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Wenn von Tigerhörnchen oder Steuereintrötern die Rede ist, seid ihr nicht etwa in einem schlechten Kinderbuch gelandet, sondern in einem knallharten Kartenduell um die Gedankenkontrolle von Aliens. Nach bester kompetitiver Manier werden hier Lebenspunkte dezimiert. Jetzt kann nur euch noch ein Mindbug helfen.

„Du stehst jetzt unter meiner Kontrolle, Erdling! Ich habe Dich auserwählt, um meine Kreaturen im Kampf gegen meine Erzfeinde zu befehligen.“ Mit diesem Satz werden Spielende im Regelwerk von Mindbug begrüßt. Hinter diesem Spiel steht kein anderer als Richard Garfield. Er hat insbesondere durch die Marke Magic: The Gathering viel Ruhm und Ehre bei Sammelkarten-Fans erlangen können. In der noch immer sehr aktiven Community gibt es weiterhin große Turniere und immer noch neue Sets. Tatsächlich steht sein Name aber auch für eine ganze Reihe anderer großartiger Spiele, wie zum Beispiel The Hunger.

Die namensgebenden Mindbugs wollen mit Bedacht eingesetzt werden.
Die namensgebenden Mindbugs wollen mit Bedacht eingesetzt werden.

Mit Mindbug konzentriert sich Garfield wieder auf ein Kartenspiel. Auf der damaligen Crowdfounding-Homepage wird die Kampagne mit der Aufregung eines Trading Card Games konzentriert auf eine einzige Spielbox verglichen. Kann Mindbug wirklich mit Magic mithalten? Auf jeden Fall steht bereits der zweite Kickstarter in den Startlöchern. In unserem Artikel erfahrt ihr mehr über das Grundspiel und die laufende Crowdfounding-Kampagne.

Spielablauf

Das gemeinsame Grundkartendeck besteht aus 48 Kreaturen. Die beiden Spielenden erhalten davon je zehn Karten – von denen fünf als Handkarten gezogen werden. Als Lebenspunkte erhält jede Person drei Grundkarten, die erschöpft und verdeckt auf die eigene Tischseite gelegt werden. In der Regel greift man schnell zu einem besseren Substitut. Die restlichen Karten aus dem Grunddeck werden in dieser Runde nicht benötigt. Aufwendiges Deck Building ist also kein Teil der Spielmechanik. Das gemeinsame Deck lädt vielmehr zum Erforschen der Karten und zu einem schnellen Spiel ein. Als letzten Vorbereitungsschritt erhält jede*r noch zusätzlich zwei Mindbug-Karten (dazu später mehr).

Der Aufbau für zwei Spielende, die bereits jeweils eine Karte gespielt haben.
Der Aufbau für zwei Spielende, die bereits jeweils eine Karte gespielt haben.

Das Ziel ist es, die drei Lebenspunkte des Gegenübers auf null zu reduzieren. Dies erfolgt über die Aktion „Mit einer einzigen Kreatur angreifen“ und ist damit bereits eine von zwei möglichen Aktionen. Damit man überhaupt angreifen kann, muss mindestens einmal vorher die andere Aktion „Eine Karte ausspielen“ genutzt werden. Hierzu sind keine Ressourcen oder ähnliche Dinge notwendig: Jede Karte lässt sich mit der genannten Aktion direkt ausspielen. Durch den Wegfall des sonst langen Ressourcenaufbaus bleibt das Spiel verhältnismäßig kurzweilig und ist schnell heruntergespielt.

Oben rechts Stärke, unten Schlüsselwort, Fluff-Text oder weitere Fähigkeiten.
Oben rechts Stärke, unten Schlüsselwort, Fluff-Text oder weitere Fähigkeiten.

Wie man es auch bereits aus Magic kennt, hat jede Karte oben links einen Stärkewert und unten optional sogenannte Schlüsselwörter und/oder Fähigkeiten, die die Regeln ergänzen. Ein Angriff läuft wie folgt ab: Die aktive Person benennt die Kreatur, mit der sie angreift. Der*die Gegenüber kann den Angriff durchgehen lassen und wird dadurch – unabhängig von dem Stärkewert – genau einen Lebenspunkt verlieren. Hat diese*r bereits selbst Kreaturen ausgespielt, lässt sich der Angriff blocken. Dazu werden die Stärkewerte der konkurrierenden Kreaturen verglichen (und eventuelle Schlüsselwörter und Fähigkeiten abgehandelt). Die Karte mit dem niedrigsten Wert landet auf dem Ablagestapel. Mindbug fordert die Konfrontation heraus. Diese kompetitive Mechanik wird oft als Take That bezeichnet, die unter anderem auch in den Kämpfen von Dune Imperium vorkommt.

Eine Auswahl an tollen Karten mit Hybridnamen.
Eine Auswahl an tollen Karten mit Hybridnamen.

Der ganz besondere Reiz liegt aber tatsächlich im Ausspielen der Karten. Man hat bei gerade ausgespielten Kreaturen die Wahl, den eigenen Mindbug einzusetzen. In diesem Fall übernimmt man die Kontrolle über die Kreatur und sie wandert physisch in die eigene Hälfte. Die Mindbug-Karte wird abgelegt. Damit beginnt ein schönes Bluffen und Grübeln: War das nun schon die beste Karte oder kommen die Kracher erst noch auf den Tisch? Bereits beim Startaufbau kann Fortuna kräftig mitmischen und eine Person übervorteilen. Gerade die Verwendung der Mindbugs kann diesen Nachteil zu den eigenen Gunsten etwas ausgleichen. Allerdings gehört auch ein gewisser Überblick der möglichen Karten im Deck hinzu, um gerade in den ersten Partien die richtige Abwägung zu treffen.

Schlüsselwörter und Fähigkeiten

Die Kreaturen-Karten können einige der fünf Schlüsselwörter enthalten, die bestimmte Auswirkungen auf den Angriff haben.

Nach einem erfolgreichen Angriff mit Raserei darf die*der aktive Spielende ein weiteres Mal angreifen. Bei der Eigenschaft Jäger darf die angreifende Person bestimmen, ob und mit welcher Kreatur geblockt werden muss. Damit lassen sich unliebsame Kreaturen ausmerzen. Giftige Karten besiegen eine feindliche Kreatur immer, wenngleich die giftspeiende Kreatur dabei stirbt. Raffinierte Kreaturen pirschen sich besser an und können nur von gleichartigen – also ebenfalls mit dem Schlüsselwort raffiniert ausgestatteten – Kreaturen geblockt werden. Zu guter Letzt gibt es robuste Kreaturen, die im Prinzip ein weiteres Leben haben.

Bereits aus der neuen Kampagne: ein Hase mit vielen Fähigkeiten.
Bereits aus der neuen Kampagne: ein Hase mit vielen Fähigkeiten.

Es gibt natürlich auch allerlei Kombinationen der Schlüsselwörter. Die Eulenspinne ist raffiniert und giftig und damit schon ein ziemliches Ärgernis. Die Fähigkeiten ergänzen die Regeln und überschreiben diese im Zweifel. Der Steuereintröter zwingt uns bei einem Angriff in etwa, eine Handkarte abzuwerfen. Greift der eher schwache Chamäleonschütze an, verliert der*die Verteidigende direkt einen Lebenspunkt.

Nächste Kampagne: Mindbug Beyond

Nerdlab Games erste Kickstarter Mindbug: First Contact wurde im Dezember 2021 abgeschlossen und die Unterstützenden konnten sich über eine sehr pünktliche Auslieferung im avisierten Juni 2022 freuen.

Der neue Kickstarter ist am 04. April gestartet und wird am 22. April 2023 enden. Bereits am ersten Tag hat die neue Kampagne ihre Finanzierungsziele übererfüllt. Was bekommt ihr für euer Geld? Inhaltlich werden zwei Boxen erworben: Beyond Evolution und Beyond Eternity. Jede Box ist komplett autark spielbar (mit eigenen Mindbug-Karten und Regelreferenzkarte). Selbstverständlich lassen sich alle Karten aus dem ersten Kickstarter und den beiden neuen Boxen komplett miteinander mischen. Nerdlabs nennt dies „two stand-alone expansions“. Das Spielprinzip und die Regeln sind identisch zu der ursprünglichen Box. Neben neuen Karten gibt es im Wesentlichen zwei neue Fähigkeiten. Die folgenden Begriffe und Fotografien sind auf Englisch, da uns nur dieser Prototyp zur Verfügung stand. Die Auslieferung wird in deutscher Sprache erfolgen.

Die neuen Karten weisen wieder witzige Namen und Bilder auf.
Die neuen Karten weisen wieder witzige Namen und Bilder auf.

Mit der Action-Fähigkeit steht, neben Karte ausspielen oder mit einer ausgespielten Karte angreifen, eine neue Option zur Verfügung. Bei Karten mit dieser Fähigkeit kann man entscheiden, die Aktion zu nutzen. Der Cake Trickster in etwa erlaubt es, eine gegnerische Karte auszuwählen und zum sofortigen Angriff zu zwingen. Damit ergibt sich eine gute Möglichkeit, die feindliche Kreatur zu besiegen.

Die neue Action-Fähigkeit wird statt der üblichen Aktionen verwendet.
Die neue Action-Fähigkeit wird statt der üblichen Aktionen verwendet.

Die zweite Fähigkeit Evolve erlaubt es, einige spezielle Karten weiterzuentwickeln und damit stärker zu machen. Dies ist immer an die neue Action-Fähigkeit gebunden und wird also statt einem normalen Zug abgehandelt. In jeder Erweiterung gibt es vier Sonderkarten wie die Cloud Lady, die oben rechts in der Ecke die Stufe I aufweist. Passend zu der Cloud Lady kann sich diese mit der Evolve-Aktion zur Typhoon Princess (Stufe II) und später zur Thunder Queen (Stufe III) verbessern. Dazu wird die Karte entsprechend ausgetauscht. Während sich auf Stufe I jede feindliche Kreatur mit einer Stärke von 4 oder weniger Punkten besiegen lässt, kann die Thunder Queen einfach alle gegnerischen Kreaturen abräumen.

Grundsätzlich ist es Nerdlabs gelungen, eine neue Vielfalt an Kartenfähigkeiten mit den beiden Erweiterungen in das Spiel zu integrieren. Damit haben die Erweiterungen ein tolles Alleinstellungsmerkmal und sind sowohl als alleinstehende Box als auch als gelungene Erweiterung in ein großes Kartendeck integrierbar.

Evolve-Kreaturen lassen sich upgraden und werden immer mächtiger.
Evolve-Kreaturen lassen sich upgraden und werden immer mächtiger.

Die neue Kampagne bietet drei Kaufoptionen und einiges an zusätzlichem Material („add-ons“). Der Explorer-Pledge ist die Grundversion, die aber mittlerweile mit einem Lebenspunkt-Zähler ausgeliefert wird. In dem mittleren Preissegment (Discoverer-Pledge) werden insbesondere die Boxen aufgewertet und es gibt Lebenspunkt-Steine dazu. Spielmatten und eine große Box für alles (inklusive Platz für das Grundspiel) könnt ihr mit dem Beyonder-Pledge erhalten. Als zusätzliches Material lässt sich das Grundspiel, Sleeves und weiteres erwerben. Für Deutschland kommen abhängig vom Paket noch sechs bis acht Euro Versandkosten dazu. Laut der Kampagne werden keine gesonderten Steuern fällig.

Ausstattung

Die Karten sind von guter haptischer Qualität. Sleeven ist immer eine Geschmacksfrage; in die normalen Grundboxen passen eingefasste Karten aber nicht mehr in die kleine Spielschachtel. Der Karton besteht aus einer dünnen Papierschachtel. Erst bei der Deluxe-Versionen (Basisspiel und Kickstarter) bekommt man eine stabilere Box mitgeliefert. Wer das Spiel auch lange optisch gut erhalten möchte, ist an dieser Stelle gut beraten, die teurere Lösung zu kaufen.

Das Artwork der Karten wirkt frisch und unverbraucht. Der ukrainische Künstler Denis Martynets hat bereits einige Brettspiele illustriert, die aber weitestgehend unbekannt sind. Die Karten-Kreaturen werden immer als Hybridwesen bezeichnet und dies wird ausnahmslos in den Illustrationen sehr stimmig aufgegriffen. Text und Artwork greifen Hand in Hand. Es macht viel Spaß, all die Kleinigkeiten zu entdecken.

Die Regeln sind schnell erklärt und auch das Regelheft unterstützt dabei hervorragend. Wie Magic-Fans aber sicherlich bereits wissen, steckt der Teufel eher im Detail, wenn die ersten Karten mit ihren Fähigkeiten aufeinanderprallen. Auf BoardGameGeek gibt es weit über 100 Regelfragen zu dem Spiel. Bei den vielen Kombinationsmöglichkeiten ist es unvermeidlich, nicht alle Kombinationen im Voraus behandeln zu können. Dies kann natürlich zu etwas Downtime und Diskussion am Tisch führen. Darauf sollte man eingestellt sein oder schnell pragmatisch lösen.

Die harten Fakten First Contact (Grundspiel):

  • Verlag: Nerdlab Games
  • Autor*in(nen): Skaff Elias, Richard Garfield, Marvin Hegen, Christian Kudahl
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 15 bis 25 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2
  • Alter: ab 8 Jahren
  • Preis: ca. 17,50 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

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Die harten Fakten Beyond (Kickstarter):

  • Verlag: Nerdlab Games
  • Autor*in(nen): Skaff Elias, Richard Garfield, Marvin Hegen, Christian Kudahl
  • Erscheinungsjahr: Dezember 2023
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 15 bis 25 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2
  • Alter: ab 8 Jahren
  • Pledge-Level: Explorer 35 EUR, Discoverer 55 EUR, Beyonder 90 EUR
  • Bezugsquelle: Kickstarter

 

Bonus/Downloadcontent

Der Verlag Nerdlab Games hat für Mindbug eine eigene Webseite ins Leben gerufen. Auf der Homepage gibt es sowohl das deutsche Regelheft, ein Regelvideo und in englischer Sprache auch eine experimentelle Anleitung für eine Variante mit vier Personen.

Für die Besitzer*innen von 3D-Druckern mag es erwähnenswert sein, dass sich jemand die Mühe gemacht hat, schöne Lebenstoken zu kreieren. Dank der neuen Crowdfounding-Kampagne könnte man nun darauf verzichten.

Das Basis Spiel – also Mindbug: First Contact kann sowohl über Tabletopia als auch über Tapletop Simulator ausgiebig online gespielt werden.

Fazit

Die großen Deckbuilder wie Magic: The Gathering haben stets den Nachteil, dass man viel Zeit und vor allem Geld in aktive und gute Karten stecken muss. Wer auf der Suche nach einem ähnlichen Spielgefühl jenseits der Sammelkartenspiele ist, sollte dem Mindbug-Universum eine Chance geben.

Mit der neuen Erweiterung kommen weitere tolle Karten und zwei neue Fähigkeiten hinzu. Die Erweiterungen lassen sich als eigenes Spiel spielen oder mit Karten aus dem Grundspiel nahtlos kombinieren – ähnlich wie man es aus Munchkin kennt.

Die Regeln sind schnell erklärt und ebenso schnell dauert auch eine Partie. Die Schachtel passt in jede Handtasche respektive Rucksack und kann sogar auf kleiner Fläche im Zug oder Flugzeug gespielt werden. Das Zweipersonen-Spiel lebt von der Interaktion untereinander. Die Mindbugs geben damit einen besonderen Kniff, der Bluff-Elemente integriert. Es lohnt sich, schon einmal am Pokerface zu arbeiten, da man mit den zwei Mindbugs eine eben ausgespielte Karte unter eigene Kontrolle bringen kann.

Wer auf der Suche nach mehr taktischer Tiefe ist und auch etwas mehr Platz auf dem Tisch erübrigen kann, wird mit Radlands oder Riftforce etwas mehr Spiel bekommen. Aber auch diese beiden Spiele unterliegen dem Glücksfaktor.

Unter dem Strich ist Mindbug ein schnelles Spiel, welches aufgrund der Spielzeit zur Revanche einlädt. Die neue Kickstarter-Kampagne bringt erneute Abwechslung und neue Fähigkeiten auf den Tisch. Fans des Grundspieles können bedenkenlos zu greifen. Das Artwork und Namen der Karten lädt zum Entdecken und Schmunzeln ein.

  • Extrem kurzweilig
  • Witzige Karten
  • Einfache und schnell erlernbare Regeln
 

  • Handkarten sind glücksabhängig
  • Geringe taktische Tiefe

 

 

Artikelbilder: © Nerdlab Games
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Alexa Kasparek
Fotografien: Horst Brückner
Das Basisspiel wurde privat finanziert. Die Kickstarter-Version wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.
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