Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

In der fernen Zukunft wurden neue Planeten entdeckt. Raumschiffe mit anthropomorphen Tieren werden ausgesendet, um diese zu erforschen und möglichst viel Ruhm dabei zu erlangen. Die Spielenden müssen geschickt Karteneffekte kombinieren, um in zehn Runden mehr Punkte zu machen als alle anderen. Wie viel Spaß steckt in der kleinen Schachtel?

Gerade einmal 20 cm Kantenlänge hat die quadratische Schachtel. Auf der einen Seite erfreulich, dass es auch noch Spiele gibt, die nicht unnötig viel Plastik auf den Tisch werfen. Auf der anderen Seite fragt man sich schon ein wenig: Wie viel Spiel kann da wirklich drinstecken? Gerade bei einer angegebenen Spieldauer von gerade einmal 30 Minuten.

Spielablauf

Die Spielenden übernehmen in Wildes Weltall jeweils die Kontrolle über eine kleine Flotte bestehend aus fünf Raumschiffen sowie anfänglich einem Crewmitglied. In den insgesamt immer exakt zehn Spielrunden werden die fünf eigenen Raumschiffe ausgesandt, um Planeten zu erforschen, weitere Crewmitglieder anzuheuern, Gesandte für sich zu gewinnen, Roboter zu bauen und Orden zu gewinnen.

Die untersten beiden Planeten sind in jeder Partie dabei, aus jeder der anderen Reihen je ein zufälliger Planet
Die untersten beiden Planeten sind in jeder Partie dabei, aus jeder der anderen Reihen je ein zufälliger Planet

Zu Beginn des Spiels stehen dazu die stets gleichen beiden Startplaneten zur Verfügung. Im Laufe des Spiels werden drei weitere Planeten aufgedeckt – je einer aus einem Dreier-, Sechser- und Neunerstapel. Jeder Planet hat einen linken und einen rechten Sektor und die Spielenden dürfen jeweils nur ein Raumschiff pro Sektor im Spiel haben.

Die erste Stufe jedes Sektors, die Landung, hat variable Effekte, die sich je nach Planet unterscheiden. Die zweite Stufe, die Erkundung, ist immer gleich: Eine Karte spielen oder drei Karten ziehen. Auch die variablen Landungseffekte sind dabei immer aus dem Bereich Karten ziehen, beziehungsweise Karten spielen, benötigen jedoch entweder Voraussetzungen (nur bestimmte Karten dürfen gespielt werden, zur Nutzung müssen bestimmte Karten sich bereits in der eigenen Auslage befinden), haben Kosten (zum Beispiel eine Karte abwerfen) oder sind schlichtweg schlechter (eine oder zwei Karten ziehen statt drei). Ein einmal gelandetes Raumschiff verbleibt in dem Sektor und kann in einem folgenden Zug dort erkunden. So ergibt sich aus den fünf Raumschiffen direkt auch die Anzahl der Spielrunden: Insgesamt landet man in fünf Sektoren und erkundet diese dann.

Die unteren Sektoren sind auf allen Planeten unterschiedlich, die oberen hingegen stets identisch
Die unteren Sektoren sind auf allen Planeten unterschiedlich, die oberen hingegen stets identisch

Das klingt erst einmal nach nicht besonders viel Spiel. Jedoch haben die Crewkarten beim Ausspielen oftmals Effekte, die es erlauben, Karten zu ziehen oder eine weitere Karte zu spielen. Und Gesandte verleihen am Spielende zusätzliche Siegpunkte für bestimmte Symbole, Symbolkombinationen oder wenn man die meisten Karten einer Sorte hat. Roboter bringen immer eine feste Anzahl Siegpunkte, gelten dafür nicht als Tierart. Die Tierarten, von denen es sechs gibt, werden ebenfalls alle gewertet. Dabei zählt jedes Tier ab dem dritten einer Sorte fünf Punkte und ein kompletter Satz verschiedener Tiere ist 15 Punkte wert. Die Berufe der Crewmitglieder, die während des Spiels benötigt wurden, um Karteneffekte nutzen zu können, haben hingegen üblicherweise keine Auswirkungen auf die Siegpunkte. Entsprechend müssen bei den Spielzügen sowohl die Siegpunkte am Ende als auch die notwendigen Symbole für die noch auf der Hand befindlichen Karten beachtet werden. Denn bei den genau zehn Spielzügen gilt es, aus jedem Zug das Maximum herauszuholen. Und eine Verkettung von Karteneffekten ist dabei genau das, wonach man strebt. Drei oder mehr Karten in einem Zug zu spielen, fühlt sich nicht nur gut an, sondern sorgt auch dafür, dass man am Spielende mehr Karten besitzt, die Punkte verleihen können.

Ein guter Spielzug: Der erste Affe erlaubt durch Abwurf einer Karte das Spielen des zweiten, der wiederum den dritten und damit das Nachziehen zweier Karten
Ein guter Spielzug: Der erste Affe erlaubt durch Abwurf einer Karte das Spielen des zweiten, der wiederum den dritten und damit das Nachziehen zweier Karten

Die Regeln von Wildes Weltall sind einfach erklärt und schnell verstanden. Ein paar Symbole müssen gelernt werden, aber auf der Rückseite des Regelheftes findet sich eine Legende, so dass auch ohne Vorkenntnisse schnell ins Spiel gefunden werden kann.

Wie viele andere Spiele nutzt auch Wildes Weltall die Rückseite der Anleitung für eine sinnvolle Symbolübersicht
Wie viele andere Spiele nutzt auch Wildes Weltall die Rückseite der Anleitung für eine sinnvolle Symbolübersicht

Die Startplaneten sind immer die gleichen, aber die drei zusätzlichen Planeten unterscheiden sich, die Kommandant*innen haben leicht asymmetrische Eigenschaften und durch den hohen Durchsatz an Karten muss die eigene Taktik sich stets dem momentanen Spiel anpassen.

Dadurch ist ein gewisser Wiederspielwert gegeben. Insgesamt spielen sich die Partien jedoch ähnlich, sodass nach ein paar Partien die Luft schnell raus sein kann.

Durch die unterschiedlichen Kommandant*innen sind leicht asymmetrische Startbedingungen gegeben
Durch die unterschiedlichen Kommandant*innen sind leicht asymmetrische Startbedingungen gegeben

Das größte Manko von Wildes Weltall ist allerdings, dass es praktisch keine Interaktion zwischen den Spielenden gibt. Ein paar Gesandte haben Siegpunkte, die man nur bekommt, wenn man von bestimmten Kartentypen oder Symbolen mehr hat als alle anderen. Aber das war es im Grunde auch schon. Und damit nicht genug: Da sich die Kartenauslage beständig ändert – meist werden ja direkt drei Karten gezogen, wodurch die komplette Auslage wechseln kann – ist es auch schwerlich möglich, den eigenen Zug im Voraus zu planen. Je mehr Spieler*innen am Spiel beteiligt sind, desto größer wird die eigene Downtime. Und das, ohne dass sich ein sonstiger positiver Effekt einstellen würde. Viel mehr noch als einige andere Spiele fühlt sich Wildes Weltall wie ein Multiplayer-Solitär an.

Ausstattung

Die kleine Schachtel bietet ausreichend Platz für das komplette Spielmaterial
Die kleine Schachtel bietet ausreichend Platz für das komplette Spielmaterial

Eine kleine Schachtel, gefüllt mit quadratischen Karten, einigen Holzmarkern, sowie Papp-Planeten. Besonders viel Spielmaterial ist in Wildes Weltall nicht enthalten. Ich persönlich mag das, da nicht jedes Spiel ausufern muss.

Die Karten sind von mäßiger Qualität und verbiegen leicht. Noch dazu sorgen Größe und Form dafür, dass sie nicht besonders einfach zu mischen sind.

Das Artwork ist gelungen und hat einen eigenen Stil. Jedoch wirkt das Thema insgesamt ziemlich aufgesetzt. Warum sind das Tiere, die da ins All fliegen? Und warum findet man auf den neu entdeckten Planeten mehr Crewmitglieder von den gleichen Spezies, die man schon kennt? Viel Sinn ergibt das alles nicht und im Grunde ist Wildes Weltall ein ziemlich abstraktes Spiel.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Board Game Circus / Catch Up Games
  • Autor*in(nen): Joachim Thôme
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Spieldauer: 15-45 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2 3 4 5
  • Alter: 10+
  • Preis: ca. 21 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Download-Seite des Verlages finden sich die Regeln und der Wertungsblock zum Herunterladen. Bei Tabletopia kann Wildes Weltall online gespielt werden – alleine oder gegen andere.

Fazit

Lila und Gelb befinden sich nach einem Spielzug in den Landesektoren der Planeten, Grün hatte schon einen zweiten Zug und ist im Erkundungssektor
Lila und Gelb befinden sich nach einem Spielzug in den Landesektoren der Planeten, Grün hatte schon einen zweiten Zug und ist im Erkundungssektor

Schweine im Weltall. Ach nein, Bären, Affen, Kraken, Eulen, Nashörner und Echsen sind es in Wildes Weltall. Ein bis fünf Spielende übernehmen die Kontrolle über diese Tiere und erforschen Planeten, auf der Suche nach mehr Tieren und Robotern. Da eine Partie immer genau zehn Runden hat, muss aus dieser stark begrenzten Anzahl Züge das Maximum herausgekitzelt werden, indem geschickt die Effekte verschiedener Karten und Planeten kombiniert werden.

Wenn man selbst am Zug ist, kann das eine Menge Spaß machen, sorgt aber durch die dafür zu bildenden Ketten auch für ein hohes Potenzial zu Analyse-Paralyse. Kann diese umschifft werden, erhält man ein Set Collection-Spiel ohne wirkliche Interaktion. Die Partien sind zwar unterschiedlich, aber doch so ähnlich, dass schon nach wenigen Spielen Ermüdung einsetzt. Die kurze Spieldauer sorgt aber dafür, dass Wildes Weltall vielleicht als Absacker oder Lückenfüller einsetzbar ist. Schade, dass es nicht mehr ist, gehörte das Spiel doch zu denen, auf die ich mich auf der SPIEL.digital 2020 am meisten gefreut hatte.

  • Schnelles Spiel
  • Kombos machen Spaß
  • Nette Grafik
 

  • Quasi keine Interaktion
  • Skaliert schlecht
  • Thema wirkt aufgesetzt

 

Titelbild: © Board Game Circus, depositphotos © clearviewstock
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Giovanna Pirillo
Fotografien: Holger Christiansen
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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