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Westlich der Rabenlande liegt das Heimatland der Reiterklans, der Aslenen. Von den Quarden und Galdanen haben Abenteurer*innen bereits gehört, doch sind das nicht die einzigen Klans, die es im Westen gibt. Und sie sind bei weitem nicht alles, was den Reisenden in den vom Vulkangott Horn überblickten Weiten begegnen kann …

Mit The Bloodmarch ist die zweite Erweiterung (nach The Bitter Reach/Die Frostweiten) zu Forbidden Lands beziehungsweise Die Verbotenen Lande erschienen. Zusammen mit dem Book of Beasts wird nicht nur die Spielwelt westlich der Rabenlande erweitert, sondern auch ein Bestiarium geliefert, um gegen noch mehr Monster in spannenden Kämpfen anzutreten. Auch einige unerwartete Neuigkeiten überraschen interessierte Leser*innen.

Der Uhrwerk Verlag hat im März 2023 angekündigt, The Bloodmarch unter dem Titel Blutmark zu veröffentlichen und erneut durch eine gameontabletop-Kampagne zu finanzieren. Dabei soll auch Book of Beasts mitübersetzt werden. Da die deutsche Version noch nicht vorliegt, werden in diesem Artikel durchweg die englischen Begriffe benutzt.

Triggerwarnungen

Keine

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Inhalt: The Bloodmarch

Im folgenden Artikel werden kleinere Spoiler zur Kampagne Zorn des Raben vorkommen. Weitestgehend wird zwar darauf verzichtet, aber um das Spielerlebnis als Spieler*in komplett genießen zu können, ist dieser Artikel besser erst nach Abschluss der Kampagne zu lesen.

Die Verbotenen Lande beinhaltet die Kampagne Zorn des Raben (als separates Buch), über die man sehr viel über die Spielwelt und deren Geschichte herausfindet. Es besteht keine Verpflichtung, die Kampagne vor dem Besuch der Bloodmarch abzuschließen oder die neue Kampagne Legacy of Horn zu spielen, aber sie bauen in manchen Punkten aufeinander auf oder es wird Bezug zur vorherigen genommen.

So ist der Schattentorpass zu Beginn des Grundspiels noch verschlossen, aber am Ende der Kampagne geöffnet, was den Zugang zum westlichen Gebiet hinter den Bergen erst ermöglicht. Statt des Blutnebels, der die Rabenlande 300 Jahre lang gefesselt hatte, hatten die Bewohner*innen es mit den Folgen der Dämonenflut zu tun. Jetzt ist der Pass wieder offen und schon drängen die ersten Abenteurer*innen und Siedler*innen hindurch.

Go West – The Bloodmarch

Die weiten Ebenen der Bloodmarch sind nicht karg, wenn auch etwas trocken. Die Vulkanerde verleiht ihr viel fruchtbaren Boden, ist insgesamt den Rabenlanden aber klimatisch ähnlich. Auffällig sind die roten Dschungel der Crimson Forests, die brodelnden Firelands und die Ashlands, in denen alles von grauer Asche überzogen und sehr gefährlich ist.

Die Völker der Bloodmarch sind teilweise anders als in den Rabenlanden oder Frostweiten. Die fünf Reiterklans sind hier komplett vertreten und liegen im permanenten Zwist miteinander, auch wenn Selligar Horne of Havenmark versucht, sie zu einen. Die Vasnians sind das indigene Volk der Bloodmarch und den Orks sowie den Wolfsmenschen sehr nahe – ein bisschen wirken sie wie Halborks.

Die Karte der Bloodmarch ist nicht nur schön, sondern auch abwechslungsreich.

Es gibt die neuen Elfengruppierungen und die aslenischen Zwerge, die sich „Caprids“ nennen. Sie verehren den Gott Horn als einen Aspekt des Gottes Hüne und sind selbst mit Hörnern am Vorderschädel ausgestattet. Orks haben bei weitem nicht den gleichen Status wie in den Rabenlanden, wenngleich doch Ähnlichkeiten bestehen: So blicken die meisten anderen Bewohner*innen weiterhin auf sie herab, einen Status als ehemalige Sklaven haben sie aber nicht. Einige Orks zeugen Kinder mit Wolfsmenschen – diese können Grargs werden, eine Mischung aus beiden Völkern, die fast wildschweinhaft wirkt.

Religion spielt erneut eine große Rolle, größer als man zu Beginn glauben mag. Neue Götter und Interpretationen dieser werden eingeführt, wie Volitia und Étosh, die der Kern des orkischen Glaubenskonzeptes sind, oder Rubor und Kolor, die den roten Elfen ein Begriff sind. Ebenfalls spielen die Vulkane und Berge eine wichtige Rolle: Horn und seine Gattin Have sind nicht nur für die Aslenen wichtig, deren Klans nach ihren Söhnen benannt sind, sondern für alle in der Bloodmarch.

Das Gebiet der Bloodmarch ist abwechslungsreich und spannend, hält im Verlauf der Kampagne viele Entdeckungen bereit und bringt Veränderung mit sich, ist dabei aber nicht ganz so unnachgiebig und tödlich wie die Frostweiten. Es gibt neue Tabellen für Missgeschicke beim Wegfinden oder Sammeln und auch einige weitere, die teils für die Regionen unterschiedlich sind und so erneut für Spannung sorgen.

Magischer Westen

Zwar gibt es keinen neuen Beruf in The Bloodmarch, aber dafür gleich vier verschiedene magische Schulen – oder vielleicht dreieinhalb.

Die Caprids, also die gehörnten Zwerge, sind keine (oder nicht nur) Steinsänger, sondern wirken den Magma Song. Passend zu ihrer Ansicht, der Vulkan Horn sei nur eine Ausprägung des Steingottes Hüne, können sie Gestein verflüssigen und eine Immunität gegen Feuer wirken. Auch heißes Wasser und Feuer selbst können sie manipulieren. Manche beschwören sogar die furchterregenden Fire Wyrm.

Die Oneiromancy, die Traummagie, wird von der Dreamstress gelehrt, einer aslenischen Prophetin, die aussieht wie ein mehrere Meter großer Bronzebuddha. Sie lehrt allen die Kunst der Traummagie, die sie lernen wollen und magisch begabt sind. Dann ist man fähig, Traumbesuche zu machen oder ein stärkendes Schlafritual ausführen. Mit Prophetic Dreams kann man sogar Körperteile wieder heilen lassen oder Tote zum Leben erwecken, wenn man seit der Verletzung oder dem Tod der Person nicht geschlafen hat.

Oneiromancy wird von dieser beeindruckenden Prophetin gelehrt.

Mentalism kann andere etwas vergessen lassen oder allgemein die Sinne täuschen oder Einfluss auf Handlungen haben. Über diese Form der Magie soll an dieser Stelle nicht zu viel verraten werden, auch nicht, woher sie stammt.

Die letzte Magieschule ist eine besondere Form der Metallmagie, die in der Rostkirche entstanden ist und auch nur dort weitergegeben wird: Magnetism. Damit kann allerlei Metallmanipulation bewirkt werden und der mächtigste Zauber ist ein Bloodshock, bei dem das Metall im Blut des Opfers genutzt wird, um es bewusstlos zu machen.

Teilweise sind die neuen Arten der Magie mit der Geschichte der Bloodmarch verwoben, aber in jedem Fall sind sie spannend und mächtig. Es gibt dabei keine Unterscheidung zwischen den Berufen Druide und Zauberer, denn beide Gruppen haben grundsätzlich Zugang zu allen Arten der vorgestellten Magie. Leider fehlen, so aufregend die Magie auch ist, alternative Neuheiten für Charaktere ohne Magie wie zum Beispiel neue Talente.

The Legacy of Horn

Die Kampagne in der Bloodmarch ist wesentlich enger gestrickt, als es in vorigen Erscheinungen der Fall war. Dabei ist es nicht unbedingt wichtig, dass die SC Schlüsselereignisse auslösen, womit ihr Weg durch die Spielwelt freier wird. Gleichzeitig reißen die Ereignisse sie aber unaufhaltbar mit.

Wie gewohnt werden im Buch die Schlüsselfiguren mit ihren Intentionen und Plänen vorgestellt und Abenteuerschauplätze mitgegeben. Erneut spielen eine Handvoll Artefakte eine Rolle und bringen die Geschichte ins Rollen. Es gibt Rückbezüge zu den Ereignissen in den Rabenlanden und ein paar Ausblicke in die Zukunft.

Die Kampagne geht auf Ereignisse vor der bespielten Zeit ein, knüpft an Legenden an und erläutert ganz nebenbei Hintergründe – kurz: Sie überzeugt auf ganzer Linie.

Spoiler

Die Menschen kommen ursprünglich aus dem fernen Westen, viel westlicher als es die Rabenlande sind. Ihre Vertreibung von dort, geführt von Rabe und Wyrm beziehungsweise Rost und Häma wird in der Kampagne aufgegriffen. Die Hintergründe sollen hier nicht ganz aufgedeckt werden. Die Artefakte, die der Legende nach von Horn an das Reitervolk gegeben wurden, sollen gesammelt und vereint werden. Nicht nur die SC allein sind daran interessiert, denn sie versprechen Macht und Herrschaft.

Im Verlauf der Kampagne wird klar, dass viele sich um das reißen, was am Ende wartet. Ihre Motive sind teils so verworren oder undurchsichtig, dass es niemanden geben mag, der*die von einer Überraschung ausgenommen bleibt.

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Bestiary und Encounter

Die 16 neuen Monster passen sich gut in die Spielwelt ein. Man findet typische Wesen wie Salamander oder Mechas, aber auch geflügelte Pferde oder Sarcoptes – Milben von mehreren hundert Kilos. Sie können gezielt eingesetzt werden und mit ihren Monsterattacken oder Spezialfähigkeiten Chaos unter den SCs säen oder in einer der 27 Zufallsbegegnungen auftauchen.

Diese sind wieder vielfältig und spaßig, teils mit witzigen Wortspielen („The inglorious Butchars“). In jedem Fall hat jede dieser Zufallsbegegnungen das Potenzial, lange im Gedächtnis zu bleiben.

Inhalt: Book of Beasts

Book of Beasts schließt eine Lücke, die schon lange adressiert wurde: Es gab zu wenige Monster, auf die man treffen konnte. Um das Problem zu beheben, konnte The Servants of Memory von Trilemma Adventures eine gute Alternative sein (und ist es immer noch), doch ein offizielles Bestiarium kann natürlich nicht schaden.

Bestiary und Encounter

Es gibt nie genug Monster! Im Book of Beasts gibt es davon mehr als genug: Frösche, Drachen, Trolle und Wesen, von denen man noch nie gehört hat. Das Tupilaq zum Beispiel ist eine Art Frankensteinmonster aus verschiedenen Tierteilen und -kadavern.

Jedes Monster hat eine Legende dabei, einen Beschreibungstext und gibt Hilfestellung bei einem Lore-Wurf der Spieler*innen. Außerdem werden Vorschläge für Zufallsbegegnungen mit den Wesen gemacht, was die Chancen für SLs enorm erhöht, stimmungsvolle Einsatzmöglichkeiten zu finden. Natürlich finden sich auch Monsterattacken bei den Beschreibungen.

Natürlich hat das Tupilaq des schwedischen Verlags einen Elchkopf!

Besonders nützlich sind die aufgelisteten Ressourcen, die Monster nun hinterlassen können, wenn sie getötet wurden. Vieles bezieht sich auf den neuen Zweig der Alchemie, aber auch andere Berufe und Passionen werden mit teils ungewöhnlichen Belohnungen versehen. So hinterlässt der Rat King zum Beispiel seine dämonische Flöte, die der tragenden Person eine Resistenz gegen Angriffe von Dämonen verleihen kann.

Neben den Begegnungen, die gezielt den Monstern zugeordnet sind, hält das Book of Beasts noch weitere 36 Begegnungen bereit. Diese sind nicht speziell auf eine der drei Spielregionen beschränkt, sondern nur auf den Geländetyp. Mit einigen Anpassungen sind sie aber fast universal einsetzbar. Damit ist das Book of Beasts unabhängig davon, ob man sich The Bloodmarch zugelegt hat, eine gute Ergänzung zu jeder Verbotenen Lande-Runde.

Gamemaster Tools

In diesem Kapitel gibt es vor allem viele Tabellen: neue Fallen, Beschreibungshilfen für Gebiete oder Lagerplätze. Es gibt eine umfangreiche Liste über Balladen und Schriften zum Auswürfeln, wenn besondere Bücher gefunden werden. Aus ihnen kann man sogar noch etwas lernen. Die Regeln für eine eigene Festung werden auch erweitert.

Besonders interessant ist das neue Talent: Alchemist. Damit können nun Tränke und Gifte hergestellt werden. Mit einigen heilt man Zustände oder verstärkt seine Attribute für einen Vierteltag. Andere heilen sogar Verletzungen oder verlangsamen den Alterungsprozess. Mit Giften können Feinde zeitweise erblinden oder ihnen Zustände zugefügt werden. Auch Alterungstropfen sind möglich.

Die Auswahl an Gebräuen ist groß.

Zu guter Letzt findet sich ein Artefaktgenerator im Buch und Regeln für das Solospiel, welches immer beliebter wird.

Erscheinungsbild

Das Design ist durchweg gewohnt hervorragend. Während Book of Beasts sich mit dem Ledereinband mit goldener Schrift und zentralem Symbol an den beiden Grundregelwerken Player’s Handbook und Gamemaster’s Guide orientiert, ist The Bloodmarch in der Tradition der Kampagnenbücher mit einer ganzseitigen Illustration verziert.

Ganz im OSR-Stil ist das Innere der Bücher schwarz-weiß und schlicht gehalten, aber gut strukturiert. Die Illustrationen beeindrucken mit ihrer Wildheit und spiegeln das Raue der Spielwelt wider. Der Index rundet das ganze ab.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Fria Ligan AB
  • Autor*in(nen): Erik Granström (Lead Writer The Bloodmarch), Andreas Marklund (Lead Writer Book of Beasts)
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Englisch
  • Format: Hardcover, PDF
  • Seitenanzahl: 257 (The Bloodmarch), 192 (Book of Beasts)
  • ISBN: 9789189143661 (The Bloodmarch), 9789189143647 (Book of Beasts)
  • Preis: Jeweils 36,95 EUR (Hardcover) oder 18,21 EUR (PDF)
  • Bezugsquelle: Fachhandel, DriveThruRPG (Bloodmarch, Book of Beasts), Sphärenmeister (Bloodmarch, Book of Beasts)

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Internetseite des Verlags gibt es die Abenteuerschauplätze und Hexfeldkarte zum Download.

Die Hexfeldkarte mit Stickern und Spielkarten für Artefakte und Reittiere können als Bundle für knapp 15 Euro dazugekauft werden.

Fazit

Nach der ersten Kampagne von Verbotene Lande hat man viel erlebt und der Weg nach Norden in die Frostweiten ist spannend, aber doch ganz anders. Es ist gut, dass mit der Westerweiterung The Bloodmarch der Schritt wieder zurückgeht zu dem, wie es begonnen hat. Nicht nur die Kampagne ist hervorragend, sondern auch die Darstellung des neuen Gebietes ganz unabhängig davon.

Obwohl sich das neue Land ganz anders anfühlt, ist es doch so vertraut, dass man nahtlos an die Rabenlande anknüpfen kann. Mehr noch, man sieht sogar, wohin es einen führen wird: Der Weg in die Erlenlande südlich der Rabenlande ist schon greifbar nah. Weitere Pfade zeichnen sich ab, darunter The Sparse, die letzte der vier initial angekündigten Erweiterungen. Hinzu kommen noch die Drawn Lands, Davura und Treuwen – es scheint so, dass noch viele weitere Abenteuer in den Verbotenen Landen auf Spieler*innen warten!

Es kommen wohl noch ein paar Erweiterungen dazu – mindestens aber zwei!

Mit dem Book of Beasts wurde dafür bereits ein universell einsetzbares Bestiarium eingeführt, das auch in zukünftigen Gebieten zum Einsatz kommen kann. Soloregeln und viele kleine Anpassungen und Ergänzungen zu bestehenden Regeln verfeinern das Spielerlebnis.

All das gibt es in großartiger Qualität mit ausgezeichneter Verarbeitung und Gestaltung. Für jene, die tiefer in die Geschichte der Spielwelt eintauchen wollen, ist The Bloodmarch genau das richtige, und für jenen, die mehr Gefahren und Herausforderungen für ihre bestehende Runde suchen, ist Book of Beasts anzuraten. Allen anderen ist beides zu empfehlen.

  • Packende Kampagne
  • Durchweg stimmige Erweiterungen
  • Hervorragendes Design

 

  • keine

 

Artikelbilder: © Fria Ligan AB
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Alexa Kasparek
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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