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Wie bringt man ein Rollenspiel auf die große Leinwand? Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben wagt den Versuch mit einem breit aufgestellten Cast, rasanter Action und vielen altbekannten Kreaturen. Wir haben uns den Film vorab angeschaut und verraten euch, was ihr von dem Streifen erwarten könnt.

Zwei Jahre nach dem ursprünglich geplanten Filmstart läuft Ehre unter Dieben endlich in den Kinos an. Es ist nicht das erste Mal, dass das beliebte Rollenspiel Dungeons & Dragons verfilmt wurde. Bereits im Jahr 2000 versuchte sich Regisseur Courtney Solomon am Material – und schaffte es immerhin, dieses 2005 und schließlich 2012 zu einer Trilogie auszubauen. Besonders gut kam diese allerdings nicht an: Der erste Film hat mit einem Tomatometer-Score von 10% sowie einem Audience Score von 20% extrem schlechte Bewertungen auf Rotten Tomatoes.

Hat das Regisseurs-Duo für die neue Verfilmung, bestehend aus Jonathan Goldstein und John Francis Daley, es nun also besser gemacht?

Am Set von Ehre unter Dieben.
Am Set von Ehre unter Dieben.
Triggerwarnungen

Keine Warnungen

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Wir haben den Film in der Orginalvertonung mit Untertiteln angeschaut.

Story

Ganze zwei Stunden und vierzehn Minuten nimmt sich Ehre unter Dieben Zeit, um seine Geschichte zu entfalten. Wir starten mit dem Barden Edgin (Chris Pine) und der Barbarin Holga (Michelle Rodriguez), die nach einem misslungenen Diebstahl ihren Ausbruch aus dem Gefängnis planen. Für die beiden steht ihre Familie auf dem Spiel, denn sie ziehen gemeinsam Edgins Tochter Kira (Chloe Coleman) auf. Diese ist während ihrer Haft bei einem alten Bekannten untergekommen: dem charmanten Schurken Forge Fitzwilliams (Hugh Grant). Das ehemalige Mitglied von Edgins Abenteuertruppe hat sich mittlerweile zum Lord von Neverwinter „hochgearbeitet“ und hält das Artefakt, das Edgin und Holga brauchen, unter Verschluss.

Holga und Edgin erwartet eine böse Überraschung.
Holga und Edgin erwartet eine böse Überraschung.

Um das Artefakt zurückzubekommen, suchen sich die zwei eine Crew zusammen. Diese finden sie in Zauberer Simon (Justice Smith) und Druidin Doric (Sophia Lillis). Unterwegs bekommen sie außerdem Hilfe von dem Paladin Xenk (Regé-Jean Page). Die bunte Truppe erfährt jedoch bald, dass der missglückte Diebstahl vor zwei Jahren noch gänzlich andere Dinge losgetreten hat.

Also schmiedest du Pläne, die fehlschlagen? – Doric zu Edgin

Das Ensemble ist das Herz und die treibende Kraft des Films. Auch wenn Holga und Edgin unsere Protagonist*innen sind, wird den anderen Figuren Raum gelassen, um ihre Motivation und Entwicklung zu zeigen. Einzig Doric bleibt ein wenig blass neben den anderen Charakteren. Die zentrale Motivation der beiden Hauptcharaktere, ihre Familie zurückzubekommen, sorgt dafür, dass der Streifen sich auch ohne jegliche Kenntnisse des Spiels und der Welt gut anschauen lässt.

Unsere fünf Held*innen versammelt.
Unsere fünf Held*innen versammelt.

Ehre unter Dieben ist ein generischer Fantasy-Abenteuerfilm mit Feel-Good-Stimmung, der sich der umfangreichen Lore von Dungeons & Dragons bedient. Die Filmemachenden haben auf Brüche der „Vierten Wand“ verzichtet – Rollenspiel selbst ist kein Teil des Films. Den Humor und das Chaos einer Spielrunde trifft der Film dennoch hervorragend. Seien es übermäßig komplizierte Pläne, die nach hinten losgehen, oder die ewige Quest nach besserer Ausrüstung: All dies kommt Pen-and-Paper-Spielenden sicherlich allzu bekannt vor. Auch wenn dem Film keine Langatmigkeit vorgeworfen werden kann, fragt man sich hinterher doch was die Überlänge eigentlich rechtfertigt.

Forges Komplizin Safina, gespielt von Daisy Head, verfolgt ihre eigene Agenda.
Forges Komplizin Safina, gespielt von Daisy Head, verfolgt ihre eigene Agenda.

Natürlich haben unsere Held*innen am Ende auch die Welt zu retten. Ihre Gegenspieler, die Roten Magier von Thay, bleiben aber (noch) sehr unscheinbar. Es ist überdeutlich, dass man hier auf die Entwicklung eines Kinofranchises aus ist. Der Film bleibt durch seinen Fokus auf dem persönlichen Konflikt – das Weltretten erfolgt nur so nebenbei – trotzdem in sich rund.

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Wie viel Dungeons & Dragons ist drin?

Die vielen Referenzen zu den altbekannten Schauplätzen in Faerûn – Neverwinter und Baldur’s Gate sind nur zwei davon – sind trotz ihrer Irrelevanz für den Plot natürlich schön anzuschauen und schaffen ein Gefühl der Vertrautheit. Auch die vielen direkt aus dem Monster Manual entsprungenen Kreaturen erfreuen das Fan-Herz. Das bereits im Trailer zu sehende Displacer Beast ist ein gutes Beispiel. Wem solch eine Kreatur bereits im Spiel begegnet ist, dem springen die umgesetzten „Mechaniken“ des Monsters im Film direkt ins Auge. Die Roten Magier von Thay sind ebenfalls aus der Lore der Wizards of the Coast-Produktreihen enthoben.

Die wohl überraschendste Änderung ist, dass unser Barde Edgin nicht der Magie fähig ist. Das finden wir ein wenig schade, wären doch gerade Bardenzauber wie Vicious Mockery eine Steilvorlage für Humor gewesen. Die Magie des Zauberers Simon und der Druidin Doric wurden zudem hervorragend umgesetzt. Die Details sind liebevoll der Vorlage gegenüber inszeniert, beispielsweise, wenn der Zauberer seine magischen Komponenten aus der Tasche kramt oder einer seiner Zauber unterbrochen wird, weil ihm der Mund zugehalten wird.

Umgekehrt ist die Struktur des Films so simpel, dass Schauplätze und andere bekannte Elemente aus Dungeons& Dragons nur Nebenrollen bekommen. Verbindungen zwischen Lore und Story werden kaum gemacht.

Darsteller*innen

Als die Casting-Liste für Ehre unter Dieben erstmalig veröffentlicht wurde, haben wir zugegebenermaßen kurz gestutzt. Einige der bekannten Namen hätten wir in dem Fantasystreifen nicht erwartet – allen voran Hugh Grant (Tatsächlich…Liebe, Cloud Atlas) als Forge Fitzwilliams. Diesem merkt man den Spaß an der Rolle als machtgieriger Trickbetrüger erfreulicherweise an.

Hugh Grant als Trickbetrüger Forge Fitzwilliams.
Hugh Grant als Trickbetrüger Forge Fitzwilliams.

Mit Chris Pine (Star Trek, Wonder Woman) ist dagegen ein echter Veteran des SFF-Genres mit am Start. In der Hauptrolle des Barden Edgin Darvis macht Pine sich ebenfalls gut – vor allem trifft er den Humor des Films perfekt. Das gilt ebenfalls für seinen Co-Star Regé-Jean Page (Bridgerton, Mortal Engines). Die Schlagabtäusche zwischen Pine und Page, letzterer als stoischer Paladin Xenk Yendar, gehören zu den absoluten Highlights des Films.

Michelle Rodriguez (Fast & Furious, Resident Evil), Justice Smith (Jurassic World, Pokémon) und Sophia Lillis (Es) komplementieren den Cast gut – hier wurden solide Performance Checks erwürfelt. Der Truppe fehlt insgesamt allerdings ein wenig der Charme eines eingeschweißten Teams, den man sich zum Ende eines solchen Films wünschen würde.

Die Szenen zwischen Pine und Page sorgen für Erheiterung.
Die Szenen zwischen Pine und Page sorgen für Erheiterung.

Daisy Head (Sandman, Shadow & Bone) zelebriert im März mehrere Neuerscheinungen. Neben ihrer Rolle als Magierin Sofina ist sie seit dem 16. März auch wieder als Genya Safin in der zweiten Staffel von Shadow & Bone zu sehen. Die Darstellerin darf in Ehre unter Dieben leider kaum zeigen, was sie kann – das Skript sah für sie nur eindringliches Starren und gemurmelte Zauber vor. Das ist verschenktes Potenzial.

Inszenierung

Ein Barde ist die zentrale Figur des Films. Wie schon erwähnt bekommt man davon leider recht wenig mit. Ab und zu stimmt Pine zwar die Laute an, aber gefühlt wird das Instrument öfter dazu benutzt, jemanden damit zu verprügeln. Der Soundtrack von Lorne Balfe fiel für uns leider ebenfalls flach – es bleibt vom Score nichts im Gedächtnis hängen.

Der Welt von Dungeons & Dragons wurde mit vergleichsweise vielen praktischen Effekten Leben eingehaucht, bis hin zum Puppenspiel für die Drachen. Das funktioniert mal mehr, mal weniger gut. Es gibt beispielsweise eine Szene von wenigen Sekunden, in der zwei Tabaxi zu sehen sind, die Katzenwesen dieser Welt. Der einzige Grund, warum diese Sekunden im Gedächtnis bleiben, liegt jedoch daran, dass wir uns an Friedhof der Kuscheltiere erinnert fühlten – und zwar an die Version von 1989.

Es ist verzeihlich, dass das Filmteam es sich leichter in der Maske gemacht und dem Tiefling Doric keine spektakuläre Hautfarbe oder imposantere Hörner zugestanden hat. Besonders in den Nebenfiguren spiegelt sich die Diversität der Spielwelt wider – besonders bei den kleinen Völkern muss man allerdings ein Auge zudrücken, was die Glaubwürdigkeit der Effekte angeht. Wir freuen uns trotzdem, dass dieses Element nicht unter den Tisch gekehrt wurde.

Die Kampfszenen des Films machen Spaß.
Die Kampfszenen des Films machen Spaß.

Besonders gut gefallen haben uns die Choreografien. Die Kämpfe sind flüssig und unter anderem durch die Tierverwandlungen von Doric spektakulär inszeniert. Aber auch für die magischen Effekte wurde sich viel Mühe gegeben. In einem Interview mit Collider sprach Justice Smith beispielsweise darüber, dass er Gebärdensprache in die Choreografie seiner Zauber hat einfließen lassen. Er wolle, so der Darsteller, nicht, dass die magischen Gestiken einfach „vages Herumfuchteln“ seien. Deshalb habe er versucht, so oft es ihm möglich war, eine zu dem jeweiligen Zauber passende Gebärde einzubauen.

Cameos für die DnD-Community?

Das eine oder andere freundliche Nicken in Richtung der Dungeons and Dragons-Community durfte trotz der Wahl, die „Vierte Wand“ nicht zu durchbrechen, nicht fehlen. Der Gipfel dieser Idee findet sich in der Abenteurertruppe, auf die unsere Held*innen im Halbfinale treffen – eine Truppe mit so deplatziert wirkenden Kostümen, dass auch Nichtwissende sofort spitzbekommen, dass es sich hier um einen Insider handeln muss.

Wir mussten im Nachhinein ehrlicherweise recherchieren, was hier eigentlich referenziert wird. Es handelt sich wohl um die Figuren aus dem 1983 erstmalig auf Englisch erschienenen Animationsserie Im Land der fantastischen Drachen. Zwar sind zwei der Figuren auch auf dem Cover von Die Drachen der Sturmwrack-Insel zu sehen, einer der jüngsten Einstiegspublikationen für das Rollenspiel, aber diese Verbindung hat unsere Redakteurin trotz kürzlicher Lektüre der Boxinhalte im Moment des Cameos nicht gemacht. Das mag aber auch daran liegen, dass sie jünger als die Serie ist.

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Erzählstil

Es ist vor allem die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird, die wahren Rollenspiel-Flair in den Film bringt. Dieser beginnt damit, dass Edgin seine „tragische Hintergrundgeschichte“ vorträgt, um das Gericht von einer Begnadigung zu überzeugen. Im weiteren Verlauf wird ebenfalls viel mit Rückblenden gearbeitet. Auffällig sind auch die häufigen Szenensprünge: Für Reisemontagen wird trotz der häufigen Ortswechsel kaum Zeit geopfert. Dadurch wird die Erzählung beschleunigt, und der Film bleibt relativ kurzatmig.

Die harten Fakten:

  • Regie: Jonathan Goldstein, John Francis Daley
  • Darsteller*innen: Chris Pine (Edgin Darvis), Michelle Rodriguez (Holga Kilgore), Regé-Jean Page (Xenk Yendar), Justice Smith (Simon Aumar), Sophia Lillis (Doric), Hugh Grant (Forge Fitzwilliam), Daisy Head (Sofina), Chloe Coleman (Kira Darvis)
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch, Englisch
  • Format: Film
  • Preis: Individueller Ticketpreis
  • Bezugsquelle: Kino

 

Bonus/Downloadcontent

Um vorab ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Art Humor der Film anschlägt, wurde ein kurzer Clip veröffentlicht, der das Chaos des Rollenspiels gut einfängt:

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Fazit

Ehre unter Dieben macht Spaß. Das kann für sich stehen, denn gute Unterhaltung ist eigentlich alles, was wir an Erwartungen an den Film hatten. Diese Erwartung wurde erfüllt.

Die Geschichte erfindet das Rad keineswegs neu, hat aber überraschend viel Herz. Mit der zentralen Thematik von Familie und Trauer können sich auch Zuschauende, die sich nicht mit Dungeons & Dragons auskennen, identifizieren. Fans des Rollenspiels – oder der Produkte von WotC allgemein – können sich wiederum an den zahlreichen Easter Eggs und adaptierten Spielelementen erfreuen.

Für uns war der Film auf eine gewisse Art und Weise überraschend – rein vom Trailer her hätten wir etwas anderes erwartet, nämlich mehr derben Humor und weniger Herz. Die Überraschung war dahingehend positiv.

Die Helden
Die Held*innen

Die Charaktere bedienen ihre Klischees, bekommen aber zum Glück auch jeweils eigene Motivationen und Charakterentwicklung. Einzig die Antagonist*innen bleiben noch flach – mit der Einführung der Roten Magier von Thay wurde klar eine Fortsetzung vorbereitet. Diese lässt wohl nicht lange auf sich warten: Wie Deadline berichtet, ist bereits eine 8-teilige Spin-off-Serie in Planung, welche wahrscheinlich auf der Streamingplattform Paramount+ erscheinen wird.

  • Kurzweilige Feel-Good-Erzählung mit viel Herz und empathischer Kernthematik
  • Rollenspiel-Humor, in dem man die eigene Spielrunde wiedererkennt
  • Solide Inszenierung, besonders von Magie- und Kampfelementen
 

  • Unscheinbarer Score
  • Farblose Oberbösewichte
  • Kaum Bezug zwischen Plot und Setting

 

Artikelbilder: © Paramount Pictures
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Rick Davids
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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