Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Wirtschaftssimulationen sind nichts Neues. Bären auch nicht. Beides zusammen jedoch ergibt ein humorvolles Management-Abenteuerspiel im Herzen der Natur. Bear and Breakfast erzählt die Geschichte vom pelzigen Hank und seiner eher ungewöhnlichen Karriere. Der Debüt-Titel der Spieleschmiede Gummy Cat macht neugierig.

Niedliche Simulationsspiele machen nicht nur Spaß, sie lassen sich auch selbst dann spielen, wenn Kapazitäten für komplexe Inhalte fehlen. So beispielsweise nach einem langen Arbeitstag, wie Teilzeithelden-Redakteur Simon in seinem Artikel Fünf entspannte Spiele für den Feierabend überzeugend darlegt. Wer seine Stunden in Stardew Valley & Co. gar nicht mehr zählen mag, findet womöglich im kürzlich erschienenen Bear and Breakfast eine willkommene Abwechslung.

Hank, Anni und Will machen sich auf den Weg.
Hank, Anni und Will machen sich auf den Weg.

Das Management-Abenteuerspiel des rumänischen Studios Gummy Cat lädt Spieler*innen dazu ein, kuschelige Gasthäuser in (fast) unberührter Natur aufzubauen und zu organisieren. Die Spielfigur ist dabei alles andere als menschlich – Protagonist Hank ist ein jugendlicher Bär. Doch kann es gut gehen, wenn Meister Petz in die Tourismusbranche geht? Um diese Frage beantworten zu können, wurde die PC-Variante des Titels für eine Dauer von etwa fünf Stunden ausprobiert.

Handlung und Setting

Hank ist ein junger Bär, der inmitten des Waldes, genauer gesagt im Dickicht, mit seiner Mutter Margaret und seinen ebenfalls tierischen Freunden Anni und Will lebt. Abgesehen von den Albträumen, mit denen er nachts zu tun hat, genießt er ein friedliches Dasein. Während sie eine Besorgung für Margaret erledigen, stolpern Hank, Anni und Will über eine verlassene Hütte an der Holzkreuzung – und über die Möglichkeit, ihr eigenes Bed and Breakfast, eine Art Gasthaus, für menschliche Besucher*innen zu errichten. Angetrieben und unterstützt werden sie hierbei von Fin, dem Maskottchen der Firma Pawn Voyage.

Auf der Weltkarte werden bekannte Teile der Spielwelt farbig hervorgehoben.
Auf der Weltkarte werden bekannte Teile der Spielwelt farbig hervorgehoben.

Bei dem ersten Projekt dieser Art bleibt es jedoch nicht – ehe Hank sich versieht, führen die verschiedenen kleinen Aufgaben, die Fin bereithält, ihn zu seinem zweiten und dritten Gasthaus. Zwischen Management- und Sammelaufgaben lernt der junge Bär dabei viele neue Gesichter kennen, denn im Wald wartet so manch komischer Kauz. Alte und neue Bekanntschaften haben ebenfalls die ein oder andere Erledigung für Hank parat, sodass so schnell keine Langeweile aufkommt.

Hank trifft auf viele urige Gestalten.
Hank trifft auf viele urige Gestalten.

Neben dem Wald gibt es andere Gegenden wie beispielsweise eine verlassene Autobahn und einen Sumpf zu entdecken. Stets werden Spieler*innen von einer angenehmen Musik begleitet, die entscheidend zum entspannten Ambiente beiträgt. Immer wieder neigen die Charaktere zum Scherzen oder auch zu neckischen Kommentaren, sodass während des Spielens durchaus geschmunzelt werden kann.

Zwischen Hotelmanagement und Waldspaziergang: Das Gameplay

Hanks bärchenhaftes Abenteuer beinhaltet zwei große Spielbereiche: Zum einen das Einrichten und Managen von Gasthäusern, zum anderen das Erkunden der Umgebung. Bei dem Zweitgenannten treten vor allem die Interaktionen mit anderen Waldbewohner*innen, aber auch das Sammeln von Ressourcen in den Vordergrund. Es gilt, Holz, Stoffe und andere Materialien aufzulesen, um sie für das Basteln von Möbelstücken und Dekorationsgegenständen verwenden zu können. Auch so mancher Müll, hier als Wertgegenstände gehandelt, lässt sich noch gebrauchen; er kann beim Waschbär Took gegen Einrichtungsobjekte eingetauscht werden. Neben schnödem Geld stellt dieser Abfall eine zweite Währung im Spiel dar. Doch auch Geld kann Hank loswerden, beispielsweise an Fins Van: Hier lassen sich Baupläne für unterschiedliche Möbel erwerben und im Anschluss an der Werkbank zusammensetzen.

 

Nach und nach erhält der junge Bär so Pläne für die unterschiedlichsten Einrichtungsgegenstände, die mit verschiedenen Werten wie beispielsweise „Komfort“ und „Dekoration“ ausgestattet sind. Es gilt, den Ansprüchen der Besucher*innen gerecht zu werden; jeder Mensch bringt individuelle Vorstellungen davon mit, wie gemütlich oder schön eingerichtet der Urlaubsort sein soll. Darüber hinaus erfüllt „Dekoration“ noch eine weitere Funktion: Der Wert aller Dekorationsgegenstände eines Ressorts wird zusammengerechnet und generiert das sogenannte „Ansehen“ der Unterkunft.  Je höher dieses ist, umso zahlungsbereiter ist die Kundschaft. Um den Wert in die Höhe zu treiben, wird es durchaus nötig, schlechtere Einrichtungsgegenstände gegen höherwertige Alternativen auszutauschen.

 

Sobald Fin ein neues Objekt mit Renovierungsbedarf gefunden hat, kann Hank sich frisch ans Werk machen. Dank eines Lagersystems, das Zugriff auf verstaute Gegenstände von verschiedenen Orten aus erlaubt, und des regionalen Bussystems, das selbstverständlich erst einmal reaktiviert werden muss, spart der Bär sich lange Laufwege. Das neu entdeckte leerstehende Objekt muss zuerst aufgeräumt werden und kann sodann mit einer Rezeption, Zimmern und allem, was noch so dazugehört, versehen werden. Sobald die ersten Gebäudeteile eingerichtet sind, können mithilfe des Tresens potenzielle Besucher*innen gesichtet und auf Wunsch eingebucht werden. Sie werden nun zeitnah persönlich vorbeikommen und nach Abschluss ihres Urlaubs nicht nur Geld, sondern auch eine (hoffentlich positive) Bewertung dalassen. Besonders witzig: Der Anblick eines waschechten Bären sorgt bei den menschlichen Urlauber*innen zu Beginn für Entsetzen, allerdings scheint später ein Gewöhnungseffekt einzutreten, denn die überraschten Gesichter fallen weg.

Im weiteren Spielverlauf wächst Hanks kleine Unternehmung zu einer regelrechten Kette von beschaulichen, immer anders gestalteten Unterkünften heran. So manches Mal entstehen Wartezeiten für den bärenstarken Manager, weil beispielsweise für Pawn Voyage eine Anzahl zufriedener Kund*innen erreicht werden muss, ehe es weitergeht. Wirklich Stillstand herrscht jedoch nicht, denn schließlich möchte die liebevoll gestaltete Spielwelt bereist werden. Während des gesamten Spiels werden Spieler*innen stets an die Hand genommen, ohne bedrängt zu werden. Sowohl Steuerung als auch Spielprinzip sind schnell verstanden und simpel gehalten, ohne den Spielspaß einzuschränken.

Das Erkunden der Spielwelt gehört zu Bear and Breakfast dazu.
Das Erkunden der Spielwelt gehört zu Bear and Breakfast dazu.

Technische Details

Bear and Breakfast ist ein leicht zu lernendes Spiel, das ohne komplexe Mechaniken auskommt. Durch verschiedene Aufgaben lernen Spieler*innen die Grundlagen und alle wichtigen Nebencharaktere kennen. Darüber hinaus unterstützt das Tutorial mithilfe von umfangreichen Erklärungen ein rasches Verstehen und Vorankommen. Der Titel ist niedrigschwellig gehalten und damit auch für Personen attraktiv, die nicht viele Spiele konsumieren. Das Fundament hierfür stellt eine einfach gehaltene Steuerung dar, die einen raschen Einstieg ermöglicht, sowie übersichtliche Gameplay- und Menüoptionen. Einen Wermutstropfen gibt es allerdings zu verzeichnen: Dadurch, dass die Handlung linear verläuft, ist leider kein hoher Wiederspielwert gegeben.

Maskottchen Fin hält viele Aufgaben für Hank bereit.
Maskottchen Fin hält viele Aufgaben für Hank bereit.

Die Spielwelt und die Personen, die in ihr leben, sind detailreich und optisch ansprechend gestaltet. Die niedliche Grafik trägt wie auch die musikalische Untermalung zur Wohlfühl-Atmosphäre von Bear and Breakfast bei. Im Rahmen des Spieltests kam es zu keinen technischen Problemen oder gar zu Abstürzen. Es scheint das Risiko zu bestehen, dass Hank irgendwo steckenbleibt – im Menü nämlich ist oben links eine Option zu finden, die ihn aus einer solchen misslichen Lage befreit.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Gummy Cat
  • Publisher: Armor Games Studios
  • Plattform: PC (Steam, GOG.com, Epic Games Store), Nintendo Switch
  • Sprache:
    • Sprachausgabe: Keine
    • Text: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Chinesisch (vereinfacht)
  • Mindestanforderungen:
    • Betriebssystem: Windows 7
    • Prozessor: Intel Core i3-6300 oder Intel Core i3-530
    • Arbeitsspeicher: 8 GB RAM
    • Grafik: GeForce GT 440 (1024 MB VRAM) oder Radeon HD 6750 (1024 VRAM)
    • Speicherplatz: 3 GB verfügbarer Speicherplatz
  • Genre: Lebenssimulation, Wirtschaftssimulation
  • Releasedatum: 28.07.2022
  • Spielstunden: 25+
  • Spieler*innen-Anzahl: 1
  • Altersfreigabe: USK ab 0 Jahren
  • Preis: 16,79 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, MMOGA

 

Fazit

Mit Bear and Breakfast beantwortet Gummy Cats die niemals (ernsthaft) gestellte Frage danach, wie sich wohl ein Bär als Gasthaus-Verwalter schlagen würde: Ganz fantastisch, wie es scheint. Das humorvolle Management-Abenteuerspiel punktet mit einer liebevoll gestalteten Spielwelt und einem angenehmen Ambiente. Es nimmt Spieler*innen sanft an die Hand und führt sie Seite an Seite mit Hank in die Tourismusbranche ein. Auch wenn Wartezeiten zwischen einzelnen Aufgaben entstehen können, bleibt Langeweile dank anderer interessanter Tätigkeiten aus. Damit ist der Indie-Titel nicht nur für entspannte Feierabende und Wochenenden eine dankbare Option, sondern weiß ganz- und wochentags in seinen Bann zu ziehen. Für eine geschätzte Spielzeit von etwa 25 Stunden ist der Preis mehr als fair und verzeiht sogar die begrenzte Freude bei einem erneuten Durchgang. Wer mit Hank einen Ausflug ins Dickicht wagt, muss keinesfalls fürchten, einen Bären aufgebunden zu bekommen.

  • Humorvolles und entspanntes Spielerlebnis
  • Liebevoll gestaltete Spielwelt
  • Niedrigschwelliger Einstieg
 

  • Geringer Wiederspielwert
  • Wartezeiten zwischen den Quests

 

 

Artikelbilder: © Gummy Cat, Armor Games Studios
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Maximilian Düngen
Screenshots: Yola Tödt
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein