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Vor kurzem war Halloween. Auch wenn das Marvel-Programm von Panini nicht direkt darauf Bezug nimmt, so ist es doch ein Monat der Wiedergänger. Ein totgeglaubter Held kommt aus seinem Grab, Spider-Man greift alte Handlungsfäden auf und Deadpool legt sich direkt mal mit dem gesamten Marvel-Universum an.

Die letzten Jahre waren bei Marvel ein ständiges Hin und Her. Jedes Jahr gibt es ein großes Crossover-Event mit teilweise gravierenden Folgen. Mit diesen Folgen wird dann gespielt. Doch irgendwann wird der alte Status quo wiederhergestellt. Daraufhin folgt oftmals ein Neustart der Serien. Dies ist 2019 im deutschsprachigen Raum mit dem Fresh Start wieder der Fall. Somit ist jetzt die Zeit gekommen, in der die Ereignisse von Civil War II von 2016 wieder zurückgedreht werden. Die größte Auswirkung dieses Events war (Achtung, Spoiler-Gefahr) der Tod von Bruce Banner. Das Cover von Avengers 30 zeigt uns direkt, dass er zurückkehren wird. Die Frage, die bleibt: Wie wütend wird er über seinen Tod sein?

Avengers #29

Nach dem Start des Events „Der letzte Kampf“ sind die Avengers in einen großen Kampf geraten, ohne die Spielregeln zu kennen. Es wird nun also Zeit, dass ihnen diese klar werden. Im Heft #29 sind drei Kapitel enthalten, die jeweils eine andere Figur in den Fokus rücken. Funktionierte die Charakterfixierung bei den ersten Ausgaben des Events eher schlecht als recht, zahlt sich jenes Vorgehen in dieser Ausgabe wirklich aus. Das erste Kapitel, das aus der Perspektive von Rogue erzählt wird, ist zwar nur ein großes Actionspektakel. In Kapitel zwei geht es aber plötzlich um Captain Glory von der Lethal Legion. Wir sehen das absurde Szenario also zum ersten Mal aus der Sicht der neuen Gegner. Außerdem wird die Herkunftsgeschichte von Voyager erzählt, die in Heft #27 überraschend als eines der Gründungsmitglieder der Avengers eingeführt wurde. Das letzte Kapitel hat mit Red Wolf einen spannenden Protagonisten, der hier eine ziemlich gute Charakterisierung bekommt.

Wenn ihr euch nun wundert, wer diese Personen alle sind, so ergeht es euch wie den meisten Marvel-Lesern. Das ist Vorteil und Nachteil zu gleich. So ist es möglich, ganz neue Geschichten zu erzählen, aber auf Kosten bekannter Bezugspersonen. Der Fokus auf einzelne Personen ist bei dem Wirrwarr von unzähligen Akteuren aber auch notwendig. Die ausgewählten Figuren geben dem stupiden Gekloppe eine menschliche Note, die Marvel-Comics seit jeher ausgemacht hat.

Die Zeichner arbeiten wieder mit starken Kontrasten und actiongeladenen Szenenbildern. Der Raum zwischen den Panels wird immer kreativ gefüllt. Dennoch ist der Comic stets übersichtlich und fokussiert.

Avengers-Geschichten haben mich nie wirklich mitreißen können. Auch hier geht es wieder einmal um viel zu große weltumspannende Ereignisse und zu viele handelnde Figuren. Dennoch hatte ich Spaß beim Lesen des Hefts. Das liegt hauptsächlich an den spannenden Protagonisten und der Fragestellung, ob vielleicht doch mehr hinter dem Gezeigten steckt, als man zunächst erkennen kann. Wer sich für viel Action und die Avengers im Speziellen begeistern kann, darf gerne zugreifen, sollte aber die komplette Handlung beginnend bei Heft #27, das wir im letzten Monat rezensiert haben, lesen.

Die harten Fakten

  • Autor(en): Mark Waid, Al Ewing, Jim Zub
  • Zeichner(in): Kim Jacinto, Mike Perkins
  • Seitenanzahl: 76
  • Preis: 5,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics

 

Avengers #30

Das Cover verspricht die Rückkehr des Hulk. Doch der große Kampf gegen die Avengers wird erst im nächsten Heft stattfinden. Stattdessen gibt es die wichtigsten Ereignisse aus dem Leben von Bruce Banner im Rückblick. Der eigentliche Fokus dieses Heftes liegt aber auf Voyager, die sich nicht als das herausstellt, als was sie eingeführt wurde. Plötzlich spielt sie ein ganz eigenes Spiel, und es ist nur schwer zu erkennen, welche Rolle sie nun einnehmen wird. Alte Avengers-Fans können also glücklich sein, dass die Historie der Heldentruppe doch nicht komplett umgeschrieben werden muss. Dafür entpuppt sie sich als undurchschaubare Spielerin im Ringen um die sonderbaren Pyramiden. Die Handlung selbst bleibt dabei auf dem Niveau eines einfachen Videospiels, gewinnt durch diesen Twist aber an Spannung.

Neben Hulk und Voyager liegt ein weiterer Schwerpunkt des Heftes auf Jarvis, dem Butler der Avengers. Er ist in Heft #27 in ein Koma gefallen. Beast und Wasp arbeiten an seiner Rettung. Dabei stellt sich Jarvis als das Herz der Avengers heraus, das er schon immer war. Seine erlebbaren Erinnerungen sind für jeden langjährigen Fan der Reihe eine schöne Hommage.

Der Zeichenstil bleibt im erwartet guten Bereich, ohne übermäßig zu begeistern. Er reiht sich damit in einen sehr gut gemachten Comic ein, der auch als Avengers und Hulk-Fanservice verstanden werden kann. Durch dieses Heft wird auch klar, dass die gesamte Storyline „Der letzte Kampf“ nichts für Leute ist, die noch nie mit den Avengers in Berührung gekommen sind, sondern für Fans geschrieben wurde. Es wird gerade diejenigen begeistern, die mit Handlungsverläufen der letzten Jahre wenig anfangen konnten und die sich nach einer soliden Geschichte im Stil vergangener Zeiten sehnen. Wer weiß, worauf er sich einlässt, kann hier viel Spaß haben. Comicleser, die kein Interesse an sich prügelnden Superhelden haben, sollten hiervon aber die Finger lassen.

Die harten Fakten

  • Autor(en): Mark Waid, Al Ewing, Jim Zub
  • Zeichner(in): Paco Medina, Joe Bennett
  • Seitenanzahl: 68
  • Preis: 4,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics

 

Spider-Man #28

Mit diesem Heft nimmt das Ende der Ära Dan Slott seinen Anfang. Das große Finale wird vorbereitet (zu finden ab Dezember in Heft #31), vorher müssen aber noch einige alte Handlungsfäden aufgegriffen und beendet werden. Im ersten Kapitel wird die Geschichte um Scorpio nach Heft #6 (bzw. Paperback #2) wieder aufgegriffen. Das zweite Kapitel spielt parallel zu Doctor Strange #7, das wir hier rezensiert haben. Loki hat den Titel des obersten Zauberers übernommen und möchte sich nun um den Gefallen kümmern, den er Peter Parker immer noch schuldet. Der Gefallen stammt aus dem Heft Spider-Man #4 von 2004.

Diese Inhaltsangabe zeigt schon: Das ist ein Heft für langjährige Leser. Doch im Gegensatz zu Avengers #30 sind die Geschichten für sich genommen einfach nicht wirklich spannend. Scorpio bleibt ein profilloser Schurke und Loki ein gerissenes Schlitzohr. Enttäuschend ist auch, wie beiläufig die Beziehung mit Mockingbird beendet wird. Das einzige, was dieses Heft ein wenig rettet, ist sein typischer Humor, der aber auch nicht lange im Gedächtnis bleiben wird.

Die Zeichnungen sind gut, teilweise ist die Kolorierung aber etwas zu grell. Gerade der erste Comic wirkt hier etwas zu abgehoben und würde mehr zu den Avengers oder Dragonball passen als zu Spider-Man.

Insgesamt wirkt dieser Comic ein wenig lieblos und scheint darauf erpicht zu sein, noch schnell alle Geschichten abzuschließen. Dadurch wird auf das Finale hingearbeitet, anstatt der Handlung wirklich den Raum zu geben, mehr zu erzählen. Es bleibt ein solider Spider-Man, aber zu den nächsten Ausgaben wünsche ich mir doch etwas mehr Herzblut.

Die harten Fakten

  • Autor(en): Dan Slott
  • Zeichner(in): Stuart Immonen, Mike Hawthorne
  • Seitenanzahl: 52
  • Preis: 4,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics

 

Deadpool #28

Deadpool wird immer wirrer. Nun setzt er selbst ein Kopfgeld auf sich aus, um die gesammelte Schurkenschaft des Marvel-Universums gegen sich aufzubringen. So legt er sich unter anderem mit dem Juggernaut, Bullseye und Taskmaster an. Natürlich ist das nur ein weiterer Aufhänger für verrückte Kämpfe und coole Sprüche. Der eigentliche Grund für sein Handeln tritt komplett in den Hintergrund.

Der Comic hat ein paar gelungene Gags und politisch fragwürdiges Verhalten des Söldners mit der großen Klappe zu bieten. Die Motivation und Geschichte seiner Gegner wird nicht groß thematisiert. Aber für das, was dieser Comic bieten will, ist das auch egal. Ein wirkliches Gagfeuerwerk wird aber auch in diesem Comic nicht gestartet. Dazu ist der Humor zu vorhersehbar.

Das Erscheinungsbild passt gut zum Gezeigten und fokussiert sich auf das Wesentliche: die Action und die Gesichtsausdrücke des Anti-Helden. Alles bleibt immer dynamisch, und es lässt sich schnell durchlesen.

Meiner Meinung nach scheitert dieser Band vor allem daran, dass sich das Konzept Deadpool mittlerweile ziemlich abgenutzt hat. Ein Held, der hauptsächlich auf Humor setzt und dabei nicht nur Kinder ansprechen will, braucht originelle Ideen. Von denen gibt es hier zwar immer wieder ein paar, aber eigentlich bleibt alles im abgesteckten Rahmen. Für mich ist Deadpool zu vorhersehbar geworden, als dass mich dieses Heft überzeugen konnte. Wer aber noch nicht viel von ihm gelesen hat, wird sich trotzdem über einige Ideen freuen können.

Die harten Fakten

  • Autor(en): Gerry Duggan
  • Zeichner(in): Matteo Lolli, Mike Hawthorne
  • Seitenanzahl: 52
  • Preis: 4,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics

 

Fazit des Monats

Man merkt den Heften an, dass Marvel wieder zum alten Status quo zurückkehren will. Hier werden die alten Leichen aus dem Keller geholt und wiederbelebt. Der Superheldencomic selbst schafft sich immer mehr ab, indem immer wieder Varianten desselben gezeigt werden. Die Avengers-Hefte funktionieren dabei besser als die beiden spaßigen Helden in Spandex-Anzügen, da sie dabei wenigstens versuchen, den Leser zu überraschen. Es ist zwar wenig überraschend, dass Hulk zurückkehren wird, und genauso wenig wird sich jemand wundern, dass er wütend ist. Zum Glück liegt der Fokus aber auch nicht auf der Rückkehr des Gamma-Helden, sondern bei komplett neuen Figuren. Man muss sich die Frage stellen, warum die Leser die immer gleichen Geschichten ihrer bekannten Charaktere kaufen, anstatt sich für wirklich originelle Figuren zu interessieren.

Artikelbild: © Panini Comics, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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