Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten


Monte Cooks Neunte Welt ist ein seltsamer Ort, der ungewöhnliche Kreaturen und Charaktere beheimatet. Über 130 von ihnen werden im neu erschienenen Bestiarium vorgestellt. Ob fleisch- oder zeitfressende Wesen, gesichtsverzehrende Identitätsdiebe oder Überlebende transdimensionaler Unfälle: Für jeden noch so abenteuerlustigen Numenéra-Fan lässt sich die richtige Begegnung finden.

Mithilfe einer mehr als erfolgreichen Startnext-Kampagne kam das Erfolgsrollenspiel Numenéra 2016 nach Deutschland. Monte Cooks Far Future-Meisterwerk erscheint hierzulande beim Uhrwerk Verlag. Neben dem Grundregelwerk stehen wagemutigen Entdeckerinnen und Entdeckern verschiedene Quellenbücher (beispielsweise Numenéra Charakter-Optionen) und Regionalbände (beispielsweise Numenéra – Reiseführer der Neunten Welt) zur Verfügung.

Seit Juni diesen Jahres ist die PDF-Version des Bestiariums der Neunten Welt in deutscher Sprache erhältlich. Die Hardcover-Variante folgte im Juli. Im englischen Sprachraum wird das Quellenbuch bereits seit 2014 angeboten. Es stellt eine große Auswahl von gleichermaßen seltsamen wie auch gefährlichen Geschöpfen vor, die so manchen Spielabend in der Neunten Welt spannender gestalten dürften.

Die Teilzeithelden haben sich die Print-Fassung des Bestiariums angesehen.

Inhalt

Als Quellenband baut das Bestiarium auf das Grundregelwerk und die dort beinhalteten Regeln auf. Wer sich mit diesen sowie mit der Welt vertraut machen möchte, für den ist die „Rezension: Numenera“ ein guter Ausgangspunkt.

Während die Kreaturensteckbriefe das eigentliche Herzstück des Bestiariums darstellen, bietet dieses der Spielleitung (SL) darüber hinaus weiterführende Informationen, Handlungsanweisungen sowie nützliche Übersichten an.

Gruschs sind nicht nur faul und langsam, sie können auch eine furchteinflößende Streitmacht darstellen.
Gruschs sind nicht nur faul und langsam, sie können auch eine furchteinflößende Streitmacht darstellen.

Der Aufbau des Bestiariums

Die 160 Seiten des Quellenbuches sind in unterschiedliche Kapitel aufgeteilt. Nach einem kurzen Einleitungstext von Cook setzt das Buch mit einer Anleitung zur Erschaffung eigener Kreaturen ein. Zum einen werden in diesem Abschnitt alle notwendigen Werte wie Stufe, Lebenskraft, Schaden, Rüstung und Bewegung zusammengefasst. Auch auf komplexere Parameter wie die Kampftaktiken der zu erschaffenden Kreatur sowie ihr Motiv wird eingegangen. Zum anderen werden Handlungsanweisungen angeboten, die unter anderem dabei helfen, eine Kreatur authentisch in das Setting zu integrieren.

Das nächste Kapitel trägt den Namen „Ökologie der Neunten Welt“. Es befasst sich mit dem Miteinander von unterschiedlichen Lebensformen beziehungsweise mit dem Zusammenspiel von Cypher, Umgebung und der dort beheimateten Tier- und Pflanzenwelt.

Eine hilfreiche Übersicht: Kreaturen in Gruppen.
Eine hilfreiche Übersicht: Kreaturen in Gruppen.

Auch Informationen zu Nutz- und Reittieren sowie Tierbegleitern sind hier zu finden.

Der nachfolgende Abschnitt ist nicht nur das Herzstück des Bestiariums, er nimmt auch den größten Teil des Buches ein. Über 130 unterschiedliche Kreaturen und Nichtspielercharaktere beziehungsweise Berühmtheiten werden hier vorgestellt. Wie die ungleichen Wesen präsentiert werden, wird weiter unten in diesem Artikel erklärt.

Den Abschluss des Quellenbandes bildet das Kreaturenverzeichnis. Dieses listet alle auch aus anderen Bänden wie beispielsweise dem Numenéra-Grundregelwerk oder dem Reiseführer der Neunten Welt bekannten Kreaturen in alphabetischer Reihenfolge auf. Besonders schön: Dank Angabe der Seitenzahlen des jeweiligen Quellenbuches oder Regionalbandes ist ein rasches Nachschlagen möglich.

Von Astraphin-Monolith bis Zwerghapax: Die Kreaturen

Bevor das Bestiarium der Leserin oder dem Leser die seltsamen Geschöpfe der Neunten Welt näherbringt, erklärt es alle Begriffe, die zum Verstehen der Kreaturensteckbriefe nötig sind. Obgleich einige Begrifflichkeiten wie beispielsweise Stufe oder Lebenskraft bereits aus dem Grundregelwerk bekannt sein dürften, werden sie noch einmal aufgegriffen. Dies erspart zeitaufwändiges Nachschlagen. Für die SL sind besonders die sogenannte „Verwendung“ und die Optionen für einen SL-Eingriff nützlich: Ersteres beinhaltet Vorschläge zum Integrieren der jeweiligen Kreatur während einer Spielsitzung, zweiteres offeriert eine kreative Möglichkeit, einen SL-Eingriff – ebenfalls eine aus dem Grundregelwerk bekannte Spielmechanik – zu gestalten.

Auf Seite 17 ist die Übersicht Aufstellung „Kreaturen nach Stufe geordnet“ zu finden.
Auf Seite 17 ist die Übersicht Aufstellung „Kreaturen nach Stufe geordnet“ zu finden.

Es schließt sich eine Übersicht der Kreaturen, sortiert nach Stufe, an. Sie beinhaltet auch Begegnungen aus dem Grundregelwerk, die entsprechend markiert sind.

Auf den Seiten 18 und 19 des Bestiariums der Neunten Welt sind Tabellen für Zufallsbegegnungen zu finden. Ohne viel Aufwand kann die SL auswürfeln, auf welche Geschöpfe die Spielerinnen und Spieler beim Erkunden einer Ruine oder beim Durchstreifen einer Wüste treffen.

Ab Seite 20 beginnen die Vorstellungen der Kreaturen in alphabetischer Reihenfolge. Auf einer Seite wird je eine Kreatur präsentiert. Grundlegende Informationen zum jeweiligen Geschöpf, Motivationen und Kampftaktiken werden ebenso angeboten wie alle notwendigen Werte (Lebenskraft, Schadenswert, Rüstung und Bewegung). Fast jede Seite beinhaltet eine farbige Illustration der vorgestellten Kreatur.

Übersichtlich und informativ: Alles zum Silbernen Waisenkind auf einem Blick.
Übersichtlich und informativ: Alles zum Silbernen Waisenkind auf einem Blick.

Wo es Sinn ergibt, werden Größenvergleiche zwischen dem präsentierten Wesen und einem Menschen aufgeführt.

Die Darstellungsweise erfährt einige Ausnahmen. Immer dann, wenn eine Kreatur verschiedene Formen aufweisen kann, werden die unterschiedlichen Typen untereinander vorgestellt und erhalten nicht jeweils eine eigene Seite. Eine weitere Ausnahme ist, dass die Präsentationen einiger weniger Kreaturen keine Illustrationen aufweisen. 

Um eine Kreatur aus dem Bestiarium ins Spielgeschehen einzubinden, benötigt die SL nicht mehr als diese eine Seite. Das Quellenbuch wird seiner Rolle als Nachschlagewerk gerecht. Auch ohne viel Vorbereitung ist es der SL möglich, eine schlüssige Begegnung aus dem Ärmel – oder vielmehr dem Bestiarium – zu ziehen und diese ins Spielgeschehen zu bringen. Hierbei leistet die oben vorgestellte Übersicht der Kreaturen nach Stufe einen großen Dienst. Schnell kann entsprechend des Erfahrungslevels der Spielercharaktere (SC) eine geeignete Begegnung identifiziert werden.

Der Fliegende Elchin ist ein Aasfresser.
Der Fliegende Elchin ist ein Aasfresser.

Die im Bestiarium vorgestellten Kreaturen glänzen durch Vielfalt. Es gibt Wesen, die in ihrem Bestreben realen Tieren nicht unähnlich sind und von Instinkt oder Hunger geleitet werden. Beispiele hierfür wären die echsenartige Balikna (Seite 22) oder der Fliegende Elchin (Seite 43). Allerdings gibt es auch intelligente Wesenheiten wie die Silbernen Waisenkinder (Seite 113) oder die gesichtsessenden Memoras (Seite 81). Darüber hinaus tummeln sich sogar Maschinenwesen wie die tunnelbohrenden Magmiden (Seite 76) oder die insektenähnlichen Treiber (Seite 124) in der Neunten Welt.

Nicht einmal Raum oder Zeit stellen eine Grenze dar: Dimensionale Larven (Seite 30) halten sich bevorzugt in Gebieten auf, in denen die Zeit oder die Realität verändert wurden. Ähnlich verhält es sich mit Zeitfressern (Seite 137). Sie werden von Zeitparadoxa und Störungen in der Raumzeit angezogen.

Nichtspielercharaktere und berühmte Persönlichkeiten

Nachdem allerlei seltsame Wesenheiten vorgestellt wurden, befasst sich das Bestiarium auch mit Nichtspielercharakteren. Der Erz-Nano, der tödliche Krieger und der Giftmischer sind die hier vorgestellten Charaktere. Sie können beispielsweise als Antagonisten eingesetzt werden.

Darüber hinaus können Leserinnen und Leser im Abschnitt „Berühmte Persönlichkeiten“ unter anderem Deforeth Urdu (Seite 145) kennenlernen, der unter dem Pseudonym „Die Traumklinge“ quasi im Schlaf Spionagearbeiten leistet oder sogar Auftragsmorde vollzieht. Er und die übrigen vorgestellten Persönlichkeiten dürften so manches Abenteuer ein ganzes Stück spannender gestalten.

Erscheinungsbild

Das Bestiarium der Neunten Welt weist das gleiche Format wie die übrigen Numenéra-Hardcover-Publikationen des Uhrwerk Verlags (u. a. Technologie-Kompendium – Sir Arthours Handbuch der Numenéra oder Reiseführer der Neunten Welt) auf. Das Cover zieren drei Kreaturen aus dem Quellenbuch und auch auf der Rückseite sind, neben einer Inhaltsbeschreibung, Beispielkreaturen zu finden. Das auf dem Cover verwendete Farbschema begleitet Leserinnen und Leser durch den gesamten Quellenband hindurch. Ein Leseband, wie beispielsweise beim Reiseführer, ist leider nicht vorhanden.

Der Aufbau der Kapitel und der insgesamt 160 Seiten ist übersichtlich gestaltet. Dank der enthaltenen Illustrationen ist es einfach, eine Idee der vorgestellten Geschöpfe zu erhalten. Die Texte sind so verfasst, dass sie einerseits leicht verständlich sind und andererseits klar die Besonderheiten der Neunten Welt und ihrer Bewohner kommunizieren.

Besonders schön sind die Verweise auf das Grundregelwerk, die immer dann am Seitenrand zu finden sind, wenn Inhalte auftauchen, die in diesem bereits behandelt wurden.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Uhrwerk Verlag
  • Autoren: Monte Cook, Bruce Cordell
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover, PDF
  • Seitenanzahl: 160 Seiten
  • ISBN: 9783958672086
  • Preis: 19,99 EUR (PDF), 39,95 EUR (Hardcover)
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, Sphärenmeister, idealo

 

Fazit

Das Bestiarium der Neunten Welt hält für experimentierfreudige SL und wagemutige Glaiven, Nanos und Jacks so manche seltsame Kreatur bereit. Ob Fleisch- oder Zeitfresser, biologische oder mechanische Lebensformen: Das Quellenbuch bietet eine breite Auswahl von Wesenheiten und somit für die unterschiedlichsten Abenteuer und Gruppen das Richtige an.

Zeitfresser tauchen an Orten auf, an denen die Zeit schneller oder langsamer als gewöhnlich vergeht.
Zeitfresser tauchen an Orten auf, an denen die Zeit schneller oder langsamer als gewöhnlich vergeht.

Reichen die über 130 vorgestellten Geschöpfe nicht, so können mithilfe der enthaltenen Anleitung weitere erschaffen werden.

Das Quellenbuch ist im gleichen Stil gehalten wie frühere Numenéra-Hardcover-Publikationen des Uhrwerk Verlags. Übersichtlich aufbereitet bietet es Kreaturensteckbriefe an, die der SL neben harten Fakten auch weiterführende Informationen an die Hand geben. Dies und hilfreiche Übersichten, die beispielsweise die hier und im Grundregelwerk vorgestellten Kreaturen nach Stufe sortieren, machen das Bestiarium zu einem gelungenen Nachschlagewerk. Einziges Manko: Mit 39,95 EUR für insgesamt 160 Seiten (Hardcover) ist das Buch im höheren Preissegment angesiedelt. Für eingefleischte Fans von Cooks Neunter Welt ist diese Investition durchaus lohnenswert – anders könnte dies für Gelegenheitsspielerinnen und -spieler aussehen.

Wer die sowieso schon seltsame Welt von Numenéra noch ein wenig bunter, gefährlicher und vor allem seltsamer gestalten möchte, der ist mit dem Bestiarium der Neunten Welt mehr als gut beraten. Denn ganz ehrlich: Welche SL wollte noch nie Teile der Gruppe durch hungrige Identitätsdiebe ersetzen oder ein paar Gliedmaßen mithilfe eines Gletscherschleims schockgefrieren?

Artikelbilder: © Monte Cook Games, © Uhrwerk Verlag
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Jessica Albert
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein