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Abenteuer und Kampagnen in Roll20 zu erstellen ist zeitintensiv und bedarf einiger Vorbereitung. Module und Add-ons können einem viel Zeit und Mühe abnehmen, doch wie steht es um die Spielbarkeit? Wir haben uns einige Module in Roll20 angeschaut und einen generellen Überblick über die Vor- und Nachteile erstellt.

Der Autor dieses Artikels hat inzwischen über 1000 Spielstunden in Roll20 gesteckt und sich einen großen Erfahrungsschatz in einer Vielzahl an Runden als Spieler, viel mehr noch als Spielleitung erarbeitet. Nach unzähligen One-Shots und Kurzabenteuern, sowie einer über zweieinhalb Jahre laufenden Shadowrun 5-Kampagne habe ich mich das erste Mal mit bezahlbaren Modulen beschäftigt, die die Arbeitsstunden der Vorbereitung verkürzen sollen.

Den Anfang machte das zu Beginn kostenlose Testpaket D&D Lost Mine of Pandelver von Wizards of the Coast. Danach legte ich mir das Tales from the Loop Starter Set und danach das frisch erschienene Tales from the Loop-Grundregelwerk (beides von Fria Ligan) mit den darin enthaltenen Abenteuern zu. Zum Vergleich habe ich das kleine Level-0-Abenteuer The Portal Under the Stars für Dungeon Crawl Classics erworben, welches ich bereits ohne Modul für einen One-Shot erstellt hatte.

Aus den gesammelten Erfahrungen ergeben sich folgende Beobachtungen, die der geneigte Leser zu Rate ziehen kann, wenn die Entscheidung anstehen sollte, ob Geld für Module ausgegeben werden sollte.

Was ist ein Modul oder Add-on?

Die hier genannten Begriffe können außerhalb des Roll20-Kontextes variieren.

Module sind vorbereitete Abenteuer mit Handouts, NSC und einer möglichst kompletten Ausarbeitung. Die Schauplätze sind angelegt, relevante Grafiken ebenso. Alles ist an das Grid angepasst, was tatsächlich viel Arbeit abnimmt. Wenn man einen Plus- oder Pro-Account hat, können auch Dynamic Lighting-Einstellungen vorhanden sein. Mehr zu Dynamic Lighting findet sich in meinem Artikel „Roll20 Extended – Licht und Schatten, ein erhellender Guide“. Zusätzlich gibt es bei größeren Modulen ein Kompendium, quasi ein digitales Regelwerk, auf das alle der Runde Beigetretenen zugreifen können. Ist kein Kompendium vorhanden, werden die wichtigsten Regeln in einzelnen Handouts für alle verfügbar gemacht. Wer ein Modul kauft, erwartet ein spielbereites Setup des Abenteuers oder der Kampagne.

Es gibt eine beachtliche Anzahl an Modulen in Roll20.
Es gibt eine beachtliche Anzahl an Modulen in Roll20.

Add-ons sind, wie der Name schon sagt, Erweiterungen, die einer Runde beigefügt werden können. Das können weitere Abenteuer sein sowie Karten, Tokens oder Ähnliches. Alle Module und Add-ons belegen keinen Platz im Speicherkontingent des eigenen Kontos. Das ist ein großer Vorteil, wenn man viele Daten zu speichern hat.

Die Module

Alle erworbenen Module und Add-ons haben ihre Vor- und Nachteile, sind aber von unterschiedlichem Umfang. Roll20 listet sehr genau auf, was sich in einem Modul befindet, so dass man vor dem Kauf gut informiert ist.

D&D Lost Mine of Phandelver

Dungeons & Dragons 5E ist die wohl stärkste Marke auf Roll20. Die enge Zusammenarbeit mit Wizards of the Coast wird mehr als deutlich. Heute kostet das Modul 14.99 USD und beinhaltet die komplette Kampagne für Startcharaktere auf Level 1.

Lost Mine of Phandelver
Lost Mine of Phandelver

Es gibt vorgefertigte Charaktere, dutzende NSC und Monster sowie eine gute Struktur der Kampagne. Oft sind besondere SL-Notizen angefügt und die vielen Querverweise helfen bei der Übersicht. Im Zusammenspiel mit dem Charactermancer ist nichts einfacher, als auf Roll20 D&D 5E zu spielen. Die Regelwerke sind nicht vollständig enthalten, es gibt lediglich eine Art Basiskompendium. Für Vielspieler lohnt sich die Anschaffung aber.

Tales from the Loop

Die Module von Fria Ligan haben es nicht ganz so einfach, sind aber auch erst seit Kurzem verfügbar. Das Starter Set beinhaltet ein interessantes Mystery und man baut mit vielen Bildbandillustrationen auf dem Flair des Settings auf. Es werden immer Spieloptionen für den schwedischen und den amerikanischen Loop gegeben und das Starter Set ist in sich schlüssig und sofort spielbar. Es gibt vorgefertigte Charaktere, ausreichend Handouts, Erklärungen und Hilfen.

Das Tales from the Loop Starter Set
Das Tales from the Loop Starter Set

Leider sind die Angaben nicht durchgehend einheitlich. Zwischen den schwedischen und amerikanischen Namen wird manchmal getauscht, was mich dazu veranlasste, eine Namensliste anzulegen und alle Texte manuell zu korrigieren. In den Handout-Grafiken war das aber nicht möglich.

 

Die Charakterbögen hatten einen Bug, so dass die für die Charaktere sehr wichtigen Anchor (Bezugsperson) nicht eingetragen werden konnten, beziehungsweise nicht gespeichert wurden. Auch einige andere Sachen haben sich manchmal von selbst gelöscht oder geändert. Ein Charakter hatte falsche Werte, man sollte das vor dem Start einer Runde einmal kontrollieren. Ob der Bug inzwischen behoben ist, wird sich in den kommenden Wochen zeigen, wenn die Mysterys aus dem Grundregelwerk mit dem dazugehörigen Modul bespielt wurden. Erste Tests ergaben positive Ergebnisse.

 

Das große Modul mit dem Grundregelwerk ist eine umfangreichere Anschaffung. Das Regelwerk wird als Kompendium für alle Spieler*innen einer Runde zugänglich gemacht, die Mysterys sind angenehm und übersichtlich gestaltet. Auch hier zeigt sich ein Problem mit den beiden Loop-Optionen, so dass die Namen manchmal verwirren. Die Vorbereitung wird um viele Stunden verringert und eine einfache Lektüre der Inhalte macht das Modul schnell spielbar: einmal lesen, Charaktere erstellen und losspielen. Das war mir jeden Cent der 24.99 USD wert.

Dungeon Crawl Classics

Für 5.99 USD bekommt man das kleine Level-0-Abenteuer von DCC The Portal Under the Stars. Man verbringt hier nicht viele Stunden, doch für eine kurze und spontane Runde ist es witzig. Da der Umfang des Moduls aber gering und nicht mit einem Grundregelwerk vergleichbar ist, ist es eher eine kleine Annehmlichkeit, das Modul zu besitzen.

 

Die beinhalteten Charaktertokens kann man für andere Runden benutzen, da es sich um ein Art Pack handelt. Für eine schnelle Runde ohne Zeit zur Vorbereitung ist auch dieses Modul vollkommen okay.

Gesammelte Erfahrungen

Aus den getesteten Modulen ergeben sich einige Erfahrungswerte, die zu einer Bewertung von Modulen im Allgemeinen führen sollen.

Kosten

Die Kosten können im ersten Moment abschreckend wirken. Gerade, wenn man bereits im Besitz des Regelwerkes ist, wirken diese eventuell wie sinnlos herausgeworfenes Geld. Man könnte die Karten auch einscannen und selbst einfügen sowie die restliche Vorbereitung händisch eintragen.

Nachdem ich nun einige Module ausprobiert habe, muss ich sagen, dass die Preise fair sind, wenn man die ansonsten benötigte Vorbereitungszeit in Relation setzt. Ist ein Regelwerk enthalten, erhalten alle Spieler*innen Zugriff darauf, so dass nicht jede*r das Regelwerk besitzen muss.

Auf das Kompendium können alle aus der Runde zugreifen.
Auf das Kompendium können alle aus der Runde zugreifen.

Zeit

Es gibt verschiedene Varianten von Spielleiter*innen: Einige planen Runden mit viel Spontanität, andere planen viele hundert Stunden im Voraus. Ich gehöre zur letzteren Kategorie und habe rege Freude daran. Gerade in Zeiten, in denen es stressig ist, weil das „echte Leben“ einem die Zeit frisst, helfen mir Abenteuer als Grundlage für eine Spielrunde. Oft paraphrasiere ich die Vorgaben und mache daraus etwas Eigenes.

Module setzen die Abenteuer sehr genau um, bieten viele Details und im Fall von D&D 5E sogar eine massive Anzahl an Querverweisen. Das Hinzufügen von Dynamic Lighting-Elementen ist ein Zeitfresser, der in diesen Modulen komplett wegfällt, was ein Segen ist. Nur Plus- und Pro-Accounts haben darauf Zugriff, aber es lohnt sich.

 

Dennoch sollte man sich die Zeit im Vorfeld nehmen, alles ausführlich zu lesen und solide Englischkenntnisse sollten zumindest als SL vorhanden sein. Handouts kann man oft anpassen, das Kompendium aber nicht.

Während dieser Artikel entstand, erschien das erste deutsche Roll20-Abentuer: Malmsturm – Stätten der Verdammnis. Bei deutschen Modulen fällt das Fremdsprachenproblem für deutsche Spieler*innen natürlich weg.

Anpassungen

Struktur ist wichtig. Alle Module haben einen gut nachvollziehbaren Aufbau.
Struktur ist wichtig. Alle Module haben einen gut nachvollziehbaren Aufbau.

Damit wären wir beim Thema Anpassungen. Die bestehende Kampagne ist anpassbar, vor allem kann man aber darauf aufbauen. Module eignen sich hervorragend als Grundlage für die eigene Kampagne sowie als Kernelement, um zu verstehen, wie Roll20 so zu benutzen ist, dass man seine Vorbereitungen auch nach einigen Wochen noch nachvollziehen kann.

The Portal Under the Stars konnte direkt bespielt werden, man musste lediglich ein paar Charaktere erstellen, was in DCC eine Leichtigkeit ist. So gelangt man problemlos an einen flotten One-Shot.

Das Starter Set von Tales from the Loop hatte zu Beginn kleinere Bugs und das Problem mit den vertauschten Namen sowie einiger fehlerhafter Werte in einem Charakterbogen. Insgesamt konnten die Charaktere schnell gespielt werden, waren sinnvoll verknüpft und konnten ein spannendes Mystery erleben. Ich habe es drei Mal geleitet und jedes Mal war es anders und sehr spaßig.

Das Grundregelwerk von Tales from the Loop ist umfangreicher und in der Vorbereitung auf eine kurze Kampagne habe ich so gut wie keine Anpassungen vornehmen müssen. Ob sich das noch ändert, werden die ersten Spieltermine zeigen, ich gehe aber nicht davon aus.

 

Dungeons & Dragons 5E ist als Zugpferd der Module angetreten und schafft diesen Job problemlos. Der Umfang der Module ist gut, die Regelwerke nahezu alle vorhanden und die Aufarbeitung professionell. Wer sich als SL versuchen möchte, kann hiermit einfach und unkompliziert beginnen.

Fazit

Vorbereitung auf eine Rollenspielrunde macht vielen SL Spaß. Man kann eigene Gedanken umsetzen und Abenteuer planen. Doch im digitalen Bereich ist das teils sehr viel aufwändiger als analog am Spieltisch. Die besonderen Herausforderungen eines virtuellen Spieltisches (VTT) sind nicht zu übersehen. Etwas Hilfe kann also nicht schaden.

Mit einem Modul spart man vor allem Zeit. Seiten mit Schauplätzen sind korrekt skaliert angelegt, NSC erstellt und beschrieben, teilweise gibt es vorgefertigte Spielercharaktere. Dazu kommen Handouts und Kreaturen und allerlei Nützliches. Alle Module werden regelmäßig mit Updates versehen, die Spielerbögen und andere spielmechanische Elemente sind bereits erstellt und man kann darauf zugreifen.

Spoilerwarnung! Ein Bugbear aus Lost Mine of Phandelver. Die Verlinkungen sind hilfreich.
Spoilerwarnung! Ein Bugbear aus Lost Mine of Phandelver. Die Verlinkungen sind hilfreich.

Das Kompendium direkt in Roll20 zu haben, also ein Regelwerk für die Runde, auf das alle Spieler*innen zugreifen können, ist auch über die vorbereitete Runde hinaus praktisch. So sitzt man danach nicht auf dem Trockenen und kann die Abenteuer wohlinformiert fortführen.

Es gibt kleinere Bugs, die in den getesteten Modulen keine gravierenden Auswirkungen hatten. Ein größeres Problem bildet eine mögliche Sprachbarriere. Alle Spielinhalte sind auf Englisch und müssten selbst übersetzt werden, wenn Spieler*innen die Sprache nicht gut können. Damit verlöre man den Zeitbonus, den man sich erkauft hat.

Spoilerwarnung! Nützliche Informationen, die nur die SL sieht, sind gesondert vermerkt. Das Beispiel stammt aus The Portal Under the Stars.
Spoilerwarnung! Nützliche Informationen, die nur die SL sieht, sind gesondert vermerkt. Das Beispiel stammt aus The Portal Under the Stars.

Die Nachbearbeitung hält sich, sofern man nicht übersetzt, in Grenzen und im Großen und Ganzen sind die Module sehr schnell spielbar. Da Roll20 besonders eng mit Wizards of the Coast zusammenarbeitet, sind die D&D 5E-Module am besten umgesetzt und unterstützt. Aber auch andere Spielsysteme können sich sehen lassen. Es werden stetig mehr. Module zählen außerdem nicht auf das eigene Speicherkontingent.

Alles in Allem sind Module digitale Abenteuer mit guten Vorbereitungen und stetigen Updates, die einer SL massiv Zeit sparen und zu einem bezahlbaren Preis erwerbbar sind. Für einen eigenen Eindruck kann man sich die Testmodule ansehen, die Roll20 kostenlos zur Verfügung stellt.

Artikelbilder: © Roll20
Screenshots: Norbert Schlüter

Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Sabrina Plote

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