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Die Frankfurter Buchmesse 2022 war, wie üblich, eines der wichtigsten Treffen der Buchbranche. Es wurde über die hohen Papierpreise gestöhnt, Buchpreise erhöht und Literaturpreise vergeben, es trafen sich Agent*innen mit Lektor*innen, Bücher wurden verkauft und signiert. Wie steht es dabei um die Phantastik?

Vom 19. – 23. Oktober 2022 öffnete die Frankfurter Buchmesse ihre Pforten und versuchte dabei offensichtlich, an die Zeiten vor der Pandemie anzuknüpfen.

Wir aus dem Romanressort haben uns zum ersten Mal seit 2019 wieder auf eine Buchmesse gewagt. Dort trafen wir auf einige uns bekannte Gesichter aus der Phantastikszene, zum Beispiel die ehemalige Leiterin des Romanressorts, auf spannende Stände und natürlich viele, viele Bücher.

Halle 3, Standort der Romanverlage, wie immer mit grauem Himmel.
Halle 3, Standort der Romanverlage, wie immer mit grauem Himmel.
Bei Fakriro warteten 300 verschiedene Bücher von Selfpublisher*innen aufs Publikum.
Bei Fakriro warteten 300 verschiedene Bücher von Selfpublisher*innen aufs Publikum.

Ein Teil der Bücher auf der Messe gehörte natürlich zum Phantastik-Genre, viele davon auch im Kinder- und Jugendbuchbereich. Der Trend zur Science-Fiction hat ebenso abgeflacht wie die verschiedenen Verschnitte des Lieds von Eis und Feuer. Märchenadaptionen stehen aktuell hoch im Kurs, doch insgesamt besinnt sich die Phantastik wieder mehr auf ihre Vielfältigkeit. Dies schlägt sich sowohl im Angebot der großen wie kleinen Verlage als auch im starken Bereich des Selfpublishings nieder.

Zwar musste auf die beiden Selfpublishing-Bühnen verzichtet werden und auch Anbieter wie Tolino und Books on Demand hatten wenig Programmpunkte an den eigenen Ständen, für die Verleihung des Selfpublishing-Preis 2022 war dagegen eine richtige Location angemietet worden. Auch auf der Messe waren Bücher aus dem Selfpublishing präsent, unter anderem durch Fakriro, die an ihrem Stand die Werke von 120 Autor*innen präsentierten. Phantastik war selbstverständlich dabei.

Corona? War da was?

Die Corona-Pandemie hat auch bei einer der größten Buchmessen weltweit ihre Spuren hinterlassen. Die Ticketpreise waren deutlich erhöht worden und das Lesezelt auf dem Innenhof fehlte komplett. Diese Fläche wurde der Präsentation des Gastlandes zur Verfügung gestellt, dort ließ sich an Abbildungen von Kunstwerken aus dem Museo del Prado entlang flanieren. Die Stände vieler Verlagshäuser waren deutlich kleiner als in prä-pandemischen Zeiten, auch hier dürften die gestiegenen Preise eine Rolle spielen.

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Ein Hygienekonzept musste man auf der Frankfurter Buchmesse leider gründlich suchen. Masken wurden empfohlen und teilweise auch getragen, dazu hingen in den Fluren und Toiletten die vertrauten Spender für Handdesinfektionsmittel. Sonst Fehlanzeige – bis auf eine Ausnahme: in den Messehallen selbst waren die Gänge zwischen den Ständen deutlich breiter als vor Beginn der Pandemie. Diese Neuerung darf gern beibehalten werden, um auch am üblicherweise gut besuchten Wochenende wenigstens etwas Bewegung zu ermöglichen.

Etliche der Bühnen und auch die Präsentationsküchen im Kochbuchbereich waren diesem gestiegenen Platzbedarf gewichen, was verständlich, aber bedauerlich ist. Hier gilt es, in Zukunft einen Weg zu finden, um einen Teil der Bühnen und die breiteren Gänge in Einklang zu bringen.

Am Donnerstag, einem reinen Fachbesucher*innentag, war die Messe trotz dieser Limitierung des Publikums relativ leer. In den breiten Gängen fiel dies natürlich noch stärker auf. Trotzdem sollten sie, wenn möglich, beibehalten werden.

Dies zeigte sich am Freitag, als es zunehmend voller wurde. Es ist immer so, dass die Besucherzahlen zum Wochenende zunehmen. Doch die Frankfurter Buchmesse 2022 brach mit einer Tradition, sicher auch, um die Besucherzahlen zu verbessern und zugleich das Gedränge am Wochenende zu reduzieren: schon der Freitag wurde für das allgemeine Publikum geöffnet. Außerdem wurde bereits ab Freitag verkauft statt wie sonst oft nur in den letzten zwei Stunden am Sonntag. Entsprechend leerten sich am Freitagnachmittag bereits die ersten Regale. Verständlich, die Bücher sahen einfach zu einladend aus.

Cover-Highlights

Dabei spielen sicher die Cover eine große Rolle. Die zu erwartenden Programme versprechen einiges an interessanter Phantastik für die nächsten Monate, doch bereits aktuell erscheinende Bücher kommen in ansprechendem Äußeren daher.

Die gleichförmigen Cover, die es vor einigen Jahren schwer machten, zu wissen, ob man jetzt das neue Buch von George R. R. Martin oder irgendwem anders in der Hand hält, gehören zum Glück der Vergangenheit an. Bücher sollen wieder schön sein. Einige Cover sind mit Spotlack, Goldfolie oder Prägungen veredelt, bei anderen ist der Buchschnitt (die zwischen den Buchdeckeln sichtbare Kante der Seiten) farbig. Manche Bücher, wie die Solstasia-Reihe, haben sogar beides spendiert bekommen! Bei mehrteiligen Reihen beziehen sich teilweise die Cover aufeinander oder lassen sich zu einem gemeinsamen Bild zusammenlegen wie beispielsweise bei Das Herz der Zwerge 1 und Das Herz der Zwerge 2. Diese Cover sind echt ein echtes Highlight im Regal oder bei einer Präsentation auf den sozialen Medien.

Zum Thema Cover machten wir noch eine spannende Entdeckung auf der Messe.

Sehr ungewohnter Anblick: Die neuen Tintenwelt-Cover.
Sehr ungewohnter Anblick: Die neuen Tintenwelt-Cover.

Vor einiger Zeit wurde mit Die Farbe der Rache ein vierter Band der Tintenwelt von Cornelia Funke angekündigt. Dazu stellte der Dressler-Verlag die drei vorherigen Bände mit neuem Cover vor. Beim Anblick der neuen Einbände der Klassikerreihe war der Aufschrei groß, die flächigen grellen Farbe und starken Kontraste passten so gar nicht zum bisherigen Design der Tintenwelt.

Hinter den grellen Covern der Tintenwelt wartete eine Überraschung.
Hinter den grellen Covern der Tintenwelt wartete eine Überraschung.

Auch auf der Frankfurter Buchmesse 2022 wurden die Bücher am Verlagsstand präsentiert – Zeit, um einmal einen Blick hineinzuwerfen. Doch hinter den grellbunten Covern und dem farbigen Buchschnitt verbargen sich leere Seiten. Vielleicht waren die Bücher auf der Messe einfach nur Dummies, das kommt gelegentlich vor. Vielleicht handelt es sich aber auch um eine Marketingaktion, um Aufmerksamkeit auf Die Farbe der Rache zu ziehen. Verdient hätte es die in Deutschland oft zu Unrecht als Kinderbuchautorin abgestempelte Cornelia Funke und ihre grandiose Tintenwelt in jedem Fall.

Unser Fazit zur Frankfurter Buchmesse 2022

Die Frankfurter Buchmesse 2022 hinterlässt letztlich gemischte Gefühle. Die Phantastik ist da und bringt viele spannende neue Bücher. Breite Gänge und eine frühere Öffnung für das breite Publikum entzerren den Stau auf der Messe am Wochenende. Auf der anderen Seite wird das noch immer existente Pandemiegeschehen dem Individuum überlassen, digitale und analoge Hybridformate sind selten und trotz vehementer Kritik scheint es immer noch nicht möglich, deutsche Nazi-Verlage auszuladen – was mit Russland und Iran in diesem Jahr allerdings problemlos möglich war.

Wiedersehensfreude bei aktueller und ehemaliger Ressortleiterin.
Wiedersehensfreude bei aktueller und ehemaliger Ressortleiterin.

Es tut gut, bekannte Gesichter wieder zu sehen, in wunderbaren Covern zu schwelgen und sich an den Büchern zu erfreuen. Doch auch die Frankfurter Buchmesse sollte die Zäsur der Pandemie als Chance zur Veränderung nutzen und sich nicht nur darauf verlassen, dass die vertraute Rezeptur weiterhin funktioniert. Es gibt in der Science-Fiction bestimmt ein paar Bücher, die Ideen liefern können.

 

Titelbild: © Frankfurter Buchmesse/Anett Weirauch, bearbeitet von Yola Tödt
Layout und Satz: Yola Tödt
Lektorat: Jessica Albert
Fotografien: Marie Mönkemeyer

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