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Jedes Jahr kommt es im Oktober zu einem Treffen bibliophiler Menschen aus aller Welt: der Frankfurter Buchmesse. Hier werden Neuerscheinungen präsentiert, Lesungen und Diskussionsrunden abgehalten und Verträge geschlossen. Bis auf Letzteres alles gute Gründe für uns, die Messe zu besuchen, die vom 16. bis 20. Oktober 2019 stattfand.

Die Frankfurter Buchmesse ist im Kalender vieler Menschen in der Buchbranche ein fester Termin und eine echte Großveranstaltung, auf der Stars und Prominente in Lesungen und Diskussionsrunden auftreten und zahlreiche Menschen in die Messehallen ziehen. In diesen war es an den Fachbesuchertagen noch problemlos möglich, sich durch die Gänge zu bewegen, doch am Wochenende wurde es so voll, dass es ratsam war, vor einem Termin ausreichend Zeit für den Weg einzuplanen.

Dies war keinesfalls allein dem regnerischen Wetter geschuldet, sondern lag an gestiegenen Besucherzahlen: 302.267 Menschen haben in diesem Jahr die Messe besucht, während es 2018 noch 285.024 waren.

Regnerisch war es, aber das tat dem Besucherstrom keinen Abzug
Regnerisch war es, aber das tat dem Besucherstrom keinen Abzug

Phantastische Bücher

Ich habe mich selbstverständlich mit den Neuerscheinungen in der Phantastik beschäftigt und festgestellt, dass sich der Trend des Vorjahres fortsetzt. Es liegt weiterhin eine größere Menge Science-Fiction auf den Tischen, doch neue Trends und Tendenzen waren rar. Das große Weitermachen scheint weiterhin die Neuerscheinungen zu beherrschen, erfolgreiche Autoren und Konzepte werden fortgesetzt. Folgebände oder Neuauflagen waren ein häufiger Anblick in den Ankündigungen, wie beispielsweise eine neue „Staffel“ von Markus Heitz’ Doors oder Tad Williams Osten-Ard-Saga mit neuem Cover. Daneben gab es eine große Zahl an Büchern, die leicht phantastische Elemente enthalten, jedoch nicht als Phantastik vermarktet werden, wie beispielsweise den Thriller #KillTheRich.

Eine FBM ohne Büchertürme? Unmöglich!
Eine FBM ohne Büchertürme? Unmöglich!

Auch im Kinderbuchbereich erfreuen sich phantastische Wesenheiten wie Drachen und Einhörner weiterhin großer Beliebtheit. An anderer Stelle erlebte ich als erfahrene Rollenspielerin eine Überraschung: Bei einem Stand warteten zahlreiche Rätselbücher und lesbare „Escape Rooms“ auf neues Publikum. Diese Escape Game oder Adventure genannten Bücher enthalten eine Geschichte für eine Gruppe voller Rätsel, Vorlesetexte und sogar der Aufforderung, sich zu Beginn zu verkleiden, was deutlich an die Abenteuerspielbücher aus den Frühzeiten verschiedener Rollenspiele erinnert. Ob auf diesem Wege Nachwuchs für dieses Hobby entsteht, wird die Zeit zeigen.

Mein persönliches Highlight unter den Messeneuheiten versteckte sich bei Heyne zwischen anderer Science-Fiction: die Murderbot Diaries von Martha Wells erscheinen auf Deutsch. Übersetzt wurden die ersten vier Geschichten um den serienliebenden Kampfroboter von Frank Böhmert.

Dream Ursula

Auch an einer anderen Stelle wurde an die Messe des Vorjahres angeknüpft, mit dem Programmpunkt Dream Ursula. Wie schon bei der Science-Fiction-Lounge Think Ursula in 2018 referenzierte der Titel auf die große Schriftstellerin Ursula K. Le Guin, die in diesem Jahr 90 geworden wäre.

Die Veranstaltung begann mit einer der Rede von Theo Downes-Le Guin, dem Sohn der Science-Fiction-Legende. Er sprach voll Humor und Zuneigung über den Arbeitsalltag seiner Mutter, ihre Inspirationen, Träume und politisches Engagement. Anschließend folgte eine Diskussionsrunde, bei der sechs AutorInnen verschiedene Fragen beantworteten. Dabei wurde der inhaltliche Bogen über gesellschaftliche Entwicklungen, Demokratie, Rechte für künstliche Intelligenzen bis zu der Frage gespannt, ob Science-Fiction-Schreibende die Zukunft voraussagen können.

Fragen, die sich nicht nur Autor*Innen stellen sollten - eine Notiz von Ursula Le Guins
Fragen, die sich nicht nur Autor*Innen stellen sollten – eine Notiz von Ursula Le Guins

Fragen und Antworten waren im Vorfeld vorbereitet worden, wodurch zu keinem Thema richtig in die Tiefe gegangen werden konnte. An der Diskussionsrunde beteiligt waren: Regine Bott, Alessandra Ress, James Sullivan, Kai Hirdt, Christoph Hardebuch und Natalja Schmidt. Moderiert wurde die Runde von Diana Menschig.

Im Anschluss folgte eine Lesung samt Fragerunde von Jenny-Mai Nuyen aus ihrem Fantasyroman Die Töchter von Illian. Bei den folgenden Fragen wurde erneut ein Blick auf Gesellschaftsmodelle geworfen.

Mein Fazit zu Dream Ursula ist gemischt. Es war eindeutig interessanter als Think Ursula im letzten Jahr, auch die dort noch postulierte scharfe Trennung zwischen Fantasy und Science-Fiction fehlte glücklicherweise vollkommen. Leider fand die Veranstaltung jedoch nicht auf dem Messegelände statt, weswegen auch ein Teil des Publikums nach der Diskussionsrunde wieder ging und die Phantastikszene durch die etwas abgeschiedene Lage unter sich blieb. Auch eine richtige Diskussion statt vorbereiteter Antworten würde die Veranstaltung spannender gestalten, es beweisen viele andere Debatten auf der Messe, dass Diskussionen möglich sind, und bereits eine einzige der gestellten Fragen hätte ausgereicht, um mehrere Stunden Gespräch zu füllen.

Phantastische Programmpunkte

Dracheneier gehen doch eigentlich immer?!
Dracheneier gehen doch eigentlich immer?!

Auch anderenorts wurde es auf der Buchmesse phantastisch. Das Phantastik-Autorennetzwerk PAN hatte einen eigenen Stand, wo man sich über die Arbeit des Verbandes informieren konnte. Außerdem hat sich PAN an den Frankfurt-Authors-Thementagen beteiligt. Bei diesen stand jeweils ein Teil des Programms auf der Authors Stage im Zeichen eines Genres. So wurde am Messefreitag unter Mitwirkung des Autorennetzwerks SYNDIKAT über Krimis diskutiert und am Sonntag mit PAN-Mithilfe über Fantasy.

Auch mit einer „Bücherregen“ genannten Buchverlosung und einer Phantastischen Lesenacht beteiligte sich das Phantastik-Autorennetzwerk an der Messegestaltung. Die 2. PAN-Lesenacht fand öffentlich außerhalb des Messegeländes statt und fügte sich nahtlos in das messebegleitende Abendprogramm aus weiteren Lesungen ein. Letztere sind während der Frankfurter Buchmesse nicht so zahlreich wie bei der entsprechenden Veranstaltung in Leipzig, wo es während der Buchmesse fast unmöglich ist, abends ein Lokal zu finden, in dem keine Lesung stattfindet.

Ähnlich wie während der Leipziger Buchmesse gab es auch hier eine Veranstaltung zu 50 Jahren Herr der Ringe, die jedoch mit weniger Stars und Interviews auskam als in Leipzig.

Bücher zum Mitnehmen

Erhalten Abenteuer-Spielbücher ein größeres Revival?
Erhalten Abenteuer-Spielbücher ein größeres Revival?

Auch wenn die Frankfurter Buchmesse in diesem Jahr in der Phantastik wenig neue Trends bot, so war sie doch eine ausgezeichnete Möglichkeit, zahlreiche Bekannte von Literaturcamps, PAN-Branchentreffen und anderen Buchmessen wiederzutreffen, sich Autogramme von Stars zu holen und Bücher zu kaufen. War es im letzten Jahr nur wenige Stunden vor Messeschluss erlaubt, Bücher zu verkaufen, galt in diesem Jahr eine andere Verkaufsregelung.

So war der Verkauf während der allgemeinen Besuchertage am Wochenende möglich, oder während der Fachbesuchertage Mittwoch bis Freitag, wenn der entsprechende Autor oder die Autorin am Stand einen Programmpunkt wie beispielsweise eine Signierstunde abhielt. Den gefüllten Taschen zufolge haben diese Möglichkeiten zahlreiche Menschen genutzt – auch für phantastische Bücher.

Fotografien: Marie Mönkemeyer
Titelbild: © FBM, Claus Setzer

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