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In Durchgeblättert werfen wir regelmäßig einen kritischen Blick auf Neuerscheinungen, Geheimtipps oder Klassiker aus der vielfältigen Welt der Graphic Novels. Diese Ausgabe ist überaus diabolisch. Unter anderem wird Conan der Cimmerier in eine grüne Hölle geschickt und wir kommen in den Genuss weiterer Geschichten aus dem Hellboy-Universum.

Die Geschichten dieser Ausgabe führen ihre Protagonisten in die sprichwörtliche oder reale Hölle. So muss sich Conan in der grünen Hölle des Dschungels jenseits des schwarzen Flusses zurechtfinden. Im zweiten Teil von Der Mann mit der Maske bricht durch einen übermenschlichen Feind die Hölle in Paris aus. Und während die Streiter der B.U.A.P. wahrhaft dämonische Gegenspieler haben, dürfen sich die Mitglieder der Umbrella Academy mit der Hölle der Familienprobleme herumärgern.

Wir hoffen, ihr habt beim Lesen dieser Kritiken genauso viel Spaß, wie uns das Lesen der rezensierten Werke bereitet hat. Über Fragen oder Diskussionen in den Kommentaren freuen wir uns ebenso wie über generelles Feedback zu unserem Format Durchgeblättert!

The Umbrella Academy Vol. 2: Dallas

Bereit der erste Band von The Umbrella Academy hinterließ bei uns einen sehr guten Eindruck. Die mittlerweile von Netflix umgesetzte Graphic Novel von Gerard Way kann in vielerlei Hinsicht überzeugen. Die Charaktere sind originell, der Humor unterhaltsam schwarz. Die Geschichte einer zutiefst dysfunktionalen Familie und ihrer individuellen und gemeinsamen Probleme hält konstant das Interesse des Lesers. Doch gelingt dies dem mit Dallas betitelten zweiten Band ebenso?

Ebenso wie Weltuntergangs-Suite teilt sich Dallas in sechs Kapitel auf. Im ersten Kapitel Dschungel erfahren wir, wie sich die einzelnen Mitglieder der Familie nach dem Finale des Vorgängers entwickelt haben. Doch schnell wird klar, wer der eigentliche Star dieser Geschichte ist: Nummer Fünf. Denn Dallas dreht sich hauptsächlich darum, zu erläutern, was dem zeitreisenden Jungen nach seinem Verschwinden widerfahren ist. Dabei erhält man tiefen Einblick in seine Lebensgeschichte und die mysteriöse Organisation, mit der in Berührung gekommen ist. Und diese ist Nummer Fünf und seinen Adoptiv-Geschwistern nicht wohlgesonnen.

Größer als der Weltuntergang?

Dallas hat eine schwierige Aufgabe zu erfüllen. Was kann die Gefahr des Weltuntergangs aus dramaturgischer Hinsicht noch toppen? Doch Gerard Way gelingt es, eine Geschichte zu stricken, deren Absurdität eine große Ausstrahlung besitzt. Das Prinzip der Zeitreisen spielt eine wichtige Rolle in Dallas und ermöglicht faszinierende Szenerien. Auch der Auftritt weiterer interessanter Charaktere fällt positiv ins Gewicht. Die aus der Netflix-Serie bekannten Auftragsmörder Hazel und Cha-Cha treten zum ersten Mal in Erscheinung, wobei sie noch verrückter sind als ihre Varianten im TV.

Jedoch ist die Absurdität der Geschichte ein zweischneidiges Schwert. Gerade gegen Ende von Dallas verliert die Handlung an Fokus und wirkt zu überzeichnet. Besonders im fünften Kapitel wird das deutlich. Hier hat dieser zweite Band seinen einzigen Durchhänger. Entschädigt wird man dafür aber vom finalen Kapitel Die Welt ist groß genug auch ohne Dich! Neben brachialer Action findet sich hier eine fulminante Auflösung der Gesamtgeschichte.

Sorgfalt in der visuellen Komposition

Der Zeichenstil des ersten Bandes bleibt im Nachfolger erhalten. Gabriel Bá setzt nach wie vor auf kantige und minimalistische Illustrationen. Das mag im ersten Eindruck plump und unattraktiv wirken. Jedoch merkt man schnell die Sorgfalt, die in die Komposition geflossen ist. Im Vergleich zu Weltuntergangs-Suite sind noch eindrucksvollere Szenen zu finden. Auch erwartet den Leser eine größere Vielfalt und Kulissen und eingesetzten Farbpaletten. Besonders in Erinnerung bleibt eine Szene von Klaus (Séance) im dritten Kapitel. Dieser fehlen quasi jegliche Farben, doch gerade deswegen entfaltet sie solch eine Wirkungskraft.

Abgesehen von einem kurzen dramaturgischen Durchhänger im fünften Kapitel macht diese Graphic Novel nichts falsch. Die Geschichte ist packend, die Akteure interessant und die Zeichnungen unverwechselbar. Ich hatte großen Spaß mit Dallas und freue mich auf den kommenden dritten Teil Hotel Oblivion.

Die harten Fakten

  • Verlag: Cross Cult
  • Autor: Gerard Way
  • Zeichner: Gabriel Bá, Dave Stewart
  • Seitenanzahl: 160
  • Preis: 22,00 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Der Mann mit der Maske – Band 2: Der Tag des Fuseurs

Nach den Ereignissen des ersten Bandes hat sich die Situation von Frank Braffort schlagartig geändert. Nicht nur ist er ungewollt mitten in ein politisches Intrigenspiel geraten; darüber hinaus sieht er sich mit einer uralten Kraft konfrontiert, die einen besonderen Einfluss auf ihn ausübt. Und als Mann mit der Maske wird Frank die ihm dadurch verliehenen Kräfte bald einsetzen müssen. Denn nicht nur er hat sich verändert. Auch sein alter Kamerad mit Spitzname „Der Fuseur“ ist betroffen. Jedoch setzt dieser seine neuen Fertigkeiten für die eigenen Interessen ein. Und diese stellen eine Bedrohung für das Paris der dystopischen Zukunft von Der Mann mit der Maske dar. Der neue Held muss eingreifen.

Der Tag des Fuseurs sieht sich mit einem anderen Problem konfrontiert als sein Vorgänger. Während der Pilot Anomalien Charaktere und Hintergründe vorstellen musste, erwartet der Leser nun erste Antworten. Und diesem Anspruch wird die Graphic Novel nur bedingt gerecht. Denn tatsächlich erhält man einige Antworten und auch mehr Hintergrundwissen. Im Gegenzug dazu führt Der Tag des Fuseurs auch neue Elemente ein, die mehr Fragen aufwerfen. Das hält auf der einen Seite den Leser zwar in Atem, auf der anderen Seite hinterlässt es am Ende den Eindruck einer Geschichte, in der nicht viel Relevantes passiert ist.

Im Hinblick auf die präsentierte Handlung ist das schade. Denn mit dem Fuseur wird hier der erste übermenschliche Gegner eingeführt. Wie wird es dem Mann mit der Maske gegen ihn ergehen? Welche Rolle spielt die Vergangenheit des Schurken? Solche Fragen könnten die Handlung leiten. Jedoch wird der Konflikt überraschend schnell beendet. Dabei ist das Finale zugegeben klug und spektakulär inszeniert. Doch bei dem Titel wundert man sich, dass der Tag des Fuseurs so schnell zu Ende geht. Es waren eher die zwei Stunden des Fuseurs.

Rare, doch intensive Action

Visuell stellt Zeichner Stéphane Créty seine Klasse abermals unter Beweis, wenngleich ihm weniger Gelegenheit dazu geboten wird. Die meisten Szenen fokussieren sich ausschließlich auf Dialoge und Interaktionen zwischen Charakteren. Wenn ihm die Möglichkeit gegeben wird, liefert Créty jedoch intensive Action. Die Konfrontation mit dem Fuseur, dessen Design ebenfalls beeindruckend ist, lässt jedenfalls nichts an Wucht missen. Auch den Schrecken, den der Schurke verströmt, versteht der Zeichner eindrucksvoll in Bilder zu fassen.

Der Tag des Fuseurs ist damit durchaus eine gute Graphic Novel. Jedoch trägt sie zum Fortschritt der Geschichte nicht so viel bei wie erhofft. Im Ausgleich dazu erfreut man sich jedoch an den Zeichnungen und der ersten Heldentat des Mannes mit der Maske. Ich bin gespannt, wie es in Chimären und Gargylen weitergeht.

Die harten Fakten

  • Verlag: Bunte Dimensionen
  • Autor: Serge Lehmann
  • Zeichner: Stéphane Créty
  • Seitenanzahl: 48
  • Preis: 15,00 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Conan der Cimmerier: Jenseits des schwarzen Flusses

Der schwarze Fluss stellt die Grenze zwischen Wildnis und Zivilisation dar. Jenseits dieses natürlichen Hindernisses treiben die wilden Pikten ihr Unwesen. Doch das hält das Reich von Aquilonien nicht ab, seine Gier nach Land zu befriedigen. An den Rand der Zivilisation getrieben, versprechen sich einige tapfere Siedler neues Land. Beschützt werden sie von wenigen Soldaten und Söldnern. Einer dieser Söldner ist der legendäre Conan aus Cimmerien. Gemeinsam mit dem jungen Soldaten Balthus kommt er bald einer großen Gefahr auf die Spur. Unter dem Schamanen Zogar Sag versammeln sich die Stämme der Pikten für einen Gegenschlag. Und als würde das nicht reichen, hat dieser scheinbar noch eine Kreatur aus den tiefsten Höllen beschworen. Wie wird der Kampf zwischen den Bewohnern des dichten Dschungels und den Vertretern der Zivilisation ausgehen?

Parallelen zur realen Geschichte

Die Anhänge dieser Graphic Novel verdeutlichen gut ihre Hintergründe. In der als Inspiration fungierenden Kurzgeschichte spiegelt sich die Faszination von Conan-Schöpfer Robert E. Howard für den Wilden Westen wider. Denn die Parallelen zur Besiedlung des neuen Kontinents sind nicht zu übersehen. Jenseits des schwarzen Flusses enthält wagemutige Siedler, die sich angesichts der „Wilden“ an den Grenzen in ständiger Gefahr befinden. Doch hat man überhaupt das Recht, die Bewohner des Landes als Wilde zu bezeichnen? Verteidigen diese nicht nur ihre Heimat?

Wie keine Graphic Novel der Reihe zuvor bewegt sich dieser Band in einer moralischen Grauzone. Conan dient dabei selbst als Kommunikator für die Sichtweisen beider Parteien. Denn schließlich werden auch die Cimmerier von vielen sogenannten zivilisierten Völkern als Barbaren bezeichnet. Und diese Denkweise mag es ihm auch ermöglichen, auf die Schrecken der Pikten die passende Antwort zu finden. Denn Jenseits des schwarzen Flusses ist Anspannung pur. Die Gefahren für die Siedler in der grünen Hölle erscheinen wie übernatürliche Gestalten. Und auf jeder Seite fragt man sich als Leser, welche weiteren Überraschungen in diesem feindseligen Gebiet auf den Cimmerier und seine Mitstreiter warten.

Beklemmende Nacht-, imposante Massenszenen

Die Intensität der Situation spiegelt sich auch in der visuellen Umsetzung wider. Die Illustrationen und Farben von Anthony Jean sind detailliert, dynamisch und erbarmungslos. Blutige Szenen sind allerorts zu finden, und die Darstellung der wenigen Szenen in der Zivilisation zeigen überall die Spuren des Krieges. Klare Highlights sind jedoch die Szenen jenseits des titelgebenden Flusses. Besonders in der Dunkelheit der Nacht wirken diese beklemmend und erzeugen pure Spannung. Das letzte Drittel wartet dann mit imposanten Massenszenen sowie einem epischen Duell Conans auf.

Nach Die Königin der schwarzen Küste und Nathok der Zauberer hinterlässt dieser dritte Band aus dem Conan-Universum bis jetzt am meisten Eindruck. Die Geschichte ist geradlinig, jedoch intensiv. Darüber hinaus lädt sie zum Nachdenken über die historischen Vorbilder ein. Die visuelle Umsetzung pulsiert geradezu in jeder Szene vor Atmosphäre. Ich hoffe auf jeden Fall, mich niemals jenseits des schwarzen Flusses begeben zu müssen.

  • Verlag: Splitter
  • Autor: Robert E. Howard, Mathieu Gabella
  • Zeichner: Anthony Jean
  • Seitenanzahl: 64
  • Preis: 15,80 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

B.U.A.P. – Die Froschplage 1

Bereits in unserem Artikel über Hellboy sind wir kurz auf diesen Sammelband eingegangen. Die Abkürzung B.U.A.P. steht hierbei für Behörde zur Untersuchung und Abwehr paranormaler Erscheinungen. Als Bestandteil dieser kämpfte Hellboy für eine Weile gegen übernatürliche Bedrohungen, bis er sich davon lossagte. Die Geschichten dieses Sammelbandes enthalten die ikonische Teufelsgestalt aus diesem Grund höchstens in Rückblenden. Die Protagonisten sind vielmehr seine (ehemaligen) Mitstreiter. Darunter fallen neben dem Amphibienmenschen Abe Sapien die pyrokinetisch begabte Liz Sherman, der künstliche Organismus Roger und das ehemalige Medium Johann Kraus. Auch die Expertin für das Okkulte Dr. Kate Corrigan spielt eine tragende Rolle.

Tiefgang, Herz und Abwechslung

Der Leser begleitet die Behörde auf mehrere Einsätze. Der erste Teil Hohle Erde und andere Geschichten enthält die ersten Versuche des neuen Autoren-Teams. Denn tatsächlich zeichnet Mike Mignola nicht mehr hauptverantwortlich für diese Geschichten aus seinem Universum. Vielmehr stellt dieser Band den Versuch dar, unabhängig die Welt des Okkulten zu erweitern.

Die ersten Geschichten sind dabei noch etwas unstrukturierter gestaltet und hinterlassen weniger Eindruck. Hier merkt man, dass das Team seine künstlerische Richtung erst finden musste. Besser wird es ab Teil zwei mit dem Titel Der Geist von Venedig und andere Geschichten. Hier weisen die Erzählungen mehr Tiefgang, aber auch Herz und Abwechslung auf. Das wahre Highlight findet sich im dritten Teil, der die titelgebende Froschplage enthält. Dabei wird ein Abenteuer fortgesetzt, das bereits im ersten Band Saat der Zerstörung seinen Anfang nahm. Kenner der Geschichten werden sich über verschiedene Anspielungen und Wiedersehen „freuen“. Doch auch für Neueinsteiger ist die Lektüre ohne Vorkenntnisse kein Problem. Tatsächlich sehe ich diesen Sammelband vielmehr als einen guten Einstieg in das Hellboy-Universum. Durch die Vielfalt an Geschichten lässt sich schnell erkennen, ob einem der spezielle Erzählstil zusagt.

Gewöhnungsbedürftig kantiger Charme

Ebenso ist es mit dem sehr individuellen Zeichenstil, der den von Mignolas ursprünglichen Werken sehr gut einfängt. Die simplen, aber dennoch detailreichen Illustrationen weisen eine gewisse Kantigkeit auf, die nicht jedermanns Sache ist. Jedoch gewöhnt man sich als Leser schnell daran und erkennt den individuellen Charme. Das visuelle Team hat es jedenfalls perfekt verstanden, die Essenz von Mignolas persönlichem Stil zu kopieren.

Somit kann ich diesen Sammelband jedem Fan von Adventure-Horror nur ans Herz legen. Er eignet sich darüber hinaus gut dafür, im Hellboy-Universum Fuß zu fassen. Unterstützt wird das durch mehrere Kommentare und Anmerkungen, die den Leser mit weiteren Hintergründen versorgen. Der erste Teil der Geschichten ist zwar etwas träge, wird aber durch die kurzweiligen beiden folgenden Teile mehr als wett gemacht. Somit eine klare Kaufempfehlung.

Die harten Fakten

  • Verlag: Cross Cult
  • Autor: Mike Mignola, Guy Davs
  • Zeichner: Christopher Golden u.a.
  • Seitenanzahl: 408
  • Preis: 40,00 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Ausblick Durchgeblättert 05/2019

 Die nächste Ausgabe von Durchgeblättert steht im Zeichen von Science-Fiction. Unter anderem betrachten wir mit dem ersten Band von Message eine Graphic Novel aus Deutschland, sowie die Fortsetzung von Chaos. Doch auch ein Altmeister erweist uns wieder die Ehre: Wir werfen einen Blick auf Frank Millers neuestes Werk! Bis dahin wünschen wir wie üblich: „Frohes Lesen!“.

 

Artikelbilder: Splitter, Cross Cult, Bunte Dimensionen, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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