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Comics wurden jahrelang hauptsächlich für Jungs geschrieben. Erst seit ein paar Jahren werden vermehrt auch Mädchen und Frauen als Zielgruppe angepeilt. So wandeln sich auch die Protagonist*innen in Marvel-Comics. Wir betrachten zwei Figuren der letzten 20 Jahre und zeigen, was sie zu modernen Vorbildern macht: Jessica Jones und Ms. Marvel.


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Wenn eine Figur bisher typisch für Marvel-Comics ist, dann ist dies Spider-Man. Er ist ein jugendlicher Superheld, der nur allzu menschliche Probleme hat. Privatleben und Heldentaten gehen hier Hand in Hand und durch sein Außenseitertum ist er eine Figur, mit der sich viele Comicleser*innen identifizieren können. Im Jahr 2012 schaffte es Marvel dieses Erfolgskonzept zu wiederholen, mit einer Protagonistin, die auf dem Papier ungewöhnlich erscheint: eine junge Muslima, die voll und ganz Nerd und Fangirl ist.

Ein Mädchen aus New Jersey mit pakistanischen Wurzeln, die Cosplay, Fanfiction und Computerspiele liebt. Kamala Khan will am Anfang ihrer Heldenlaufbahn am liebsten gar nicht auffallen. Doch sie wächst schnell in ihre Heldenrolle hinein und schafft es, dass sich viele Jugendliche unabhängig von Geschlecht und Herkunft mit ihr identifizieren können. Mit der angekündigten Disney+-Serie wird sie einer noch größeren Menge bekannt werden. Dabei ist sie vor allem eins: ein modernes Vorbild (nicht nur für junge muslimische Frauen).

Die Ursprünge

Kamala Khans Familie stammt aus Pakistan. Ihre Eltern kamen als Einwanderer ins Land. Sie selbst wuchs in New Jersey auf. Früh lernt sie ihre langjährigen Freunde Nakia und Bruno kennen. Während ihr Bruder Aamir ein traditioneller Muslim ist, ist sie selbst sehr viel moderner eingestellt. Sie taucht ab im Nerdtum mit allen Auswüchsen. Dazu gehören auch Superheld*innen; Ihr größtes Vorbild: Carol Danvers. Eines Tages bricht sie aus dem Elternhaus aus, um einmal in ihrem Leben etwas Unvernünftiges zu tun und auf eine Party zu gehen. Dort wird sie aber von den beliebten Schülern Zoe und Josh schikaniert.

Das Circle Q,
Das Circle Q

Enttäuscht geht sie wieder nach Hause, als sie vom Terrigennebel überrascht wird. Dieser erweckt ihre Inhuman-Gene und sie entwickelt neue Fähigkeiten: Sie kann nun ihren Körper beliebig verformen. Dies führt unterbewusst dazu, dass sie sich in Carols früheres Alter Ego Ms. Marvel verwandelt. In dieser Form rettet sie Zoe das Leben. Schockiert von den Erlebnissen weiht sie Bruno in ihr Geheimnis ein. Dessen Arbeitsplatz, das Circle Q, entwickelt sich im Folgenden langsam zu einer Art Basis ihrer neuen Superhelden-Persona.

Kamala entwirft ein verändertes Kostüm, das nur noch entfernt an das der früheren Ms. Marvel erinnert. Diese wiederum erlaubt ihr, ihren früheren Namen zu verwenden. Zusammen mit ihren Freunden, zu denen nach einiger Zeit auch Zoe und Josh zählen, kümmert sie sich um Probleme, die in ihrem Umfeld auftauchen, wie Immobilienhaie oder Internet-Trolle. Schon nach sehr kurzer Zeit wird sie zusammen mit dem neuen Spider-Man Miles Morales und dem jungen Nova Teil der Avengers. Nachdem sie von den älteren Rächern enttäuscht sind, gründen sie zusammen das junge Heldenteam Champions, zu dem auch Viv (die Tochter von Vision) und Amadeus Cho (dem neuen Hulk) gehören.

Warum ist Kamala Khan ein modernes Vorbild?

Im Grunde ist Kamala eine klassische Marvel-Heldin im Stile von Spider-Man. Sie hat Probleme, mit denen sich die Leser*innen identifizieren können und kämpft trotzdem unbeirrbar für das Gute. Dabei muss sie auch erkennen, dass für das Gute zu kämpfen nicht das gleiche bedeutet, wie gegen das Böse zu kämpfen. Sie gerät immer wieder in moralische Dilemmas, wenn es beispielsweise darum geht, Freunde gegen Vorbilder wie Carol Danvers auszuspielen. Dass die Handlungen oft eher unterhaltsam als moralisch komplex sind, liegt vermutlich an der jüngeren Zielgruppe ihrer Bücher. Dabei funktionieren die Comics auch für erwachsene Leser*innen – gerade auf Grund des Humors und der positiven Grundstimmung.

Kamala kurz vor der Terrigenese
Kamala kurz vor der Terrigenese

Ein wichtiger Punkt ist auch etwas für das Marvel und Disney in letzter Zeit oft kritisiert werden: Das Beharren auf Diversität. Kamala ist die erste große muslimische Superheldin mit einer eigenen Reihe. Das soll nicht bedeuten, dass die Zielgruppe so beschränkt werden soll oder dass kleine muslimische Mädchen beispielsweise nichts mit Spider-Man anfangen könnten, aber es zeigt auch, dass jeder ein*e Superheld*in sein kann. Nicht nur weiße Männer aus der Mittelschicht. Dazu verweigert sich Kamala niemals ihrer Herkunft, sondern ist stolz darauf. Sie geht zum Iman, wenn sie einen moralischen Fingerzeig braucht. Gleichzeitig kann sie aber mit den Traditionen nichts anfangen und zeigt so ein moderneres Bild auf den Islam als es viele andere Medien zeigen.

Gerade der Vergleich mit ihrem Bruder, ihren Eltern oder ihrer Freundin Nakia zeigt, dass auch Muslime vielfältig sein können. Anstatt Klischees zu verfestigen, werden sie aufgeweicht und mit anderen Bildern vermischt. Die Ms. Marvel-Comics zeichnen lauter liebenswerte Figuren. Kamala ist auch deshalb ein Vorbild, weil sie immer wieder demonstriert, dass man manchmal genauer hingucken muss, um zu erkennen, dass wir hinter der Fassade doch alle nur Menschen sind.

Schaut auch später in unseren Artikel, warum Jessica Jones ein modernes Vorbild ist.

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Ms. Marvel: Meta-Morphose

Das Debut der Comicfigur zählt heute schon zu den Klassikern moderner Comics und ist auch bei uns in der Top 10 der besten Marvel-Comics der letzten Jahre gelandet. Dieser Band ist für jeden geeignet, der sich manchmal ausgegrenzt fühlt oder dieses Gefühl in seiner Jugend einmal erlebt hat. Kamala wird als Figur präsentiert, die gerne normal sein würde und dann plötzlich Superkräfte entwickelt und dadurch herausragt.

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Ms. Marvel: Superberühmt

Nach den Ereignissen des Secret Wars ist Kamala Khan Teil der Avengers. Mit einem Schlag ist sie superberühmt und ihr Gesicht wird für Werbung benutzt. Um den Spagat zwischen ihrem Privatleben, ihrer Schullaufbahn und ihrer Karriere als Superheldin zu schaffen, lässt sie zusammen mit Bruno mehrere Versionen ihrer Selbst auf New Jersey los. Natürlich geht das alles furchtbar schief und hinter der Immobilienfirma, die ihren Namen benutzt, steckt ebenfalls sehr viel mehr, als es zunächst den Anschein macht.

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Champions: Mit Schwert und Magie

Nachdem im letzten Championsband Nova und Wasp verschwanden, machen sich Kamala und ihre Teammitglieder auf den Weg, sie zu suchen. Dabei gelangen sie in die Weird-World, eine an Rollenspiel erinnernde Fantasy-Welt. Doch Ironheart scheint die einzige zu sein, die sich daran erinnern kann, warum sie eigentlich in dieses Reich gelangt sind.

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Artikelbilder: © Panini Comics, © Marvel Comics

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