Geschätzte Lesezeit: 11 Minuten

Keine Fraktion verbindet man so mit Warhammer 40.000 wie Space Marines. Mit dem zweiten Codex innerhalb der achten Edition bekommen die Söhne des Imperators neue Optionen und eine ordentliche Aufwertung. Wir haben den Bolter durchgeladen und sind bereit, die Menschheit bis zum letzten Atemzug zu verteidigen.

Egal, wohin man im Hintergrund des 41. Jahrtausends von Warhammer schaut, sie sind allgegenwärtig: Space Marines.

Die genetisch verbesserten Verteidiger der Menschheit sind aus der Geschichte von Warhammer 40.000 nicht wegzudenken und auch unter den verkauften Modellen stellen sie eins der zentralen Zugpferde von Games Workshop da. So ist es wenig überraschend, dass diese Armee nach der Veröffentlichung von nahezu allen anderen Codizes als erste Fraktion einen gänzlich neuen Codex bekommt. Im Gegensatz zur zweiten Fassung des Codex Chaos Space Marines handelt es sich hierbei nicht um ein begrenztes Update, sondern um einen komplett neuen Codex mit weiteren Einheiten, verbesserten Fähigkeiten und veränderten Punktkosten.

In diesem Artikel werden einerseits die Änderungen aufgezeigt, andererseits diskutieren wir, inwieweit Space Marines mit dem Update wieder salonfähiger sind als bisher.

Die Söhne des Imperators – Der Hintergrund

Space Marines sind die genetisch verbesserten Supersoldaten des Warhammer 40.000-Hintergrundes. Wo das Astra Militarum mit purer Masse die Feinde der Menschheit niederringt, fungieren Space Marines als taktische Eingreiftruppe, die den Feind mit maximaler Effektivität ausschalten. Space Marines sind hochspezialisiert und mit der besten Ausrüstung ausgestattet, die der Menschheit zur Verfügung steht. Im aktuellen Hintergrund, in dem das Reich des Imperators auf Terra mit dem Rücken zur Wand steht, sind verbesserte Space Marines hinzugekommen, die sogenannten Primaris Marines. Diese besitzen gegenüber ihren genetischen Verwandten drei zusätzliche Organe, die sie noch leistungsstärker machen.

Diese neuen Soldaten können schneller und in größerer Anzahl ausgebildet werden, um das von allen Seiten bedrängte Imperium zu schützen.

Auch bei allen Nachfolgeorden werden nur noch Primaris Marines gezeigt. Schade
Auch bei allen Nachfolgeorden werden nur noch Primaris Marines gezeigt. Schade

Wer sich vom neuen Codex ein Voranschreiten des bestehenden Warhammer-Hintergrundes verspricht, wird leider enttäuscht. Tatsächlich findet sich hier weniger Hintergrund als im alten Space Marine Codex. Die Zeitleiste ist beispielsweise völlig verschwunden, dafür wird die Erschaffung von Primaris Space Marines näher ausgeführt.

Allgemein ist der Fokus stärker auf die neuen Vorzeigesoldaten gerichtet, als noch im alten Codex. Alle dargestellten Space Marines in Ordensaufzählungen sind beispielsweise Primaris Space Marines.

Diese Fixierung ist schon in der Vergangenheit gemischt in der Spielerschaft aufgenommen werden. Einerseits wird jede Progression im Hintergrund begrüßt, gleichzeitig treten alte Marines damit immer mehr in den Hintergrund. Über kurz oder lang wird man daher damit rechnen müssen, dass die alten Marines wohl völlig von der Bildfläche verschwinden werden. Dies zeigt sich auch in den neuen Einheiten, die im Codex eingeführt werden.

Verstärkungen sind eingetroffen – Neue Einheiten

Wie so oft erhalten die Space Marines durch ihren neuen Codex auch mehr Einheiten. Anders als bei der zweiten Version des Codex Chaos Space Marines kommen hier eine ganze Reihe Modelle, verteilt auf alle Schlachtfeldaufgaben, hinzu.

Panzer auf dem Rhino Chassis sind zwar noch vorhanden, treten aber mehr in den Hintergrund.
Panzer auf dem Rhino-Chassis sind zwar noch vorhanden, treten aber mehr in den Hintergrund.

Zunächst sind mit dem zweiten Codex die Einheiten, die in Shadowspear vorgestellt wurden, jetzt endgültig angekommen. Diese erhalten weitere Ausrüstungsoptionen. Infiltrators können beispielsweise eine Voxanlage mitnehmen. Diese ermöglicht ihnen, Wiederholungswürfe von Phobos-Captains und Phobos-Lieutenants zu nutzen, auch wenn sie eigentlich zu weit weg wären. Eine praktische Sache, sind Infiltrators doch zur Gebietskontrolle meist weit verstreut.

Eliminators erhalten neben einer Verbesserung ihrer eigentlichen Bewaffnung neue Waffenoptionen. Mit Präzisionslasern bekommt die Einheit leichte Laserkanonen zur Panzerabwehr. Eine Variante der Bewaffnung für den Sergeant lässt die Einheit sich bewegen, nachdem sie das erste Mal Abwehrfeuer gegeben hat. Eine gute Option, um schnell zu verschwinden.

Neben diesen Erweiterungen sind auch die völlig neu eingebrachten Einheiten interessant:

Incursors stellen eine neue Standardauswahl dar. Sie ersetzen noch stärker, als es Infiltrators bereits taten, das Aufgabenfeld von Space Marine Scouts. Incursors sind wiederum günstiger als Infiltrators, dafür jedoch nicht so vielseitig. Theoretisch können sie eine Mine mitnehmen, die einmalig platziert werden kann und bei Kontakt detoniert. Ob diese Option in kompetitiven Listen gewählt wird, ist jedoch mehr als fraglich.

Die Optik des Invictors ist zumindest gewöhnungsbedürftig
Die Optik des Invictors ist zumindest gewöhnungsbedürftig

Die Invictor Tactical Warsuit ist eine ebenfalls neue Einheit, über deren Optik viel gestritten wird. Entweder mag man diesen leichten Kampfläufer oder findet ihn mit seinem Überrollkäfig albern. Einig sind sich aber fast alle Spielerinnen und Spieler über den Nutzen des neuen Modells. Für weniger als 150 Punkte bekommt man hier einen Kampfläufer, der infiltrieren kann. Schon im ersten Spielzug wird sich der Gegner somit mit bis zu drei Kriegsmaschinen direkt vor der eigenen Nase auseinandersetzen müssen, die nicht nur eine ordentliche Portion Feuerkraft mitbringen, sondern auch mit Stärke 14 zuschlagen. Eine wirklich gefährliche Einheit.

Zwar schon zuvor vorgestellt, aber nun das erste Mal im Codex vertreten ist der Repulsor Executioner. Dieser opfert etwas Transportkapazität des normalen Repulsors für eine schwerere Bewaffnung. Der schwere Zerstörungslaser wird nahezu immer der Plasmavariante vorgezogen werden, ist er doch schlicht in allen Belangen besser. Ob eine solche Geschützplattform wirklich eine Transportfähigkeit benötigt, die natürlich die Punktekosten des Modells hochtreibt, kann diskutiert werden.

Vor allem, weil endlich eine günstige Transportvariante für Primaris Space Marines hinzukommt: der Impulsor. Dieser funktioniert im Großen und Ganzen wie ein Antigrav-Rhino, kann aber zusätzlich noch Ausrüstung wie einen Schutzschildgenerator für einen Rettungswurf oder eine Orbitale Voxanlage für einen einmaligen Bombardementangriff erhalten.

Der Impulsor ist die neue Transportoption für Primaris. Schnell und günstig
Der Impulsor ist die neue Transportoption für Primaris. Schnell und günstig

Die neuen Einheiten passen insgesamt gut ins Portfolio der Armee und unterstützen angenehm die aktuelle Idee, dass Space Marines Spezialisten sein sollen, die für genau eine Aufgabe konzipiert sind. Der Repulsor Executioner fällt auf Grund der sehr gemischten Bewaffnung etwas aus diesem Schema heraus, ersetzt aber so potentiell den althergebrachten Predator.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass mit den neuen Einheiten der Niedergang der alten Marines weiter voranschreitet. Viele Schlachtfeldrollen werden ersetzt und zum Teil besser ausgefüllt, als dies mit den alten Marines möglich war.

Erwähnenswert ist noch, dass alle ordensspezifischen Einheiten und Charaktermodelle aus dem Codex verschwunden sind. Diese tauchen in den eigenständigen Codex-Erweiterungen zu den einzelnen Orden wieder auf, die wir in einem extra Artikel näher beleuchten werden.

Friss Bolterfeuer, Xenoabschaum! – Neue Regeln

Der neue Codex kommt mit einer ganzen Reihe Änderungen daher, darunter sowohl welche, die die ganze Armee betreffen, als auch eher kleine Anpassungen.

Eine zentrale Änderung bildet die Regel „Engel des Todes“, die eine ganze Reihe von Boni umfasst, unter anderem auch die bisherige Fähigkeit „Die keine Furcht kennen“. Hinzugekommen ist als kleinste Modifikation die bisherige Beta-Regel „Disziplinierter Bolterbeschuss“.

„Sturmangriff“ erhöht als neue Regel in der ersten Nahkampfphase die Attackenanzahl aller Space Marine-Modelle um eins, was je nach Einheit eine bedeutende Kampfkraftsteigerung darstellt.

Neu hinzugekommen sind außerdem Doktrinen, die den Durchschlag unterschiedlicher Waffensysteme steigern. Die Armee beginnt beispielsweise immer in der Devastator-Doktrin, die schwere Waffen und Granaten unterstützt. Diese kann man im zweiten Zug zur Taktischen Doktrin wechseln, die Sturm- und Schnellfeuerwaffen verstärkt und schließlich zur Sturm-Doktrin, die Nahkampf und Pistolen unterstützt. Die Betonung liegt hierbei auf kann, nicht muss. Man kann seine schusslastige Armee also das gesamte Spiel in der Devastator-Doktrin lassen.

Aggressors sind deutlich besser geworden und werden wohl viele Einsätze sehen.
Aggressors sind deutlich besser geworden und werden wohl viele Einsätze sehen.

Interessant ist, dass man die Boni der Doktrinen nur erhält, wenn die komplette Armee aus Space Marines besteht. Eine Regel, die wohl den im Augenblick stark gemischten Turnierarmeen entgegenwirken soll. Wichtig ist bei all diesen Boni, dass diese nun für alle Space Marine-Einheiten gelten, somit also auch für alle Arten von Fahrzeugen. Dies ist bei den Ordensboni ebenfalls so, was eine ganze Reihe Armeen deutlich besser macht als noch mit dem letzten Codex.

Ansonsten finden sich eine ganze Reihe Detailänderungen im Codex, sowohl bei Werten, als auch bei Punktkosten: Aggressors erhalten beispielsweise eine zusätzliche Wunde und eine zusätzliche Attacke, ohne dass ihre Punktkosten gestiegen wären.

Die größte Veränderung hat jedoch ein alter Bekannter erfahren: Das Drop Pod kann wieder im ersten Zug schocken und normale Space Marines somit direkt dorthin bringen, wohin sie sollen. Bevor sich alle Space Marine-Spieler nun aber die Finger lecken und ihre Dreadnoughts im ersten Zug vor die Gegner schleudern möchten: Das Dreadnought Drop Pod von Forgeworld hat diese Sonderregel bisher nicht erhalten.

Insgesamt haben die Space Marines hier eine deutliche Kampfkraftsteigerung erfahren. Schon taugliche Einheiten sind verbessert worden, Verbilligungen lassen andere Einheiten aus der immens großen Auswahl mehr ins Rampenlicht treten. Diese Einheitenaufwertung findet sich auch in den weiteren taktischen Optionen und Ausrüstungsmöglichkeiten wieder.

Ein taktisches Genie – Gefechtsoptionen, Reliquien, Litaneien

Wie so oft sind die besonderen Optionen einer Armee das Salz in der Suppe. Die Ordensboni gelten nun ebenfalls für alle Einheitentypen und sind in vielen Fällen nochmals verstärkt worden. Imperial Fists und Crimson Fists verdoppeln bei Boltern beispielsweise die Trefferanzahl auf Sechsen. Besonders gut sind die Boni, die die Iron Hands nun erhalten haben. Neben der schon bekannten Widerstandskraft treffen diese nun besser beim Abwehrfeuer und ihre Fahrzeuge agieren länger mit dem vollen Profil.

Aus solchen Eigenschaften kann man zwei für den eigenen Orden wählen
Aus solchen Eigenschaften kann man zwei für den eigenen Orden wählen

Als neue Möglichkeit in der achten Edition kann man für seinen eigenen Orden aus einer Liste zwei Eigenschaften auswählen. So ist es möglich, die Regeln dem eigenen Spielstil anzupassen. Eine defensiv kämpfende Feuerlinie ist genauso möglich wie eine brutale Nahkampfarmee. Auch kann man die Fähigkeiten einer Ausgangslegionen zu nutzen.

Bei den Gefechtsoptionen hat es einige Veränderungen gegeben, so ist beispielsweise die fast nie genutzte Vindicator-Gefechtsoption entfernt worden. Dafür ermöglicht „Ewige Pflicht“ einem Dreadnought, eine Phase lang nur den halben Schaden zu erhalten. Eine Option, die wirklich unangenehme Kombinationen spielbar macht und wahrscheinlich bald schon teurer werden sollte, kostet sie doch im Augenblick nur einen Kommandopunkt.

Interessant ist ebenfalls, dass einige der Optionen aus dem ersten Vigilusband ihren Weg in den Codex gefunden haben. Potenziell deutet dies an, dass der Fokus von GW wieder von speziellen Kampfverbänden weggeht und man sich auf Codizes mit Erweiterungen stützen möchte.

Insgesamt bekommt man hier eine gesunde Mischung, die den eigenen Spielstil aktiv unterstützen kann.

Die Reliquien sind nahezu identisch geblieben, recht gut ist das neue Vox Espiritum, welches die Aurenfähigkeit eines Primaris-Charakters um drei Zoll erhöht.

Völlig neu sind die Litaneien der Schlacht, die von Chaplains verwendet werden können. Jedes dieser Modelle kann pro Schlachtrunde eine Litanei nutzen, um bei einem erfolgreichen Wurf eine Einheit in der Umgebung zu stärken. Warum nicht den Panzer noch eins auf alle Verwundungswürfe addieren lassen oder die Angriffsreichweite erhöhen?

All dies zusammen unterstützt die eigene Armee deutlich, sorgt aber nicht für einen unfairen Vorteil. Allein die erwähnte Dreadnought-Gefechtsoption muss kritisch betrachtet werden, kann sie doch eine Einheit erschaffen, um die man dann nur noch herumspielen kann. Eine einseitige Spielmöglichkeit, die wir dann bei der Besprechung des Iron Hand Codex‘ im Detail ausführen werden.

Ein Buch voller Wissen – Der Codex im Überblick

Mit 192 Seiten ist der Codex Space Marines einer der deutlich umfangreicheren Codexe. Kein Wunder, gibt es doch über 70 Einheitenauswahlen in ihm. Insgesamt macht das Buch einen runden Eindruck. Die Beschreibungen sind grammatikalisch in Ordnung, der Aufbau klar und strukturiert, die Bilder gestochen scharf.

Einzig der Hintergrund lässt etwas zu wünschen übrig. Einerseits bietet er bis auf einige Nachfolgerorden nichts Neues. Andererseits ist man als Neuling völlig allein gelassen. Hier muss man dann wiederum den Hintergrund im Grundregelwerk gelesen haben, um im Ansatz zu verstehen, welche Vorgänge erwähnt werden. Ein klares Manko, wird man so doch weder der einen noch der anderen Zielgruppe gerecht. Abseits dieser Einschränkung bekommt man hier jedoch in gewohnter Form ein sauber aufgearbeitetes Nachschlagewerk mit allen wichtigen Informationen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Preis: 32,50 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Für den Imperator! – Ein Resümee

Der neue Codex Space Marines hat die Bezeichnung „neu“ wirklich verdient. Auf fast 200 Seiten bekommt der interessierte Leser eine Mischung aus Hintergrundtexten, neuen Regeln und Optionen geboten. Besonders positiv kann man neben den neuen Einheiten die Möglichkeit hervorheben, einen eigenen Orden zu gestalten.

Einzig der fehlende Hintergrund, sei es für Neueinsteiger oder Experten, fällt negativ ins Auge. Davon losgelöst bekommt man hier ein rundes Werk, um das kein Space Marine-Spieler herumkommt.

Artikelbilder: © Games Workshop
Fotografien: Markus Kastell
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein