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Ein Mord ist in Varangantua ist nichts Ungewöhnliches. Doch an diesem Fall ist nichts gewöhnlich. In der neutralen Zone zwischen der Stadt und einer Enklave des Adeptus Mechanicus wird eine Leiche gefunden. Probator Noctis und die Mechanicus-Ermittlerin Lux müssen Hürden von Mensch und Maschine überwinden, um diesen Fall zu lösen.

Der Roman Blutsbande von Chris Wright durfte ganz offiziell die neue Krimi-Reihe Warhammer Crime einläuten. Mit Guy Haley ist nun der nächste profilierte Warhammer-Autor am Zug und legt mit Mensch und Maschine den nächsten Roman der Reihe vor. Erneut verschlägt es uns in die Makropol-Stadt Varangantua. Doch diesmal begleiten wir nicht den fast schon klischeehaften Cop Agusto Zidarov durch die gefährlichen Straßen der Stadt, sondern ein ziemlich ungleiches Ermittler-Duo mit ganz besonderer Dynamik.

Story

Mensch und Maschine spielt in einem weiteren der unzähligen Distrikte von Varangantua in denen die Bastionen der Makropol-Polizei einfach nur durchbuchstabiert werden. In dieser beklemmenden Anonymität der Maße begleiten wir diesmal den Probator, sprich Ermittler, Symeon Noctis. Noctis ist zwar ähnlich aufrichtig wie Zidarov, im Vergleich allerdings unfassbar reich, denn Noctis ist Sprößling einer großen Industriefamilie der Stadt. Zum Leidwesen seiner Eltern entfloh er jedoch dem goldenen Käfig in der Hoffnung, jenseits der Paläste irgendetwas Gutes bewirken zu können. Dennoch ist das verbliebene Taschengeld ausreichend, um ein luxuriöses Leben zu führen, was ihm natürlich viel Neid in der Bastion einbringt. Noctis ist immer wieder zerrissen zwischen seiner Abstammung und seiner Arbeit, er versucht ein besserer Mensch zu sein, aber ganz ausbrechen kann er doch nicht.

Seine Sorgen ändern sich jedoch schlagartig, als eine Leiche im Grenzgebiet zum Adeptus Mechanicus gefunden wird. Wäre diese Leiche nur auf einer Seite, wäre es wohl kein Problem, doch hat sich jemand die Mühe gemacht, die Leiche in zwei Teile zu trennen und je ein Teil auf jeder Seite der Grenze zu platzieren. Verweigert das Mechanicus zunächst jede Zusammenarbeit wird schnell klar, dass ohne eine Zusammenarbeit dieser Fall nicht gelöst wird. Scheinbar gibt es auch Interesse von höheren Stellen des Adeptus, denn man stellt Noctis eine Ermittlerin des Kollegiat Extremis, einer Art Adeptus Arbites des Mechanicus, zur Seite. Was sich zunächst als makabrer Mord darstellt, wird schnell zu einer gefährlichen Verstrickung aus Techketzerei und grausamer Ausbeutung. Gemeinsam mit Rho-1 Lux taucht Noctis in die bizarre Welt des Adeptus Mechanicus ein und muss nicht nur sein Leben, sondern auch seinen Geist schützen.

Schreibstil

Guy Haley spendiert seinem Roman zwei Hauptfiguren. Während Noctis’ Geschichte unmittelbar aus seiner Sicht erzählt wird, basiert Lux’ Wahrnehmung der Geschehnisse aus Protokollen. Dies gibt dem technokratischen Wesen des Mechanicus noch einen ganz besonderen Touch. Im Zusammenspiel funktioniert das hervorragend, auch die Charaktere harmonieren auf besondere Art und lassen einen an und ab auch mal schmunzeln. Der Charme von Noctis gepaart mit der fast schon naiven Nüchternheit der Techpriesterin ergibt ein spannendes Duo.

Haley entwickelt die Welt von Varangantua weiter, die bereits gut funktioniert, und gibt tiefe Einblicke in das Adeptus Mechanicus. So erfährt man nicht nur einiges über die Rekrutierung neuer Adepten, sondern erfährt sehr detailliert und ungeschönt die Herstellung von Servitoren, lobotomierte Menschen, die in Teilen zu Maschinen umgebaut werden für verschiedene Zwecke. So konkret, dass manche Lesende sicherlich für eine Triggerwarnung vorab dankbar gewesen wären. Ganz nebenbei führt er auch noch interne Polizeistrukturen beim Mechanicus ein und schafft mit dem Kollegiat Extremis ein Pendant zum imperialen Adeptus Arbites.

Das Thema Mensch und Maschine wird hier auf mehreren Ebenen aufgegriffen und gibt dem Roman eine existentialistische Dimension. Ganz offenkundig bezieht sich der Titel eindeutig die unterschiedlichen Welten von Imperium und Adeptus Mechanicus sowie auf die Zusammenarbeit von Noctis und Lux. Doch auf einer Metaebene stellen sich auch klassische philosophische Fragen: was einen Menschen ausmacht und wann der Mensch zur Maschine wird. Dies ist eine ganz zentrale Thematik von Lux, aber auch im Rahmen der Charaktere aus den Reihen des Mechanicus wird diese Dualität immer wieder in den Fokus gerückt.

Die Übersetzung von Birgit Hausmayer macht Spaß zu lesen und ist tadellos.

Der Autor

Guy Haley gehört zu den etablierten Mitgliedern der Black Library und tobt sich dort in allen Bereichen aus. Aus seiner Feder stammt unter anderem das herausragende Konrad Curze über den gleichnamigen Primachen der Night Lords. Das Buch ist Teil der neuen Warhammer Crime-Reihe, in der noch einige weitere Veröffentlichungen geplant sind.

Erscheinungsbild

Das Cover zeigt Noctis und Lux vor einer der unzähligen Straßenschluchten Varangantuas. Passend zum düsteren Noir-Setting der Warhammer Crime-Reihe regnet es und die Stadt wirkt eher bedrohlich als einladend. Tatsächlich fängt das Cover so die Atmosphäre des Romans sehr gut ein.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Black Library
  • Autor: Guy Haley
  • Erscheinungsdatum: Juni 2021
  • Sprache: Deutsch/Englisch (Aus dem Englischen übersetzt von Birgit Hausmayer)
  • Format: eBook/Softcover
  • Seitenanzahl: 324
  • ISBN: 978-1-781935-6-37
  • Preis: 12,99 EUR (Print) / 9,99 EUR (eBook)
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Mensch und Maschine hat keine besonders innovative Grundprämisse, denn die Geschichte mit dem Mordopfer auf einer Landesgrenze ist vielfach erzählt. Doch im Warhammer-Universum drängt sich dieses beliebte Szenario gerade zu auf. Haley schafft es zudem, eine bereits erzählte Geschichte nochmals spannender und fesselnd bis zur letzten Seite neu aufzuarbeiten. Mit dem ungleichen Gespann schafft er zudem eine Hommage an zahlreiche ungleiche Duos der Krimi-Geschichte. International kommen einem gleich Sherlock Holmes und Watson in den Sinn, im deutschsprachigem Raum bietet sich ein Vergleich zu den Tatort-Kommissaren Thiel und Boerne an, die eine ähnlich charmante Dynamik aufweisen.

Der Roman lässt sich durchaus auch ohne Warhammer-Kenntnisse lesen, da die Welt gut beschrieben und daher sicher auch für Warhammer-fremde Krimi-Fans geeignet ist. Wer Warhammer kennt und Krimis mag, sollte sich dieses Buch hingegen auf gar keinen Fall entgehen lassen.

Man kann nur hoffen, dass die Geschichte von Noctis und Lux weitererzählt wird, denn man spürt auf jeder Seite, dass es noch eine ganze Menge zu erzählen gibt. Zumindest deuten Ende und Titel des Romans auf eine Fortsetzung hin und Haley könnte mit etwas Geschick zwei neue ikonische Charaktere der Black Library schaffen.

  • Alter Stoff hervorragend aufbereitet
  • Großartige Charaktere
  • Sehr gutes Worldbuilding
 

  • Noch keine Fortsetzung angekündigt

 

Artikelbilder: © Black Library
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Denise Hollas
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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