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Zwei tapfere Kämpferinnen stehen am Anfang ihres Abenteuers. Doch gleich zu Beginn eine schwierige Entscheidung: durch welche der vier Türen sollen sie gehen? Hinter jeder könnten eine fiese Falle oder gefährliche Monster lauern. Mit etwas Glück schaffen sie es bis in die tiefsten Ebenen, um sich dem Bossmonster zu stellen.

Wie dem ein oder anderen eventuell aufgefallen ist, habe ich die feminine Schreibweise für Kämpfer gewählt. Das liegt schlicht daran, dass bei der Charakterwahl ausschließlich weibliche Figuren zur Auswahl stehen. In meinen Augen ein kleines Detail, das ich bislang in keinem anderen Spiel gesehen habe und was positiv aus der Masse hervorsticht. Wahlweise wagt man sich mit einem (Solo) oder mit zwei Charakteren (kooperativ zu zweit) in einen Dungeon, versucht dabei drei Ebenen hinabzusteigen, um am Ende gegen den Boss des Verlieses zu kämpfen. Dabei gibt es allerdings kein Spielbrett wie bei den großen Vertretern des Dungeon Crawler Genres (z.B. Gloomhaven, Sword & Sorcery, usw.), sondern Karten, die als Türen ausgelegt werden und die es zu erforschen gilt.

Noch ein kurzer Hinweis: Das Spiel habe ich ausführlich kooperativ gespielt, weshalb sich meine Rezension überwiegend darauf bezieht.

Spielablauf

Zunächst sucht sich jeder Spieler einen Charakter aus. Hier geht es sehr klassisch zur Sache: Es gibt die Kämpferin, die Paladin, die Bogenschützin, die Magierin, die Schurkin und als Promocharakter Caliana die Fee. Da jeder Charakter besondere Fertigkeiten besitzt und auch verschiedene Startgegenstände hat, sollte bereits zu Beginn einer Partie darauf geachtet werden, dass sich die Charaktere gut ergänzen. Im kooperativen Spiel werden die Heldenkarten auf die Seite für zwei Spieler gedreht.

Auf jeder Karte oben links wird angezeigt, wieviel Gegenstände man zu Anfang hat. Das ist gleichbedeutend mit der Anzahl an Würfeln der entsprechenden Farbe. Diese Würfel stehen den Spielern anfänglich zur Verfügung. Es gibt die gelben Würfel für Kraft (Schwert-Symbol), die pinken Würfel für Geschicklichkeit (Schuh-Symbol) und blaue Würfel für Magie (Rauten-Symbol). Zusätzlich gibt es noch schwarze Würfel (Heldenwürfel), welche als Joker oder für besondere Fertigkeiten eingesetzt werden. Zu Beginn steht kein schwarzer Würfel zur Verfügung.

Jeder Spieler wählt einen aus 5 Helden: Paladin, Magierin, Schützin, Kriegerin und Schurkin.

Die vier Stufenkarten, welche die aktuellen Stufen der Heldinnen anzeigen, werden neben die Spielübersicht gelegt, wobei die Karte mit Stufe eins oben liegt. Sie zeigt an, wie viele Gegenstände und Fertigkeiten die Charaktere zusätzlich besitzen dürfen. Zudem werden darauf verfügbare Trankmarker, schwarze Bonuswürfel und die erforderlichen Erfahrungspunkte zum Stufenaufstieg angezeigt.

Auswahl der Mission

Dann suchen sich die Spieler ein Verlies mit dem entsprechenden Endgegner aus und legen die Karte mit den Ebenen so unter die Spielerhilfe, dass nur die erste Ebene zu erkennen ist. Zum Einstieg sollte eine leichte Mission gewählt werden, erkennbar an den Punkten der entsprechenden Karte. Je weniger Punkte, desto leichter.

Die Türkarten werden zu einem Stapel zusammengemischt und auf der Karte mit der abgebildeten Treppe platziert. Nun werden noch die Schadens- und restlichen Trankmarker bereitgelegt, und schon kann es los gehen.

Aktionen

Zu Beginn jedes Spielzuges werden zwei Zeiteinheiten verbraucht. Verlust von Zeit bedeutet immer, dass die obersten Karten des Türstapels unbesehen auf den Ablagestapel gelegt werden müssen. Es sollte auch geprüft werden, ob durch andere Ereignisse ebenfalls Zeit verbraucht wird, und dies entsprechend abhandeln. Als Beispiel: Wenn das Verlies „Der Drachenbau“ gewählt wurde, müssen vor dem ersten Spielzug auf jeder neuen Ebene zusätzlich vier Zeiteinheiten verbraucht werden. Somit lägen von Beginn an sechs Karten auf dem Ablagestapel.

Danach kann eine der beiden Aktionen „Erkunden“ oder „Raum betreten“ gewählt werden. Zu Beginn kann allerdings nur die erstgenannte Aktion gewählt werden. Hierzu werden so viele verdeckte Türkarten in den zentralen Spielbereich gelegt, bis dort insgesamt vier Türen liegen.

Spielzüge

Im Anschluss beginnt ein neuer Spielzug. Erneut werden zwei Karten vom Stapel abgeworfen, und es kann wieder eine der Aktionen gewählt werden. Allerdings liegen bereits vier Türen aus, sodass einer der Räume betreten werden muss.

Ein Stapel aus Begegnungskarten enthält alle gefährlichen Feinde und bedrohlichen Hindernisse, auf die die Spieler treffen werden.

Gemeinsam entscheiden sich beide Spieler für eine Tür und „öffnen“ diese, sprich sie wird aufgedeckt. Nun besteht die Möglichkeit sich der Begegnung (einer Falle oder einem Monster) zu stellen oder aber zu fliehen. Scheint eine Herausforderung zu schwer zu sein, dann kann der Raum, ohne Schaden zu erleiden, wieder verlassen werden. Dabei bleibt die Tür offen liegen, sodass diese Herausforderung zu einem späteren Zeitpunkt doch angegangen werden kann. Eine erneute Flucht aus dem bereits offenen Raum ist dann aber nicht mehr möglich.

Möchten sich die Spieler jedoch der Herausforderung stellen, so werden zunächst eventuell eintretende Spezialfähigkeiten der Karte abgehandelt. Sofern eine Falle aufgedeckt wurde, wird gewählt auf welche Weise die Gefahr überwunden werden soll. Manche dieser Möglichkeiten verbrauchen Zeit, welche sofort abgezogen wird.

Dann kann sich jeder der Spieler entscheiden, ob er den Heldenmut seines Charakters einsetzt. Das ist die besondere Spezialfähigkeit jeder Heldin. Heldenmut kann nicht im Endkampf eingesetzt werden!

Im Anschluss werden alle Würfel, welche zur Begegnung passen, einmalig gewürfelt. Bei einer Kampfbegegnung nehmen die Spieler einen entsprechenden Würfel für jedes Symbol auf ihrer Heldenkarte und der (später) angelegten Gegenstände. Bei einer Gefahrenbegegnung (Fallen) hingegen nimmt jeder nur die Würfel, welche zur Farbe der Begegnung passen.

Erfolgsberechnung

Auf jeder umgedrehten Karte und der Verlieskarte befinden sich sogenannte Herausforderungsfelder, welche nun mit Hilfe der Würfel abgedeckt werden müssen, um die Herausforderung zu bestehen. Bei einer Kampfbegegnung sind alle Herausforderungsfelder auf der Türkarte aktiv sowie alle sichtbaren Felder der Verlieskarte. Während einer Gefahrenbegegnung hingegen ist nur das Herausforderungsfeld aktiv, welches die Spieler zuvor gewählt haben sowie die linke Seite der Verlieskarte. Die Herausforderungsfelder der linken Seite auf der Verlieskarte sind grau, aber gelten stets als Felder der gleichen Farbe wie das Herausforderungsfeld der gewählten Möglichkeit.

Bevor die Würfel nun auf die Herausforderungsfelder gelegt werden, können noch Fertigkeiten benutzt werden. Jedoch kann jede Fertigkeit nur einmal pro Begegnung verwendet werden. Meist dienen die Fertigkeiten dazu, die genutzten Würfel zu manipulieren. Entweder um die Augenzahl zu erhöhen oder gegen Würfel einer anderen Farbe zu tauschen. Zudem können auch jederzeit Würfel umgewandelt werden. Hierzu werden zwei beliebige Würfel abgeworfen, um einen Heldenwürfel (schwarzer Würfel) zu erhalten. Dessen Wert entspricht dem geringeren Wert der beiden abgelegten Würfel.

Diese Würfel stehen den Spielern anfänglich zur Verfügung: gelb, pink, blau. Schwarze Würfel kommen erst später ins Spiel.

Ziel ist es, so viele Herausforderungsfelder wie möglich abzudecken. Sollten Felder frei bleiben, so werden die sichtbaren Symbole ausgelöst. So müsste für jedes Herz-Symbol ein Schadenmarker auf die Heldenkarte gelegt werden. Bei zwei Spielern muss der Schaden so gleichmäßig wie möglich verteilt werden. Dadurch wird verhindert, dass einer mit mehr Lebenspunkten den anderen schützt.

Für jedes Zeit-Symbol muss die oberste Karte des Stapels abgeworfen werden.

Bei grünen Schild-Symbolen muss beachtet werden, dass diese Herausforderungsfelder zuerst besetzt werden müssen, bevor andere Felder belegt werden können.

Falls eine Heldin nun mindestens so viele Schadenmarker wie Lebenskraft hat, so ist das Spiel sofort beendet. Um das zu verhindern, kann sofort ein Heiltrank genutzt werden, um zwei Leben wiederherzustellen. Wird der Trank am Anfang einer Runde genutzt, so heilt er drei Leben.

Konsequenzen

Sofern die Begegnung überlebt wurde, wird die Begegnungskarte als Beute genommen. Und hier kommen wir in den Bereich mit den interessanten Entscheidungen, denn die Karte kann für verschiedene Dinge eingesetzt werden. Zum einen als Gegenstand, der die Anzahl der Würfel und/oder die Lebenspunkte der Heldin erhöht. Zum anderen als Fertigkeit, damit die Würfel in der nächsten Begegnung um eine weitere Möglichkeit manipuliert werden können. Oder aber als Erfahrungspunkte, um damit eine neue Erfahrungsstufe zu erreichen. Das ist sehr wichtig, da jede Heldin zu Anfang lediglich einen zusätzlichen Gegenstand und eine neue Fertigkeit besitzen darf. Im Solomodus ist diese Verteilung etwas anders geregelt.

Zudem bringt ein Aufstieg einen extra Würfel und einen neuen Trankmarker. Apropos Tränke, davon gibt es auch noch einige andere, welche ebenfalls durch Beutemachen freigeschaltet werden können. Zusätzlich erhält man einen weiteren Trankmarker.

Nachdem die Spieler entschieden haben, was mit der Beute passieren soll und wer sie bekommt, beginnt eine neue Runde. Dies geht solange, bis die Treppenkarte aufgedeckt wird, welche immer ganz unten unter dem Kartenstapel liegt. Sobald diese offen ausliegt, können die Spieler im Verlies auf die nächste Ebene hinabsteigen. Es können zwar noch weitere Begegnungen in der aktuellen Ebene ausgeführt werden, aber immer, sobald Zeit verbraucht wird, muss pro Zeiteinheit ein Schadenmarker auf die Karte gelegt werden. Sobald drei Schadenmarker angesammelt wurden, erhält eine der Heldinnen einen Schadensmarker.

Tiefer ins Verlies

Nach dem Hinabsteigen wird die Verlieskarte um eine Ebene hinaufgeschoben, sodass ab sofort mehr Herausforderungsfelder zu bewältigen sind. Der Abwurfstapel und alle sich im Spiel befindlichen Türen werden gemischt (aber nicht die Karten, die in die Schachtel zurückgelegt wurden) und verdeckt erneut auf die Treppenkarte gelegt.

Auf der untersten Ebene wartet schließlich der Endgegner auf die Heldinnen.

Sobald die dritte und somit letzte Ebene geschafft wurde, dreht man die Verlieskarte um und stellt sich dem Endgegner. Dieser muss in mehreren Runden bekämpft werden und die Heldenfähigkeiten können nicht genutzt werden. Hier kommt auch ein neues Symbol – ein Totenkopf – zum Tragen. Nur Felder mit diesem Symbol, welche mit einem Würfel besetzt werden, fügen dem Gegner Schaden zu.

Die Spieler gewinnen, sobald der Endgegner so viele Schadenmarker wie Lebenspunkte hat, UND sie die Kampfauswertung überleben.

Nach ein paar lockeren Eingewöhnungsrunden könnte nun der Kampagnenmodus gestartet werden. Hierzu wurde dem Spiel ein Block beigelegt, auf dem mögliche Verbesserungen für die Charaktere zu finden sind. In diesem Modus wird zu Beginn eines Verlieses eine Schwierigkeitsstufe gewählt und bekommt am Ende eines Verlieses Punkte, mit denen neue Fertigkeiten freigeschaltet werden können. Folgendes ist aber zu beachten:  Vom Charakterbogen darf stets nur die Grundfähigkeit und eine weitere Spezialisierung (Heilen, Kampf oder Verlies) in einem Verlies genutzt werden. Nach und nach kommen so immer bessere Fähigkeiten hinzu, wodurch auch die schwereren Verliese besser zu meistern sind.

Ausstattung

Eine kleine Box vollgestopft mit tollem Spielmaterial. Da wäre ein Deck von Karten, deren Qualität viele Partien durchsteht. Ich habe meine Karten nicht gesleevt, aber dennoch kann ich kaum Abnutzungserscheinungen erkennen. Viele bunte und transparente Würfel die wunderbar zum Würfeln einladen. Rote Lebensmarker in Herzform sowie weiße Holzwürfel für die Tränke (leider nicht in Flaschenform). Die Spielübersicht und die Charakterkarten sind schön groß, und die Illustrationen auf den Karten finde ich sehr gelungen. Etwas bemängeln kann man die Anleitung, da diese zweiteilig aufgebaut ist und dadurch etwas verwirrt. Die erste Hälfte erklärt die Regeln mit Bildern und die zweite Hälfte nur mit Text. Ich würde zur Textvariante raten und bei Unklarheiten die Bildervariante zurate ziehen. Zudem ist der Text in der Anleitung und auf den Karten etwas klein ausgefallen, aber immer noch gut lesbar.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Asmadi Games / Schwerkraft-Verlag
  • Autor(en): Chris Cieslik
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 30-45 Min
  • Spieleranzahl: 1-2
  • Alter: ab 14 Jahren
  • Preis: 25,00 EUR
  • Bezugsquelle: Schwerkraft Verlag

 

Bonus / Downloadcontent

Auf der Webseite von Asmadi Games erhaltet ihr unter „Extras“ Zugriff auf einen zusätzlichen Charakter und ein neues Verlies. Zudem findet ihr dort auch einen Soundtrack, um noch etwas mehr Stimmung ins Spiel zu bringen.

Fazit

Was für ein einfaches und doch großartig unterhaltsames Spiel. Ja, es ist ein Würfelspiel und ja, es gibt natürlich den Glücksfaktor – ABER – gerade das Verbessern der Charaktere fühlt sich hier super an. Man hat wirklich das Gefühl mit neu hinzukommenden Fertigkeiten stärker zu werden. Das Abwägen, mit welchen Charakteren das nächste Verlies bestritten werden soll, und das Ausloten der verschiedenen Synergieeffekte zwischen den Charakteren bringt bereits eine Menge Abwechslung.

Dann auch die Entscheidungen, für was die Beute am besten genutzt werden soll sowie die Jagd und das Hoffen auf die perfekte Ergänzung zu einer bereits vorhandenen Fertigkeit sind immer wieder spannend. Oder sollte die Beute doch besser als Erfahrungspunkte verwendet werden, damit zukünftig mehr Gegenstände und Fertigkeiten zur Verfügung stehen?

Auch die spannenden Endgegnerkämpfe, die immer eine andere Herangehensweise erfordern, bringen tolle Abwechslung ins Spiel. Hierzu muss die Ausstattung der Heldinnen stets auf den Endgegner angepasst werden. Zudem bringt der Kampagnenmodus noch zusätzlich Motivation, um seinen Charakter zu individualisieren und damit in schwereren Verliesen besser bestehen zu können.

Winziges Verlies ist definitiv ein gutes Solo-Spiel, aber in meinen Augen glänzt es noch mehr mit zwei Personen. Das gemeinsame Zittern vor dem nächsten Würfelwurf und sich gegenseitig zu unterstützen bringt sehr viel Interaktion mit sich, und nach einem Verlies ist selten Schluss.

Chapeau Herr Cieslik, Ihnen ist hier meines Erachtens nach eines der besten kooperativen Zweipersonenspiele gelungen, welches ich je gespielt habe. Und auch vielen Dank an den Schwerkraft-Verlag, der dieses kleine Juwel in die deutsche Hemisphäre überführt hat. Bleibt noch zu hoffen, dass die Fortsetzung Forest of Shadows ebenfalls seinen Weg ins Deutsche findet.

 

Artikelbilder: © Schwerkraft Verlag, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Das Spiel wurde vom Rezensenten selbst gekauft.

 

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