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Ihr streift gern mit eurer Abenteuergruppe durch dunkle Kerker auf der Suche nach Schätzen? Und dabei stellt ihr euch nicht nur gern den dort hausenden Kreaturen, sondern wollt auch noch eine feindliche Gruppe bekämpfen? Dann ist Dungeons & Dragons Onslaught vielleicht etwas für euch.

Dungeons & Dragons kann wohl mit Recht als der Klassiker des Pen-and-Paper angesehen werden. Doch schon lang hat sich das Franchise weit darüber hinaus entwickelt. Unter diesem Namen wurden bereits Bücher, Filme, Videospiele, Brettspiele und vieles mehr veröffentlicht. Mit Dungeons & Dragons Onslaught werden WizKids im neuen Jahr nun ein neues Miniaturenbrettspiel mit Tabletop- und natürlich Rollenspielelementen veröffentlichen. Dank bereits vorbemalter Miniaturen verspricht es einen schnellen Einstieg ohne viel Vorbereitung. Wir hatten die Chance, das Core Set bereits vor Veröffentlichung zu begutachten und zu spielen.

Spielablauf

Bei Dungeons & Dragons Onslaught handelt es sich um ein Skrimish-Spiel für zwei Spielende. Beide treten in einer Kampagne oder in Einzelspielen mit ihren Abenteuergruppen gegeneinander an. Dabei geht es nicht nur um den Kampf auf Leben und Tod, sondern es müssen auch Aufträge erfüllt werden. Zusätzlich erschweren Monster, welche nach vom Szenario vorgegebenen Mustern reagieren, das Spiel. Gespielt wird auf einem Spielbrett, das in quadratische Spielfelder unterteilt ist, welche zur Messung von Distanzen dienen.

Vor jedem Spiel wird das Spielfeld dem Szenario entsprechend aufgebaut und die Spielenden wählen ihre Abenteuergruppe.

Die Abenteuergruppen

Die Spielenden wählen aus den sechs Charakteren ihrer Fraktion fünf aus, welche im Szenario eingesetzt werden sollen. Die wählbaren Charaktere der Fraktionen haben sechs unterschiedliche Rollen, welche grob ihr Einsatzfeld skizzieren.

Jeder Charakter besitzt Fähigkeiten, die jede Runde eingesetzt werden können. Dazu kommen solche, die nach dem Nutzen mehrere Runden benötigen, um sich wieder aufzuladen oder die sogar nur einmal pro Szenario einsetzbar sind. Darüber hinaus gibt es noch eine reaktive Fähigkeit, welche als Antwort auf vorgegebene Ereignisse eingesetzt werden kann und sich dann wieder aufladen muss. Um den Cool-Down einer Fähigkeit zu überwachen, sind an den Charakter-Karten Drehräder angebracht.

Die Lebenspunkte jedes Modells werden ebenfalls mit Drehrädern dargestellt. Kommt ein Charakter mit seinen Lebenspunkten in den roten Bereich, kann sich dies negativ auf Bewegungspunkte und Rüstung auswirken und zusätzliche Effekte auslösen.

Die Spielrunde

Die Spielrunde bei Dungeons & Dragons Onslaught wird in drei Phasen unterteilt. In der Initiative-Phase teilt der*die aktive Spieler*in die Initiativekarten, mit Ausnahme der Karte mit der Eins, verdeckt aus. Die Eins verbleibt bei der aktiven Person. Wer in der ersten Runde der*die aktive Spieler*in ist, wird vom Szenario vorgegeben. Danach wechseln sich die Spielenden ab. Sind die Karten ausgeteilt, weisen die Spielenden jedem Charakter verdeckt eine der Karten zu, sodass am Ende jedem Charakter eine Initiativekarte mit einem Wert zwischen eins und zehn zugewiesen ist. Dies erfolgt verdeckt mit Ausnahme der Eins, welche offen platziert wird.

Durch Initiativekarten wird die Reihenfolge der Aktivierungen festgelegt.

In der Aktions-Phase werden die Charaktere in der vorgegebenen Reihenfolge aktiviert. Bei der Aktivierung kann ein Charakter mehrere Aktionen durchführen und entfernt am Ende alle vorübergehenden Effekte, welche nicht in dieser Aktivierung platziert wurden. Auch Monster werden in dieser Phase aktiviert, wobei ihre Initiativ-Werte immer X,5 sind und sie somit zwischen zwei Charakteraktivierungen zur Aktion kommen.

In der Endphase werden bestimmte Effekte abgearbeitet. Danach wird jedes Cool-Down-Rad um eine Position weitergedreht, sofern sie nicht bereit oder komplett aufgebraucht sind. Zum Schluss wird der Rundenzähler um eine Position weitergedreht und der*die inaktive Spieler*in dieser Runde erhält die Initiativekarte mit der Eins und ist in der nächsten Runde aktiv.

Aktionen

Bei einer Aktivierung können jeweils eine Standardaktion, eine Bewegungsaktion und eine Bonusaktion durchgeführt werden. Außerdem kann eine beliebige Anzahl an freien Aktionen durchgeführt werden.

Als Standardaktion gelten beispielsweise normale Angriffe und auch einige Sonderfähigkeiten. Ein Charakter kann auf seine Standardaktion verzichten und stattdessen eine zusätzliche Bewegungs- oder Bonusaktion durchführen.

Eine Bewegungsaktion ermöglicht die Bewegung des Charakters um eine Anzahl von Feldern, welche maximal seinem aktuellen Bewegungswert entspricht. Bewegungen erfolgen hierbei immer nur horizontal und vertikal, aber nie diagonal. Charaktere können sich durch befreundete Modelle hindurch bewegen. Wird sich in hinderliches Terrain oder auf eine andere Höhenstufe bewegt, erfordert dies die Ausgabe eines zusätzlichen Bewegungspunktes. Durch den Verzicht auf die Bewegungsaktion kann eine zusätzliche Bonusaktion durchgeführt werden.

Kombinierte Aktionen erfordern das Ausgeben mehrerer Aktionstypen.

Dazu zählen viele Sonderfähigkeiten und auch das Plündern von Kisten. In der Theorie kann ein Charakter durch Verzicht auf Standard- und Bewegungsaktion drei Bonusaktionen durchführen. Doch da die meisten hier durchführbaren Sonderfähigkeiten einen Cool-Down haben, wird dies eher selten passieren.

Als freie Aktion gelten das Ausrüsten mit Gegenständen oder der Tausch dieser mit einer benachbarten Figur. Auch das Aufgeben eines fallen gelassenen Gegenstandes ist kostenlos.

Einige Sonderaktionen sind so komplex, dass sie das Aufwenden von zwei Aktionstypen benötigen. Diese gelten als kombinierte Aktionen.

Angriffe

Um einen Angriff durchzuführen, muss ein Charakter ein Ziel in Reichweite seiner Waffe wählen. Bei Nahkampfangriffen ist die Reichweite für gewöhnlich ein Feld, bei Fernkampfangriffen mindestens zwei Felder oder weiter. Anders als bei der Bewegung darf bei der Bestimmung der Reichweite auch diagonal gemessen werden.

Ist ein Ziel bestimmt, wirft der*die Angreifer*in zwei W20 und addiert zum höheren Ergebnis die durch die Attacke vorgegebenen Boni hinzu. Ist das Gesamtergebnis gleich oder höher dem Rüstungswert des Ziels, wird Schaden in angegebener Höhe verursacht. Zeigt einer der Würfel eine natürliche 20, ist der Treffer kritisch und auf der Charakterkarte angegebene Effekte werden angewendet. Zeigt einer der Würfel eine Eins und der zweite keine 20, ist der Wurf ein automatischer Misserfolg.

Kann bei einem Fernangriff keine ununterbrochene Sichtlinie zum Ziel gezogen werden, wirft die angreifende Person nur einen W20.

Eine besondere Form des Angriffs sind Flächenattacken. Sie benötigen kein Modell als Ziel, sondern betreffen mehrere Felder. Der durchgeführte Angriffswurf wird dann mit den Rüstungen aller betroffener Modelle verglichen.

Sinken die Lebenspunkte eines Charakters auf null, wird das Modell aus dem Spiel entfernt und durch einen Marker ersetzt. Alle geplünderten Gegenstände, die der Charakter getragen hat, werden verdeckt auf das Feld gelegt. Ausgerüstete Gegenstände werden offen abgelegt. Das Modell nimmt nicht länger am Szenario teil und kann auch nicht Ziel von Aktionen sein, außer sie werden ausdrücklich auf ausgeschaltete Charaktere angewandt.

Stufenaufstieg

Während des Spiels sammeln Charaktere Erfahrungspunkte, welche mittels des Erfahrungsrades vermerkt werden. Jeweils einen Erfahrungspunkt gibt es für das Verursachen von Schaden an einem oder mehreren Zielen, für das Heilen von sich selbst oder anderen, für das Plündern einer Schatztruhe und für das Erfüllen einer individuellen Bedingung jedes Charakters. Zusätzliche Möglichkeiten, Erfahrungspunkte zu verdienen, gibt jedes Szenario vor.

Steigt ein Charakter auf, erhält er eine Aufstiegskarte.

Erreicht ein Charakter fünf Erfahrungspunkte, steigt er eine Stufe auf und erhält eine seiner Aufstiegskarten, deren Effekte sofort angewendet werden können. Pro Szenario können Charaktere nur einmal aufsteigen, erworbene Erfahrungspunkte werden aber ins nächste Szenario mitgenommen. Allerdings gibt es für jede spielbare Figur nur jeweils zwei Aufstiegskarten, was die Möglichkeiten sehr einschränkt.

Siegpunkte

Durch das Erfüllen von Aufgaben innerhalb eines Szenarios werden Siegpunkte gesammelt. Ist eine der Endbedingungen des Szenarios erfüllt, werden die erworbenen Siegpunkte der Spielenden verglichen und der höhere Wert gewinnt. Ein Szenario zu gewinnen gibt im nächsten Szenario den Vorteil, als zweites die Abenteuergruppe und die Aufstellung zu wählen.

Ausstattung

Dungeons & Dragons Onslaught wird in einem stabilen Karton geliefert, welcher sehr ansprechend gestaltet ist und auch im Regal eine gute Figur macht. Unter dem Deckel finden sich das Regel- und das Szenarioheft in englischer Sprache, Marker aus dicker Ausdrückpappe, ein Papierbeutel zum verdeckten Ziehen von Markern, das doppelseitige Spielbrett aus solider Pappe, die Spielkarten, vier 20-seitige Würfel in zwei Farben, die bereits fertig montierten Profilkarten mit Statusrädchen und natürlich die vorbemalten Miniaturen. Im Karton befindet sich ein Sortierinlay, mit welchem Ordnung in der Box gehalten werden kann.

Die Miniaturen

In der Box befinden sich zwei Abenteuergruppen, die Harpers und die Zhentarim, mit jeweils sechs Modellen. Hinzu kommen neun Monster, von kleinen Kobolden bis hin zum jungen Schwarzdrachen. Die Modelle sind alle bereits zusammengebaut, auf Acrylbases geklebt und bemalt. Nur beim Drachen müssen die Flügel noch angesteckt werden. Auf der Unterseite der Base ist außerdem bei jeder Figur aufgedruckt, um wen oder was es sich handelt. Verwechslung ausgeschlossen. Die Miniaturen bestehen aus einem Kunststoff, der recht flexibel ist und an hartes Gummi erinnert. Die Details der Figuren sind somit eher okay, aber zweckdienlich. Durch das flexible Material versprechen die Figuren intensiver Spielbelastung standzuhalten und auch beim Transport muss man sich keine großen Gedanken machen. Dafür sind gerade lange, dünne Teile oft verbogen. Auch die Bemalung ist eher zweckdienlich. Es wurden Grundfarben aufgetragen und die Farbpalette ist bei jeder Miniatur begrenzt, wohl um die Bemalung zu beschleunigen. Mit etwas Öl-Wash könnte hier möglicherweise etwas mehr Tiefe erreicht werden. Ob ein Entfärben und neu Bemalen oder einfaches Übermalen sich hier lohnt, muss jeder für sich entscheiden. Die Figuren allein sind aber kein wirkliches Kaufargument.

Regel- und Szenarioheft

Das vollfarbige Regelheft von Dungeons & Dragons Onslaught umfasst 23 Seiten und erklärt die Regeln schrittweise und ist gut strukturiert. Grafiken mit Spielsituationen und ausgeführte Beispiele erleichtern zusätzlich das Verständnis. Jeder einzelne Regelabschnitt ist deutlich abgesetzt und dank der großen Überschriften lassen sich Regeln auch gut nachschlagen. Ein Index ist zwar nicht enthalten, doch bei dem überschaubaren Seitenumfang auch nicht zwingend nötig.

Das Szenarioheft hat ebenfalls 23 Seiten und liefert sieben Szenarien, welche nacheinander in einer Kampagne gespielt werden. Übersichtliche Grafiken helfen beim Aufbau des Spielfeldes und erläutern die Gegebenheiten der Szenerie. Zum leichteren Erlernen des Spiels beginnt das erste Szenario mit weniger Charakteren und erklärt den Ablauf schrittweise. Die folgenden Szenarien erklären nur noch die Grundlagen für die jeweilige Aufstellung, Sonderregeln und Siegbedingungen. Am Ende des Heftes finden sich zusätzlich noch drei Spielmodi, welche als einfache Spiele ohne Kampagne gespielt werden können. Auch hier bleibt der Umfang überschaubar.

Das Spielmaterial

Das doppelseitige Spielbrett ist auf ein gutes Packmaß zusammengefaltet und macht grafisch einen guten Eindruck. Die Atmosphäre eines dunklen Gewölbes wird hier gut transportiert. Auf dem Brett sind einige Sichtblocker und auch Höhenunterschiede dargestellt, welche trotz der Zweidimensionalität des Feldes gut zu erkennen sind. Dennoch bleibt aufgrund von nur zwei Spielfeldern die Abwechslung etwas auf der Strecke.

Die Profilkarten sind übersichtlich gestaltet und beinhalten alle wichtigen Informationen. Dank der Statusräder lassen sich veränderliche Werte wie Lebenspunkte, Erfahrungspunkte und Cool-Downs von Sonderfähigkeiten gut vermerken. Besonders erfreulich ist auch, dass diese bereits vormontiert und somit sofort nutzbar sind. Das Material erscheint aber etwas dünn.

Die Spielkarten sind schön gestaltet und übersichtlich. Das Material ist solide und dank abgerundeter Ecken wird eine Abnutzung der selbigen reduziert. Schutzhüllen, welche nicht enthalten sind, sind für den Spielbetrieb dennoch sinnvoll. Doch nicht nur die Aufstiegsarten sind, wie bereits erwähnt, knapp bemessen. Gerade einmal 20 Gegenstände, welche im Verlauf der Kampagne geplündert werden können, sind enthalten.

Auch die Marker sind von guter Qualität und dank des dicken Materials lassen sie sich gut greifen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: WizKids
  • Autoren: Nicholas Yu, Travis Severance
  • Erscheinungsjahr: Januar 2023
  • Sprache: Englisch
  • Spieldauer: 90+ Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2
  • Alter: 14+
  • Preis: 149,00 EUR (UVP)
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Dungeons & Dragons Onslaught ist ein schönes Spielsystem, welches mit seinen einfach zu verstehenden Regeln viel Spaß macht. Ein großer Vorteil ist, dass nur die Marker aus den Rahmen gedrückt werden müssen und danach alles spielbereit ist. Die Figuren sind leider nicht sonderlich detailreich und das Material gewöhnungsbedürftig. Die Bemalung ist zweckmäßig und für normales Spielen ausreichend. Erfahrene Tabletopspielende dürften aber von der Qualität eher unterwältigt sein. Bedauerlich ist auch, dass nur auf zwei statischen Spielfeldern gespielt werden kann und die Zahl der Szenarien eher begrenzt ist. Allerdings sind bereits weitere Fraktionen, Erweiterungen, zusätzliche Szenarien als Download und ein Turniersystem angekündigt. Immerhin handelt es sich hier nur um ein Grundset. Doch da wir an dieser Stelle nicht mit einfließen lassen können, was in Zukunft kommen soll, bleibt es bei einer durchschnittlichen Wertung. Schade eigentlich, da das System viel Potenzial hat. Doch lassen sich WizKids die vorbemalten Miniaturen gut bezahlen und was Miniaturqualität und Anzahl der Szenarien angeht, haben andere Spiele mehr zu bieten.

  • Out of the Box spielbar

  • Kampagnenspiel

  • Eingängige Regeln

 

  • Miniaturqualität unterdurchschnittlich

  • Nur zwei Spielfelder

  • Vergleichsweise hoher Preis

Artikelbilder: © WizKids, Wizards of the Coast
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Denise Hollas
Fotografien: Dennis Rexin
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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