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Lust auf Warhammer 40.000, aber irgendwie auch wieder nicht? Warum nicht Warhammer: The Horus Heresy ausprobieren? Im Warhammer 40k-Ableger treffen im 31. Jahrtausend vor allem Space Marines aufeinander. Wir stellen das Regelwerk dazu vor und, für wen dieses geeignet ist.

Viele moderne Tabletops setzen auf asynchrone Fraktionen, die sich möglichst deutlich voneinander unterscheiden sollen. Je unterschiedlicher die Gegner*innen, desto spannender erscheint das Spiel. Warhammer: The Horus Heresy geht dabei einen anderen Weg. Auf den ersten Blick ist ein Großteil der spielbaren Fraktionen einander sehr ähnlich: Space Marines. Diese bekämpfen sich im Zuge des sogenannten Großen Bruderkrieges. Wir haben eine Hälfte der Space Marines schon in unserem Artikel zu den loyalen Legionen vorgestellt. Doch wie spielt sich das Spiel an sich? Und was brauche ich dafür? In diesem Artikel soll es um einen kompakten Überblick der Regeln gehen und somit auch um die Fragestellung, für wen das Spiel geeignet ist.

Bolter laden und entsichern – Die Armeen und Grundlagen

Warhammer: The Horus Heresy ist ein Spiel für zwei Spieler*innen. Theoretisch sind auch Matches mit mehr Teilnehmer*innen möglich, dann leidet der Spielablauf aber merklich. In klassischer Form stehen sich zwei Armeen gegenüber, deren Stärke man in Punkten berechnet. Eine normal große Armee umfasst dabei ca. 2.000 Punkte. Die erschienene Starter-Box kommt dabei auf 1.500 bis 1.800 Punkte, je nachdem welche zusätzliche Ausrüstung man für seine Einheiten wählt. Zum Ausprobieren des Spiels sind auch kleinere Gefechte möglich, so dass die entsprechende Box zwischen zwei Interessierten geteilt werden kann. Mit den insgesamt 18 verschiedenen Legionen sind unterschiedlichste Spielstile verfügbar. Manche sind eher offensiv und verlassen sich auf den Nahkampf, andere wiederum ziehen Heimlichkeit oder überlegene Feuerkraft als Taktik vor. Hier kann es sich anbieten einmal unterschiedliche Fraktionen auszuprobieren, bevor man sich für eine Armee und das dazugehörige Farbschema final entscheidet. Anders, als beispielsweise bei Warhammer 40.000 ist bei Warhammer: The Horus Heresy kein wirklicher Platz für selbst gestaltete Farbschemata oder selbst geschaffene Legionen. Grundsätzlich wird das Spiel in abwechselnden Zügen gespielt, wobei der gerade nicht aktiv Spielende Zugriff auf sogenannte Reaktionen hat, die wir kurz erläutern wollen.

Das Pferd von hinten aufzäumen – Reaktionen

Auch wenn es so klingt, als würden wir mit dem Ende anfangen: Bevor wir über Aktionen sprechen, müssen wir Reaktionen erklären. Diese sind in dieser Edition neu dazugekommen und erlauben es Spieler*innen noch in den Zügen ihrer Gegner*innen zu handeln. Normalerweise ist man dabei auf eine Reaktion pro Phase – wir erklären diese nachfolgend – begrenzt. Manche Sonderregeln können auch mehr Reaktionen pro Phasen erlauben.

Reaktionen erlauben Spieler* innen auch im gegnerischen Zug zu handeln.

Keine Einheit darf dabei mehr als eine Reaktion ausführen und die entsprechende Einheit darf nicht niedergehalten sein, ein Effekt, den manche Waffen verursachen. Diese Neuerung erlaubt Spieler*innen, aktiver ins Spielgeschehen einzugreifen und handlungsfähig zu bleiben. Gleichzeitig sind sie nicht so unhandlich und umständlich wie die aktuellen Gefechtsoptionen in der neunten Edition von Warhammer 40.000. Eine ausgezeichnete Neuerung, die uns in den Probepartien viel Spaß gemacht hat. Wir stellen in diesem Artikel nur die allgemeinen Reaktionen vor, über die alle Armeen verfügen. Darüber hinaus besitzen unterschiedlichste Armeen noch verschiedene eigene Reaktionen.

Los geht es – Die Bewegungsphase

Wenig überraschend positioniert man in der Bewegungsphase die eigenen Truppen um. Hierbei hat jede Einheit eine vorgegebene Bewegungsweite. Space Marines bewegen sich beispielsweise sieben Zoll, Terminatoren wiederum nur sechs Zoll. Fahrzeugbewegungen variieren je nach Typ deutlich. Schnelle Speeder können beispielsweise deutlich größere Strecken zurücklegen als schwere Panzer. Falls man mehr Bewegungsweite benötigt, können Infanterieeinheiten auch rennen. Hierbei bewegt sich die Einheit dann zusätzlich um ihren Initiativewert, bei normalen Space Marines zum Beispiel vier Zoll. Dieser feste Wert macht Bewegungen deutlich berechenbarer als bei Warhammer 40.000, wo man beim Rennen einen W6 würfelt, um die zusätzliche Reichweite zu bestimmen. Auf eine gegnerische Bewegung kann man mit einer Reaktion reagieren, wenn die gegnerische Einheit zwölf Zoll oder näher an einer eigenen Einheit ihre Bewegung beendet hat. So kann man sich entweder entscheiden, dass sich eine Einheit zurückfallen lässt, um mehr Raum zwischen sich und die Angreifer zu bekommen oder sich stattdessen auf die andere Einheit zubewegt. Beide Möglichkeiten machen Bewegungen taktisch. Vielleicht kommt man doch nicht in den Nahkampf, wenn die gegnerische Einheit wegläuft. Oder man entscheidet mich mein Glück in einem Gegenangriff zu suchen, möchte man doch auf jeden Fall im nächsten Zug im Nahkampf sein. Die Änderungen haben uns insgesamt sehr gut gefallen. Bewegungen gehen schnell von der Hand, der Zufall ist durch die festen Rennen-Werte reduziert worden und die Gegenseite hat trotzdem noch etwas zu tun. Eine gute Mischung.

Ziel ist erfasst – Die Schussphase

Nach dem Bewegen kommt die Schussphase, in der man Ziele auswählt, um diese mit Fernkampfwaffen anzugreifen. Hierbei überprüft man zunächst die Reichweite der verwendeten Waffen. Wenn eine Einheit nicht in Reichweite ist, darf man einfach ein anderes mögliches Ziel wählen, man muss also nicht schätzen, ob die Einheit in Reichweite ist und schießt potenziell ins Leere. Sowohl für das Treffen als auch für das Verwunden konsultiert man die entsprechenden Tabellen und liest daraus ab, was man würfeln muss. Zunächst wird überprüft, ob man das Ziel trifft, hierfür wird die ballistische Fähigkeit der Einheit herangezogen. Abschließend muss man überprüfen, ob man verwundet. Schlussendlich steht dem Ziel potenziell noch ein Rüstungs- oder Rettungswurf zu. Im Gegensatz zu Warhammer 40.000, wo dieser modifiziert werden kann, ist dies in Warhammer: The Horus Heresy eine Ja-oder-Nein-Frage. Entweder die Waffe durchschlägt die Rüstung und man hat keinen Rüstungswurf, oder man hat diesen im vollen Umfang. Der Beschuss von Fahrzeugen läuft etwas anders ab. Diese haben keine Widerstandskraft, sondern eine Fahrzeugpanzerung, die zwischen Front, Seiten und Rückseite unterscheidet. Hierbei muss man dann zur Stärke der Waffe einen W6 addieren, um zu schauen, ob man den Panzerungswert erreicht oder sogar übertrifft. So wird hier zwischen Streif- und Volltreffern unterschieden. Waffen besitzen darüber hinaus noch eine erschlagende Menge an Sonderregeln, die sich immer im Waffenprofil selbst findet. Von speziellen Regeln zum Durchdringen von Fahrzeugen über solche, die den Gegner niederhalten, bis zu dem Einsatz von Giften gibt es hier unterschiedlichste Ergänzungen. Diese Regeln können erschlagend wirken, sind aber immer so kompakt, dass man sie im eigentlichen Spiel gut anwenden kann.

In der Vergangenheit gab es hier bei Warhammer: The Horus Heresy eher schwergängige Regeln. Wunden wurden dabei dem am nächsten befindlichen Modell des Trupps zugewiesen, was dazu führte, dass man ein einzelnes Modell mit einer besseren Rüstung nach vorne stellte, oft ein Sergeant. Gleichzeitig durften Wunden von dem entsprechenden Modell noch auf andere Modelle umgelegt werden, die sogenannte „Achtung, Sir!“-Regel. So versuchte man mit einer möglichst guten Rüstung möglichst viele Treffer direkt abzuwehren und den Rest dann auf umstehende Modelle zu verteilen. Diese Umverteilungsregel ist nun weggefallen und wir können das nicht genug begrüßen. Stattdessen darf man selbst entscheiden, welches Modell aus der eigenen Einheit getroffen werden soll, solange das mögliche Ziel zum Angreifer eine Sichtlinie hatte und in Reichweite der Waffen war. So kann man immer noch versuchen möglichst viel Beschuss so abzufangen, riskiert aber viel wahrscheinlicher das entsprechende Modell zu verlieren. Reaktionen erlauben einem in dieser Phase beispielsweise in Deckung zu gehen oder zurückzuschießen. Die Schussphase ist angenehm entschlackt worden, behält aber die Komplexität, so dass sich Nachdenken lohnt. Einfach das nächste Ziel zu beschießen ist oft nicht die beste Idee.

Vorwärts zum Sieg! – Angriff und Nahkampf

Wenn der Beschuss nicht gereicht hat, muss man das Ziel potenziell im Nahkampf angehen. Hat eine Einheit geschossen darf sie nur dasselbe Ziel angreifen. Hierfür misst man die Entfernung zum Ziel und würfelt 2W6. Besonders schnelle Einheiten erhalten noch einen Bonus, manchmal kommen auch Mali dazu. Reicht die Bewegung aus, um in den Nahkampf zu gelangen, so hat man die Angriffsbewegung geschafft. Reicht diese nicht, bewegt man sich die Hälfte des gewürfelten Ergebnisses auf die gegnerische Einheit zu. Auch diese Regelung ist neu, blieb man doch zuvor, bei einem nicht geglückten Angriffswurf, einfach stehen. Die halbe Bewegung bringt einen wenigstens in eine bessere Position, um nicht einfach auf freiem Feld stehen zu bleiben. Wer zuerst zuschlägt wird durch die Initiative der einzelnen Modelle entschieden. Wer angegriffen hat schlägt nicht automatisch zuerst zu. Unterschiedliche Waffen können dabei unterschiedliche Initiativewerte aufweisen. Besonders panzerbrechende Waffen sind zum Beispiel meist langsamer. Zusätzlich können sich Charaktermodelle noch gegenseitig zu einem Duell herausfordern. Der Nahkampf verläuft grundsätzlich wie der Fernkampf mit dem entscheidenden Unterschied, dass man Verwundungen nur Modellen zuweisen kann, die auch im Nahkampf, also Kontakt mit der Base, sind. Ob man das Ziel trifft, hängt statt von der ballistischen Fähigkeit vom Kampfgeschick ab, das man wiederum mit dem Kampfgeschick der gegnerischen Modelle vergleicht.

Im Nahkampf können nur bestimmte Modelle attackieren und getroffen werden.

Im Nahkampf muss man mit Gegenangriffen rechnen. Modelle, die zuvor nicht ausgeschaltet wurden, können zurückschlagen und mit einer der Reaktionen kann man selbst noch Modelle nutzen, die eigentlich ausgeschaltet wurden. Den Nahkampf gewinnt, wer der Gegenseite mehr Wunden zugefügt hat. Der Verlierer muss einen Moraltest absolvieren und sich bei einem Versagen zurückziehen. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass die eigene Einheit von den Feinden überrannt wird.

Wer den Fernkampf verstanden hat, wird im Nahkampf wenig Probleme haben, auch wenn hier die Positionierung nochmals wichtiger wird.

Bleibt hier ihr Narren! – Die Moralphase

Zum Ende des Spielzuges wird noch ein Moraltest für alle Einheiten durchgeführt, die Modelle verloren haben. Hierbei muss man mit 2W6 unter den Moralwert der Einheit würfeln, sonst zieht sich diese zurück und ist in ihrem nachfolgenden Zug in den Möglichkeiten zu handeln deutlich eingeschränkt. Ein solcher Test wird ebenfalls ausgelöst, falls eine Einheit in einer einzelnen Phase mehr als 25% ihrer Modelle verliert. Die Moralphase kann schnell kritisch werden, bringt sie doch Einheiten aus sicher geglaubten Stellungen heraus oder verwehrt einem die Möglichkeit einen Gegner anzugreifen. Wer hier zu viel riskiert verliert schnell die Kontrolle über seine eigenen Pläne.

Und für wen ist das Spiel nun? – Ein Fazit

Warhammer: The Horus Heresy ist ein Tabletop-Spiel der klassischen Variante: Schnell zu verstehen, schwer zu meistern. Während man den Einstieg schnell begriffen hat und erste Modelle übers Feld schieben kann, ist das Abtauchen in tiefere Spielzüge recht komplex. Wir haben in unserem Artikel nur die Grundregeln beleuchtet, die in vollständigen Spielen noch um eine Vielzahl von Zusatzregeln und Fähigkeiten ergänzt werden. In seiner Gesamtheit sind die Spiele aber etwas unkomplizierter als aktuell Warhammer 40.000. Wer daher Interesse an Space Marines hat, könnte hier mal einen Blick über den Tellerrand riskieren.

 

Artikelbilder: © Games Workshop
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Nina Horbelt
Fotografien: Markus Kastell
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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