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Die Vorstellung von Tolkiens Welten dürfte vielerorts durch die Spielfilm-Trilogie oder die Werke von John Howe geprägt sein. Mittelerde – Auf den Spuren eines Mythos bietet eine weitere Inspiration. Der Sammelband mit den Werken des Künstlers Donato Giancola fasziniert mit einer Vielzahl wunderschöner Charakterbilder und Szenerien.

Die Welten von R. R. Tolkien bedürfen keiner weiteren Vorstellung. Auch beinahe 50 Jahre nach dem Tod des britischen Schriftstellers zieht uns seine Schöpfung in den Bann. Die Welt von Arda begegnet uns nach wie vor in neuen Umsetzungen von Streaming-Diensten, Rollenspielen und Büchern. Die Mythen und Geschichten dieser Welt faszinieren unzählige Fans, zu denen auch der Fantasy-Illustrator Donato Giancola gehört.

Im Splitter-Verlag ist nun ein üppiges Artbook unter dem Titel Mittelerde – Auf den Spuren eines Mythos erschienen, welches Werke des amerikanischen Künstlers zu Tolkiens Schöpfung sammelt. Wir überprüfen in unserem Kurzcheck, ob man sich damit wirklich im Mythos Mittelerde verlieren kann.

Inhalt

Da es sich um eine Sammlung verschiedenster Kunstwerke handelt, verfügt Mittelerde – Auf den Spuren eines Mythos über keine klassische Handlung. Nach einem kurzen Vorwort werden Giancolas Illustrationen zu den wichtigsten Werken Tolkiens gebündelt präsentiert, wobei diese in ihrer Anordnung den zeitlichen Abläufen der Geschichten folgen.

Der erste Abschnitt fokussiert sich auf Illustrationen zu Der Hobbit. Darauf folgen Kunstwerke zur Herr der Ringe-Trilogie, welche mit Abstand den meisten Platz in diesem Sammelband einnehmen. Abschließend gibt es verschiedene Abbildungen aus weiteren Werken von J. R. R. Tolkien und einem Schlusswort zum britischen Schriftsteller und dem Künstler Donato Giancola selbst.

Neben Details zu den Kunstwerken, wie Entstehungsjahr, Maße, Medium und Besitzstatus, enthält der Sammelband Anmerkungen zu einzelnen Zeichnungen. Diese gehen beispielsweise auf wichtige Symboliken der Darstellung ein oder liefern Informationen zur Bedeutung von Personen oder Szenen in Tolkiens Werken. Selbst für Kenner*innen der Welt von Mittelerde gibt es hier vielleicht einige Details, die zuvor nicht bekannt gewesen sind.

Zeichnungen

Das Herzstück dieses Sammelbandes sind selbstverständlich die knapp 200 Illustrationen. Dabei muss direkt zu Beginn festgehalten werden, dass die Qualität von Donato Giancolas Zeichnungen nur als brillant und atemberaubend beschrieben werden kann. Unabhängig vom Medium überzeugen die Kunstwerke mit ihrer Hingabe zum Detail, lebensechten Dynamik und verzaubernden Atmosphäre.

Die meisten Kunstwerke wurden mit Aquarellstift und Pastellkreide auf getöntem Papier oder Öl auf Holz festgehalten. Letztgenannte dürften auch die bekanntesten Werke des Künstlers darstellen, wie beispielsweise der Aufbruch von Bilbo mit der Gruppe um Thorin Eichenschild, sowie Darstellungen des Zauberers Gandalf. Manche Szenerien sind sowohl als Papierzeichnung, als auch als Ölgemälde enthalten.

Generell rücken die meisten Schöpfungen von Donato Giancola die Charaktere der Geschichten in den Mittelpunkt. Nur selten finden sich actionreichere Szenen (wie Der Ritt der Rohirrim) oder Zeichnungen mit Fokus auf Landschaften (wie Fangorn oder Huor und Húrin erreichen Gondolin). Auch übernatürliche Wesen wurden vom Künstler geschaffen, wie beispielsweise die Drachen Smaug und Glaurung, sowie der von Gandalf besiegte Balrog.

Bei seinen Kunstwerken bezieht sich Donato Giancola nicht auf die Darstellungen aus den Filmen, sondern schafft seine eigene Interpretation der Figuren und Ereignisse auf Basis der Beschreibungen Tolkiens. Gerade bei den Ölgemälden kommt man allerdings nicht umhin, seine Inspiration bei den alten Meistern der Renaissance zu vermuten. Nicht umsonst wird stellenweise der Vergleich mit Heiligendarstellungen gesucht. Aufgrund des Detailgrads, der Leuchtkraft der Farben, der Dynamik der Posen und der mythischen Atmosphäre wirken speziell Kunstwerke wie Der Herr der Ringe, Sméagols Zähmung, Faramir in Osgiliath oder Éowyn und der Fürst der Nazgûl wie Interpretationen alter Meister religiöser Motive. Würden einige dieser Werke in bekannten Museen oder Galerien hängen, dürften viele Besucher auf den ersten Blick gar nicht erkennen, dass Mittelerde im Zentrum des Gezeigten steht.

Einen charmanten Abschluss bildet eine Ölzeichnung von J. R. R. Tolkien, welche den britischen Autor in einem Arbeitszimmer zeigt. Das Kunstwerk ist gespickt mit Anspielungen, welche für weniger eingeweihte Personen glücklicherweise in einem Begleittext erläutert werden.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Splitter
  • Autor*in: David Wenzel, Ted Nasmith
  • Zeichner*in: Donato Giancola
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl: 144
  • Preis: 35,00 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Mittelerde – Auf den Spuren eines Mythos ist in seiner Gesamtheit als wunderschönes Kunstwerk zu betrachten. Die Sammlung von Donato Giancolas Interpretationen der Figuren und Ereignisse aus Tolkiens Werken überzeugt durch die Vielfalt der enthaltenen Illustrationen sowie die hohe Qualität dieser. Neben den bekanntesten Werken Der Hobbit und Der Herr der Ringe haben auch andere Erzählungen Tolkiens ihren Weg in diesen Bildband gefunden, wenngleich die Trilogie um den Ringkrieg definitiv den meisten Platz einnimmt. Kurze Informationen zu den Zeichnungen, sowie Hintergrundwissen um Entstehung und Bildsprache bei ausgewählten Werken, vertiefen das Leseerlebnis.

Das Herzstück dieser Sammlung ist jedoch die Qualität und erkennbare Hingabe des Künstlers für seine Adaptionen Mittelerdes. Seien es Aquarell- und Kreidezeichnungen auf Papier oder Ölgemälde: Die Liebe zum Detail, die vermittelte Atmosphäre und das Talent von Donato Giancola werden mit jeder Zeichnung deutlich. Höhepunkte sind die stellenweise auf Doppelseiten abgedruckten Ölgemälde, welche Erinnerungen an die Meister der religiösen Darstellungen der Renaissance wecken.

Mittelerde – Auf den Spuren eines Mythos ist das perfekte Werk für Liebhaber der Welten Tolkiens oder gelungener Kunst. Sollte beides zutreffen, kann man noch bedenkenloser zugreifen.

  • Umsetzung bekannter Figuren und Szenen aus Tolkiens Werken
  • Texte liefern Details zu Symbolik und Hintergrundwissen zum Motiv
  • Exzellente Qualität der enthaltenen Zeichnungen, allen voran bei den Ölgemälden
 

  • Erklärungen nur bei einigen ausgewählten Zeichnungen enthalten

 

Artikelbilder: © Splitter, Donato Giancola
Layout und Satz: Kai Frederic Engelmann
Lektorat: Saskia Harendt

Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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