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Der Herr der Ringe, Harry Potter, Twilight, Hunger Games, Der Hobbit. All diese und noch viel mehr erfolgreiche Filmreihen der letzten Jahre beruhen auf literarischen Vorlagen aus dem fantastischen Bereich. Man mag über die Qualität der Grundlagen wie der Umsetzungen gespaltener Meinung sein, aber fest steht: Aus der momentanen Kinolandschaft sind Reihen dieser Art kaum wegzudenken.

Und obwohl es dank Namen wie Wolfgang Hohlbein, Bernhard Hennen, Markus Heitz oder Richard Schwartz für Leser der Phantastik kein Geheimnis ist, dass gute Fantasy auch aus deutscher Feder stammen kann, ließen entsprechende filmische Umsetzungen bisher meist auf sich warten. Einzig Rubinrot/Saphirblau fällt mir persönlich auf Anhieb ein. Und dieser Film spielt dann nicht einmal in Deutschland, so dass dem unwissenden Zuschauer vielleicht gar nicht klar wird, welche Seltenheit er da gerade zu sehen bekommt.

Tommy Krappweis, bekannt unter anderem aus RTL Samstag Nacht und als Erfinder von Bernd das Brot, hat viele Jahre hart daran gearbeitet, mit Mara und der Feuerbringer einen Film in die Kinos zu bringen, bei dem das sicher nicht passieren kann.

Story

Mara Lorbeer ist 15 Jahre alt und hat die üblichen Probleme einer Teenagerin: die Pubertät, eine peinliche Mutter, lästige und fiese Mitschülerinnen. Aber zusätzlich wird sie auch noch von sonderbaren Tagträumen heimgesucht, in denen sie in Felle gehüllte Gestalten sieht, die axtschwingend durch die Gegend rennen.

Doch ihr Leben wird von einem Tag auf den anderen völlig auf den Kopf gestellt, als sie von einem sprechenden Zweig erfährt, dass sie eine Spákona ist, eine germanische „kleine Seherin“. Die Dinge, die sie sieht und vom Zweig erfährt, deuten auf das Herannahen von Ragnarök hin – vom Weltuntergang also. Und sie ist die einzige Person, die ihn verhindern kann.

Das Problem dabei ist nur: Sie hat nicht die geringste Ahnung, wie sie das anstellen soll, ja weiß mit dem Begriff Ragnarök erst einmal gar nichts anzufangen. Also sucht sie sich Hilfe und findet diese auch im zuerst ungläubigen Professor Weissinger.

Gemeinsam müssen die beiden sich schon bald mit Sagengestalten wie Loki, Thor und Siegfried auseinandersetzen und versuchen herauszufinden, was hinter dem geheimnisvollen Feuerbringer steht und wie dieser zu besiegen ist.

Im Grunde ist die Geschichte so klassisch, wie sie nur sein könnte: Es ist die alte Mär von der Auserwählten, die die Welt retten muss. Aber um das zu tun, muss sie erst einmal sich selbst wirklich finden und Verbündete um sich sammeln. Das haben wir schon hundert Mal gelesen, gesehen oder gehört.

Was diese Geschichte von den vielen anderen Inkarnationen desselben Grundgedankens abhebt ist, wie tief sie in der germanischen Mythologie verwurzelt ist. Hier wird keine Welt völlig neu erfunden, sondern hier wird uns die vorchristliche Vergangenheit unserer eigenen Vorfahren nähergebracht. Und das auch noch auf eine unterhaltsame Art und Weise.

Am Anfang geht die Geschichte etwas langsam los, aber schon bald nimmt sie an Fahrt auf und führt die Handlung auf den Höhepunkt zu. Dabei gibt es eigentlich keine wirklichen Längen und ab und zu sitzt auch der ein oder andere Spruch, so dass es auch immer wieder etwas zu schmunzeln oder zu lachen gibt.

Das Ende des Konflikts mit dem Feuerbringer erschien mir am Ende nicht ganz schlüssig, aber das war auch das einzige Manko, das mir beim Sehen aufgefallen ist. Der Rest der Geschichte ist erfrischend gut durchdacht und spannend. Und auch der ein oder andere Aha!-Effekt fehlt nicht, durch den Dinge plötzlich Sinn ergeben, die man vorher vielleicht für Fehler gehalten hatte.

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Darsteller

Lilian Prent spielt eine glaubhafte Mara Lorbeer. Die Unsicherheit des Charakters nimmt man ihr ebenso gut ab wie das wachsende Selbstvertrauen im Verlauf der Geschichte. Sehr sympathisch ist auch, dass ihr Gesicht einen gewissen Charakter hat und nicht aussieht wie frisch aus dem Katalog einer Schönheitsklinik.

Der jungen und relativ unerfahrenen Darstellerin an der Seite stehen bekannte Namen wie Jan Josef Liefers als Professor Weissinger, Christoph Maria Herbst als Loki und Esther Schweins als Maras Mutter. Sie alle liefern solide bis gute Leistungen ab. Insbesondere Christoph Maria Herbst ist eine hervorragende Besetzung für den Gott der List und Tücke. Er weiß es wie kaum ein zweiter, eine verschmitzte Listigkeit in nahezu jedem Wort mitschwingen zu lassen ohne dabei zu offensichtlich zu werden.

Die dargestellten Figuren sind auch größtenteils interessant und nicht eindimensional. Großartige Szenen wie die Tirade des Professors über das ganze falsche Halbwissen, das die meisten Leute mit der germanischen Mythologie verbinden, ist ein wahres Fest und einer der Höhepunkte in der ersten Filmhälfte.

Dagegen stehen dann die Szenen mit Maras Mutter und dem Hexenzirkel der „Wiccas von der Au“, die einfach nur peinlich sind. Ja, es gibt sicherlich solche Menschen. Aber es gibt eben auch eine Menge Menschen, die den entsprechenden Glauben ernst nehmen und meinen. Aber gut, Humor und Religion waren schon immer zwei Dinge, die nicht unbedingt einfach zu mischen sind.

Inszenierung

Der Großteil des Films spielt in unserer ganz normalen Realität und braucht daher keine Spezialeffekte. Die kleinen Dinge, die in diesen Szenen auftauchen, sind aber gut gewählt. Auch der große Antagonist des Films, der Feuerbringer, ist effektiv in Szene gesetzt. Nicht ganz so toll gefiel mir das zweite große Monster des Filmes. Der Lindwurm ist wesentlich stofflicher als der Feuerbringer und somit auch deutlicher zu sehen. Das Wesen wirkt einfach etwas plump und sonderbar und so gar nicht, wie ich mir einen Lindwurm vorstellen würde. Ob das aber an den Effekten liegt oder meiner von Hollywood zu sehr geprägten Vorstellung, kann ich nicht genau sagen.

Musik und Sounddesign sind die meiste Zeit über eher unauffällig. Es ist mir keine besondere Melodie im Ohr geblieben, aber auch nie aufgefallen, dass die Musik fehl am Platze war.

Etwas zwiegespalten war ich während des Films bei den Visionen, die immer wieder gezeigt wurden. Ich wusste, dass viele LARPer und Leute von Mittelaltermärkten als Komparsen am Film mitgewirkt hatten. Und die Kostüme sind zwar alle durchaus gut, aber eben nicht unbedingt authentisch. Doch diese Inkonsistenz ist einer der bereits oben erwähnten Kniffe und sorgte für einen wundervollen Aha!-Effekt bei seiner Auflösung.

Erzählstil

Den meisten Zuschauern geht es wohl wie Mara Lorbeer. Zu Beginn des Filmes wissen sie wenig über die nordische Mythologie und über die Kräfte der jungen Spákona. Daher ist es nur logisch und sinnvoll, dass die komplette Geschichte aus Sicht der jungen Frau erzählt wird.

Da die Wissenslücken bei Mara und den meisten Zuschauern in diesem Bereich recht groß sind, lässt es sich bisweilen nicht vermeiden, dass Passagen des Films wie kleine Vorlesungen wirken. Glücklicherweise werden sie auch im Film von einem Professor vorgetragen, so dass es nicht unpassend ist. Und interessant sind sie allemal.

Preis-/Leistungsverhältnis

Kein 3D. Sehr gut. Also nur eine normale Kinokarte zu bezahlen. Dafür bekommt man einen hochwertigen und spannenden Film aus deutschen Landen zu sehen, der nicht mit Till Schweiger ist und von Plüschtieren mit einer spezifischen Anzahl Körperteilen handelt. Der Film ist den Eintritt auf jeden Fall wert.

Fazit

Ein deutscher Film über die vorchristliche deutsche Geschichte nach dem Buch eines deutschen Autors. Bei so viel deutsch muss man sich immer noch dazu bringen, den Nationalsozialismus irgendwie auszublenden. Das geht so weit, dass der Film selbst in einer Szene Bezug nimmt auf eben jene dunkle Zeit und darauf, wie sie dem Ansehen auch der nordischen Mythologie geschadet hat. Und mit diesem Absatz möchte ich dieses Thema genauso schnell abhaken, wie der Film es getan hat.

Mara und der Feuerbringer ist der beste deutsche Film, den ich seit vielen, vielen Jahren gesehen habe. Eingangs erwähnte ich, dass es dem Zuschauer hier nicht passieren könnte, dass er den Film mit einem Hollywood-Streifen verwechselt. Und auf Grund der Thematik und der Schauplätze ist das auch korrekt. Wären diese Faktoren nicht gegeben, gäbe es aber kaum einen Grund, warum dieser Film nicht auch aus Hollywood stammen könnte. Die Geschichte ist gut, die Schauspieler und Effekte glaubhaft und man hat am Ende des Films auf jeden Fall Lust auf mehr. Auf die Lektüre des Buches oder auf Teil zwei und drei der Reihe.

Aber leider hat der Verleih beim Film meiner Meinung nach einen riesigen Fehler gemacht: Der Film ist ab sechs Jahren freigegeben und wird offenbar als Kinderfilm vermarktet. Anders kann ich mir nicht erklären, warum die Vorstellungen allesamt nachmittags sind und die Filmvorschau im Kino eigentlich nur aus Kinderfilmen bestand. Das ist ganz sicher nicht die richtige Zielgruppe für diesen Film. Mara und der Feuerbringer hätte vermutlich mit einer Einstufung ab 12 Jahren größere Chancen gehabt, um als das wahrgenommen zu werden, was er ist: ein guter und ernstzunehmender Fantasy-Film aus Deutschland.

Hoffen wir, dass diese falsche Einordnung dem Film nicht zum Verhängnis wird.

Daumen4Maennlich

Artikelbilder: Constantin Film

 

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