner Einstellung der eingangs beschriebenen Normalität der Gesellschaft zuzuschreiben.
    Da kam einiges zusammen, aber man muss schon klare Grenzen ziehen was sexuelle Belästigung ist oder nicht. Und unangenehmer Geruch ist das, meiner Ansicht nach, nicht. Ziehen wir diese Grenzen nicht wird auch demnächst ein T-Shirt dessen Farbe der Protagonistin nicht gefällt sexuell belästigend sein.

    Die Story vom Kollege:
    Er hat keine sexistischen Sprüche abgelassen. Wo habe ich geschrieben das er das getan hat? Soweit mir bekannt ist hat er sich auch nie negativ gegenüber den anderen Frauen geäussert oder eben solche Sprüche losgelassen. Das weiß ich, weil meine Frau nunmal Teil der Belegschaft ist und das von den anderen Frauen schon gehört hätte wie bei anderen Kollegen zuvor auch. Whataboutism ist für mich immer ein Versuch zu verharmlosen. Das möchte ich aber nicht. Ich möchte nur aufzeigen das das Thema nicht bei der Frau halt macht und nicht nur Männer sich zu ändern haben. Ich spreche von Gleichbehandlung aller. Was Du allerdings tust ist genau das was du unter „Zuletzt“ mir vorwirfst. Anstatt auch die Frauen in der Situation zu kritisieren denkst Du Dir Begründungen aus („…bereits öfters mit widerlichen Sprüchen über sein Sperma bedacht…“) für die es keinen Grund gibt sie anzunehmen. Krass finde ich das Du erstmal grundsätzlich annimmst das der Mann der Täter ist. Das mag in der Mehrzahl der Situationen so sein, in dieser aber nicht. In dieser Situation ist mein Kollege das Opfer. Das wird von Dir komplett aussen vorgelassen. Im Gegenteil, Du versuchst tatsächlich mit erdachten Szenarien ihn in die Täterrolle zu zwängen.
    DAS ist wirklich enttäuschend!
    Desweiteren scheint es das Du ernsthaft erwartest das jeder die Situationen nur aus der Sicht der Frauen zu kritisieren, andere Beispiele lässt Du nicht zu. Das ist ja Whataboutism. Ich hätte auch Situationen nennen können wo Kolleginnen von mir tatsächlich sexuell belästigt wurden. Das ist eine Katastrophe das das überhaupt geschehen konnte und ich bin froh das die Kollegen dafür gefeuert wurden. Aber das hätte nichts zum Thema beigetragen über das ich zum Nachdenken anregen wollte.

    Zweite Siuation:
    Die gesamte Situation ist ja im Grunde die Frage ob eine Frage nach Aktfotografie sexuelle Belästigung ist.

    Ich muss Deine Antwort dazu jetzt leider mal auseinandernehmen. Ich hoffe das ist in Ordnung, aber anders könnte ich nicht die einzelnen Teile beantworten.

    „Die Frage wurde gestellt, in einer Situation, in der KEIN ausreichendes Vertrauensverhältnis vorhanden war, um ein Akt-Fotoshooting anzustoßen…“
    Ok, das verstehe ich. Ich bin grundsätzlich davon ausgegangen das Aktfotografie eine Kunstform ist und der Fragende nicht direkt unter Generalverdacht steht zweifelhafte Motivationen zu haben. Das heisst im Prinzip hat er zu früh gefragt in ihrer persönlichen Beziehung, völlig unahängig davon was seine Beweggründe sind.

    „und die gefragte Frau grundsätzlich Akt-Fotoshootings ablehnt. Was sie dem Fotografen auch erklärt hat, nach seiner unangemessenen Frage. Nein, es lag nicht an „ihm“, sondern daran, dass sie in keiner Konstellation die Existenz von Nacktfotos möchte.“
    Ok, ist jetzt unangemessen gleichzusetzen mit sexueller Belästigung? Das die Frage unangemessen war in Anbetracht der nicht vorhandenen näheren Bekanntschaft leuchtet mir ein, aber wie soll er rausfinden ob Sie Interesse hat? Oder muss man grundsätzlich annehmen das jeder Mensch Aktfotografie ablehnt? Das jemand in keiner Konstellation Nacktfotos möchte ist sicher nicht allgemein gültig. Das würde auch Nacktfotos mit dem Freund einschließen, zur medizinischen Dokumentation etc. Bitte mach nicht den Fehler Nacktfotos mit Aktfotografie gleichzusetzen, denn Nackfotos unterscheiden sich grundsätzlich von Aktfotografie im künstlerischen Anspruch den diese erhebt. Mit diesem Wissen im Hinterkopf ist auch weiterhin die Frage nach Aktfotografie für mich alles andere als sexuelle Belästigung. Zu früh gestellt und damit unangemessen, ok, aber keine sexuelle Belästigung.

    „Sein Drängen, dass er vertrauenswürdig wäre, war in der konkreten Situation eher weiter belästigend.“
    Das hast du in deinem Artikel aber nicht erwähnt und kannst es mir auch nicht vorwerfen. Das wirft natürlich ein anderes Licht auf die Situation, aber du kannst doch nicht einfach Details weglassen. Vorallem wichtige Details wie dieses die die Gesamtsituation ändern. Von dem was du im Artikel geschrieben hast war nicht auszugehen das er sie erstens damit bedrängt hat und zweitens sie auch noch versucht hat in Sicherheit zu wiegen.

    Dein nächster Absatz zeigt das du von Aktfotografie wirklich nicht viel Wissen hast.
    Denn die umfasst grundsätzlich Vollakt und Halbakt. Das heisst eben nicht das das Model sich unbedingt komplett entblößen muss. Aber ja, du hast wiederrum Recht mit der Aussage das der Fotograf sich hätte geschickter anstellen können als er ihr Interesse herausfinden wollte. Dennoch bleibe ich dabei, die Frage nach Aktfotografie ist nicht gleichzusetzen mit der Frage „Hey, willste dich für mich ausziehen?“. Es war unangemessen aufgrund des fehlenden persönlichen Verhältnisses, ok, es war ungeschickt direkt zu fragen, einverstanden, aber die Frage nach Aktfotografie ist keinesfalls ein Herabziehen der Konversation auf eine sexuelle Ebene!

    Zu Deinem Zuletzt:
    Wie schon weiter oben angemerkt bist auch Du nicht befreit davon nicht jede Situation aus jeder Sicht objektiv oder auch nur aus Sicht der anderen Seite zu sehen.
    Ich finde es überaus anmaßend von Dir aus einem Kommentar zu schließen ob ich die Worte von Frauen ernst nehme oder nicht. Ich sehe mich auch als Teil des Problems, genau wie Dich, denn es ist eine gesamtgesellschaftliche Problematik der wir uns stellen müssen. Es ist aber nicht meine Aufgabe oder mein Wille allem zuzustimmen ohne zu hinterfragen was geschrieben oder erzählt wird. Und noch etwas, ich habe mir nichts ausgedacht. Ich habe Fragen gestellt und ein Beispiel gebracht das nicht nur Frauen Opfer sind. Das soll das Problem nicht verharmlosen, sondern zeigen das es eben uns alle angeht über unser Handeln nachzudenken.

  4. Als amtierender Chefredakteur möchte ich mich für die Kommentare bedanken. Unser Fokus der Themenwoche ist es, die Probleme der Gleichberechtigung auch in der Phantastik herauszuarbeiten und zum Nachdenken und zum gemeinsamen Reflektieren anregen.

    Unsere Artikel basieren auf persönlichen Beobachtungen, Erfahrungen und Recherchen in verschiedenen Medien. Ein allumfassendes Bild zu veröffentlichen, ist aufgrund der Komplexität schwer, wenn nicht gar unmöglich.

    Gerade weil wir uns der Komplexität bewusst sind, richten sich unsere Artikel vornehmlich an Menschen, die sich vielleicht noch nicht im Kontext der Phantastik mit diesem Themenbereich beschäftigt haben.

    Für hier deutlich vorgebildete Leser und Experten mag der ein oder andere Artikel daher nicht ausreichend oder oberflächlich sein. Das verstehen wir und bitten aber auch umgekehrt um Verständnis für unseren Fokus.

    Bitte bedenkt, dass hinter jedem Artikel ein Mensch steht, der Mühe und kostbare Freizeit auf freiwilliger Basis investiert hat, sowie ein ebenfalls ehrenamtlich stattfindendes Lektorat.
    So offen wir für Kritik und Diskurs auch sind, so sehr wissen wir die Arbeit jedes einzelnen Teammitglieds zu schätzen, weswegen wir darum bitten, von Anfeindungen o. Ä. abzusehen.

    Gut finden wir, dass der Großteil der Kommentare auf einem sachlichen Maß stattfindet und auch uns zum Nachdenken über neue Gesichtspunkte anregen. Wir möchten auch darum bitten, dieses Maßvolle beizubehalten.

    Wir freuen uns jedoch über den Diskurs und das Feedback und nehmen sehr gerne Gastbeiträge an, die diese Themen nochmal aus einem anderen Blickpunkt oder einer anderen Tiefe beleuchten. Bitte kontaktiert uns dazu in diesem Falle.

  5. Ich möchte positiv hervorheben, dass hier konkrete Beispiele aus eigener Anschauung genannt werden. Das geschieht leider viel zu selten und hilft meines Erachtens die Diskussion zu versachlichen. Das ein Diskurs dennoch nicht so einfach frei von emotionalen und womöglich auch teilweise unsachlichen Argumenten geführt werden kann, dürfte leicht nachvollziehbar sein.

    Als Vater von drei Töchtern würde mich interessieren, was für einen weiblichen Cosplayer eigentlich den Reiz ausmacht eine Figur darzustellen deren Schaffenshintergrund sehr wahrscheinlich stark sexistische Motive hat. Ich würde mich jedenfalls fragen, welches Bild ich meinen Kindern vermittelt habe, wenn diese das Bedürfnis hätten sich mit einem solchen Kostüm einer unbekannten Öffentlichkeit zu präsentieren. Werden durch solche Auftritte die Wahrnehmung von Frauen als Sexobjekte nicht noch verstärkt? Gibt es nicht interessantere Angebote starker Frauenfiguren, auf die ein weiblicher Cosplayer zurückgreifen kann?

    Unabhängig davon fällt mir hier nochmals positiv auf, dass konkrete Hinweise auf Schutzmaßnahmen gegeben werden. Das hätte für meinen Geschmack durchaus noch ausführlicher ausfallen dürfen. Anstatt nur darauf hinzuweisen, dass insbesondere Männer ein Problem sind, hätte man doch auch Tipps für den aufgeklärten Conbesucher beiderlei Geschlechts geben können. Wie können Personen dazu beitragen, dass unangenehme Situationen gar nicht erst entstehen. Wie sollte man sich verhalten, wenn man derartiges Verhalten beobachtet? Ähnliche Hinweise gibt es beispielsweise für Personen, die bedrohliche Situationen in öffentlichen Verkehrsmitteln beobachten. So wie andere Fahrgäste in einer U-Bahn eine hilfreiche Ressource sein können, so könnte dies auch für die vermutlich meist ebenfalls anwesenden weiteren Conbesucher gelten. Wenn es gelingt diese Ressource zu nutzen kann man vielleicht nicht jede unangenehme Situation vermeiden, aber doch soweit entschärfen, dass sie kontrollierbar bleibt.

  6. Zur Motivation von Cosplayerinnen, sich sexy Kostüme von platten Anime-Charas anzuziehen:
    Vielfältig.
    1. Jugend & Pubertät. Gerade junge Cosplayerinnen haben a) nicht den medialen Durchblick, um die sexistische Charakterisierung der Figuren, mit denen sie hundertfach konfrontiert werden, zu durchschauen. Das sind „normale weibliche Charaktere“, denn sie sind absolut üblich – ich möchte wirklich jeden dazu auffordern, den Bechdel-Test auf Hollywood-Filme vor 2010 anzuwenden, ihr werdet erschüttert sein (80er und 90er: uarghs!). Gerade wenn man sich vor Augen führt wie niedrig die Schwelle des Bechdel-Tests ist. Es ist also für junge Leute nicht besonders außergewöhnlich, dass weibliche Charaktere ziemlich platt charakterisiert sind. Dazu kommt b), dass in der Pubertät Identitäten ausprobiert werden. Die eigene Sexualität wird auch damit erkundet, dass man sich explizit sexy gibt – im Cosplay kann diese Rolle wirklich an- und ausgezogen werden, indem man ein Kostüm von einem sexy Charakter nutzt. Welche Wirkung erziele ich, wenn ich mich so gebe? Passt diese Rolle zu mir? Diese Fragen bearbeiten Jugendliche auch mit dieser Ausdrucksform. Teilweise ist es auch c): schlichte Provokation. Gerade wenn das persönliche Umfeld Sex oder sexy Darstellungen ablehnt, ist es pubertärer Tabubruch und Austesten von Grenzen, sich genau so zu geben, wie das Umfeld es ablehnt.
    Was auch ist: Wer sich für Mainstream-Serien im Anime-Bereich interessiert, wo Cosplay als Hobby ja herkommt und entsprechend weit verbreitet ist, ist mit Ursprungsmaterial aus der bis heute stark geschlechtergetrennten japanischen Gesellschaft konfrontiert, in der sexistische Stereotype noch viel prävalenter sind, als in vielen westlichen Medien. Es gibt dann oft nur sexy vs. Mauerblümchen bei den weiblichen Charakteren. Viele etwas ältere und erfahrenere Cosplayerinnen betreiben genau deswegen sogenanntes Crossplay, cosplayen alse männliche Charaktere. Das ist aber auch nicht jederfraus Sache: mit großen Brüsten ist der männliche Eindruck dahin, gute Abbindeoberteile sind nicht billig und billige Abbinder schnell schmerzhaft, auch das Make-up für eine überzeugende Darstellung ist anspruchsvoll. Wer gerade als Cosplay-Anfängerin erstmal beim eigenen Geschlecht bleiben will, hat oft eine sehr begrenzte Auswahl von interessanten Charakteren.
    Für erwachsene Frauen ist es teilweise einfach ein Apsekt, den sie gerne mal ausleben – noch immer ist sexuelle Begierde für Frauen weitreichend tabuisiert, da ist das Verstecken hinter einer Maske eine gute Strategie, um die eigene Lust auszuleben, ohne direkt und persönlich die gesellschaftliche Ablehnung abzubekommen, mit der Frauen in dem Kontext bis heute bestraft werden, wenn sie sich offen sexuell geben.

    Was die Reaktion und Prävention angeht: Einerseits hätte es den Artikel gesprengt, die rechtlich einwandfreien Handlungsanweisungen alle zu geben. Außerdem ist Prävention individuell unmöglich, außer man hört komplett auf, mit Menschen zu kommunizieren. Es bleibt bei der generellen Ansage: seid keine Sexisten, seid keine Creeps, und wenn ihr nicht wisst, wie das geht: Oh boy, wo fang ich überhaupt AN?

    Zudem sind diese Handlungsvorschläge einfach alle nicht Cosplay-spezifisch, da die Situationen einfach allgemeine Sexismus- und Belästigungs-Reaktion erfordern.
    Im Bereich seixstische Sprüche und „Witze“: Nicht mitlachen, sagen „Das finde ich nicht witzig, das ist sexistisch.“
    Im Bereich der Belästigung: Hingucken, wenn ihr die Situation nicht lesen könnt: FRAGEN. „Kennst du den gut genug, dass er so mit dir reden darf?“ ist eine Option, das Opfer aus der Situation zu bekommen, wenn ihr nicht sicher seid, ob ihr die Situation korrekt lest.
    Wenn man sicher ist, dass hier gerade belästigt wird und das Opfer schon recht eindeutig gesagt hat, dass sie das nicht möchte, aber weiter bedrängt wird: Das Opfer rausziehen. Der Klassiker: „Hey, ich hab dich die ganze Zeit gesucht, die anderen warten da hinten auf uns!“ und das Opfer aus dem Sichtfeld des Täters schaffen. Dem Opfer dabei leise und außer Hörweite des Täters erklären, dass es kurz mitspielen soll, weil es gerade vom Täter weggebracht wird. Ich empfehle aber gerade in Belästigungs-Situationen gegen Frauen, dass der „Beste Freundin“-Trick eben nur von einer Frau angewandt wird. Nach einer Belästigung durch einen Mann von einem Mann in eine andere Ecke verschleppt zu werden ist ne GANZ schlechte Idee.
    Wenn ein Mann auf die Situation aufmerksam wird: Sprich eine Frau in deiner Umgebung direkt an und bitte sie darum, mit dir zusammen einzuschreiten. Der Mann lenkt dann den Täter ab, während die Frau das Opfer aus der Schusslinie bringt, wie: s.o.. Wenn ein Mann agressiv ist, seinen Blick auf das Opfer unterbrechen und ihn ablenken, das können Männer gut machen.

    Wenn eindeutige strafrechtlich relevante Sachen passieren: Täter auch mal festhalten. Nach § 127 StPO darf ein auf frischer Tat betroffener Täter mindestens bis seine Identität festgestellt ist festgehalten werden. Und zwar von Jedermann. Wenn also unter Röcke fotografiert wird, Frauen begrapscht oder beleidigt werden: Hier gibt es eine rechtliche Legitimation den Täter an Ort und Stelle zu behalten, bis sein Name und seine Wohnanschrift ggf beim Opfer liegen, das damit dann eine Strafanzeige erstatten kann. Man kann dafür natürlich auch die Polizei rufen, wenn der Täter sich weigert, seine Identität offen zu legen. Bis die Polizei da ist, darf man ihn dann auch festhalten. Und wenn er wegläuft, ihn wieder einfangen. § 127 StPO ist dafür da.

    Aber wie man hier schon merkt: Alle möglichen Konstellationen und Reaktionen abzufrühstücken ist LANG. Wer wirklich aktiv wissen will, was er/sie persönlich zur Intervention tun kann: Es gibt da viele gute Anleitungen im Internet, und teilweise auch professionelle Trainings. Zivilcourage etc.
    Wichtig insbesondere: Zieht das Opfer aus der Situation, Opferschutz ist wichtiger als die Beschäftigung mit dem Täter.

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