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Cyberpunk-Fans weltweit erwarten sehnlich das Release von Cyberpunk 2077. Der Rollenspiel-Shooter schreibt die Geschichte des Rollenspiel-Klassikers Cyberpunk 2020 fort, spielt allerdings satte 57 Jahre später. Mit Cyberpunk Red schlägt R. Talsorian die Brücke zwischen dem alten Cyberpunk-Lore und dem kommenden Videospiel und versucht sich zugleich an einem neuen, zeitgemäßen Cyberpunk-Regelwerk.

Mit Cyberpunk Red unternimmt R. Talsorian Games den Versuch, dem 90er-Jahre-System neues Leben einzuhauchen und zugleich sein Lore weiterzuentwickeln – denn immerhin klafft zwischen Cyberpunk 2020, dessen Metaplot im Jahr 2022 endete, und Cyberpunk 2077 eine Story-Lücke von rund 55 Jahren. Cyberpunk RED, dessen Handlung im Jahr 2045 angesiedelt ist, füllt diese Lücke zumindest teilweise und knüpft dabei unmittelbar da an, wo Cyberpunk 2020 endete. Die Spin-Offs CyberGeneration und Cyberpunk V3.0 bleiben alternative Settings ohne Einfluss auf den Kanon.

Straßenschluchten und Neonreklamen sind ein klassisches Cyberpunk-Element
Straßenschluchten und Neonreklamen sind ein klassisches Cyberpunk-Element

Die Spielwelt

Das Jahr 2045: Der Vierte Konzernkrieg ist vorbei. Ein Vierteljahrhundert, nachdem die Megakonzerne Arasaka und Militech in Firestorm, der Abschlusskampagne zu Cyberpunk 2020, den Globus verwüstet haben, kehrt die Welt immer noch die Scherben zusammen.

Cyberpunk trifft Postapokalypse

Auf 28 Seiten beschreibt das Worldbook des Jumpstart Kits in groben Zügen die Spielwelt und Cyberpunks alternative Geschichtsschreibung von 1990 bis 2045. Die Entwicklungen seit dem Konzernkrieg stehen dabei im Mittelpunkt. Auch der Name der Nachkriegs-Ära, der „Time of the Red“, und sogar der Titel Cyberpunk Red führt sich darauf zurück: Eine taktische Atombombe hat 2022 die Innenstadt der ikonischen Cyberpunk-Modellmetropole Night City (vergleichbar etwa mit Seattle im Shadowrun-Universum) dem Erdboden gleichgemacht. Die dabei in die Atmosphäre geschleuderten Partikel sorgen noch 2045 für intensiv rote Sonnenauf- und Untergänge.

Cyberpunk Red mischt Cyberpunk mit Endzeit- und Wild-West-Elementen
Cyberpunk Red mischt Cyberpunk mit Endzeit- und Wild-West-Elementen

Night City ist 2045 übrigens weitgehend wiederaufgebaut, hat mit der Stadt von damals aber nur noch entfernte Ähnlichkeit. Diese Metamorphose ist symptomatisch für die gesamte Welt von Cyberpunk Red, das beim klassischen Cyberpunk-Setting einen Gang herunterschaltet und stattdessen eine ordentliche Portion Wildwest-Flair und Postapokalypse untermischt.

Infolge des Konzernkriegs steht die globalisierte Welt am Abgrund. Internationale Warenströme sind versiegt und das weltumspannende NET wurde von einem Supervirus nahezu vollständig und irreparabel zerstört. Die Megakonzerne sind entweder untergegangen oder haben sich in etliche national operierende „Corpos“ aufgespalten – ohne quasi-staatliche Privilegien, Privatarmeen und uneinnehmbare Firmen-Festungen. Auch viele Staaten sind kollabiert, darunter die USA, deren mehr oder weniger heil gebliebene Überreste an der Ostküste, nun faktisch eine Militärdiktatur, die Kontrolle über den gesetzlosen „wilden Westen“ weitgehend verloren haben.

AVs (fliegende Autos) und glitzernde Megastädte sind auch in der Time of the Red präsent
AVs (fliegende Autos) und glitzernde Megastädte sind auch in der Time of the Red präsent

Power to the Punks

Die Intention dahinter ist deutlich und wurde von Mike Pondsmith so auch formuliert: Cyberpunk Red soll klarere Verhältnisse und einen übersichtlicheren Rahmen schaffen. Dabei soll es eine Spielwelt bieten, die mehr Fokus auf lokale Ereignisse und Akteure legt und mehr Freiräume für die eigentlichen Stars des Systems schafft: Die „Edgerunner“ und Cyberpunks, Söldner und Revolverhelden, Nomaden, Rockerboys und Guerilla-Reporter, kurzum die ikonischen Rebellentypen des Cyberpunk-Genres. Die „Time of the Red“ schafft für diese Untergrund-Antihelden deutlich mehr Freiheiten, mehr Spielräume, mehr jagen und weniger gejagt werden.

Dem Durchschnitts-Bürger geht es angesichts des allgemeinen Zerfalls sogar besser als in den 20er-Jahren, dank im Dachgarten gezogenem Gemüse, geklauten Solarkollektoren und irgendwo geplündertem Vorkriegs-Tech. Moderne Kommunikationsgeräte, Waffen, Munition, Cybertech und Fahrzeuge gibt es aber nach wie vor – auf der Straße oder dem Schwarzmarkt, denn reguläre Geschäfte kennt die „Time of the Red“ praktisch nicht mehr.

Das Artwork von Cyberpunk Red erinnert teilweise stark an Bladerunner 2049
Das Artwork von Cyberpunk Red erinnert teilweise stark an Bladerunner 2049

Wie genau die Spielwelt den Spagat zwischen Untergang und Fortschritt schafft, bleibt unkonkret. Die USA und die restliche Welt werden jeweils nur auf etwas mehr als einer Seite in groben Zügen beschrieben, dazu kommen noch ein paar Seiten Weltgeschichte und ein wenig Fluff, der das Alltagsleben im Jahr 2045 grob umreißt. Vermutlich wird man, um die „Time of the Red“ wirklich verstehen zu können, auf das Grundregelwerk warten müssen. 

Die Regeln

Wie an mehreren Stellen in den Büchern betont wird, ist das Jumpstart Kit gewissermaßen eine Demo für das kommende Grundregelwerk, vereinfacht und gekürzt, um leichter in das System einsteigen zu können. Allerdings entsteht beim Lesen schnell die Frage, wie hilfreich das Jumpstart Kit für den Einstieg ins eigentliche Cyberpunk Red sein wird, denn an einigen Stellen erwecken Formulierungen den Eindruck, dass bestimmte Regeln womöglich im Grundregelwerk anders funktionieren werden. Es wird aber nicht wirklich transparent gemacht, welche Regeln das sind und wie weitreichend die möglichen Abweichungen sind.

Das Interlock-System

Cyberpunk Red verwendet, wie schon Cyberpunk 2020 und auch das The Witcher TRPG, das Interlock-System, das allerdings grundlegend überarbeitet, angepasst und gestrafft wurde. Charaktere basieren auf neun Attributen und einer Reihe von Skills, jeweils mit einem Wert zwischen 0 und 10.  Bei Proben werden Attribut und zugehöriger Skill summiert, ein W10 addiert und die Summe mit einem festgelegten Zielwert verglichen. In Konfliktsituationen wird stattdessen direkt vergleichend gewürfelt, der höhere Wurf setzt sich durch.

Das Jumpstart Kit listet insgesamt 22 Skills auf, das Grundregelwerk wird aber deutlich mehr Skills enthalten. Alle Charaktere erhalten bei der Erschaffung Gratis-Ränge in verschiedenen Skills, beispielsweise in „Wahrnehmung“, „Allgemeinbildung“, „Athletik“ und „Waffenloser Kampf“. Für das Jumpstart Kit spielt das aber eigentlich keine Rolle, denn es gibt keine Regeln zur Charaktererschaffung.

Charakterklassen

Der Tech ist eine der Charakterklassen in Cyberpunk Red
Der Tech ist eine der Charakterklassen in Cyberpunk Red

Cyberpunk Red behält das Klassensystem von Cyberpunk 2020 bei und umfasst neun Charakterklassen, von denen aber nur sechs im Jumpstart Kit spielbar sind: Rockerboy (Musiker und andere Entertainer), Solo (Söldner, Profikiller und andere Kämpfer), Tech (Mechaniker, Bastler und Mediziner), Nomad (Profi-Fahrer und Straßenkrieger à la Mad Max), Fixer (Info-Broker, Hehler und Schmuggler) und Netrunner (Hacker). Im Grundregelwerk wird jede Klasse einen exklusiven Spezial-Skill haben, diese kommen im Jumpstart Kit aber nicht zum Einsatz – mit Ausnahme des Netrunners, dessen Klassenskill ihm das Hacken überhaupt erst ermöglicht.

Zu jeder Charakterklasse enthält das Jumpstart Kit einen fertig ausgearbeiteten Archetypen. Skills, Ausrüstung und Cyberware stehen fest, Einfluss nehmen kann der Spieler auf die Attribute und auf die Persönlichkeit und Vita seines Charakters. Jeder Charakterbogen kommt mit sechs unterschiedlichen Attributs-Blöcken, der Spieler kann sich einen Block aussuchen oder auswürfeln.

Charakterbogen

Der vorgefertigte Charakterbogen des Solo-Archetypen mit verschiedenen Attributs-Blöcken und freien Feldern für den Charakterhintergrund.

Mit dem „Lifepath“-Modul kann sich der Spieler außerdem eine Persönlichkeit und eine  Lebensgeschichte für seinen Charakter entweder aussuchen oder erwürfeln. Spieltechnische Auswirkungen hat das Modul nicht.

Die Kampfregeln

Für Kämpfe verwendet Cyberpunk Red eine weiterentwickelte und deutlich abgespeckte Version des Kampfsystems von Cyberpunk 2020. Vor allem die Regeln zu Automatikfeuer wurden stark vereinfacht und entschärft – pro Angriff treffen in Cyberpunk Red maximal eine Handvoll Kugeln das Ziel. Angriffe laufen ab wie alle anderen Skill-Proben auch der Zielwert von der verwendeten Waffe und der Entfernung zum Ziel ab. Nur Charaktere mit sehr hohem Reflex-Attribut können im Fernkampf aktiv ausweichen, dann wird aus dem Angriffswurf eine vergleichende Probe. Im Nahkampf wird grundsätzlich vergleichend gewürfelt.

CyborgEs gibt zwei Trefferzonen: Kopf und Körper. Kopftreffer sind schwieriger, richten aber mehr Schaden an. Beide Trefferzonen können individuell gepanzert werden. Die Panzerung zählt als passiver Bonus und wird vom erlittenen Waffenschaden abgezogen. Überzähliger Schaden reduziert dann die Lebenspunkte des Charakters. Charaktere, deren Lebenspunkte auf 0 sinken, sterben früher oder später, wenn sie keine Erste Hilfe erhalten.

Die Waffen werden in Klassen eingeteilt, die sich in Schaden, Reichweite und dem Feuermodus unterscheiden. Waffen selbst bleiben abstrakte Platzhalter; spezifische Modelle mit Bild oder Beschreibung stehen nicht zur Wahl.

 

Cyberware

Die vorgefertigten Charaktere (und auch verschiedene NSC) verfügen jeweils über eine Handvoll Cyberware-Implantate, die jeweils bestimmte spieltechnische Boni liefern oder als Waffe eingesetzt werden können. Zu jedem Implantat gibt es eine knappe Beschreibung.

Diese Implantate sind festgelegt: Sich weiter vercybern zu lassen ist im Einsteiger-Regelwerk keine Option.

Cyberware tendiert dazu, offensichtlich zu sein
Cyberware tendiert dazu, offensichtlich zu sein

Netrunning

Das weltweite NET ist in der „Time of the Red“ ebenso Geschichte wie der Cyberspace, in dem man gedankenschnell und körperlos herumfliegen konnte. Öffentliche Netzwerke sind beschränkt auf regionale Informationsplattformen auf dem technischen Niveau des heutigen Internets. Das „echte“ NET, in das sich Netrunner mental einstöpseln können, existiert nur noch in Form lokaler Netzwerke.

Die meisten Netrunner in Cyberpunk Red tragen hautenge Panzeranzüge und VR-Brillen
Die meisten Netrunner in Cyberpunk Red tragen hautenge Panzeranzüge und VR-Brillen

Wortwörtlich einstöpseln muss sich aber niemand mehr, denn das neue NET ist eine kabellose Augmented-Reality-Umgebung, die der Netrunner durch eine Datenbrille sieht. Eine WiFi-Welt analog zu Shadowrun, in der sich nahezu alles hacken lässt, ist das kabellose NET aber nicht; Hacking bleibt auf Systeme wie Firmennetzwerke beschränkt. Zugangspunkte zu solchen Systemen haben in der Regel eine Reichweite von lediglich sechs Metern. Für die Netrunner heißt das: Keine Hacks mehr vom heimischen Sofa aus, sondern raus an die Front.

Hacken funktioniert nach dem „Fahrstuhl“-System: Computersysteme staffeln sich in übereinander liegende Level, die der Netrunner der Reihe nach von oben nach unten erkundet. Auf jedem Level können dann Dateien und der Zugriff auf Sicherheitssysteme und Ähnliches liegen, aber auch Passwortsperren oder „Black ICE“ (aggressive und potentiell tödliche Verteidigungsprogramme).

Abenteuer

Das Jumpstart Kit enthält ein längeres, viereinhalbseitiges Abenteuerszenario sowie als Zugabe drei kürzere Szenarien auf jeweils etwa einer Seite zuzüglich Fluff-Text, die der SL als Grundlage für weitere Abenteuer verwenden kann. R. Talsorian verspricht vorgefertigte Abenteuer, die sich „out of the box“ spielen lassen. Falls man darunter Abenteuer versteht, die so umfassend ausgearbeitet und durchstrukturiert sind, dass sie ohne nennenswerte Vorbereitung und zusätzliche Ausgestaltung spielbar sind, dann ist das eindeutig nicht der Fall. Fehlende Details und Hintergrundinformationen fordern dem Spielleiter viel Improvisationstalent und/oder gründliche Vorarbeit ab – das genaue Gegenteil von „out of the box“. Dass der eigentliche Plot auf Schienen läuft und oft Handlungen der Spieler voraussetzt oder gleich vorwegnimmt, macht es für einen unerfahrenen Spielleiter nicht leichter.

Das Abenteuer „The Apartment“ beinhaltet diesen Bodenplan des Gebäudes.
Das Abenteuer „The Apartment“ beinhaltet diesen Bodenplan des Gebäudes.

Eins haben die Szenarien im Jumpstart Kit alle gemein: Es sind Schießbuden. Eigentlich in jedem Fall läuft nach kurzer, linearer Einleitung die Lösung auf einen oder mehrere Kämpfe hinaus. Andere Optionen werden oft gar nicht erst erwähnt oder sogar durch das festgeschriebene Verhalten der NSC aktiv ausgeschlossen. Unter diesem Licht betrachtet ist es dann auch nicht verwunderlich, dass ausnahmslos alle vorgefertigten Charaktere vom Rockerboy bis zum Tech schwer bewaffnet und von Kopf bis Fuß solide gepanzert sind.

Erscheinungsbild

Umfang

Eine Anmerkung vorweg: Die Druckversion des Cyberpunk Red Jumpstart Kit präsentiert sich als Box mit Softcover-Heften, Broschüren und losen Blättern. In der digitalen Version sind die einzelnen Dokumente stattdessen jeweils als separate PDFs enthalten. Da wir für diese Rezension nur die digitale Version vorliegen hatten, können wir zur Qualität der gedruckten Produkte keine Aussagen treffen.

Das Jumpstart Kit umfasst zwei Bücher: Das Worldbook liefert auf 53 Seiten einen Überblick über die Hintergrundwelt von Cyberpunk Red, die Geschichte, ein Profil der Stadt Night City sowie Tipps zum Spielleiten. Außerdem sind hier das Start-Abenteuer und die weiteren Szenarien enthalten. Das 45-Seitige Rulebook enthält die Spielregeln inklusive Kampf- und Netrunning-System sowie einige weitere Erklärungen zur Cyberpunk-Spielwelt. Hinzu kommen  die sechs vorgefertigten Charaktere, jeweils mit einer Seite Fluff-Text und Bild und einer Seite Charakterbogen, ein doppelseitiges Handout mit Regel-Kurzübersicht für Spieler und ein vierseitiges Heft für den SL mit Regelübersicht und anderen hilfreichen Tabellen. Alle Dokumente kommen in DIN A4; lediglich das Kartenpaket, mit dem das das Paket abgerundet wird, kommt im A3-Format und enthält vier Bodenpläne: eine generische Straßenecke, ein Stück staubiger Highway, eine Bar und ein Bürogebäude.

Layout

Das Layout von Cyberpunk Red ist klar und schnörkellos
Das Layout von Cyberpunk Red ist klar und schnörkellos

Das gesamte Jumpstart Kit präsentiert sich in Farbe. Das Layout ist klar und nüchtern, aber wenig aufregend. Rot und weiß dominieren das Seitenbild mit hin und wieder eingestreuten Info-Kästen, Zitaten (von denen so einige dem Cyberpunk 2020-Grundregelwerk entnommen sind) oder Illustrationen. Nennenswerte Layout-Schnitzer sind nicht aufgefallen, wohl aber einige Wort-Doppelungen oder Tippfehler.

Die Bebilderung wirkt durch die Bank solide, die Bildqualität ist gut. Die Illustrationen stammen von verschiedenen Künstlern mit ganz unterschiedlichen Stilen, die gezeigten Motive erinnern an Vorlagen von Ghost in the Shell über Elysium und Blade Runner bis hin zu Mad Max.

Sowohl Worldbook als auch Rulebook haben ein Inhaltsverzeichnis, aber keinen Index. Die Regel-Tabellen der Übersichts-Handouts enthalten keine Seitenverweise zum Regelbuch, was dem schnellen Nachschlagen am Spieltisch sicher gutgetan hätte.

Die harten Fakten:

  • Verlag: R. Talsorian Games
  • Autor(en): Mike Pondsmith, David Ackerman, James Gray, James Hutt, Cody Pondsmith
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Sprache: Englisch
  • Format: A4
  • Seitenanzahl: 120
  • ISBN: 978-1-950911-01-1
  • Preis: 10 USD bis 29,99 USD
  • Bezugsquelle: Fachhandel, DriveThruRPG, Amazon 

 

Bonus/Downloadcontent

Kürzlich ist auf R. Talsorians Homepage das Download-Kurzabenteuer Red Chrome Cargo für das Jumpstart Kit erschienen. Außerdem gibt es auf der Homepage die Developer‘s Logs mit Einblicken in die Entwicklung von Cyberpunk und den Q&A-Podcast Listen Up!, in dem Mike und Cody Pondsmith  unter anderem über Fragen zu Cyberpunk Red diskutieren.

Fazit

Das Cyberpunk Red Jumpstart Kit ist eine kostenpflichtige Demo – nicht mehr, nicht weniger. Es liefert in aller Kürze einen Einblick in die Spielregeln, die das kommende Grundregelwerk enthalten wird, macht aber keinen Hehl daraus, dass der Großteil eben erst mit diesem Buch erscheinen wird. Das reduzierte Interlock-System ist unkompliziert und dürfte auch für absolute Einsteiger leicht zu erlernen sein. Der Überblick über die Spielwelt hingegen fällt  ziemlich grob aus, gerade bei Einsteigern ohne Cyberpunk-Vorerfahrung dürften viele Fragen offen bleiben.

Die im Worldbook enthaltenen Abenteuer-Szenarien machen einen durchaus spielbaren Eindruck, sind aber sehr auf Kampf zugespitzt und nur rudimentär ausgearbeitet – Einsteigerrunden dürften hier schnell überfordert sein. Die enthaltenen Regeln ermöglichen durchaus, auch eigene Szenarien zu spielen, das Regelwerk schränkt die Möglichkeiten aber deutlich ein. Eine längere Kampagne abwechslungsreich zu gestalten dürfte deshalb schwierig werden, auch mangels Ausbau- und Entwicklungsmöglichkeiten für die Charaktere.

Für die ersten Schritte und eine grobe Orientierung in der neuen „Time of the Red“ und der nächsten  Edition des Cyberpunk-Rollenspiels ist das Jumpstart Kit aber allemal geeignet und es macht neugierig auf das kommende Grundregelwerk. Ein Spielwert über einige Spielabende hinaus ist aber eher nicht in Sicht, zumal die Box mit dem Erscheinen des Grundregelwerks weitgehend obsolet werden dürfte. Den Preis von knapp 30 US-Dollar erscheint daran gemessen ziemlich hoch. Bei der PDF-Version, die es auf unabsehbare Zeit für knapp 10 US-Dollar gibt, stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis schon eher.

Die Endwertung fällt deshalb alles in allem durchwachsen aus. Das Cyberpunk Red Jumpstart Kit ist vor allem ein Produkt für alte Cyberpunk-Fans, die wissen wollen, wie die Geschichte weitergeht, und für alle, die sich mental schon mal auf Cyberpunk 2077 einstimmen und mehr über R. Talsorians Cyberpunk-Welt erfahren wollen. Für Einsteiger, die einfach neugierig auf das Cyberpunk-Genre insgesamt sind, ist das Jumpstart Kit definitiv eine Option, aber nicht unbedingt der Geheimtipp des Jahres.

Artikelbilder: © R. Talsorian Games, Bearbeitung: Roger Lewin

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