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Zwei Jahre nach dem ersten turbulenten Abenteuer von Newt Scamander tauchen wir erneut ein in die Wizarding World und sehen uns einer recht düsteren und beklemmenden Welt gegenüber. Viele neue Charaktere betreten die Bühne eines weitreichenden Schachspieles zwischen den zwei größten Zauberern ihrer Zeit: Gellert Grindelwald und Albus Dumbledore.

Um es direkt vorweg zu nehmen – Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen ist in einigen Punkten ein typischer zweiter Teil einer Filmreihe: viele neue Charaktere, neue Motivationen, neue Schauplätze und das alles zusammengemischt in vielleicht etwas wenig Screentime. Nichtsdestoweniger ist es einer der besseren zweiten Teile. Der Cast passt sehr gut in seine Rollen und füllt sie mit Leben, die Stimmung versetzt den Zuschauer direkt in das Geschehen und dennoch kommen aus dem ersten Teil liebgewonnene Rollen und auch Gags (Niffler!) nicht zu kurz.

Story

Düster beginnt der Film mit der Verlegung Gellert Grindelwalds (Johnny Depp) aus dem Gefängnis der MACUSA und einer spektakulären Flucht in die Nacht Richtung Europa. Newt Scamander (Eddie Redmayne) hat unterdessen mit der Bürokratie Englands zu kämpfen. Das Zaubereiministerium verweigert ihm die Ausreise und bietet ihm einen Deal an: Er soll nach Paris reisen und der magischen Strafverfolgung helfen, den Obscurial Credence Barebone (Ezra Miller) zu finden, der aus den USA geflohen ist. Ganz zum Verdruss seines älteren Bruder Theseus (Callum Turner), seines Zeichens Auror, schlägt Newt das Angebot aus.

Allerdings hat er da die Rechnung ohne Albus Dumbledore (Jude Law) gemacht, der ihn auf nonchalante Weise davon überzeugt, Credence lebend zu finden. Bevor der Magiezoologe allerdings mit sich eins werden kann, ob er den Auftrag annimmt, bekommt er Besuch von zwei guten Freunden: Queenie Goldstein (Alison Sudol) und Jacob Kowalski (Dan Fogler), die wieder zusammengefunden haben. Von ihnen erfährt Newt, das Queenies Schwester, die Aurorin Tina Goldstein (Katherine Waterston), sich ebenfalls in Paris befindet, um dort selbst nach dem Jungen zu suchen. Dabei trifft sie den französischen Zauberer Arnold Guzman (Cornell John), der das gleiche Ziel hat und mit ihr zusammenarbeiten möchte.

Derweil spinnt Grindelwald sein Netz in Paris und sammelt seine Anhängerschaft – denn auch er ist auf der Suche nach Credence. Dieser ist allerdings nach einer effektgeladenen Flucht aus einem Wanderzirkus mit der Maledicta Nagini (Claudia Kim) unterwegs, seine wahre Familie zu finden. Das Mysterium um die wahre Herkunft des Waisenjungen führt auch Newt und Tina in das französische Zaubereiministerium, um dort in Abstammungsurkunden die Lösung für das Rätsel zu finden. Dort treffen sie allerdings Leta Lestrange (Zoë Kravitz) wieder, die Verlobte und Mitarbeiterin von Theseus, die sich ihnen kurzerhand anschließt.

Zum Finale hin führen nicht alle Wege nach Rom, sondern auf den Pariser Friedhof Père Lachaise, wo Grindelwalds Anhänger sich versammelt haben, um den Worten des charismatischen Bösewichtes zu lauschen. Doch leider wird die Veranstaltung gestört, und so endet der Film nach einem großen Effektspektakel mit zwei sich gegenüberstehenden Parteien und ein paar unvermuteten Offenbarungen.

Darsteller

Neben Eddie Redmayne als Newt Scamander übernehmen auch Katherine Waterston (Tina Goldstein), Alison Sudol (Queenie Goldstein) und Dan Fogler (Jacob Kowalski) sowie Ezra Miller (Credence Barebone) wieder ihre Rollen aus dem ersten Teil und machen Paris unsicher. Allerdings mussten sie dieses Mal die Bühne mit einigen neuen Darstellern teilen.

Der wohl meistdiskutierte Schauspieler im Cast wird wohl Johnny Depp als Gellert Grindelwald sein. Hinreichend gab es sowohl im Fandom als auch in der Regenbogenpresse sowie in den sozialen Medien lange Diskussionen, ob der 55-jährige zum Charakter des bösen Zauberers und Verbrechers oder gar zum Franchise an sich passen würde. All dem zum Trotz liefert er einen herausragenden, charismatischen Bösewicht ab, dem man gerne zusieht. Und all das ohne eine Spur Klamaukpirat.

Jude Law tritt mit seiner Rolle als jüngerer Albus Dumbledore in große Fußstapfen, das ist klar. Doch schafft der Brite es mit seiner nonchalanten Art und einigen Gesten und seiner Mimik schnell, dass man sich an die ältere Verkörperung von Michael Gambon aus der Harry Potter-Reihe erinnert fühlt. Obwohl sie noch nicht viel Screentime miteinander hatten, harmoniert Law auch gut mit seinem Gegenspieler Johnny Depp, so dass man sich auf mehr davon freuen darf.

Zoë Kravitz und Callum Turner stellen als Leta LeStrange und Theseus Scamander nicht nur Newt Scamanders Jugendliebe und großen Bruder dar, sondern auch die Hauptpersonen aus dem britischen Zaubereiministerium, die sich an der Jagd nach Credence beteiligen. Beide spielen ihre Rollen mit Liebe zum Detail und zeigen das Wechselbad der Gefühle in diesen unruhigen Zeiten auf angenehm zurückhaltende Weise – bei sich und in Wechselwirkung mit den anderen Charakteren.

Last, but not least: Als Vinda Rosier macht Poppy Corby-Tuech eine ziemlich gute Figur neben Johnny Depps Grindelwald, ohne auf die klassische Assistentin reduziert zu werden, und man ist gespannt, wie es mit ihrer ruhigen, selbstbewussten Art weitergeht. Dagegen spielt Claudia Kim zwar mit Nagini, einer Maledicta, die mit Credence aus dem Zirkus flieht, einen der bekanntesten und nach der Offenbarung heiß diskutiertesten Charaktere, doch leider fällt sie dem teils sehr schnellen Tempo des Filmes ein wenig zum Opfer. Hoffentlich darf sie im nächsten Teil zeigen, was man bisher in kurzen Szenen nur erahnen konnte.

Inszenierung

Wo sich David Yates im ersten Teil noch recht zurückhaltend an eher düsterer Optik bedient hat, kehrt er mit Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen zu seinem Signature-Look zurück. Teil zwei ist nicht nur was die Story angeht düsterer und bedrückender als der Vorgänger. Der charakteristische Blaustich und der wolkenverhangene Himmel unterstreichen die Atmosphäre in der gleichen Weise, wie man es schon aus den letzten Filmen der Harry Potter-Reihe kennt.

Auffallend ist auch der recht sparsame Einsatz von illustren Tierwesen und Gags, die im ersten Teil noch wie vom Fließband zu kommen schienen. Die Effekte sind bis auf ein paar größere Zaubereien gefühlt etwas zurückhaltender, auch in 3D sehr gut gemacht und haben eine gewisse Alltäglichkeit, die dem Film sehr zugute kommt. Das bedeutet nicht, das dies ein spaßbefreiter, bierernster Film ist. Doch nicht nur die Freigabe von FSK 12, sondern auch die generellen Themen und Motive zeigen, dass wir uns bei Phantastische Tierwesen schneller noch als bei Harry Potter aus der Kinderfilmecke lösen und auf erwachseneres Publikum fokussieren.

Erzählstil

Zu Beginn eilt der Film mit recht strammem Tempo teilweise sogar hektisch voran, um all die neuen Charaktere und Spielfiguren einzuführen und grob zu platzieren. Zur Mitte des Filmes lässt dies allerdings zum Glück nach, und die einzelnen Szenen werden länger. Man merkt, dass Yates hier viel Setuparbeit macht und machen muss, um die Basis für die Story der weiteren Filme zu schaffen. In den Szenen jedoch fühlt es sich trotz viel Action nicht gehetzt an. Kurz und manches Mal recht knapp gehalten ja, aber nicht so, als hätte am Set jemand gestanden und mahnend auf die Armbanduhr getippt, was dem schnellen Erzähltempo ein wenig die Schärfe nimmt.

Einzig der Anfang, bei dem man sich kurz fragt, ob man ein Memo nicht gelesen hat, fällt da etwas störend auf. Die Handlung setzt gefühlt zu einem zu späten Zeitpunkt ein und setzt diverse Informationen voraus. Diese erhält man zwar nachträglich, jedoch führt das anfänglich zu Irritationen bei den Zuschauern. Auch gibt es ein paar nette Eastereggs und Offenbarungen, die allerdings bei denjenigen, die sich etwas besser in der Wizarding World auskennen, eher hochgezogene Augenbrauen denn Begeisterungsstürme auslösen werden.

Die harten Fakten:

  • Regie: David Yates
  • Darsteller: Eddie Redmayne, Katherine Waterston, Dan Fogler, Alison Sudol, Johnny Depp, Zoë Kravitz, Jude Law, Callum Turner, Claudia Kim, Ezra Miller
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • FSK: 12
  • Studio: Heyday Films, Warner Bros.

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Fazit

Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen weiß zu unterhalten. Nach dem eher locker-lustigen Auftakt springt das Wizarding World-Franchise zwar kopfüber ins tiefe Wasser, doch tut das dem Film keinen Abbruch. Er unterstreicht die Story, fordert altbekannte Charaktere mit neuen Gegebenheiten heraus und führt neue Charaktere auf die große Bühne der zerrütteten 30er-Jahre Europas.

Ja, es gibt weniger Gags und leider auch weniger neue Geschöpfe, doch schlafen die Lachmuskeln mitnichten ein, und auch visuell gibt es absolut nichts zu meckern. Für einen zweiten Teil hat Yates eine schöne Lösung gefunden, das typische Setup zuschauerfreundlich zu gestalten, und man verlässt das Kino nicht nur mit dem gewissen Wizarding World-Zauber, sondern auch mit dem Verlangen nach mehr! Einzig das Sprechen über den Film mit bisher Uneingeweihten gestaltet sich als schwierig – gefühlt ist alles ein Spoiler, was über die groben Grundzüge herausgeht. #ProtectTheSecrets

Artikelbilder: © Warner Bros.
Der Besuch dieser Kinovorstellung wurde durch die Einnahmen von Patreon finanziert.

 

2 Kommentare

  1. Ich finde man hätte sich die gesamte Story um Leta einfach sparen können. Diese ist maximal unwichtig für den Storyverlauf und wirkt eher wie ein Zeitfüller. Alles weswegen man sich den Film eigentlich ansieht wird in den Hintergrund gedrängt um Leta möglichst groß in Szene zu setzten. Funktioniert nur für mich überhaupt nicht und wirkt eher störend. Vor lauter Leta vergisst man irgendwann um was es eigentlich geht und fragt sich was das ganze soll, nur um 5min vor Ende dann doch nochmal daran erinnert zu werden warum wir ins Kino gegangen sind.
    Auch die Auflösung um Leta, die wohl superüberraschend und schockierend rüberkommen sollte, langweilt mich und man ist einfach nur froh dass das ganze nun endlich ein Ende findet und man wieder zur richtigen Story zurückkommt.

    Versteht mich nicht falsch der Film ist schön anzusehen, aber schlechter als der Erste und er wirkt, wie auch im Artikel steht, wie ein typischer zweiter Teil, in dem man sich bemüht, aber am Ende das Thema verfehlt.

    • Ich fand die Leta-Story ganz nett und wenn man die Phantastische-Tierwesen-Reihe als Vertiefung in die HP-Welt sieht, auch passend. Was mich störte, war eindeutig McGonagall. Ich dachte zuerst „ok, eine andere McGonagall an der Schule“ und habe dann extra bis zu den Credits gewartet, um zu gucken, ob es nicht doch Minerva sein sollte. War es auch – obwohl sie 1927 noch garnicht geboren sein dürfte. Das war ein unnötiger und nicht-Canon-konformer Cameo. Der Auftritt von Nicolas Flamel war hingehen echt gut gemacht, auch wenn er am Ende irgendwie zu sehr einen auf Gandalf machte.

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