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Ihr habt keine Lust mehr auf aufgeblasene Regelwerke, stapelweise Bücher auf dem Spieltisch und darauf, mehr Zeit mit Nachschlagen als mit Spielen zu verbringen? Grimdark Future aus der Reihe der onepagerules ermöglicht Schlachten in düsterer Zukunft ohne viel Schnickschnack und mit einer Vielzahl von Fraktionen.

Das Regelwerk auf DIN A5 ausgedruckt.
Das Regelwerk auf DIN A5 ausgedruckt.

Viele Tabletop-Systeme auf dem Markt fallen durch komplexe Regeln auf. Mit ihnen sollen die Spielenden nicht nur ein breites Spektrum an Handlungsmöglichkeiten bekommen, sondern oft werden so auch die Eigenheiten der verschiedenen Fraktionen besonders betont. Dies führt aber dazu, dass viele Regeln erlernt werden müssen. Will man dabei auch noch auf gegnerische Fraktionen und ihre Fähigkeiten vorbereitet sein, wächst der Stapel an Sonderregeln schnell auf ein ungesundes Maß an. Onepagerules bieten hier für viele gängige Spielbereiche eine sehr einfache und schnell zu erlernende Alternative. Wir wollen euch das System Grimdark Future vorstellen. Können einfache Regeln auf wenigen Seiten wirklich ein kompliziertes Regelwerk ersetzen? Wir verraten es euch.

Für wen ist das?

Grimdark Future behandelt Schlachten in einer düsteren und gewalttätigen Zukunft mit großen Armeen, Panzern und sonstigen Kampfmaschinen. Zielgruppe sind hier eindeutig aktive oder ehemalige Spieler*innen von Warhammer 40000, welche alle Fraktionen aus ihrem Universum auch bei Grimdark Future spielen können. Darüber hinaus sind auch noch alle Fraktionen aus Warpath von Mantic Games spielbar, und ein paar weitere eigene Völker finden sich auch noch. Besonders der Umstand, mit Armeen aus zwei verschiedenen Systemen gegeneinander anzutreten, ist ein spannender Faktor. Grimdark Future sollte aber nicht ausschließlich als Ersatz für andere Systeme gesehen werden. Es kann durchaus auch erfrischend sein, neben dem Hauptsystem auch Schlachten mit diesem einfachen Regelwerk zu bestreiten.

Sowohl Fraktionen aus Warhammer 40000, als auch aus Warpath können gespielt werden.   
Sowohl Fraktionen aus Warhammer 40000, als auch aus Warpath können gespielt werden.

Grundlegendes

Anders, als der Projektname „onepagerules“ vermuten lässt, kommt Grimdark Future nicht nur mit einer Seite aus. Aber die kostenlos verfügbaren Grundregeln finden auf übersichtlichen 15 Seiten Platz. Die Regeln sind in englischer Sprache gut strukturiert und Abbildungen sowie Beispiele erleichtern das Erlernen der Spielabläufe. „Grundregeln“ bedeutet in diesem Fall übrigens nicht, dass mit ihnen keine vollwertigen Spiele gespielt werden können. Es gibt für Unterstützer*innen auf Patreon oder als Kauf-PDF auf Wargame Vault zwar noch ein umfangreicheres Regelwerk mit 32 Seiten. Diese bieten aber nur zusätzliche Spielmodi und Sonderregeln, welche in Rücksprache mit Mitspielenden angewendet werden können. Sie sind also kein Muss. Dennoch ist es natürlich eine schöne Sache, dieses Hobbyprojekt auch finanziell zu unterstützen und schafft Abwechslung. Die Unterstützung auf Patreon lohnt sich dabei besonders, da es zwar geringfügig teurer ist, als ein einzelnes Regelwerk bei Wargame Vault zu kaufen, dafür erhält man allerdings Zugriff auf alle sechs derzeit verfügbaren Systeme der onepagerules und weiteres Zusatzmaterial. Wer noch ein paar Euro mehr investiert, erhält darüber hinaus eine große Zahl von Dateien für den 3D-Druck und einen satten Rabatt auf das gesamte STL-Sortiment. Onepagerules bieten nämlich sowohl Alternativmodelle als auch die eigenen Fraktionen in Dateiform an.

 

Jede Fraktion erhält ein eigenes Armeebuch, wobei „Buch“ hier etwas hoch gegriffen ist. Nach dem Deckblatt werden alle Profile und Informationen einer Fraktion auf nur zwei Seiten untergebracht. Inklusive der Unterfraktionen umfasst Grimdark Future aktuell beeindruckende 43 spielbare Fraktionen. Den Bau einer Spielliste erleichtert ein ebenfalls auf der Seite verfügbares Web-Tool.

Das Spiel wird mit Modellen im Maßstab 28 mm gespielt, welche zumeist in Einheiten organisiert sind. Eine übliche Spieltischgröße ist 72 Zoll mal 48 Zoll beziehungsweise 180 cm mal 120 cm. Distanzen werden in Zoll gemessen und für Würfelproben kommen sechsseitige Würfel zum Einsatz, wobei diese auch durch das Halbieren und Aufrunden des Ergebnisses als W3 genutzt werden können. Jedes Modell verfügt über ein sehr übersichtliches Profil. Auf individuelle Bewegungswerte wurde verzichtet. Für Proben, welche die Fähigkeiten eines Modells testen, kommt der sogenannte Quality-Wert zum Einsatz. Dieser wird für Nah- und Fernkämpfe verwendet, aber auch für Moralwerttests. Für eine erfolgreiche Probe muss der Quality-Wert mit einem W6 erreicht oder übertroffen werden. Für die Verteidigung wird der Defense-Wert benutzt, welcher bei Proben ebenfalls erreicht oder übertroffen werden muss. Weiter finden sich im Profil nur noch Ausrüstungen und Waffen sowie die Optionen, diese auszutauschen. Und natürlich dürfen auch Punktekosten, welche zum Erstellen einer Armee genutzt werden, nicht fehlen. Limitierungen über einen vereinbarten Punktewert hinaus gibt es nicht. Wer also eine Armee nur aus Panzern oder Charaktermodellen aufstellen möchte, kann dies tun. Ob dies am Ende zielführend ist, sei dahingestellt. Onepagerules liefern allerdings ein Turnierregelwerk, welches einige Limitierungen bei der Armeeauswahl beinhaltet.

Vor dem Spiel

Vor dem Spiel einigen sich die Spielenden auf ein Punktelimit der Armeen. Zum Erlernen der Regeln wird ein Limit von 750 Punkten pro Seite vorgeschlagen. Für weiterführende Spiele werden im Grundregelwerk keine Vorschläge gemacht. Die Turnierregeln setzen ein Limit von 2000 Punkten ein. Die Punktewerte sind allerdings nicht analog zu denen von Warhammer 40000 und somit fallen 2000-Punkte-Armeen bei Grimdark Future kleiner aus. Für große Spiele können also durchaus 3000 Punkte eingesetzt werden.

Als Nächstes wird ein Spieltisch mit Gelände versehen und W3+2 Missionszielmarker abwechselnd von den Spielenden auf dem Tisch platziert. Das Grundregelwerk liefert nur einen Spielmodus und eine klassische Aufstellungsweise, bei welcher die Armeen gegenüberstehend innerhalb einer Zwölf-Zoll-Zone an den langen Tischseiten aufgestellt werden. Hierfür werfen die Spielenden jeweils einen W6 und der*die Gewinner*in wählt eine Spielfeldseite und stellt die erste Einheit auf. Danach erfolgt die Aufstellung von Einheiten abwechselnd, bis alle Modelle platziert sind.

Das Grundregelwerk liefert nur einen Spielmodus.
Das Grundregelwerk liefert nur einen Spielmodus.

Der Spielablauf

Das Spiel unterteilt sich in Runden, von welchen im Normalfall vier gespielt werden. In jeder Runde wechseln sich die Spielenden mit dem Ziehen einer Einheit ab, wobei der*die Gewinner*in des Aufstellungswurfes beginnt. In einem Zug wird eine Einheit aktiviert und kann eine Aktion durchführen.

Mit Hold bleibt eine Einheit stationär und darf schießen. Advance erlaubt eine einfache Bewegung von sechs Zoll und im Anschluss darf die Einheit schießen. Rush beschreibt schnelles Vorrücken von zwölf Zoll, es darf aber nicht geschossen werden. Charge ist eine Angriffsbewegung von zwölf Zoll, welche mit mindestens einem Modell in Basekontakt mit einem gegnerischen Modell enden muss. Im Anschluss erfolgt ein Nahkampfangriff.

Bewegung

Einheiten müssen in Formation bleiben.
Einheiten müssen in Formation bleiben.

Wie bereits erwähnt, verfügen Modelle bei Grimdark Future grundsätzlich zunächst über eine Bewegungsreichweite von maximal sechs Zoll. Sonderregeln können diesen Standardwert allerdings verändern. In einer Bewegung muss eine Einheit immer die Formation halten. Jedes Modell einer Einheit darf sich darum nicht weiter als zwei Zoll von mindestens einem anderen Modell der Einheit entfernen. Der weiteste erlaubte Abstand zwischen zwei Modellen einer Einheit beträgt sechs Zoll. Bewegungen dürfen niemals durch andere Modelle hindurch geführt werden und es muss immer ein Abstand von mindestens einem Zoll zu Modellen anderer Einheiten eingehalten werden. Eine Charge-Aktion ist die einzige Ausnahme dieser Regelung.

Schießen

Um auf eine gegnerische Einheit schießen zu können, muss sich eine solche in Reichweite und in der Sichtlinie einer Einheit befinden. Alle Modelle der Einheit, welche innerhalb ihrer Waffenreichweite sind und eine Sichtlinie ziehen können, dürfen schießen. Eine Einheit kann bei der Verwendung unterschiedlicher Waffen jeden Waffentyp zu Gruppen zusammenfassen, wobei jede Gruppe ein anderes Ziel wählen darf.

Für jedes schießende Modell wird eine im Waffenprofil angegebene Anzahl von W6 geworfen. Jeder Wurf, welcher nach der Anwendung möglicher Modifikatoren den Quality-Wert des Modells erreicht oder übertrifft, erzielt einen Treffer. Für jeden Treffer wirft der*die Verteidiger*in einen W6. Jeder Wurf, der nach Modifikation nicht mindestens den Defense-Wert erreicht, führt zum Verlust eines Lebenspunktes.

Nahkampf

Hat eine Einheit eine Charge-Aktion durchgeführt, kann sie im Anschluss im Nahkampf angreifen. Zunächst werden alle Modelle so nah wie möglich an gegnerische Modelle heran bewegt. Danach rückt die angegriffene Einheit ihrerseits mit allen Modellen bis zu drei Zoll vorwärts, um möglichst viele Modelle in den Nahkampf zu bewegen. Jedes Modell, welches sich innerhalb von zwei Zoll zu einem Modell der angegriffenen Einheit befindet, kann mit jeder seiner Nahkampfwaffen angreifen. Wie schon im Fernkampf wird auch im Nahkampf auf den Quality-Wert getestet. Für jeden erfolgreichen Treffer führt der*die Angegriffene einen Test auf den Defense-Wert durch und entfernt im Anschluss für jeden nicht abgewehrten Treffer ein Modell.

Nachdem die angreifende Einheit ihre Attacken durchgeführt hat, darf die angegriffene Einheit zurückschlagen, wenn sie möchte. Dies erfolgt in gleicher Weise wie oben beschrieben.

Greift eine Einheit in einer Runde nicht zum ersten Mal im Nahkampf an, weil sie selbst bereits eine Charge-Aktion durchgeführt oder sich bereits verteidigt hat, gilt sie als ermüdet und trifft nur noch auf unmodifizierte Würfe von sechs.

Ist der Nahkampf von beiden Seiten abgeschlossen, werden die verursachten Wunden verglichen, wobei die höhere Summe gewinnt und die verlierende Einheit zu einem Moralwerttest auf den Quality-Wert zwingt.

Zuletzt muss sich die angreifende Einheit, sofern noch gegnerische Modelle übrig sind, aus dem Nahkampf lösen, indem sie sich einen Zoll zurückbewegt. Wurde eine der beiden Einheiten komplett vernichtet oder ist geflohen, dürfen sich die Überlebenden um drei Zoll neu positionieren.

Moral

Nicht nur nach einem Nahkampf kommt es zu Moraltests. Auch wenn eine Einheit Schaden erleidet, welcher sie mit der Hälfte oder weniger ihrer aufgestellten Modelle zurücklässt, muss die Moral getestet werden. Schafft sie es dabei nicht, ihren Quality-Wert zu erreichen oder zu übertreffen, gilt sie als niedergehalten. Niedergehaltene Einheiten treffen im Nahkampf nur noch auf der Sechs und verpatzen automatisch alle weiteren Moraltests. In ihrer folgenden Aktivierung kann eine Einheit diesen Status aufheben, darf in dieser Runde aber nichts anderes tun.

Verpatzt eine Einheit nach einem Nahkampf ihren Moraltest, hat aber noch mehr als die Hälfte ihrer Modelle, gilt sie als niedergehalten. Hat sie aber nur noch die Hälfte oder weniger ihrer Modelle, ergreift sie die Flucht und wird vom Spielfeld entfernt. 

Sonderregeln

Sonderregeln sind einfach gehalten. 
Sonderregeln sind einfach gehalten.

Etwas mehr Tiefe wird dem System über eine überschaubare Anzahl an Sonderregeln geben. Der überwiegende Teil hiervon findet sich in den Grundregeln. Jede Fraktion verfügt darüber hinaus über ein paar eigene. Trotzdem werden Spielende hier nicht von Regeln erschlagen und alles ist simpel gehalten, sodass das Verständnis und das Merken leicht fallen. So erhalten beispielsweise besonders langsame oder besonders schnelle Einheiten auf diesem Weg erweiterte Bewegungsregeln, Effektivität von Waffen wird beeinflusst oder Ähnliches.

Was kostet das?

Wer bereits über entsprechende Modelle verfügt, kann eigentlich zum Null-Tarif in das System einsteigen. Denn sowohl die Grundregeln als auch Armeebücher und Armee-Tools stehen kostenfrei zur Verfügung. Auch weitere Erweiterungen wie die Turnierregeln, Kampagnenregeln, Missionskarten und ein Einzelspielmodus können heruntergeladen werden.

Die Unterstützung auf Patreon lohnt sich.
Die Unterstützung auf Patreon lohnt sich.

Wer das Projekt aber finanziell unterstützen möchte, erhält für wenig Geld weiteres Spielmaterial, welches sich durchaus lohnt. Das volle Regelwerk erhält man bei Wargame Vault für USD 4,99. Wer allerdings nur etwas tiefer in die Tasche greift, erhält für 5,50 EUR pro Monat auf Patreon alle Regelwerke und zusätzliches Material, wie zum Beispiel Regeln zum Erstellen eigener Einheiten. Eine Unterstützung für zumindest einen Monat rechnet sich also sofort.

Lust bekommen?

Grimdark Future eignet sich sowohl als Haupt- als auch als Nebensystem. Wer von überladenen und unausbalancierten Regelwerken die Nase voll hat, findet hier eine gute und kostengünstige Alternative. Aber auch für schnelle Spiele zwischendurch ist das System tauglich und lässt sich Mitspielenden schnell erklären. Wer natürlich die ausladende Komplexität sucht, mag hier die Nase rümpfen. Jede*r andere sollte einen Blick riskieren. Nicht zuletzt der Umstand, dass alle Armeen aus zwei anderen Spielsystemen und weitere Fraktionen genutzt werden können, sind ein großer Pluspunkt.

Die kostenlosen Regeln sind für Spielspaß vollkommen ausreichend. Doch die Investition in das volle Regelwerk ist durchaus lohnenswert, zumal dadurch das Projekt auch finanziell unterstützt wird.

 

Artikelbilder: © onepagerule
Layout und Satz: Roger Lewi
Lektorat: Saskia Harendt
Fotografien/Screenshots: Dennis Rexin

1 Kommentar

  1. Sehr gut beschrieben. Wobei man erwähnen muss, das die Regeln zwar leicht erlernbar sind, das Spiel selbst aber, durch einige deutliche Unterschiede zu 40K, durchaus erheblichen, taktischen Tiefgang bietet.
    Ebenfalls ist es sehr vorteilhaft, das OPR auch über zwei Fantasy-Versionen verfügt : Age of Fantasy und AoF:Regiment. AoF wird als Ersatz für Age of Sigmar genutzt. AoFR spielt man mit Regimentsbases wie früher Warhammer Fantasy Battle bzw. heute auch Kings of War.
    Die „Armeebücher“ umfassen daher auch praktisch alle früheren Warhammer Fantasy und die meissten aktuellen KoW Armeen.

    Das Grundregelwerk für Fantasy-Schlachten ist zwar den Besonderheiten in Fantasy bzw. denen im Regimentsspiel angepasst, entspricht aber in weiten Teilen dem von Grimdark Future. Was natürlich für spielende Hobbyisten beider Universen (40k/SciF und Fantasy) einen grossen Vorteil darstellt.

    Zusätzlich gibt essowhl von GdF als auch von AoF noch Skirmish-Versionen, die praktisch als Ersatz für die Regeln von Kill-Teams und WarCry gelten können.

    Kurz gesagt : wem das inzwischen ausufernde und vor allem von Komp-spielern dominierte Regel-Konvolut von GW nicht mehrvzusagt, findet in drn OPR Systemen nicht nur eine praktiable qondern auch spannende Alternative um praktisch ALLE Minis einer 40K, AoS Sammlung einsetzen zu können. Sog. Kodex-Leichen gibt es in OPR nicht.
    Auch bestimmt das „Listbuilding“ nicht schonim Voraus den Ausgang eines Spiels.

    Jetzt muss sich das Ganze nur noch mehr herumsprechen damit man auch genug Spielpartner findet. Damit tut man sich D tradionell leider etwas schwerer als in anderen Ländern, wo schon ganze Clubs ihr Hauptspielsystem von 40k zu Grimdark gewechselt haben.

    Gruss und Viel Spass beim ausprobieren.

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