Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Ganze 20 Wochen lang hielt sich die Buchvorlage von Timur Vermes im Jahr 2012 auf Platz 1 der Spiegel-Bestellerliste. Und auch das Hörbuch war nicht wenig erfolgreich. Grund genug also, den Sprung zum bewegten Bild zu wagen.

Story

2014, irgendwo in Berlin, Adolf Hitler wacht in seiner Uniform liegend auf und wird von ein paar Fußball spielenden Kindern gefunden. Er ist ebenso verwirrt wie diese und irrt erst einmal durch die Gegend, bis er zu einem Zeitungskiosk gelangt und dort feststellt, dass es ihn offenbar in die Zukunft verschlagen hat. Er bricht zusammen, wird vom Besitzer des Kiosks aufgenommen und liest dich durch die dortigen Zeitungen Wissen über die vergangenen und verpassten Jahrzehnte an.

Beim Sender myTV wird unterdessen der Redakteur Sawatzki gefeuert und sucht händeringend nach Möglichkeiten, dort wieder einen Job zu bekommen. Da kommt es ihm gerade recht, dass er auf einer Aufnahme, die er für eine Reportage über Fußball spielende Kinder gemacht hatte, einen mutmaßlichen Adolf-Hitler-Darsteller entdeckt.

Sawatzki sucht und findet Hitler an besagtem Zeitungskiosk und überredet diesen, immer in der Annahme, dass es sich um einen Komiker handle, eine Tour durch Deutschland zu machen und die Reaktionen der Menschen auf ihn und seine Botschaft zu verfilmen.

Mit diesen Aufnahmen als Start beginnt die Medienkarriere des vermeintlichen Hitlerdarstellers, deren weiteren Verlauf und Ausgang ich hier nicht vorwegnehmen möchte.

Darsteller

Der filmisch relativ unbekannte, am Theater aber renommierte Schauspieler Oliver Masucci gibt einen Adolf Hitler, der von der Statur her etwas unpassend wirkt, aber dank unverkennbarem Bart und Seitenscheitel stets als das erkannt wird, was er sein will. Mimik und Gestik sind hier sehr gelungen und auch die Intensität, mit der er die Rollen spielt, kann vollends überzeugen.

An seiner Seite steht Fabian Busch als Sawatzki. Der geborene Berliner kann den jungen und erfolglosen Fernsehredakteur sehr gut und glaubhaft darstellen.

Die weiteren großen Rollen sind besetzt mit Katja Riemann als Katja Bellini, Christoph Maria Herbst als Christoph Sensenbrink und Franziska Wulf als Franziska Krömeier. Riemann und Wulf liefern dabei solide Leistungen ab, bleiben aber im Großen und Ganzen eher unauffällig. Von Herbst hingegen hatte ich erheblich mehr erwartet. Zum einen auf Grund wirklich guter Leistungen in „Mara und der Feuerbringer“ als Loki, zum anderen da er das Hörbuch zur Buchvorlage dieses Films grandios gelesen hatte. Aber stattdessen bekommen wir ihn hier in bester Stromberg-Manier zu sehen. Einen großen Unterschied zwischen seiner Paraderolle und der Figur in diesem Film vermisst man dabei schmerzlich, weil Sensenbrink einfach zu nah an Stromberg ist, um etwas Eigenes zu sein.

Neben diesen professionellen Darstellern tauchen aber noch eine ganze Menge Menschen in kleineren Rollen in dem Film auf, obwohl diese eigentlich gar keine Schauspieler sind. Denn bevor die eigentlichen Dreharbeiten begannen, tourte ein Kamerateam mit Masucci einige Monate durch die Republik und machte, ganz wie es Sawatzki im Film tut, Aufnahmen von echten Menschen wie sie auf diesen Hitler reagieren.

Inszenierung

Über die technische Umsetzung lässt sich nur wenig sagen. Der Film kommt ohne große Spezialeffekte aus, was aber bei der Story auch eher unpassend wäre. Die Filmmusik untermalt gekonnt die Szenen, bleibt aber insgesamt eher unauffällig und wird vermutlich schnell wieder vergessen werden. Die Kameraperspektive wechselt zwischendurch zum typischem Dokumentarfilmstil und bleibt ansonsten unauffällig. (Halb-)Nahe Einstellungen fangen gekonnt emotionale Momente ein.

Erwähnenswert für die Kenner des (Hör-)Buches ist an dieser Stelle wohl, dass sich die Geschichten von Buch und Film in einigen Details durchaus stark unterscheiden. An vielen Stellen ist dies der filmischen Dramaturgie geschuldet, außerdem pseudodokumentarischen Szenen, die für die Handlung kaum von Belang sind. An anderen Stellen verändert dagegen die Anpassung der Geschichte durchaus signifikante Teile der Handlung und nimmt ihr viel des satirischen und medienkritischen Potenzials der Vorlage. Positiv ist hier zu erwähnen, dass auch jüngere Entwicklungen wie die AfD, die in der Buchvorlage nicht erwähnt wird, in die Handlung eingebunden wurden.

Erzählstil

Der Großteil des Films wird aus der Sicht Hitlers erzählt, in dessen Gedanken der Zuschauer oftmals Einblick nehmen kann. Nur wenige Szenen, bei denen es dramaturgisch notwendig war, werden aus der Sicht von entweder Sawatzki oder Sensenbrink erzählt.

Der pseudodokumentarische Erzählstil ist das, was den Film wirklich hervorhebt. Nicht nur durch die bereits erwähnten Aufnahmen normaler Menschen verschwimmt ein ums andere Mal die Grenze zwischen Dokumentation und Realität. Und im späteren Verlauf wird diesem Spiel noch eine weitere Ebene hinzugefügt. Was ist real, was ist Fiktion, was ist Fiktion in der Fiktion? Am Ende vieler Szenen wird dies wieder klargestellt, aber nichtsdestotrotz macht es das Anschauen des Films eine ganze Spur interessanter. Auch gewinnt er so an Authentizität und Glaubwürdigkeit, aber auch an Schrecken. Denn das, was einige der echten Menschen zum Besten geben, führt dem Zuschauer nur zu gut vor Augen, wie eng der geistige Horizont so einiger Mitbürger zu sein scheint.

Preis-/Leistungsverhältnis

Die BluRay kostet 14,90 EUR, die DVD schlägt mit 12,90 EUR zu Buche. Das Buch und die Hörbuch-CD kosteten jeweils 19,33 EUR, was zwar ein lustiges Spiel mit dem Jahr von Hitlers Machtergreifung war, für eine Silberscheibe aber etwas zu viel gewesen wäre.

Für sein Geld erhält man einen Film von knapp 2 Stunden Länge und noch einmal gut 2,5 Stunden Bonusmaterial. Ein angemessener Preis.

Erscheinungsbild/Umfang

Er ist wieder da BluRay CoverDie vorliegende BluRay steckt in einer blauen Standardhülle und hat ein Wendecover, auf dessen Innenseite das FSK12-Logo fehlt, wodurch das Coverbild besser zur Geltung kommt.

Die Tonspuren sind allesamt deutsch, aber es gibt die Auswahl zwischen Surround, Stereo, Audiokommentar und eine Hörfilmfassung. Bei den Untertiteln sind Deutsch für Hörgeschädigte und Englisch verfügbar.

Die harten Fakten:

 

Bonus/Downloadcontent

Neben den obligatorischen Making-Of-Szenen, Interviews und einigen Trailern sind insgesamt etwa 50 Minuten Szenen vorhanden, die komplett aus dem Film geschnitten oder dort nur gekürzt enthalten waren. Außerdem noch verschiedene Probedrehs, darunter eine halbstündige Talkshow, in der ein paar Verschwörungstheoretiker mit einem vermeintlich echten Hitler konfrontiert werden.

Eine ganze Menge Zusatzmaterial also, wobei das Making Of am unterhaltsamsten sein dürfte, alles Weitere bewegt sich zwischen interessant und langweilig. Es wird hierbei auf die persönlichen Vorlieben des Zuschauers ankommen, was ihm mehr oder weniger sehenswert erscheint.

Fazit

Nachdem ich das von Christoph Maria Herbst wunderbar gelesene Hörbuch gehört hatte und hörte, dass es eine Verfilmung geben würde, war ich äußerst gespannt. Ebenso als klar war, dass Herbst auch bei dieser mit von der Partie sein würde. Jedoch legte sich dies etwas, als ein mir unbekannter Schauspieler für die Hauptrolle gewählt wurde und eben nicht Herbst. Dann sah ich die ersten Trailer und vergaß den Film eigentlich schnell wieder, da die Trailer wenig Gutes verhießen. Zumindest nicht genug Gutes fürs Kino.

Doch mittlerweile ist der Film auf BluRay und DVD erschienen und ich habe die Gelegenheit genutzt, ihn auf diesem Medium anzusehen. Und meine Meinung ist noch immer zwiegespalten. Zum einen verschenkt der Film durch die Änderungen an der Geschichte extrem viel satirisches Potenzial und bleibt so hinter seinen eigenen Möglichkeiten zurück. Auf der anderen Seite sind die verschiedenen Realitätsebenen ein wirklich gut genutztes Stilmittel und machen den Film nach ein paar Anlaufschwierigkeiten tatsächlich gut und spannend.

Am Ende ist es ein Film, den man nicht gesehen haben muss und der die Gefahr birgt, vor allem Liebhaber des Buches zu enttäuschen. Aber wenn man sich die Zeit nimmt, sich auf den Film einzulassen, so bietet er durchaus ein interessantes und spannendes Erlebnis und wird so schnell nicht wieder vergessen werden. Ein Film, den man erst einmal verdauen muss, der aber im Zuge des Erstarkens rechter Strömungen in der Politik gleichermaßen brisant und wichtig ist.

Daumen4maennlichNeu

 

Gewinnspiel

Vom Vertrieb des Filmes wurde uns freundlicherweise nicht nur die Rezensionskopie auf BluRay zur Verfügung gestellt, sondern auch eine weitere BluRay und zwei DVDs zur Verlosung. Wenn ihr eine dieser Silberscheiben euer Eigen nennen wollt, schickt uns bis zum 30. April eine E-Mail an kontakt@teilzeithelden.de mit dem Betreff „Er ist wieder da“ und beantwortet folgende Frage:

            Würde Hitler wirklich noch leben, wie alt wäre er heute?

Bitte teilt uns in der E-Mail auch mit, ob ihr BluRay oder DVD gewinnen wollt oder es euch egal ist. Es gelten unsere üblichen Teilnahmebedingungen. Die Gewinner werden per E-Mail informiert.

Artikelbilder: Constantin Film
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein