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Gerade für Neulinge kann die Wahl der richtigen Ausrüstung schwierig sein. Besonders ins Gewicht fällt die Rüstung, die nicht nur zahlreiche Vor- und Nachteile bietet, sondern darüber hinaus sehr teuer sein kann. Für Einsteiger und für Erfahrenere bietet dieser Ratgeber Hilfe.

Larpneulinge stehen schnell vor der Entscheidung, ob und wie sie ihren Charakter für Kämpfe rüsten. Auch wer die ersten Cons noch ohne Rüstung zurechtkommt, kommt irgendwann an diesen Punkt. Die Auswahl an Möglichkeiten, die sich bieten, ist dabei sehr breit gefächert. Sie reicht von Ganzkörperplattenrüstungen über Teilplatte und Kettenhemd bis hin zu Leder- oder Stoffapplikationen. Letztere stehen zwar nicht bei jedem in der Szene hoch im Ansehen, aber auch sie haben ihren Platz im Larp.

Neben der Frage, was für eine Rüstung man tragen möchte und welche Körperteile wirklich schützenswert sind, kann es ebenfalls eine Herausforderung sein, eine Rüstung zu bekommen. Metall ist teuer und gutes Leder ebenfalls, weshalb die Preise schnell durch die Decke gehen. Fehlkäufe möchte man daher tunlichst vermeiden. So mancher Spieler kam beim Vergleich des Listenpreises seiner Wunschrüstung mit dem eigenen Kontostand schnell zu einem Sinneswandel. Damit ihr euch als Anfänger oder Veteran, der den Heiler bereits zu häufig gesehen hat, im Rüstungsdschungel zurecht findet, hilft euch dieser Artikel.

Warum die Wahl der Rüstung wichtig ist

Im Gegensatz zu Waffen sind Rüstungen im Larp wesentlich seltener. Während mit Speeren, Äxten, Schwertern und ähnlichem Mordwerkzeug an jeder Ecke und an jeder möglichen und unmöglichen Körperstelle seines Gegenübers zu rechnen ist, kommen viele Larper komplett ohne Rüstung aus und das nicht ganz zu unrecht. Rüstungen sind teuer, Rüstungen sind schwer und Rüstungen sind warm. Gerade im Zuge der Dank der globalen Erwärmung zunehmend heißeren Sommer ist das Letzte ein Punkt, der bei immer mehr Cons ins Gewicht fällt. Wer selten oder gar nicht kämpft, tut daher gut daran, über die Anschaffung einer Rüstung zweimal nachzudenken. Zumal keine Rüstung zu tragen auch eine Stellungnahme sein kann: „Sehr her, ich habe so etwas nicht nötig.“.

Dennoch sprechen gewichtige Gründe dafür, eine Rüstung zumindest in Erwägung zu ziehen.

Eine Rüstung kann nämlich viel mehr sein, als nur ein unbequemes und einengendes Kleidungsstück.

Ein guter Plattenpanzer schützt vor den meisten Angriffen und ermöglicht es dem Träger, sich mit vollem Einsatz auf den Gegner zu stürzen.
Ein guter Plattenpanzer schützt vor den meisten Angriffen und ermöglicht es dem Träger, sich mit vollem Einsatz auf den Gegner zu stürzen. © Nabil Hanano

Edle und teuer verzierte Rüstungen sind ein Statussymbol, das die Bedeutung und den Wohlstand des eigenen Charakters (Womit sie die bessere Alternative zur Aussage „Ich hab zwanzig Männer unter mir, ich bin wichtig.“ sind.) Kämpfende Charaktere wirken durch eine passende Rüstung glaubwürdiger. Ganz besonders wenn man einen erfahrenen Haudegen spielt. Ohne eine Form von Rüstung wäre der nämlich nur schwer erfahren geworden.

Zuletzt gibt es auch noch eine vollkommen praktische Überlegung. Da die meisten Rüstungen mehr oder weniger aus dem gleichen Material sind, aus dem ihre Vorbilder bestanden, bietet eine Rüstung auch einen durchaus notwendigen OT-Schutz im Gedränge. Grade angesichts der Tatsache, dass besonders auf Großcons die Anzahl an Schwergerüsteten immer stärker steigt, besteht in manchen Kampfsituationen echte Verletzungsgefahr, wenn man sich nicht schützt.

Wie man sich die richtige Rüstung wählt

Harte Schale, weicher Kern – Das Rüstmaterial

Bereits beim Material der Rüstung steht der gemeine Larper vor der Qual der Wahl.

Während Larpwaffen darauf ausgelegt sind, das Gegenüber möglichst nicht zu verletzen, hat sich dieser Gedanke beim Rüstungsbau leider noch nicht durchgesetzt. Das ist einerseits zwar verständlich, da mit Larpwaffen im Normalfall auf andere Spieler eingeschlagen und leider nicht immer vorher abgebremst wird, während man dies mit Rüstungen nicht zu tun pflegt. Daher sind Larpwaffen aus latexüberzogenem Schaumstoff hergestellt, Rüstungen hingegen aus etwas härterem Material. Das hat nicht nur zur Folge, dass anstürmende Plattenträger eine nicht von der Hand zu weisende Gesundheitsgefährdung ihrer weniger stark gerüsteten Mitspieler darstellen, sondern bietet dem Neuling in der Rüstungsbranche auch eine große Auswahl.

Eine Rüstungsplatte hat den zusätzlichen Vorteil, dass man sie elegant verzieren kann.
Eine Rüstungsplatte hat den zusätzlichen Vorteil, dass man sie elegant verzieren kann. © Nabil Hanano

Angefangen beim Gambeson, einer Art vernähter Stoffpolsterung, über Lederrüstungen und Kettenhemden bis hin zu Schuppen- und Plattenpanzern gibt es in der Rüstkammer der Großhändler nichts, was es nicht gibt. Da Stahl schwer ist, gibt es vor allem Kettenhemden, aber ebenso andere Metallrüstungen, auch aus Aluminium. Das hat den Vorteil, dass es wesentlich leichter und daher bequemer ist. Richtig bearbeitet, zeigt sich zudem optisch kein Unterschied zur Stahlrüstung.

Am günstigsten und bequemsten sind Stoffrüstungen. Zwar hält ein Gambeson nicht viel aus, aber er ist besser als nichts. Gambesons bieten zudem den Vorteil, dass man sie leicht an- und ausziehen kann.

Es gibt sie in zahlreichen Varianten, mal kürzer, mal länger. Bei vielen sind Arme und Rüstschurz separat und können mittels Schnallen oder Lederriemen am Torso befestigt werden. Grade bei wärmerem Wetter ist dies von Vorteil. Schutzwirkung bietet der Gambeson vor allem gegen stumpfe Gegenstände, deren Wucht er dämpft. Gegen alles Spitze sieht er (genau wie sein Träger) leider alt aus.

Wichtig ist auch das Material, aus dem der Gambeson hergestellt ist. Außen und innen sollte der Gambeson aus Leinen oder zumindest Baumwolle sein. Die Füllung ist dann der entscheidende Faktor, ob der Gambeson angenehm zu tragen und eventuell sogar kühlend ist oder ob man darin nach fünf Minuten stinkt wie nach fünf Tagen Großcon. Viele Händler verwenden als Füllung nämlich Kunstfaser, die es möglichst zu meiden gilt. Ein richtig guter Gambeson sollte mit Naturfaser gefüllt sein.

Gambeson und Lederrüstung, schwere Kettenrüstung und Platte (von links nach rechts). Die Auswahl an Rüstungen ist groß.
gepolsterters Wams, Gambeson und Brigantine, Kettenrüstung mit Plattenteilen, und volle Platte (von links nach rechts). Die Auswahl an Rüstungen ist groß. © Nabil Hanano

Lederrüstungen sind durch ihre exzessive und meist historisch inkorrekte Verwendung in unzähligen Historienfilmen etwas verrufen. Auch ist ihr Schutzwert ähnlich dem Gambeson eher gering. Sie dämpfen lediglich Wuchtwaffen und können kleinere Messer abwehren. Allerdings können sie als Verzierung dienen, wenn sie entsprechend edel aussehen. Für Charaktere, die sich keine teurere Rüstung leisten können und auf dem Land zu Hause sind, stellen sie eine solide Wahl dar.

Der Klassiker auf dem Schlachtfeld ist und bleibt das Kettenhemd. Es bietet eine gute Schutzwirkung, macht etwas her und ist vergleichsweise leicht zu tragen, besonders in der Aluminiumvariante. Aluminiumkettenhemden sind allerdings meistens teurer als Stahlkettenhemden. Auf ihnen ist häufig eine Beschichtung angebracht, die echten Stahl simulieren soll. Diese kann im Lauf der Zeit abgehen und Flecken an Kleidung und Haut hinterlassen. Dafür ist man dann aber den Tag über schnell unterwegs und kommt ohne Rückenschmerzen aus. Ein Spieler, der Kette tragen will, muss hier abwägen, was ihm wichtiger ist.

Das Kettenhemd schützt zuverlässig gegen die meisten Arten von Waffen, die keine rüstungsbrechende Wirkung haben, dämpft allerdings kaum die Wucht des Aufpralls.

Plattenrüstungen aus Metall stehen am oberen Ende der Rüstungsnahrungskette. Sie sind zwar schwer, schützen aber besser als Kettenhemden. Außerdem signalisieren sie, gerade, wenn sie reich verziert sind, nicht nur Kampfbereitschaft, sondern auch Status und Wohlstand.

Gambeson unter Kettenhemd, ergänzt um Plattenteile für den Rundumschutz.
Gambeson unter Kettenhemd, ergänzt um Plattenteile für den Rundumschutz. © Nabil Hanano

Zwar hängt die Schutzwirkung einer Rüstung am Ende immer vom Regelwerk der bespielten Con ab, aber das richtet sich oft genug nach der (vermeintlich) historisch vorhandenen Schutzwirkung einer Rüstung. Wer die Wahl hat, wählt Rüstungen, deren Teile mit (Kunst-)Lederriemen statt Nestelriemen verbunden werden. Das ist nicht nur historisch korrekt, sondern auch schlicht und ergreifend praktischer.

Am besten schützen Rüstungen jedoch, wenn man sie passend übereinander trägt. Grade Metallrüstungen sind nicht dafür gedacht, alleine getragen zu werde Verschiedene Rüstungsvarianten bauen aufeinander auf und sollten miteinander kombiniert werden. Dabei gilt ganz generell, je beweglicher das Material der Rüstung, desto weiter innen kommt sie zum Einsatz. Folglich trägt man den gepolsterten Gambeson als unterste Schicht. Er fängt die Wucht aller Treffer auf und verhindert unschöne blaue Flecke, Quetschungen oder gar Brüche. Darüber kommt Metall, meistens das Kettenhemd, das alles Scharfe und Spitze aufhält, das sonst einfach durch den Gambeson durch gehen würde. Über dem Kettenhemd kann man theoretisch noch einzelne Plattenteile tragen, auch wenn das eigentlich nicht notwendig ist. Statt Kettenhemd bietet sich auch gleich die komplette Plattenpanzerung an. Hier muss dann unbedingt ein leicht gepolstertes Rüstwams oder zur Not ein anderes gepolstertes Stoffstück getragen werden.

Eine ganz andere Rüstungsart, die ich hier noch erwähnen möchte, ist die magische Rüstung. Bei entsprechenden Charakterfähigkeiten oder freundschaftlichen Beziehungen zu Magiern kann man auch ganz auf Stoff, Leder und Metall verzichten und sich durch Magie unverwundbar machen lassen. Signalisiert wird dies bei den meisten Cons durch ein blaues Band.

Allerdings kommen magische Rüstungen je nach Regelwerk mit gewissen Nachteilen daher und sie bieten im Schlachtgetümmel keinen OT-Schutz. Das sind Punkte, die man unbedingt berücksichtigen muss, bevor man das Leben seines Charakters einem Magier anvertraut. Was ja an sich schon ein Wagnis darstellt.

Leider macht auch die schwerste Rüstung nicht unbesiegbar.
Leider macht auch die schwerste Rüstung nicht unbesiegbar. © Nabil Hanano

Herkunft verpflichtet –  die Rüstung sollte zum Charakter passen

Welche Rüstung man trägt, hängt auch vom Charakter ab. Spielt man jemanden mit Geld, dann sollte die Rüstung auch teuer aussehen. Besonders ein verzierter Brustpanzer, vielleicht mit dem eigenen Familienwappen in Gold graviert, kann hier Wunder wirken. Aber bereits eine einfache Rüstung, die sauber und gepflegt aussieht, zeigt, dass der Besitzer entweder nicht auf Kampf zum Lebensunterhalt angewiesen ist oder aber einen ganzen Schrank voll Rüstungen hat, sodass er auf altes und abgenutztes Material verzichten kann. Fürsten oder Könige tragen ihre Rüstung häufig als Statussymbol. Ihre Schutzwirkung ist meistens geringer, dafür sieht sie beeindruckend aus. Wer solch einen Charakter spielen will, muss das beachten. Über einer Seidengewandung trägt man kein rostiges Kettenhemd.

Umgekehrt kann die Rüstung von Veteranen und Berufssoldaten die eine oder andere Schramme vorweisen. Der durchschnittliche Soldat war eher selten reich, dafür aber auf verlässliche Rüstung angewiesen. Folglich sollte die Rüstung praktisch und zuverlässig sein. Sie kann alt und verschrammt sein, aber nicht defekt. Löcher im Kettenhemd müssen geflickt und Risse im Gambeson gestopft sein. Spielt man einen unfreiwilligen Kämpfer aus der Unterschicht, zum Beispiel einen eingezogen Bauern, dann ist die Rüstung improvisiert und billig. Eine gepolsterte Jacke oder ein Lederwams sollen hier zusammen mit einer gehörigen Portion Gottvertrauen den Träger am Leben erhalten.

Doch nicht nur die soziale Schicht, sondern auch die Welt, aus der der Charakter kommt, ist von Bedeutung. Rüstungen ändern sich im Lauf der Zeit entsprechend der bekannten Technik und vor allem der Waffen, mit denen sie zu tun haben. Generell gilt dabei, je moderner der Charakter ist, desto höher ist die Schmiedekunst und desto größer der Plattenanteil. Das ändert sich erst mit der Verbreitung von Schießpulver. Wer seinen Charakter also aus einer Welt kommen lässt, in der Feuerwaffen zum Alltag gehören, der kann das Kettenhemd bedenkenlos im Schrank lassen. Ein meisterhaft geschmiedeter Harnisch passt hier jedoch noch sehr gut.

Links im Bild sehen wir Ungerüstete mit schnellen Distanzwaffen, der Herr rechts im Bild hingegen setzt auf Kette und Schild
Links im Bild sehen wir Ungerüstete mit schnellen Distanzwaffen, der Herr rechts im Bild hingegen setzt auf Kette und Schild © Nabil Hanano

Spielt man einen Piraten oder einen anderen Seefahrer, dann sollte man schwere Rüstung ganz besonders meiden. Die hat nämlich den Nachteil, dass man darin nur schwer schwimmen kann.

Schweben wie ein Schmetterling, standhaft wie ein Fels – wie will ich kämpfen?

Neben dem Charakter sollte die Rüstung auch zum eigenen Kampfstil passen.

Zwar wird man in schwerer Rüstung entgegen hartnäckiger Mythen nicht zum hilflos daliegenden Krabbelkäfer, aber dennoch verringert das zusätzliche Gewicht die eigene Geschwindigkeit und Beweglichkeit im Vergleich zum Tragen von keiner oder leichter Rüstung. Wer gerne leichtfüßig um den Gegner herumtanzt, sollte daher lieber auf Stoff und etwas Kette als auf tonnenweise Stahl setzen. Andersherum sind das dichteste Schlachtgetümmel und der direkte Nahkampf nichts für Leichtgepanzerte.

Ganz generell muss man vor der Rüstungswahl die Entscheidung treffen, ob man Schlägen eher ausweichen oder sie einfach wegstecken will. Führt man schnelle und lange Waffen, verzichtet man besser auf viel Rüstung, kämpft man hingegen mit langsamen und schweren Wuchtwaffen, benötigt man viel Stahl am Körper, um die unvermeidlichen Treffen zu überstehen.

Davon hängt auch ab, welche Körperstellen am ehesten zu schützen sind, bei welchen die Wahrscheinlichkeit, getroffen zu werden, am höchsten ist. Dabei gilt grundlegend, dass die Seite, mit der man seine Waffe führt, häufiger getroffen wird als die andere Körperseite. Arm- oder Beinschienen auf dieser Seite sind daher nie verkehrt. Ansonsten sollte auch der Oberkörper in jedem Fall geschützt sein und ein Helm schadet definitiv nie. Alles darüber hinaus ist für ärmere Charaktere nicht unbedingt ein Muss, sondern entspricht dem persönlichen Geschmack. (Anmerkung der Redaktion: Allerdings täten männliche Spieler armer wie reicher Charaktere gut daran, auf den Schutz gewisser Körperteile zu achten. Treffer zwischen die Beine tun nämlich nicht nur weh. Aufgrund einer Reihe von „unglücklichen Vorfällen“ ist die Liste an Heilerinnen, die bei Hodentreffern begeistert „hier“ schreien, verständlicherweise relativ kurz.)

Plattenpanzer unter edlem Geschmeide zeigt, dass dieser Charakter garantiert kein armer Schlucker ist.
Plattenpanzer unter edlem Geschmeide zeigt, dass dieser Charakter garantiert kein armer Schlucker ist. © Nabil Hanano

Schmelzofen auf zwei Beinen oder luftig leicht – Eine Rüstung sollte praktisch sein

Neben der Schutzwirkung und dem Charakterhintergrund gibt es noch einen weiteren Punkt, der unbedingt bedacht werden sollte. Eine Rüstung muss praktisch sein und das in mehrfacher Hinsicht. Man muss sie längere Zeit bequem tragen können, ohne umzufa Sonst macht sie sich am Kleiderständer zwar gut, nutzt aber ansonsten wenig. Das bedeutet, sie darf nicht scheuern oder zu starken Rückenschmerzen führen. Da es inzwischen in der Großconsaison regelmäßig sehr heiß wird, ist das durchgehende Tragen von schweren Rüstungen sogar ernsthaft gefährlich und kann zu Hitzschlag oder Dehydrierung führen.

Es gilt daher nicht nur für Rüstungsträger besonders häufig Wasser zu trinken, sondern auch darauf zu achten, dass sich die Hitze nicht unter der Rüstung staut. Ebenso darf eine Rüstung, bei der das der Fall ist, nur im Ernstfall getragen werden. Daraus folgt, dass man sie schnell aus- und vor allem anziehen können sollte. Denn was nutzt die beste Rüstung, wenn das Banner gestohlen, das Lager geplündert oder man selbst niedergemetzelt wurde, bevor man sie anziehen konnte? Je größer und komplexer die Rüstung, desto länger dauert das Anrüsten. Leider nutzt die beste Rüstung nichts, wenn man vorher tot ist. Und sprichwörtlich mit heruntergelassenen Hosen will man nun sicher nicht erwischt werden. Wer damit rechnet, viel in Rüstung unterwegs sein zu müssen oder häufig in überraschende Kampfsituationen zu geraten, der sollte daher besser auf ein Kettenhemd als auf eine Plattenrüstung vertrauen.

Wo man seine Rüstung herbekommt

Wenn man weiß, welche Rüstung es sein soll, dann gilt es im nächsten Schritt, diese auch zu bekommen. In den sagenumwobenen Urzeiten des Larps wurde mangels Verfügbarkeit eine Rüstung noch durch ein graues Stoffhemd symbolisiert. Heutzutage sind wir da weiter. Weil Größe und Kaufkraft der Szene im Lauf der Zeit gewachsen sind, hat sich inzwischen eine umfangreiche Rüstungsindustrie entwickelt. Zahlreiche Großhändler bieten von der schmuckvollen Halsberge bis zum Originalkettenhemd von Karl dem Großen alles, was das Herz begehrt. Bei Plattenrüstungen empfiehlt es sich, die Rüstung vor Ort beim Händler anzuprobieren und nicht auf gut Glück im Internet zu bestellen, da eine gut sitzende Plattenrüstung Gold wert sein kann. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, Rüstungsteile maßgeschneidert zu bestellen. Da die Auswahl insgesamt aber entsprechend teuer ist, kann es sich lohnen, sich nach Alternativen umzusehen.

Schlicht, aber effektiv: Kettenhemden, hier in der Kurzarmversion.
Schlicht, aber effektiv: Kettenhemden, hier in der Kurzarmversion. © Nabil Hanano

Die einfachste ist es dabei, sich für den Anfang von Freunden eine Rüstung zu leihen.

Ebenfalls eine gute Lösung kann es sein, sich eine Rüstung gebraucht zu kaufen. Zwar können auch da die Preise noch hoch sein, aber man spart gegenüber dem Großhändler. Eine eventuelle Abnutzung ist nicht tragisch, da die Rüstung ja nicht in echten Kampfhandlungen auf Leben und Tod zum Einsatz kommen wird.

Eine dritte Möglichkeit ist, wie bei Allem im Larp, der Eigenbau. Allerdings ist der Anteil an Rüstungen aus der eigenen Schmiede aus nachvollziehbaren Gründen geringer als selbstgenähte Gewandung. Interessierten kann ich hier als Materialien Glasfaserverstärkten Kunststoff und Worbla empfehlen, die auch eine Vielzahl an Möglichkeiten für Modifikationen bieten.

Fazit

In Anbetracht der Nachteile von Rüstungen, wie die Unbequemlichkeit, die Hitze, das Gewicht und der Preis, bietet sich die Überlegung an, ganz darauf zu verzichten. In der Tat ist eine Rüstung im Larp keine Pflicht und wird es hoffentlich auch nie. Ob man sich die Strapazen für mehr Trefferpunkte und für die Optik antut, bleibt jedem selbst überlassen. Auch kämpfen kann man gut ohne Rüstung, zumal es als Alternative auch noch den Schild gibt. Grade bei den ersten Schritten in die Larpszene empfehle ich es daher wirklich, ohne Rüstung zu spielen und sich dann zu entwickeln. Nachdem man die ersten Erfahrungen gesammelt und festgestellt hat, ob und wie man kämpfen will, kann man immer noch in Ruhe zur Aufrüstung schreiten.

Viel hilft viel, das Motto von Plattenrüstungen.
Viel hilft viel, das Motto von Plattenrüstungen. © Nabil Hanano

Als Problem sehe ich hier jedoch die in den letzten Jahren merklich steigende Rüstungsquote. Grade in der Enge von Massenschlachten besteht so eine ernstzunehmende Gefahr von OT-Verletzung. Einen Zusammenstoß mit einem Plattenträger zu erleiden oder zwischen zwei Kettenhemden eingequetscht zu werden, ist nicht sonderlich angenehm und kann mit Pech zu schweren Verletzungen führen.

Wer ohne Rüstung kämpft, muss also aus purem Eigenschutz darauf achten, einen entsprechenden Kampfstil anzuwenden, um solche Zusammenstöße zu vermeiden. Im Zweifelsfall geht OT-Sicherheit klar über IT-Kampfeslust.

Generell sollte man vor der Rüstungswahl die Entscheidung treffen, ob man Schlägen eher ausweichen oder sie einfach wegstecken will. Führt man schnelle Waffen, verzichtet man besser auf viel Rüstung, kämpft man hingegen mit langsamen und schweren Wuchtwaffen, benötigt man wegen der unvermeidlichen Treffer viel Stahl am Körper.

Gerade wohlhabende Charaktere, in deren Gesellschaft der Status auch durch den kriegerischen Erfolg bedingt ist, sollten im Laufe der Zeit aus Prestigegründen mit entsprechender Rüstung ausgestattet werden. Prunkrüstungen wirken ähnlich eindrucksvoll wie Goldketten. Das gilt ganz besonders, wenn der Brustpanzer (vermeintlich) ebenfalls aus diesem Material ist.

Letztendlich gilt bei der Rüstung aber, was bei jeder anderen Ausrüstung eines Charakters auch gilt. Sicherheit geht vor und direkt danach kommt der Spielspaß. Eine zeitlich oder hintergrundtechnisch unpassende Rüstung ist in Ordnung, falls sie dem Träger gefällt und Andere nicht zu sehr aus dem Spiel reißt.

Titelbild: © nejron | despositphotos
Artikelbilder: © Nabil Hanano, Drachenfest

Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Saskia Harendt

1 Kommentar

  1. Ich muss dich drauf hinweisen, dass Plattenrüstungen im Vergleich zur Kette leichter sind. Es ist ein verbreiteter Irrglaube, dass die Dinger schwer(er) sind. In Wahrheit, gerade wenn sie gut angepasst ist und das Gewicht nochtmal besser verteilt ist die Plattenrüstung (auch gefühlt)
    leichter als Kette. ;-)

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