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 Habt ihr Lust auf eine Reise mit Frodo und Sam? Mit Herr der Ringe nutzt Magic: The Gathering eine starke Lizenz für ein ganzes Set. Doch lohnt sich der Weg nach Mittelerde? Wir haben uns das Set im Detail angesehen und möchten euch Positives und Negatives berichten.

Schon länger beschränkt sich Magic: The Gathering nicht mehr auf den hauseigenen Hintergrund mit unterschiedlichen Welten und Gebieten, in denen die Planeswalker agieren. Und auch wenn gerade mit der Erzählung um die Phyrexianer in Marsch der Maschinen ein großer Erzählstrang zu Ende gegangen ist, wagt man immer wieder den Blick über den Tellerrand. Dies wurde in der Vergangenheit vor allem über die sogenannten Secret Lairs und teilweise auch die Commander Decks getan, wie beispielsweise bei Warhammer. Bei der starken Lizenz zu Herr der Ringe hat sich Hasbro für einen anderen Weg entschieden. Hier erscheint ein gesamtes Set mit allen Arten von Boostern und dazu passenden Commander Decks. Doch auf den ersten Blick mag den ein oder anderen die Optik irritieren. Das ist Herr der Ringe? Wir schauen uns das Set für euch im Detail an.

Triggerwarnungen

Gewalt, Rassismus

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Das sind ja gar nicht die Filme? – Die Optik

Das Wichtigste direkt vorweg: Hasbro nutzt für das Herr der Ringe-Set nicht die Filmlizenz, sondern die Lizenz am Hintergrund der Bücher. Anders als beispielsweise beim Secret Lair zu Dungeons and Dragons: Ehre unter Dieben erkennt man hier keine Schauspieler*innen aus den Filmen wieder. Stattdessen hat man für die Charaktere eigene Zeichnungen gewählt, die mehr oder minder nah an den klischeehaften Vorlagen sind, an die die meisten denken werden.

Positiv hervorzuheben ist, dass die wichtigsten Charaktere nicht mehr ausnahmslos weißen Mitteleuropäer*innen nachempfunden sind, sondern beispielweise Aragorn und gute Teile der Rohirrim eine dunklere Hautfarbe besitzen. An manchen Stellen, völlig losgelöst von der Hautfarbe, fällt es jedoch schwer, die Charaktere mit der bekannten Vorstellung übereinzubringen. Theoden, König der Rohirrim, wirkt auf einem Artwork mit seinen geflochtenen weißen Zöpfen eher, als wäre er der Serie House of Dragons entstiegen. Die nichtmenschlichen bekannten Charaktere wiederum sind durch die Bank gut gelungen und erinnern viel mehr an die Wesen aus Peter Jacksons Filmen. Egal ob Nazgul, Balrog oder Olifant, der Stil ist gut eingefangen. Neben den normalen und den schon oft verwendeten Full Art Karten gibt es in diesem Set auch Karten im sogenannten Ring Treatment. Hierbei zeigt ein kreisrunder Ausschnitt den entsprechenden Charakter in einer stilisierten Darstellung, die an die Begleitzeichnungen in Büchern erinnern. Durch die unterschiedlichen Varianten findet sich hier für alle ein passender Stil.

Viele der Charaktere sind gut wiedererkennbar.
Viele der Charaktere sind gut wiedererkennbar.

Orks sammelt euch! – Karten und Mechaniken

Manche Karten erinnern eher an ein anderes Franchise.
Manche Karten erinnern eher an ein anderes Franchise.

Das Herr der Ringe-Set kommt natürlich nicht ohne den namensgebenden Ring aus und so findet sich für diesen auch eine neue Mechanik. Unterschiedliche Karten sorgen dafür, dass einen der Ring in Versuchung führt. Dies ist eine aufbauende Fähigkeit, die immer mächtiger wird und bei der man jeweils eine eigene Kreatur als Ringträger bestimmt. Diese wird dadurch dann zu einer legendären Kreatur, wenn sie es noch nicht ist, und kann zunächst nur von Kreaturen mit kleinerer Stärke geblockt werden. Im weiteren Verlauf zieht man Karten über den Effekt oder schädigt beispielsweise alle Gegner*innen, wenn die entsprechende Kreatur einem Gegenüber Kampfschaden zufügt. Besonders im Commander-Format ist dies eine nützliche Fähigkeit. Wenn der eigene Ringträger einmal ausgeschaltet wird, kann man, wenn man das nächste Mal vom Ring in Versuchung geführt wird, eine neue Kreatur als Träger bestimmen.

Die Fähigkeit sorgt dabei für spannende Überlegungen und ist gut gelungen. Sie geht schnell von der Hand und hat gleichzeitig einen merkbaren Einfluss aufs Spielgeschehen.

Ebenfalls neu ist Ork-Aufmarsch. Diese Fähigkeit lässt einen eine Ork-Armee erzeugen, die beim erneuten Auslösen dieser Fähigkeit immer größer wird. Diese funktioniert wie die schon bisher bekannte Aufmarsch-Fähigkeit, außer dass sie Orks erzeugt und nicht Zombies.

Neben diesen neuen Fähigkeiten finden sich alte Bekannte wie das Erzeugen von Speise-Spielsteinen oder die Hellsicht-Fähigkeit im Set. Das Erstgenannte findet sich vor allem bei Hobbit-Karten, was gut zum Stil der kleinen Leute passt.

Schön sind auch die neuen Full Art-Länder, die als Landkartenausschnitte unterschiedliche Teile der Welt von Mittelerde zeigen.

Das Set führt eine ganze Reihe starker Karten ein, die jetzt schon deutliche Auswirkungen auf unterschiedliche Formate haben. Den größten Einfluss hat im Augenblick der namensgebende Eine Ring. Dieses farblose Artefakt lässt einen nicht nur Karten ziehen, sondern gibt einem auch, so man ihn von der Hand spielt, für einen Zug Schutz vor allem. In jeglichem Format, in dem der Ring legal gespielt werden darf, findet er sich schon in unterschiedlichsten Decks.

Dadurch, dass er ein farbloses Artefakt ist, passt er in schon bestehende unterschiedliche Archetypen und verstärkt diese noch weiter. Der Preis der Karte auf dem Sekundärmarkt ist dadurch auf um die 50,00 EUR pro Stück explodiert. Aber auch andere starke Karten wie Orkische Bogenschützen, Verzückter Halbling oder Aragorn der Vereiniger tauchen in Modern- und Legacy-Decks auf.

Insgesamt ist das Set stark ausgefallen. Viele Karten sind mindestens spielbar und eine überproportionale Menge von ihnen taugt, um in bestehende Turnierdecks integriert zu werden. Schon länger hat ein einzelnes Set nicht so eine große Auswirkung auf verschiedene Formate gehabt.

Ein Produkt sie ewig zu binden – Die unterschiedlichen Booster-Varianten

Das Herr der Ringe-Set gibt es als alle Booster-Varianten, das heißt Draft- Set-, Collector- und Jumpstart-Booster.

Wieder zurück sind die sogenannten Box Topper, eine einzeln verpackte Karte, die in jedem Draft- Set- und Collector-Display beiliegt und zum Kauf motivieren soll. Diese Karten zeigen berühmte Orte oder Objekte aus der Welt von Herr der Ringe und Wizards of the Coast nutzt die Boxtopper für weitere starke Nachdrucke. Hier finden sich Karten wie Grab der Ahnen, Der große Steinkreis oder auch Seelengewölbe. Natürlich gibt es neben diesen teuren Karten auch wieder eine ganze Reihe günstiger Karten, was auch hier das Öffnen von Boostern zu einem Glücksspiel macht.

Der einmalige Ring ist schon gezogen worden.
Der einmalige Ring ist schon gezogen worden.

Diese Box Topper finden sich auch in Collector Boostern, die potenzielle Käufer*innen noch mit weiteren besonderen Schmankerln locken. Zunächst besteht die Möglichkeit, die genannten Box-Topper nur dort auch als Surge Foils zu ziehen, was ihre Seltenheit nochmals merklich erhöht. Darüber hinaus findet sich auch nur in diesen Boostern die Ringe der Elben, Zwerge und Menschen als limitierte Sonnenringe. Diese gibt es dabei sowohl mit aufgedruckter Nummerierung als auch ohne diese, wobei beide Varianten limitiert sind. Beispielsweise gibt es 300 nummerierte Ringe der Elben und 3000 ohne Nummerierung. Die an die Vorlagen angelehnten Zahlen finden sich dann auch bei den Ringen der Zwerge mit 700 respektive 7000 und den Ringen der Menschen mit 900 und 9000. Als die meistgesuchte Karte überhaupt hat Wizards of the Coast eine einzelne nummerierte Karte von The One Ring gedruckt, für die Sammler*innen schon mehr als 2.000.000,00 EUR geboten haben. Bevor die geneigten Leser*innen jetzt wahllos Collector-Booster aufreißen, um diese eine Karte zu finden, sei gesagt: Der 1/1 nummerierte Ring ist in Canada schon gezogen worden.

Wie bei anderen aktuellen Sets sind die Jumpstart-Booster das schwächste Produkt aus der Reihe. Wieder gibt es nur fünf Varianten mit jeweils einer vorherbestimmten seltenen Karte und einer weiteren dazu passenden Karte. Besonders ärgerlich dabei: Es gibt zwar ein Nazgul-Themendeck, dieses enthält aber nicht zwangsweise eine der Nazgulkarten, von den es neun Varianten gibt und die von Spieler*innen im Augenblick heiß begehrt sind. Stattdessen findet sich die unbeliebte Karte Die Ringgeister in allen der entsprechenden Boostern.

So gut das Produkt insgesamt gefallen kann, so ärgerlich ist der deutlich höhere Preis gegenüber anderen aktuellen Sets. Das Herr der Ringe-Set bewegt sich preislich im Rahmen bestehender Master-Sets, was natürlich die Zugänglichkeit erschwert.

Vier im Wettstreit – Die Commander-Decks

Das Herr der Ringe-Set bringt vier Commander-Decks mit, die unterschiedliche Stile verfolgen.

Das grün-blaue Elben-Deck setzt auf Hellsicht und die schon lange nicht mehr gesehene Abstimm-Mechanik, bei der alle Spieler*innen votieren.

Das schwarz-blau-rote Mordor Deck wiederum nutzt große Ork-Armeen und Monstrositäten, um den Gegner*innen in die Knie zu zwingen.

Das schwarz-weiß-grüne Hobbit-Deck wiederum setzt auf die neue Ring-Mechanik und das Erzeugen von Speise-Spielsteinen.

Und das blau-weiß-rote Rohirrim-Deck will mit einer Vielzahl von Menschen die Gegner*innen in die Knie zwingen.

Alle Decks sind dabei fantastisch gelungen und fangen den Stil der jeweiligen Fraktion passend ein. Positiv hervorzuheben ist vor allem die gute Kombination aus starken Nachdrucken und fantastischen neuen Karten. Mit Frodo und Sam findet sich auch seit längerem wieder ein Partner-Commander im Deck.

Genau wie bei den Warhammer-Decks haben alle alten Karten neue Artworks bekommen, die sich gut in den Stil der Herr der Ringe-Welt einfügen.

Für die Commander-Decks können wir eine uneingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen.

Die Commander Decks sind gut gelungen.
Die Commander Decks sind gut gelungen.

Mordor oder Auenland? – Ein Fazit

Mit Herr der Ringe ist Wizards of the Coast ein fantastisches Set gelungen, das sowohl den Stil der Welt gut einfängt, wie auch eigene Akzente setzen kann. Das Set ist dabei sehr spielstark und bietet auch bei den gewöhnlichen und ungewöhnlichen Karten viel spielbares Material für bestehende Decks, das man als Einzelkarten auf dem Sekundärmarkt günstig erstehen kann. Gleichzeitig ist das Produkt an sich sehr teuer ausgefallen, was auch den Preis von Einzelkarten nach oben treibt. An manchen Stellen sind die Design-Entscheidungen einzelner Charaktere zumindest so, dass man diese nicht gut wiedererkennt. Wer Lust hat, Magic: The Gathering mit Herr der Ringe zu verbinden, findet hier jedoch ein tolles Set. Nur die Suche nach einem der Ringe in den Collector Boostern können wir nicht empfehlen, ist das doch die teure Suche nach der Nadel im Boosterhaufen.

  • Großartige Artworks
  • Spielstarke Karten
  • Endlich zurück nach Mittelerde
 

  • Teures Set
  • Teilweise schlecht wiedererkennbare Charaktere

 

Artikelbilder: © Wizards of the Coast
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Alexa Kasparek
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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