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Actionreiche Straßenkämpfe auf den Dächern und in den Kanälen Venedigs – das ist das erklärte Ziel der Neuauflage von Carnevale. Finanziert über Kickstarter ist das Spiel nun erhältlich. Wie gut ließ sich das Setting einfangen und was zeichnet das Spiel aus? Wir wagen uns in die Gassen der Wasserstadt.

Hintergrund und Fraktionen

Carnevale spielt im späten 18. Jahrhundert, in einer Welt welche der unsrigen sehr nahe ist. Der Hauptunterschied? Magie ist real und 1793 öffnet sich ein gewaltiger Riss in andere Dimensionen über Italien und der Großteil des Landes wird verheert. Venedig profitiert am ehesten und wird wieder zu einer einflussreichen Metropole. In den Straßen Venedigs befinden wir uns auch und wie es sich gehört, streiten viele um die Vorherrschaft in diesen.

Die Gilde

Natürlich der Herr, ich verwende dieses Messer nur zum Rasieren.

Die Gilde ist das Sammelbecken aller alten Zünfte, Gilden und Mafiosi, die einst unabhängig voneinander um Macht rangen. Seit Venedig unter dem Einfluss des Risses im Himmel etwas gefährlicher geworden ist, sind sie die Beschützer der kleinen Leute – für den richtigen Preis natürlich. Die Gilde hat viele Spezialisten und viele einfache Stadtbewohner. Ohne Zusammenarbeit haben sie gegen die mächtigeren Kämpfer der anderen Fraktionen keine Chance, dafür sind sie aber auch viele.

Die Patrizier

Nein, mein Name ist nicht V. Warum fragt das jeder?

Feiern in Venedig, besonders die Masqueratas genannten Kostümbälle, waren schon vorher von fragwürdiger Moralität – inzwischen gehört zu jeder guten Party eine Jagd, auf alles außerhalb der Mauern des Gastgebers. In ihrer Überlegenheit und Autorität schwelgend sind die Patrizier nicht nur der Kern der Geschäfte und des sozialen Lebens in Venedig, sondern auch eine der größten Bedrohungen für alle anderen. Mit ihrer guten Ausbildung und Ausrüstung können einzelne Patrizier sehr gefährlich werden, und natürlich haben sie auch ihre Dienerschaft dabei um sie zahlenmäßig zu unterstützen – nicht dass sie sich am Ende noch selber das Blut aus der Kleidung wischen müssen.

Die Rashaar

Die Kirche des Dagon brachte Essen nach Venedig als viele hungerten – wo es herkam oder warum die Priester dies taten interessierte nur wenige. In der Öffentlichkeit predigen und helfen die Anhänger des Dagon wo sie können. Im Geheimen züchten sie Hybride aus Menschen und Seeungeheuern, um den Plänen des großen Alten dienen zu können. Als schnelle, starke Wasserkreaturen unterstützt von Gefangenen – die vor allem als Nahrung dienen um Lebenspunkte wiederherzustellen – und mächtigen Magiern sind die Rashaar nicht zu unterschätzen, müssen aber ihre offenbaren Schwachpunkte gut schützen.

Die Doktoren des Ospendale

Natürlich halten wir die Tiere in angemessenen Gehegen.

Das Ospendale begann als gut gemeinte Irrenanstalt, um die Kranken und Gemarterten zu heilen. Als einige der Ärzte jedoch eine Möglichkeit fanden, Wahnsinn und Magie zu vermischen, wurde Heilung als oberste Priorität abgelöst. Der Riss im Himmel verbesserte die Lage nicht, sondern vielmehr verstärkte er die Macht und Möglichkeiten der Doktoren. Mit Wahnsinnigen als Batterien für ihre eigene Magie und Waffen, sowie einigen leicht aufgewerteten „Haustieren“, bringen die Doktoren vielseitige Wege ihre Gegner anzugehen aufs Feld. Alleine kann aber keiner von ihnen bestehen.

Die Strigoi

Der Graf und sein Hofstaat.

Graf Vlad Dracula ist seit Jahrhunderten eine Plage für die Welt, und obwohl schon mehrmals von der Kirche zur Strecke gebracht, hat die Entstehung des Risses am Himmel ihn erneut in die Welt zurückgeholt. Seine eigene Verwandlung verdankt er einer kleineren Version des Risses, und nun möchte er den großen nutzen, um ein lebender Gott zu werden. Dafür sind ihm alle Mittel recht – das Leben seiner Anhänger natürlich eingeschlossen. Die Strigoi verfügen über einige der mächtigsten Modelle im Spiel, die sich selber wieder heilen können, was sie zu extremen Bedrohungen macht.

Der Vatikan

Jeder nur ein Kreuz – es sind genug für alle da!

Bereits vor dem Riss im Himmel – den der Vatikan nebenbei zu verantworten hat – eifrige Magienutzer, hat sich die Macht des Vatikans seither vervielfacht. Man hat viel Boden und Gläubige verloren, aber die nun demonstrierbare Macht Gottes und ein eifriger Kreuzzug gegen alles Verderbte brachte viele neue Schäfchen in den Schoß der Kirche. In Venedig jemand Unverderbtes zu finden, klassifiziert fast schon als Sisyphusarbeit dieser Tage…

Mächtige Magier, schwer gepanzerte Ritter und eine Schar Gläubige um sie zu unterstützen: Der Vatikan setzt auf gut unterstützte harte Kämpfer oder mächtige Magier um seine Ziele zu erreichen. Das Bannen feindlicher Magie ist ebenfalls eine ihrer Spezialitäten, die man nicht unterschätzen sollte.

Die Begabten

Die weiße Taube, die schwarze hat Urlaub.

Obwohl keine Fraktion im eigentlichen Sinne, sind die Begabten ein Sammelbecken all jener, denen der Riss übermenschliche Fähigkeiten verliehen hat. Diese können als eigene Bande ins Feld geführt werden oder als Söldner in allen anderen eingesetzt werden. Ausgestattet mit mächtigen und einzigartigen Fähigkeiten können sie die Machtbalance einer Begegnung leicht verschieben, wenn man ihren Preis zu zahlen bereit ist.

Maßstab, Miniaturen und Einstiegshürde

Carnevale ist im 28 mm „Heroic Scale“ Maßstab gehalten und die Miniaturen stehen auf 30 bis 50 mm Basen. Die Miniaturen sind aus Resin gegossen und weisen oftmals feine Details auf. Die Größe wurde genutzt, um viele Feinheiten der Modelle herauszuarbeiten. Der Guß hält aber nicht immer mit der Modellierung mit, und so findet man Figuren mit sehr klaren Details und andere mit sehr verschwommenen. Ebenso sind manche Modelle liebevoll mit Details übersät, andere wiederum sind eher plan. Die übliche Anfälligkeit für Luftblasen findet sich ebenfalls bei einigen der Resinexemplaren. Im direkten Vergleich zu den originalen Metallmodellen der vorherigen Inkarnation des Spiels (von Vesper-on Games) sehen die neuen Figuren jedoch insgesamt deutlich besser aus. Die Modelle decken eine große Bandbreite von Geschmäckern ab und für die meisten dürfte optisch etwas dabei sein. Leider scheint es keinem Muster zu folgen welche Miniaturen fein ausgestaltet sind und welche nicht. Einige der Kleinteile sind zudem extrem fein, was zum einen für den guten Guß spricht – andererseits sind einige Teile kleiner als die Messerspitze mit der man sie von Gußresten befreit, was leicht in der Zerstörung des fragilen Resins enden kann.

Eine Starterbox mit fünf Modellen kostet 22 GBP (derzeit ist Carnevale nur im Direktvertrieb von TTCombat erhältlich)  und dies entspricht der minimalen Einstiegshürde, Gelände ausgenommen.

Ein netter Einstieg – sehr zu empfehlen.

Derzeit ist noch nicht viel erhältlich, aber nach und nach folgen weitere Modelle, die Unterstützer des Kickstarters bereits ihr Eigen nennen dürfen.

Die 2-Spieler-Starterbox für 65 GBP, mit je 8 Einguss-Miniaturen von Gilde und Rashaar (ca. 100 Punkte) sowie dem vollständigen Regelbuch, Würfeln, Markern und Pappgelände, bietet natürlich auch einen guten Einstieg.

Armeebau

Für den raschen Bau von kleinen und großen Banden gibt es den offiziellen Carnevale Gang Builder, der alle aktuellen Werte und Einheiten enthält. Geplant ist es diesen in 3-Monats-Abständen zu aktualisieren, um Regeländerungen und Updates einzuspielen. Generell funktioniert er solide, ist aber zuweilen umständlich. So gibt es zum Beispiel keine Übersicht über alle Figuren oder gar nur über die einer einzelnen Fraktion. Es gibt auch keine Alternative, da in keiner gedruckten Publikation Werte vorhanden oder vorgesehen sind. Dies ist ein klarer Minuspunkt, da es die Entscheidung für die Fraktion, die manche anhand des Spielstils treffen, oder Turniervorbereitung deutlich erschwert.

Generell unterteilen sich die Modelle in drei Kategorien: Anführer, Helden und Gefolgsleute. Jede Bande braucht einen Anführer, darf beliebig viele Gefolgsleute beinhalten und darf max. einen Helden pro Gefolgsmann stellen. Simpel und mit einer kleinen Machtbremse für die starken Charaktere. 75 – 125 Dukaten sind Standardspielgrößen, und die Starterboxen enthalten um die 70 Dukaten herum an Truppen. Um die letzten Punkte ausgeben zu können, gibt es eine kleine Liste an Ausrüstungsgegenständen, die gekauft werden können. Sei es ein Fallschirm, um einmal sanft zu landen oder ein eisernes Unterhemd, welches einmalig vor Schaden schützt. Etwas sonderlich ist der Umstand, dass die Ausrüstung keinem Modell zugeteilt werden muss, sondern einfach nur einmal pro Spiel benutzt werden kann, von jedwedem Modell, welches der Spieler gerade dafür vorsieht. Taktisch flexibel aber irgendwie irreal.

Regel & Würfelsystem

Das Regelsystem basiert auf einer simplen Grundlage von geteilten Werten mit einer überschaubaren Anzahl an Sonderregeln, um die einzelnen Charaktere zu unterscheiden. Zusätzlich haben verschiedene Waffen ebenfalls unterschiedliche Werte.

Das Fraktionswürfelset der Patrizier.

Jedes Modell verfügt über einen Bewegungswert in Zoll, sowie einen Geschicklichkeits-, Kampf-, und Verteidigungswert, wobei die letzten drei immer angeben wie viele Würfel man bei einer entsprechenden Probe werfen darf.

Carnevale benutzt W10 und gewöhnlich mehrere davon, bei den meisten Proben ist eine 7+ ein Erfolg – oder ein Ass, wie es in Carnevale genannt wird – bei anderen muss man gegen eine festgelegte Schwierigkeit oder einen Wert des anderen Charakters würfeln. Dabei gibt es die bekannten zwei Arten von Proben: Einfache Proben – ich versuche so viele Erfolge wie möglich zu erzielen, und vergleichende Proben – beide Spieler würfeln und der mit mehr Erfolgen gewinnt.

Die Auswirkungen gelungener Proben werden übersichtlich im Buch dargestellt und sind daher leicht zugänglich sowie anwendbar. Bei jeder Probe sollte ein einzelner andersfarbiger W10 genutzt werden, der Schicksalswürfel. Der Schicksalswürfel entscheidet über kritischen Erfolg – wenn er eine 10 zeigt – oder einen Patzer – wenn er eine 1 zeigt und kein normaler Erfolg erwürfelt wurde. Die Auswirkungen der kritischen Treffer sind eine Steigerung des normalen Erfolgs, aber nichts weltbewegendes, Patzer können einem aber durchaus den Tag vermiesen. Generell ein nettes System, nicht zu mächtig, aber ein netter Bonus ab und an.

Verschiedene Punkte

Neben den Werten hat jedes Modell auch einen Punktevorrat verschiedener Ressourcen: Aktionspunkte, Kommandopunkte, Willenskraft und Lebenspunkte. Die letzteren verstehen sich von selbst und Willenspunkte werden eingesetzt, um Zauber zu wirken oder um zusätzliche Würfel für eine Probe zu bekommen. Sind sie einmal aufgebraucht, können sie nur über Zauber oder Spezialfähigkeiten wieder aufgeladen werden.

5 Kommandopunkte auf der Charakterkarte des Gildenanführers.

Kommandopunkte finden sich beinahe ausschließlich bei den Anführern: Sie erlauben es anderen Modellen quasi Befehle zu erteilen und einen zusätzlichen Aktionspunkt zu erhalten, wobei drei Aktionen pro Modell pro Runde das Maximum sind. Aktive Modelle können sich aber auch einen Kommandopunkt von einem Anführer „holen“, wenn sie selber aktiv sind und mehr Handlungen brauchen. Zusätzlich darf man mit Kommandopunkten Agendas – die Nebenmissionen in Carnevale – tauschen und Kommandofähigkeiten damit aktivieren. Kommandofähigkeiten sind einzigartige Fähigkeiten die jeweils modellspezifisch sind und oftmals recht mächtig. Zu guter Letzt dient die Zahl der Kommandopunkte als Würfelpool für die Initiative zu Beginn jeder Runde: Hat man keine mehr gewinnt der andere Spieler automatisch. Auch Kommandopunkte lassen sich nur durch Zauber regenerieren, ihr Einsatz will also wohl überlegt sein.

Bleiben die Aktionspunkte.

Aktivierungen, Spielgefühl und Rundenablauf

Carnevale nutzt das inzwischen etablierte System der abwechselnden Aktivierungen, beginnend mit dem Spieler der die Initiative hat. Ein aktiviertes Modell darf dann seine Aktionspunkte ausgeben und kann – ohne Zauber oder Spezialfähigkeiten – nicht mehr aktiviert werden in dieser Runde. Jeder Spieler muss ein Modell aktivieren wenn er am Zug ist, passen ist nicht erlaubt.

Aktionspunkte, gewöhnlich zwei bei den meisten Modellen, generell drei bei den Anführern oder einigen wenigen Heldenmodellen, erlauben eine Handlung pro Punkt. Bewegen, Springen, Schwimmen, Tauchen, Kämpfen, Ertränken, Ringen, Zaubern, Konterzaubern, Bereitschaft, aus dem Nahkampf lösen, eine Gondel fahren, ein Missionsziel benutzen und sicher Landen, dies ist die erschöpfende Liste aller möglichen aktiven Aktionen. Gelegenheitsangriffe, wenn man Basenkontakt mit einem gegnerischen Modell herstellt, und der Versuch einen Gegner am Weglaufen zu hindern, sind noch reaktive Aktionen die keine Aktionspunkte kosten.

Bewegungsvarianten

Blick ins vollfarbige Regelbuch.

Bewegen beinhaltet klettern und wenn ein Modell nicht nur über freien Boden rennen will, muss gewürfelt werden wie weit es klettert in diesem Befehl. Für Springen, Schwimmen, Tauchen und die Gondel gilt dasselbe. Knapp ein Drittel aller möglichen Aktionen beziehen sich auf Bewegungen, spätestens hier wird deutlich das Carnevale als mobiles Spiel gedacht ist. Dies funktioniert auch gut solange das Spielfeld entsprechend gebaut ist und viele Missionen belohnen kluge Bewegung. So erleichtert Tauchen einem die Fortbewegung und gibt natürlich erhöhte Deckung. Springen ist die bevorzugte Art der Fortbewegung im Venedig dieser Tage, denn wenn ein Modell einen Sprung macht und auf einem schmalen Geländestück, z.B. einem Geländer, stehen bleibt, darf es sofort einen weiteren Sprung ausführen, wenn auch nur einmal pro Sprung. Sehr dynamisch, wenn auch manchmal etwas irritierend, da Modelle dadurch oftmals schneller springen als rennen, wenn man seine Landeplätze gut aussucht. Einen weiteren Vorteil hat das Springen auf den Kopf des Gegners: Ein Angriff aus mindestens 3 Zoll Höhenunterschied, erhält einen sehr hohen Bonus gegen die Panzerung des Gegners.

Sichere Landung als eigene Aktion kommt hier auch ins Spiel: Wenn man einen langen und vielleicht tiefen Sprung wagt, kann man auch schon mal abstürzen, um den entstehenden Schaden zu verringern. Sage ich vorher die sichere Landung an, kostet das zwar einen Aktionspunkt, aber verlängert das Leben deutlich. Ringen wird genutzt, um andere Modelle zu werfen; Ertränken passt schön in die wässrige Umgebung des Spiels und beide sind entsprechend eingesetzt sehr effektive Mittel zur Gegnerbekämpfung, vor allem für die Wasserkreaturen der Rashaar.

Was seltsam auffällt ist die Nutzung desselben Kampfwertes für Nah- und Fernkampf, dies wirkt unrealistisch und lässt Nahkampfmonster zu extremen Fernkämpfern werden, wenn sie etwas zu werfen in die Hände bekommen. Ebenso gibt es keine Abzüge für einen Schuss in den Nahkampf und einen Vorteil für Überzahl bekommt man erst, wenn man mit mindestens drei Modellen ein gegnerisches umzingelt hat. Hier wird Realismus für Simplizismus geopfert.  

Gelände

TTCombat bietet ein schönes Pappgeländeset (für 24 GBP bekommt man genug für die meisten Spiele) für die Straßen von Venedig an, das ist nicht nur schön sondern auch notwendig. Carnevale lebt von passendem Gelände, ohne Kanäle, Brücken, Brunnen und Häuser zum klettern bricht ein großer Teil der Spieldynamik zusammen. Mit dem richtigen Gelände funktioniert es aber wunderbar und produziert die gewünschte cineastische Spielweise. Die Spielfelder sind eher im kleinen Bereich von 60×60, über 90×90 bis 60×120 cm angesiedelt, aber wer über kein passendes Gelände verfügt muss ordentlich investieren, um eine Platte zu bauen die auch gut spielbar ist. Aufgrund der Natur von Venedig, einer mit viele Kanälen und hohen Häusern recht spezifischen Bauart, ist es unwahrscheinlich, dass sich etwas passendes in der heimischen Sammlung befindet.

TTCombat bietet auch passendes Gelände aus MDF an. Die Geländereihe „Streets of Venice“ besteht dabei schon seit längerer Zeit und ist entsprechend umfangreich. Die Qualität ist dabei durchaus gut und preislich erschwinglich, wobei ein Stadtviertel schon in die Taschen greift.

Missionen

Hier glänzt Carnevale erneut auf mit über zwei Dutzend Missionen im Grundregelwerk, die über eine Vielzahl potentieller Nebenmissionen variiert werden, und einem, wenn auch kleinem, Kampagnensystem mit Erfahrungspunkten, bietet sich hier definitiv viel zu tun. Die Missionen sind variantenreich und auch wenn 90×90 cm die Standardtischgröße ist, gibt es Szenarien mit länglichen oder noch kleineren Tischen.

Das Regelbuch enthält Hintergrundinformationen, 35 Missionen, die Agendas, die Magie und die Regeln für Carnevale 2.

Viele der Szenarien sind als Minikampagnen angelegt und erzählen eine Geschichte aus Sicht einer Fraktion. Das ist nicht nur atmosphärisch, sondern auch gut geeignet um unerfahrene Spieler anzulernen, da die verbundenen Spiele nur einfache Auswirkungen auf das nächste Spiel haben, anstatt direkt in eine volle Kampagne einzusteigen. Wobei die fraktionsspezifischen Szenarien aber großteils auch ohne Probleme mit anderen Banden spielbar sind. In den Kampagnen der Gilde und des Ospendale spielt man sogar einmal dasselbe Szenario, nur von der anderen Seite aus betrachtet, ein schönes Detail.

Einzig in den Nebenmissionen hakt es, diese werden aus einer Tabelle erwürfelt und sind entsprechend zufällig, es gibt 35 verschiedene, was eine gute Abwechslung bietet. Jedoch sind einige Nebenmissionen abstrus einfach – gehe dreimal auf Wachstellung in einer Runde – bis zu einfach abstrus – falle in einer Runde dreimal ins Wasser, es scheint als habe man sich einfach überlegt was so passiert in einem Spiel und dann gesagt: Mach das mal. Dies führt manchmal zu geschenkten oder quasi-unmöglich zu erreichenden Siegpunkten in Szenarien und das ist nicht gut. Hier ist Nachholbedarf gegeben.

Fazit

Carnevale will actionreiches Spiel mit Flair sein. Cineastische Partien mit wilden Sprüngen, waghalsigen Aktionen und denkwürdigen Szenen sind definitiv machbar und passieren bei Spielen von Carnevale. Auch das Venedig-Setting wird durch Elemente wie Schwimmen oder Ertränken gut eingefangen und unterscheidet das System spürbar von anderen Tabletops. Die taktische Tiefe leidet sehr unter den oftmals einzigen möglichen Kombinationen und Synergien der Truppentypen und dem Damoklesschwert der unberechenbaren Nebenmissionen. Zudem ist eine zahlenmäßig überlegene Bande immer im großen Vorteil, ob der fehlenden Passoption. Das vereinfachte Würfelsystem ermöglicht auch ein reibungsfreies Spiel, beschränkt aber ebenfalls taktische Finesse.

Wenn man entsprechendes Gelände hat, oder einem improvisiertes Gelände reicht, kann man mit Carnevale für wenig Geld ein amüsantes Spiel haben – oder mehrere an einem Abend, da eine einzelne Partie auch in 20 – 30 Minuten vorbei sein kann, besonders bei den kleineren Szenarien. So könnte man auch eine Minikampagne von vier Spielen an einem Spieleabend schaffen.

Schnell, actionlastig, aber nicht zu tiefgreifend und definitiv ein von einer Portion Irrsinn beim Spielen profitierendes Spiel: Carnevale kann viel Spaß machen – nur nicht viel Ernst.

Artikelbilder: © TTCombat, Fotografien der Modelle: Michael Mattner, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

4 Kommentare

  1. Hallo. Sehr schöner Artikel.
    Ich möchte dich aber darauf aufmerksam machen das man das Spiel und alles Zubehör auch in Deutschland bekommt.
    Da es das bei uns gibt, und ich hier keine Werbung Spammen will, würde ich mich freuen wenn du mich kurz kontaktierst. Dann gebe ich dir mehr Info … jedenfalls wenn du daran Interesse hast und einen kleinen Shp unterstützen möchtest.

    Gruß
    Stephan

    PS.: Natürlich kannst du mir auch hier in den Kommentaren kurz erlauben die „Eigenwerbung“ zu verlinken.

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