Geschätzte Lesezeit: 11 Minuten

Die Airbrush hat sich in den letzten Jahren mehr und mehr ihren Platz im Tabletop gesichert. Dennoch ist sie für viele noch Neuland und es bestehen noch Berührungsängste. In unserer Reihe zum Thema Airbrush stellen wir euch im ersten Teil die technischen Grundlagen vor.

Die Airbush bietet im Tabletop für Anfänger*innen und Profis gleichermaßen Möglichkeiten, die eigenen Fähigkeiten zu erweitern. Die Palette reicht von einfachen Grundier- oder Lackierarbeiten, über Pre-Shading und Highlights, bis hin zu atemberaubenden Detailarbeiten. Genauso groß ist auch das Angebot auf dem Markt. Es stellt sich also die Frage, was wirklich gebraucht wird und wie viel Geld in die Hand genommen werden muss. Reicht das günstige Set aus für die eigenen Bedürfnisse oder sollte doch lieber gleich zum professionellen Equipment gegriffen werden? In diesem Artikel erklären wir euch die Unterschiede der verschiedenen Pistolen und Kompressoren und geben euch Tipps für den Einstieg in die Miniaturenmalerei mit der Airbrush.

Die Pistole

Das eigentliche Arbeitswerkzeug ist die Airbrushpistole, auch als Gun oder einfach nur Airbrush bezeichnet. Ihr wird mit einem Schlauch Druckluft zugeführt, mit deren Hilfe die Farbe aus der Pistole auf das zu bemalende Objekt vernebelt wird. Luft wird nur dann ausgegeben, wenn der Trigger betätigt wird. Die Pistole besteht meist aus Metall und setzt sich aus dem Körper und verschiedenen Kleinteilen zusammen. Hochwertigere Geräte lassen sich in der Regel kleinteiliger zerlegen, was die Reinigung und auch den Ersatz von defekten Teilen erleichtert.

Single oder Double-Action?

Es wird zwischen verschiedenen Arten von Pistolen unterschieden. Die einfachste Form ist die sogenannte Single-Action-Pistole. Die hier ausgegebene Farbmenge lässt sich im aktiven Betrieb nicht regulieren. Der Name Single-Action rührt daher, dass der Trigger nur zur Luftregulierung genutzt wird. Wird der Trigger gedrückt, fließt Luft und Farbe wird sofort und immer in der gleichen Menge ausgegeben.

Mit einer Double-Action-Pistole lassen sich Luft und Farbe kontrollieren.
Mit einer Double-Action-Pistole lassen sich Luft und Farbe kontrollieren.

Bei einer Double-Action-Pistole kann der Trigger nicht nur heruntergedrückt werden, um Luft fließen zu lassen. Durch das Zurückziehen des Triggers wird eine Nadel aus der Düse nach hinten gezogen und gibt erst so den Weg für die Farbe frei. Je weiter der Trigger zurückgezogen wird, umso mehr Farbe kann fließen. Es kann also eine gut deckende Schicht ausgegeben werden, aber auch leichte Highlights oder Schattierungen sowie sanfte Übergänge sind so möglich. Dies bietet auch den Vorteil, Luft ohne Farbzuführung auszugeben. Es lässt sich also der Luft gut dosiert Farbe hinzufügen und wieder reduzieren. Auch kann aufgetragene Farbe mit dem Luftzug getrocknet werden. Für feine Details, wie sie bei der Bemalung von Tabletop-Miniaturen nötig sind, kommt also eigentlich nur eine Double-Action-Pistole in Frage.

Die Farbzuführung

Die nächste, wesentliche Unterscheidung ist die Art der Farbzuführung. Als Bottom Feed oder auch Saugbechersystem werden Airbrushes bezeichnet, bei denen die Farben in einen Becher aus Metall oder Glas gefüllt werden, welche in eine Öffnung an der Unterseite der Airbrush gesteckt wird. Durch einen Saugrüssel wird nun, durch den in der Airbrush mittels Luftfluss erzeugten Unterdruck, die Farbe transportiert. Saugbechersysteme verfügen in der Regel über größere Farbkapazität als andere Zuführungssysteme. Gleichzeitig bleibt aber oft ein Farbrest im Becher zurück, und die Becher lassen sich zum Farbwechsel nicht so komfortabel reinigen, sofern nicht der ganze Becher getauscht wird. Da die benötigten Farbmengen im Tabletop eher gering und Farbwechsel häufig sind, scheidet dieses System aus.

 

Als Gravity Feed oder auch Fließbechersystem wird die Farbzuführung durch einen Becher an der Oberseite der Airbrush bezeichnet. Durch die Verbindung von Unterdruck und das durch die Schwerkraft bedingte Fließen der Farbe in die Airbrush, kann Farbe bis zum letzten Rest genutzt werden. Auch Farbwechsel sind einfach, da der Becher durch Auswischen und Durchspülen im laufenden Betrieb gereinigt werden kann. Beim Farbwechsel ist eine solche schnelle Reinigung meist vollkommen ausreichend. Die Farbbecher haben eher geringere Volumen, welche für den Tabletop-Bereich aber mehr als ausreichend sind.

Eine dritte Form der Farbzuführung ist das Side-Feed-System. Es ist gewissermaßen ein Hybrid, da in eine Öffnung in der Seite der Airbrush sowohl Saug- als auch Fließbecher gesteckt werden können. Da der Becher dadurch aber an der Seite der Airbrush angebracht ist, führt dies zu einem Ungleichgewicht der Airbrush, was eine Einbuße im Komfort zur Folge hat. Somit ist auch dieses System nicht ideal für das Bemalen von Modellen.

Sonstige Funktionen und Teile

Um die Nadel zu schützen, haben viele Airbrush-Pistolen eine entsprechende Nadelkappe. Diese umschließt die Nadelspitze und verhindert so, dass sie durch mechanische Einwirkung verbogen oder anderweitig beschädigt wird. Die Kappen gibt es in verschiedenen Formen. Die Einfachste davon sieht aus wie ein sich erweiternder Trichter. Dieser schützt optimal, erschwert aber die Sicht auf die Nadelspitze und die Reinigung dieser im laufenden Betrieb. Kronenförmige Kappen bieten eine bessere Sicht auf die Nadelspitze, ohne dabei an Schutz einzubüßen. Die Reinigung ist aber auch hier eingeschränkt. Eine Nadelkappe mit zwei Hörnern ermöglicht eine optimale Sicht und Reinigung, die Nadel liegt aber teilweise offen.

 

Auch Farbbegrenzer sind nicht unüblich. Durch Drehen am hinteren Ende der Airbrush wird der Laufweg der Nadel eingeschränkt, sodass sie nur bis zu einem stufenlos wählbaren Punkt zurückgezogen werden kann. Es wird also verhindert, dass versehentlich zu viel Farbe ausgegeben wird.

Nützlich ist auch eine Schnellkupplung zur Verbindung des Luftschlauches mit der Airbrush. Sie ermöglicht das schnelle Wechseln von verschiedenen Pistolen oder auch nur die Demontage zur Reinigung. Durch die Schnellkupplung lässt sich die Airbrush auch frei auf dem Schlauch drehen, was ein Verheddern des Schlauches verhindert.

Was kaufen?

Für die Bemalung von Modellen ist eine Double-Action-Pistole mit Fließbechersystem am besten geeignet. Auch Düsensätze in zwei verschiedenen Größen sind hilfreich, da kleine Düsen zwar präzise Detailarbeiten ermöglichen, beim flächigen Arbeiten aber an ihre Grenzen stoßen.

Anfänger*innen schrecken oft vor größeren Investitionen zurück. Häufig wird argumentiert, dass das Arbeiten mit der Airbrush erstmal nur ausprobiert werden soll oder ohnehin nur das Grundieren oder Grundfarbarbeiten mit Acrylfarben geplant sind. Darum liebäugeln viele mit den günstigen Pistolen aus Asien, auch gern als China-Gun bezeichnet. Diese sind optisch oft Markenprodukten nachempfunden, was zugleich den Anschein erweckt, es gäbe keine großen Unterschiede. Grundsätzlich sind die Pistolen nicht komplett unbrauchbar. Sie sind aber deutlich gröber verarbeitet, die Teile haben oft mehr Spiel und sie lassen sich auch nicht so gut zerlegen und reinigen. Oft wird darum das billig erworbene Gerät bald durch ein teureres ersetzt oder wegen schlechter Erfahrung das Malen mit Airbrush ganz wieder aufgegeben. Ratsam ist darum die Anschaffung einer Pistole einer renommierten Marke.

In Deutschland sind Pistolen des in Hamburg ansässigen Herstellers Harder & Steenbeck (H&S) am verbreitetsten. H&S bietet hervorragende Qualität und hat auch für verschiedene Geldbeutel etwas im Sortiment. Die Ultra ist das Basismodell, welches dennoch ein hohes Maß an Qualität bietet. Sie verfügt über einen auswechselbaren Farbbecher, welcher aufgesteckt wird. Becher sind in den Größen 5 ml und 2 ml verfügbar. Wird sie im 2-in-1-Set gekauft, sind für unter einhundert Euro nicht nur beide Farbbecher, sondern auch Düsensätze der Größen 0,4 mm und 0,2 mm enthalten. Einen Farbbegrenzer hat die Ultra nicht.

Das 2-in-1-Set bietet höchste Flexibilität.
Das 2-in-1-Set bietet höchste Flexibilität.

Das Mittelklassemodell von H&S ist die Evolution, welche in verschiedenen Ausführungen erhältlich ist. Auch sie ist als 2-in-1-Set verfügbar, wobei die Becher aber zum Aufschrauben und nicht nur zum Stecken sind. Die Evolution Silverline verfügt außerdem über einen Farbbegrenzer, was sehr nützlich ist. Das 2-in-1-Set der Evolution Silverline kostet etwa 160 Euro.

Das Spitzenmodell von H&S ist die Infinity. Dabei handelt es sich um ein absolutes Präzisionsmodell, welches von vielen Malprofis wie beispielsweise Angel Giraldez verwendet wird. Der Körper ist verchromt, wodurch sie sich auch für Nickelallergiker*innen eignet und ein Anlaufen der Oberfläche durch Schweiß verhindert wird. Auch sie ist in 2-in-1-Sets erhältlich, wobei neben dem Düsensatz der Größe 0,4 mm der zweite Düsensatz mit der Größe 0,15 mm oder 0,2 mm gewählt werden kann. Auch hier sind zwei Farbbecher der Größen 2 ml und 5 ml enthalten. Der besondere Clou der Infinity ist der Farbbegrenzer, welcher per Knopfdruck deaktiviert und auch wieder auf die gewählte Voreinstellung zurückgesetzt werden kann. Das 2-in-1-Set schlägt aber auch mit etwa 250 Euro zu Buche.

Die Sotar 20/20 von Badger ist ein hervorragendes Werkzeug.
Die Sotar 20/20 von Badger ist ein hervorragendes Werkzeug.

Es gibt selbstverständlich auch andere, sehr gute Hersteller. Zu nennen wären hier zum Beispiel die Firma Badger aus den USA oder die Firma Iwata aus Japan. Als Importware sind sie allerdings auf dem deutschen Markt meist teurer als in den Heimatländern. 

Der Kompressor

Der Kompressor versorgt die Airbrush mit dem für die Arbeit nötigen Luftdruck. Es gibt zwar auch Systeme, welche mit Druckluftdosen arbeiten, diese sind allerdings nicht wirklich tauglich. Anders als bei den Pistolen, kann beim Kompressor auch bei günstigeren Modellen zugegriffen werden, wenn ein paar Dinge beachtet werden. Dennoch zahlt sich natürlich die Investition in höhere Qualität über längere Zeit meist aus.

Um die Airbrush mit konstantem Druck zu versorgen, ist ein Lufttank unverzichtbar. Der Kompressor arbeitet so lange, bis ein gewisser Druck im Tank vorherrscht, dann stoppt er. Erst wenn der Druck unter eine bestimmte Marke gefallen ist, beginnt er wieder zu pumpen. Dies sorgt nicht nur dafür, dass der Luftdruck an der Airbrush konstant bleibt, sondern durch die Abschaltzeiten wird weniger Lärm erzeugt und der Kompressor läuft nicht heiß.

Kolbenkompressoren sind sowohl als ölgeschmierte, als auch als ölfreie Varianten erhältlich. Ölfreie Kompressoren haben den Vorteil, dass sie wartungsfrei und günstiger in der Anschaffung sind. Ölgeschmierte Kompressoren erwärmen sich nicht so stark und sind außerdem leiser. Dafür muss gelegentlich das Öl gewechselt werden, was bei normalem Hobbygebrauch aber nur alle paar Jahre der Fall ist. Der Vorteil der Lautstärke relativiert sich allerdings, sollte eine Absauganlage verwendet werden, welche selbst Lärm erzeugt. Für den normalen Hobbygebrauch sind darum ölfreie Kompressoren absolut ausreichend.

Essentiell sind ein regelbarer Druckminderer, um den Arbeitsdruck an Düse und Farbkonsistenz anzupassen. Auch auf einen Wasserabscheider sollte nicht verzichtet werden. Dieser verhindert, dass sich Feuchtigkeit im Schlauch sammelt und durch die Airbrush ausgegeben wird.

Arbeitsschutz

Bei der Arbeit mit der Airbrush wird zwangsläufig ein feiner Farbnebel erzeugt, welcher sich in der Raumluft anreichert, auf Oberflächen niederschlägt und eingeatmet wird. Darum sollte bei der Arbeit in Wohnräumen eine Absauganlage verwendet werden. Diese besteht aus einer Kabine, oft mit nützlicher Beleuchtung, aus welcher mittels Ventilatoren die Luft nach hinten abgesaugt wird. Farbpartikel bleiben dabei in einer Filtermatte hängen. Sollten Lösungsmittel verwendet werden, kann die Abluft zusätzlich durch einen Abluftschlauch aus dem Fenster geleitet werden.

Aerosole sollten nicht unterschätzt werden.

Um das Einatmen von Farbpartikeln zu verhindern, ist eine Maske mit Partikelfilter ratsam. Dies ist besonders dann der Fall, wenn keine Absaugung verwendet wird.

Auch Einmalhandschuhe sind sehr nützlich, um die Hände vor Farbe zu schützen. Kontaktallergiker*innen können darüber hinaus das Geld für eine verchromte Pistole sparen.

Sonstige Hilfsmittel

Um Farbreste aus der Airbrush zu sprühen und für die Reinigung, ist ein Aussprühbecher sehr nützlich. Er besteht aus einem Glas, auf welchem ein Deckel sitzt, in welchen die Airbrush durch eine gummierte Öffnung gesteckt werden kann. Farbreste und Reinigungsflüssigkeit können so in den Behälter gesprüht werden, wobei Aerosole durch einen Filter aufgefangen werden. Gleichzeitig kann der Becher auch als Halterung zwischen den Arbeitsschritten genutzt werden.

Es gibt viele, nützliche Helfer.
Es gibt viele, nützliche Helfer.

Eine Halterung für Airbrush-Pistolen, welche am Tisch befestigt wird, ist praktisch. Besonders, wenn mehrere Pistolen verwendet werden, können diese aufrecht gelagert werden und hält Ordnung am Arbeitsplatz.

Für die Reinigung der Pistole gibt es Bürsten in verschiedenen Größen. Zur Reinigung der Düse gibt es spezielle Nadeln, mit welchen Farbreste entfernt werden können. Wie die Airbrush gereinigt wird, werden wir euch in einem späteren Artikel beschreiben.

Wer billig kauft, kauft zweimal

Bei der Anschaffung einer Airbrush und dem passenden Zubehör zahlt es sich aus, nicht zu wenig Geld in die Hand zu nehmen. Dies mag auf den ersten Blick abschrecken, doch zeigt sich in der Regel, dass billige Anschaffungen schnell bereut werden. Es finden sich im Fachhandel aber dennoch gute Einstiegspakete, welche alles beinhalten, was für den Start in die Airbrushmalerei benötigt wird. Von billigen Sets mit Pistolen aus China und Kompressoren ohne Tank sollten aber die Finger gelassen werden. Besonders bei den Airbrush-Pistolen sollte auf Markenware zurückgegriffen werden, da sie präziser arbeiten, sich besser reinigen lassen und deutlich langlebiger sind. Eine gute Pistole ist bei entsprechender Pflege und gelegentlichem Austausch von Verschleißteilen eine Investition fürs Leben.

Wir hoffen, wir konnten euch einen kleinen Einblick in die technischen Voraussetzungen geben und werden euch in folgenden Artikeln weiter in die Thematik einführen.

 

Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Saskia Harendt
Fotografien: Dennis Rexin

2 Kommentare

  1. Vielen Dank für die tolle Übersicht. Airbrush kannte ich bisher nur vom Namen und war für mich daher nur eine Black Box. Jetzt ist der Deckel von der Black Box genommen worden und ich habe richtig Lust auf das malen mit Airbrush bekommen.
    Ich bin gespannt auf die nächsten Artikel.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein