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Viggo Mortensen brach sich den Zeh, als er in Die Zwei Türme gegen einen Orkhelm trat, weil er über den vermeintlichen Tod von Merry und Pippin verzweifelte. Das wissen die meisten – aber wisst ihr auch, wer Teleporno ist? Das und mehr unwahrscheinliche Fakten über Mittelerde und Tolkien erfahrt ihr hier!

Tolkien and the Great War von John Garth. Ein Standardwerk über Tolkien mit Unmengen an Wissen.
Tolkien and the Great War von John Garth. Ein Standardwerk über Tolkien mit Unmengen an Wissen.

Fans der Herr der Ringe-Filme sind viele Fun Facts bekannt. Sean Astin trat in eine Scherbe, als er Frodo in den Anduin hinein folgte. John Rhys-Davies ließ als kampflustiger Zwerg Gimli die Stuntleute erzittern. Anderswo traf es wieder Sean Astin: Beim Dreh des tränenreichen Abschieds der Hobbits von Frodo an den Grauen Anfurten vergaß er nach der Mittagspause, eine Weste wieder anzuziehen – die Szene musste in all ihrer Tragik, mit all ihren Tränen erneut gedreht werden.

Aber welches wunderbare unnütze Wissen ist noch da draußen? Wir haben für euch gesammelt und präsentieren euch stolz verschiedene harte Fakten, mit denen ihr in Zukunft auf jedem Nerd-Quiz glänzen könnt.

 

 

 

Tolkien ist waschechter Brite – oder?

  1. Tatsächlich wurde Tolkien am 3. Januar 1892 in Bloemfontein im heutigen Südafrika geboren. Sein Vater Arthur war britischer Bankmanager, der sich beruflich im damaligen Oranje-Freistaat aufhielt; seine Mutter Mabel stammte aus Birmingham. Die beiden hatten in Kapstadt geheiratet und waren später nach Bloemfontein gezogen, wo Arthur eine Filiale der Bank of Africa leitete. Nur zwei Jahre später wurde sein Bruder, Hilary Arthur Reuel Tolkien, geboren.
  2. Dort wurde er auch von einer Vogelspinne (Baboon Spider) gebissen. Zwar sagte er später, er erinnere sich nicht an den Biss und habe auch keine Angst vor Spinnen, aber der Gedanke liegt nah, dass wir Kankra (und Ungoliant) diesem kleinen Ereignis zu verdanken haben. Woher wir das wissen? Tolkien nimmt in seinen Briefen Bezug darauf, und auch in der Carpenter-Biographie wird davon gesprochen.
  3. Das Klima in Südafrika bekam weder der Mutter noch den Kindern. Im Jahr 1895 begab sie sich mit den Kindern auf einen längeren Urlaub in der britischen Heimat. Arthur wollte nachkommen, doch im Februar 1896 erkrankte er plötzlich und verstarb. Tolkiens Mutter Mabel verschied einige Jahre später, als Tolkien 12 Jahre alt war. Ein katholischer Priester übernahm gemäß dem Willen seiner Mutter die Vormundschaft über ihre Kinder. Tolkien war Zeit seines Lebens gläubiger Katholik, was sein Werk maßgeblich beeinflusst hat: Christliche Motive finden sich in seinen Figuren, allen voran dem Schöpfer der Welten, Ilúvatar, und anderen Themen wie der Wendung zum Guten, der Eukatastrophe, wieder.
Die Carpenter-Biographie und Tolkiens Briefe - ein wahrer Quell an Fun Facts!
Die Carpenter-Biographie und Tolkiens Briefe – ein wahrer Quell an Fun Facts!

I know that feeling, mellon!

  1. Wie viele von uns, die Tisch- oder Liverollenspiel betreiben oder ganz allgemein viel Zeit in Fantasiewelten verbringen, war Tolkien sich darüber im Klaren, wie sein kreatives Schaffen nach außen wirken würde. So schrieb er in einem Brief an seine damalige Verlobte und spätere Ehefrau, Edith Bratt, aus den Gräben des Ersten Weltkriegs: „Ich habe ein wenig an meiner Quatsch-Feensprache gearbeitet. Ich will oft daran arbeiten, tu es aber nicht, denn obwohl ich das so gerne mache, scheint es mir ein absolut verrücktes Hobby zu sein.“ („I often long to work at it and don’t let myself ‘cause though I love it so it does seem such a mad hobby!”). Dieses Gefühl kennen wir nur zu gut!
  2. Gefühle zu artikulieren, ist Tolkien gewiss nicht schwer gefallen: Schließlich hatte er zu seinen Lebzeiten viele verschiedene Sprachen gelernt, darunter Französisch, Deutsch, Gotisch, Griechisch, Italienisch, Lateinisch, Dänisch, Altenglisch, Mittelenglisch, Norwegisch, Russisch, Serbisch, Spanisch, Walisisch … und noch einige mehr.
  3. Das hat ihn nicht davon abgehalten, weitere Sprachen zu erfinden. In Summe hat er im Kontext von Mittelerde 14 (vierzehn!) Sprachen und Alphabete entwickelt.

 

Ein Kinderbuch – oder?

  1. Nach dem Erfolg von Der Hobbit bat Tolkiens Verlag, Allen & Unwin, den Autor um eine Fortsetzung. Tolkien hatte das Buch ursprünglich für seine Kinder geschrieben, und auch Der Herr der Ringe war ursprünglich als ein Kinderbuch geplant. Das ist es am Ende nicht geworden – zu unser aller Glück.
  2. Kindgerecht wäre der Name „Teleporno“ ohnehin nicht gewesen. Das hat Tolkien nicht davon abgehalten, Celeborn, einen hochrangigen Elben und Ehemann der Ringträgerin Galadriel, ebenso zu nennen – wenn auch nur auf Sindarin, der Sprache der Grauelben.
  3. Allerdings wäre „Tevildo“, die Riesenkatze, Fürst aller Katzen und stärkster Diener Morgoths wohl schon eher für Kinder geeignet gewesen. Ihr kennt Tevildo nicht? Kein Wunder, denn Tevildo ist niemand anderes als eine sehr frühe und später verworfene Fassung von Sauron persönlich.
  4. Wo wir grade bei frühen Namen sind: Ist euch „Trotter“ ein Begriff? Trotter ist ein Hobbit, der Holzschuhe an seinen vernarbten Füßen trägt, nachdem er in Mordor gefoltert wurde. Er entstammt einer frühen Fassung des Herrn der Ringe und hat es nicht in die veröffentlichte Version geschafft. Ersetzt wurde er durch einen gewissen Streicher, der Pfeife rauchend in Bree anzutreffen ist.
Die Drei Großen Sagen - ohne Christopher Tolkien hätten wir keine davon.
Die Drei Großen Sagen – ohne Christopher Tolkien hätten wir keine davon.

Die erste Gemeinschaft und das Dasein als Hobbit

  1. Hobbitscherze waren Tolkien nicht fremd: Während seines ersten Semesters in Oxford stahl Tolkien einen Stadtbus und fuhr damit seine Freunde durch die Gegend.
  2. Grundsätzlich konnte er sich mit dem Lebensstil von Hobbits hervorragend identifizieren: So schrieb er, dass er in jeder Hinsicht ein Hobbit sei, „in all but size“, also lediglich abgesehen von seiner Körpergröße. Er rauchte gerne Pfeife, mochte einfaches Essen – und hasste die französische Küche. „I am fond of mushrooms (out of a field); have a very simple sense of humor (which even my appreciative critics find tiresome); I go to bed late and get up late (when possible). I do not travel much.“ Das sagte er über sich selbst – aber es würde auch auf jeden Hobbit im Auenland passen.
  3. Tolkien war außerdem Teil des „T.C.B.S.“, was für Tea Club, Barrovian Society steht. Dies war eine informelle Gemeinschaft, in welcher Tee getrunken, Literatur diskutiert und eigene Werke vorgetragen wurden. Gegründet 1911, fand sie bald wieder ein Ende: Von den „Großen Vier“ (Tolkien, Geoffrey B. Smith, Christopher Wiseman und Robert Gilson) überlebten nur zwei, Tolkien und Wiseman, den Ersten Weltkrieg.
Aus dem Vorwort einer deutschen Fassung von Der Herr der Ringe. Es ist kein allegorisches Werk - sagt Tolkien.
Aus dem Vorwort einer deutschen Fassung von Der Herr der Ringe. Es ist kein allegorisches Werk – sagt Tolkien.

Allegorie? Nein, nein!

  1. Manche Themen in Tolkiens Werken, beispielsweise die Zerstörung der Natur, laden geradezu dazu ein, sie als Allegorie zu verstehen. Doch dagegen hat Tolkien sich Zeit seines Lebens heftig gewehrt: „Ich verabscheue Allegorie in all ihren Manifestationen […]. Ich bevorzuge Geschichte, echt oder vorgetäuscht, mit ihrer Anwendbarkeit auf die Gedanken und die Erfahrung von Lesern.“ Dieses Zitat stammt aus dem Vorwort zur zweiten Edition von Der Herr der Ringe. Es hält die Szene aber nicht davon ab, weiterhin fröhlich darüber zu diskutieren, ob das Buch nun allegorisch zu verstehen ist oder nicht. 
  2. Tatsächlich ist eine Geschichte aus Tolkiens Feder sehr gut auf die ganz reale Welt anwendbar: In Beren und Lúthien hat Tolkien die Liebe, die ihn und seine Frau Edith verbunden hat, verewigt. Er bezeichnete Edith in seinen Briefen oft als seine Lúthien, und beide Namen sind auf den Grabstein in Oxford geschrieben, unter welchem das Ehepaar nun ruht.
  3. Das korrekte Verständnis seiner Werke lag Tolkien so sehr am Herzen, dass er ein weiteres Buch schrieb – und zwar eine Übersetzungshilfe: Nomenclature of the Lord of the Rings. Ihm haben wir es zu verdanken, dass das englische „Elves“ im Deutschen mit „Elben“ übersetzt wird. Wenn ihr euch also schon einmal gefragt habt, wo der Unterschied zwischen einem „Elfen“ und einem „Elben“ liegt, dann ist hier die Erklärung: Tolkien ist schuld. So schrieb er, frei übersetzt: „Ich frage mich, ob das Wort ‚Alp‘ (oder, besser, die historisch normale Form ‚Alb‘) als Übersetzung genutzt werden könnte. […] Es bedeutet so viel wie koboldartiger und bösartiger Geist. […] Diese Assoziation empfinde ich als weniger schädlich als die ‚schönen‘ literarischen Phantasien. Die Elfen der Mythologie von Der Herr der Ringe sind nicht mit den Überlieferungen von Feenwesen gleichzusetzen. Ich bevorzuge die älteste verfügbare Form der Bezeichnung, die für die Leser meiner Geschichte eine ganz eigene Bedeutung erlangen soll.“ Das, kann man wohl sagen, ist ihm gelungen.
Tolkien wehrt sich gar gegen Gedanken, die Befreiung des Auenlandes sei ein allegorisches Kapitel.
Tolkien wehrt sich gar gegen Gedanken, die Befreiung des Auenlandes sei ein allegorisches Kapitel.

Christopher Tolkien – ein unschätzbarer Beitrag

  1. Zu Lebzeiten Tolkiens wurden zwar Der Hobbit und Der Herr der Ringe veröffentlicht – doch ohne seinen Sohn Christopher hätten wir heute nicht einmal das Silmarillion. Christopher Tolkien, der im Januar dieses Jahres verstorben ist, hat das Werk seines Vaters in mühseliger Kleinstarbeit aufbereitet und mit den Jahren viele weitere Werke veröffentlicht, darunter Die Kinder Húrins, Der Fall von Gondolin, The History of Middle-earth sowie einige Werke jenseits von Mittelerde: Sir Gawain and the Green Knight und Tolkiens Übersetzung von Beowulf.

 

Der Wert von Christophers Beitrag zu dem Werk seines Vaters ist unschätzbar. Seine Arbeit hat dazu beigetragen, dass Millionen Menschen ein Jahrhundertwerk in einer nie gekannten Tiefe kennenlernen durften. Durch ihn wurde überhaupt erst ermöglicht, dass ein ganzes Studienfeld, nämlich das der Tolkien-Studien, in dieser Form etabliert werden konnte. Mit Christopher Tolkien ist ein Großer von uns gegangen, dem die Phantastik viel zu verdanken hat.

Und … wusstet ihr eigentlich, dass die berühmte Karte von Mittelerde, die fast allgegenwärtig ist, aus Christopher Tolkiens Feder stammt? Jetzt wisst ihr es jedenfalls. Verratet uns gerne in den Kommentaren, was für euch neu war. Oder teilt eure eigenen Tolkien Fun Facts mit uns!

Titelbild: © PantherMediaSeller, ©chrisdorney | depositphotos
Fotografien: Lukas Heinen, Abgebildete Produkte: © Klett Cotta Hobbit Presse

Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Simon Burandt

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