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Seit der Ankündigung habe ich mich auf die Amazon Prime-Umsetzung von Das Rad der Zeit Nach den acht Folgen der ersten Staffel bleibt ein zwiespältiger Eindruck zurück. Welche Probleme die Serie plagen und ob sich Anschauen dennoch lohnt, erfahrt ihr in unserer Rezension.

Das Rad der Zeit von Robert Jordan und Brandon Sanderson, welcher die Geschichte nach Jordans Tod anhand dessen Notizen beendete, gehört zu den wichtigsten Romanreihen der Phantastik. Die epische Handlung erzählt über 14 Bände vom zeitlosen Kampf „Gut gegen Böse“ und galt, aufgrund ihres Umfangs und der komplexen Welt, lange als nicht verfilmbar.

Nach den Erfolgen ähnlicher Reihen wagte sich nun Amazon Prime an die Umsetzung in Form einer Realadaption im Serienformat. Wir haben uns die acht Folgen der ersten Staffel angesehen, die sich an der Handlung des Einstiegsbandes Das Auge der Welt orientieren. Dabei fließen in die Rezension sowohl meine Eindrücke als Fan der Romanreihe, als auch das Feedback meiner Lebenspartnerin, die Das Rad der Zeit nicht gelesen hat, ein.

Story

Vor langer Zeit gelang es dem sogenannten Drachen mit Hilfe seiner Gefolgschaft den Dunklen König in dessen Gefängnis zu versiegeln. Dabei bediente er sich der männlichen Hälfte der Einen Macht, welche allen ihren Nutzer*innen die Manipulation der universellen Energie erlaubt und im Volksmund Magie genannt wird. Der Preis für diesen Erfolg war jedoch gewaltig, da die Boshaftigkeit des Dunklen Königs die männliche Hälfte der Einen Macht verdarb und ihre Nutzer allmählich dem Wahnsinn anheimfielen. Das daraus resultierende Chaos zerstörte fast die Welt, bis der letzte männliche Lenker der Einen Macht eliminiert werden konnte.

Zum Zeitpunkt der Handlung von Das Rad der Zeit regt sich das Böse wieder. Gleichzeitig besagt eine wenigen Leuten bekannte Prophezeiung, dass der Drache wiedergeboren wurde. Die Aes Sedai Moiraine macht sich mit ihrem Behüter Lan Mandragoran auf die Suche nach diesem Wiedergeborenen Drachen. Die Aes Sedai sind eine Schwesternschaft von Frauen, die Zugriff auf die weibliche Hälfte der Einen Macht haben und dadurch vom Makel der männlichen Hälfte unberührt sind. Infolgedessen verfügen sie über große Autorität und Macht.

Ihre Suche führt Moiraine und Lan zu den entlegenen Zwei Flüssen, wo sie aufgrund verschiedener Hinweise vier Kandidat*innen für den Wiedergeborenen Drachen finden: die Wirtstochter Egwene Al’Vere, den Schmied Perrin Aybara, sowie dessen Freunde Matrim Cauthon und Rand al’Thor. Gleichzeitig macht sie Bekanntschaft mit der Dorfheilerin Nynaeve, die den Neuankömmlingen sehr skeptisch gegenübersteht.

Doch auch die Gefolgsleute des Dunklen Königs suchen nach dem Wiedergeborenen Drachen, um diesen für die Pläne ihres Meisters einzuspannen. Während eines Festes erfolgt plötzlich ein Angriff von brutalen Tiermenschen namens Trollocs auf die Zwei Flüsse und zwingt Moiraine, Lan und die vier möglichen Drachen zur Flucht. Der Rest der Handlung beschäftigt sich mit der Reise der Gruppe, Moiraines Suche nach der Identität des Drachen und den aufziehenden Konflikt mit den Mächten der Dunkelheit.

Die acht Folgen umfassende erste Staffel hat die Herausforderung die reiche Welt der Vorlage, sowie eine Vielzahl von Charakteren vorzustellen. Unglücklicherweise gelingt das dem Skript nur bedingt in der gegebenen Zeit, sodass sich die Handlung gehetzt und überhastet anfühlt. Das sorgte sowohl für Probleme für mich als Kenner der Bücher, als auch für meine Partnerin. Mir missfiel, dass viele Inhalte der Vorlage zurechtgestutzt oder sogar komplett ausgelassen wurden. Meine Lebensgefährtin dagegen war von der Menge an Informationen teilweise erschlagen oder hatte Probleme, deren Bedeutung einzuschätzen. Diese Herausforderung wird dadurch verstärkt, dass viele Charaktere oder Fraktionen nach einem kurzen Auftritt wieder in den Hintergrund treten und ihr Eindruck verblasst.

Unter der Geschwindigkeit der Erzählweise leiden auch die Charaktere. Die meisten bleiben blass oder erscheinen wie simplifizierte Variationen ihrer Romanvorlagen. Bei einigen Figuren wäre das noch zu verzeihen, da sie im ersten Band des Buches am Beginn ihrer Entwicklung stehen. Doch bei komplexen Charakteren, wie Mat oder Nynaeve, verspielt die Serie mit ihren Entscheidungen Potenzial. Leider überträgt sich dies auf die Beziehungen innerhalb der Gruppe der Reisenden, deren Entwicklung in Amazon Primes Das Rad der Zeit erzwungen wirken. Da die Verhältnisse der Figuren untereinander zu den wichtigsten Aspekten der Buchreihe gehören, geht der Adaption ein wichtiger Faktor des Charmes verloren.

Allerdings haben die Serienverantwortlichen Entscheidungen getroffen, die besonders Neuankömmlingen in der Welt von Das Rad der Zeit den Einstieg erleichtern. Ein gutes Beispiel ist der stärkere Fokus auf die Aes Sedai und ihre Funktion in der Welt. Im Vergleich zur Romanvorlage erhält man einen Einblick über die Struktur der Schwesternschaft, sowie für die Zukunft wichtige Charaktere. So wurde beispielsweise Liandrin, die im Laufe der Handlung noch eine wichtige Rolle spielt, in der Serie bereits adäquat vorgestellt. Zudem hat es mir gefallen, dass die Beziehung zwischen Aes Sedai und Behütern stärker im Rampenlicht steht.

Darsteller*innen

Dass die Charaktere trotz der limitierten Entwicklung kein Totalausfall sind, ist zum Großteil der schauspielerischen Leistung der Darsteller*innen zu verdanken. Unter den Gegebenheiten des Skriptes bringen sie die Figuren bestmöglich zum Leben.

Hierbei ist besonders Rosamund Pike mit ihrer Interpretation von Moiraine als positives Beispiel hervorzuheben. Sie verleiht der Aes Sedai die richtige Mischung aus Würde, Willensstärke und Menschlichkeit, welche Moiraine in den Büchern zu einem faszinierenden Charakter macht. Ebenfalls haben mir die Leistungen von Daniel Henney als Lan und Zoë Robins als Nynaeve sehr gut gefallen. Erstgenannter verkörpert das stoische Pflichtbewusstsein des Behüters glaubhaft, während Robins die Balance zwischen Nynaeves Impulsivität und Beschützerinstinkt gelingt.

Von den vier Jugendlichen der Zwei Flüsse bleibt am stärksten Barney Harris als Mat in Erinnerung, der die dunkle Seite dieses Charakters gut verkörpert. Josha Stradowski als Rand, Marcus Rutherford als Perrin und Madeleine Madden als Egwene liefern solide, aber allgemein wenig bemerkenswerte, Darstellungen ab. Stadowski und Madden vermitteln in den romantischen Situationen zwischen Rand und Egwene eine glaubhafte Chemie und erlauben diesen zum emotionalen Highlight ihrer Charaktere zu werden.

Ebenso sind die meisten Nebencharaktere gut besetzt, teilweise mit bekannten Schauspieler*innen wie Michael McElhatton (bekannt als Roose Bolton aus Game of Thrones) oder Álvaro Morte (bekannt aus Haus des Geldes). Doch auch hier hinterließ die Darstellerin einer Aes Sedai den meisten Eindruck: Sophie Okonedo als Anführerin der Schwesternschaft.

Inszenierung

Die Qualität der Präsentation schwankt im Laufe der Staffel. Speziell zu Beginn kann man einigen Szenen die Spezialeffekte ansehen oder muss Abstriche beim Design der Monster hinnehmen. Mit Verlauf der Staffel wird dies besser. Besonders im Finale gibt es ein paar epische Highlights, die imposant anzuschauen sind.

Generell bedient sich Das Rad der Zeit etablierten Darstellungsformen des Genres und tendiert dabei in die Richtung überzeichneter und beinahe klischeebeladener Kostüme und Umgebungen. Damit steht die Serie im Gegenzug zu eher düsteren Adaptionen wie Game of Thrones.

Leider ist die Präsentation einiger übernatürlicher Elemente, meiner Ansicht nach, äußerst uninspiriert ausgefallen. Das zeigt sich beispielsweise beim Übel von Shadar Logoth oder der Darstellung der Fäule. In der Buchreihe haben diese Umgebungen eine eigene Persönlichkeit und verkümmern in der Adaption zu Phantastik-Einheitsbrei.

Erzählstil

Während in der ersten Folge die Vorstellung der Situation und Figuren erfolgt, beschäftigen sich die nächsten mit der Flucht der Gruppe aus den Zwei Flüssen. Diese zählen wahrscheinlich zu den Schwächsten, da mehrere Handlungsstränge gleichzeitig stattfinden und das hohe Tempo der Erzählweise dadurch abermals zunimmt. Ab der vierten Episode stehen vermehrt die Aes Sedai und deren interne Machtspielchen im Vordergrund, bis in den letzten beiden Folgen der Höhepunkt der Staffel erfolgt.

Zu Beginn jeder Episode ist meist eine Rückblende eingebaut, die relevantes Hintergrundwissen vermittelt. So erfährt man beispielsweise vor dem ersten Auftritt von Siuan Sanche (die von Sophie Okonedo gespielte Anführerin der Aes Sedai) von Ereignissen aus ihrer Kindheit. Diese Passagen dauern meist nur wenige Minuten, doch helfen entscheidend bei der Erläuterung der Welt und ihrer Bewohner*innen. Wenngleich die Erzählweise insgesamt zu hektisch wirkt tragen diese Sequenzen am meisten zur Vermittlung der Persönlichkeiten von Nebencharakteren bei.

Die harten Fakten:

  • Produktion: Rafe Judkins, Ted Field, Rosamund Pike
  • Darsteller*in(nen): Rosamund Pike, Daniel Henney, Zoë Robins, Madeleine Madden, Josha Stradowski, Marcus Rutherford, Barney Harris und andere.
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Format: Video on Demand
  • Preis: enthalten in Amazon Prime Video
  • Bezugsquelle: Amazon Prime Video

 

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Fazit

Das Rad der Zeit von Amazon Prime hinterlässt leider nicht mehr als einen mittelmäßigen Eindruck. Der größte Kritikpunkt ist die überhastete Erzählweise, wodurch sich, sowohl für mich als Liebhaber der Bücher, als auch für meine Partnerin als Neuankömmling in der Welt, Probleme ergaben. Im Vergleich zur Vorlage verblassen eine Menge der Charaktere und Erzählstränge werden drastisch abgeändert und reduziert. Dadurch ergibt sich ein Zerrbild des Originals.

Hier könnte man als Gegenargument anbringen, dass diese Änderungen den Einstieg in die komplexe Welt von Das Rad der Zeit ermöglichen sollen. Leider gelingt das ebenso nur bedingt, da aufgrund des Tempos der Serie eine Vielzahl von Informationen eingebaut werden und der Großteil keine Zeit zur Entfaltung hat. An einigen Stellen wirkt es so, als wären die Serien-Verantwortlichen anhand einer Checkliste von einem Meilenstein zum nächsten gehetzt.

Ebenso bleibt die Charakterentwicklung auf der Strecke, was hinsichtlich des schauspielerischen Potenzials schade ist. Die Besetzung der Serie ist gut gewählt, allen voran Rosamund Pike als Moiraine. Die jüngeren Schauspieler*innen treten trotz ihrer akzeptablen Leistungen automatisch in den Hintergrund, da sie mit wenig Charakterentwicklung arbeiten müssen.

Die Inszenierung hinterlässt ebenfalls einen gespaltenen Eindruck. Besonders die Landschaftsaufnahmen verstehen in einigen Szenen zu gefallen, ebenso wie das für Serien-Verhältnisse episch inszenierte Finale. Dem gegenüber stehen viele Momente, in denen die Spezialeffekte durchschimmern und die Produktion billig wirkt.

Am Ende lässt mich Das Rad der Zeit mit Kopfkratzen zurück, in welche Richtung die Serie gehen soll. Als Fan der Vorlagen muss man offen gegenüber gravierenden Veränderungen sein. Wem die Romane nichts sagen, kann die erste Staffel als stellenweise verwirrenden Appetitanreger verstehen, ob die vorgestellte Welt dem eigenen Geschmack entspricht.

  • Sinnvolle Ergänzungen zum Verständnis der Geschichte und Welt
  • Gute schauspielerische Leistung, allen voran von Rosamund Pike
  • Gegen Ende der Staffel finden sich epische Highlights
 

  • Handlung wirkt insgesamt gehetzt und überhastet
  • Die meisten Charaktere bleiben blass
  • Qualität der Inszenierung schwankt im Laufe der Serie

 

Artikelbilder: © Amazon Studios
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Sabrina Plote

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