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Es gibt so viele Rollenspielsysteme da draußen, die sich um eine Zombie-Apokalypse drehen. Erst kürzlich haben wir über das neue, in Entwicklung befindliche, Rollenspiel Survive the Undead geschrieben. Drehen wir den Spieß des Überlebenskampfes um, sehen wir auf der spielbaren Seite verrottende Leichname, getrieben von unnatürlichem Hunger auf Gehirn. Das Spiel versteht sich jedoch nicht als düstere Endzeitvision, auch wenn es so gespielt werden kann. Vielmehr geht es hier um Spaß und Skurrilität.

Erscheinungsbild

Shambles_CoverDas englischsprachige Downloadpaket kommt als ZIP mit vier PDFs daher. In dem komprimierten Paket sind die Regeln (in zwei Versionen, zur Anzeige am Schirm und zum Ausdruck mit durch Faltung wechselnden Seitenzahlen), das Cover und der Charakterbogen enthalten.

Das Layout ist simpel, ebenso sind die Illustrationen in schwarzweiß, dafür aber witzig, gehalten. Ein Inhaltsverzeichnis oder einen Index gibt es nicht, ebenso wenig wie anklickbare Links, die den Leser durch das Dokument führen. Dafür hat es aber nur 28 Seiten – oder besser gesagt eigentlich 56, aber es sind je zwei Seiten auf einer Bildschirmseite.

Hübsch ist das nicht, muss es aber auch nicht sein.

Die harten Fakten:

  • Verlag: A terrible Idea
  • Autor(en): Duane O’Brien
  • Erscheinungsjahr:  2010
  • Sprache: Englisch
  • Format: PDF
  • Seitenanzahl: 28
  • ISBN: –
  • Preis: 7,99 USD
  • Bezugsquelle: DriveThruRPG.com (Klick)

Die Spielwelt

Keine und zugleich jede.

In einem hinteren Kapitel werden einige Ansätze vorgestellt. Eines vorweg – das Spiel ist nicht kampagnentauglich, will es auch nicht sein. Einige Ansätze sind die Feeding Frenzy, in welcher man schlicht das hungrige Monster spielt, das man ist.

Andere gehen von einem seichteren Szenario aus, in welchem die Spieler/innen zwar tot sind, verrotten und Gehirn fressen müssen, aber sich dennoch bemühen, irgendwie den Anschein des Normalen zu bewahren.

Eines ist aber in jedem Vorschlag gegeben – die Spielercharaktere sind normale Menschen aus der gleichförmigen grauen Masse und hatten nie etwas Besonderes erlebt. Sie sind die grauen Mäuse im ewigen Strom – bis sie starben.

Die Regeln

Das Würfelsystem ist auf Schnelligkeit ausgelegt und hat einen eigenen Namen – es nennt sich Light, Adaptable, Fast, Flexible System, kurz LAFFS. Ich könnte es auch das 6er System nennen.

In diesem System würfelt man mit einer Anzahl von W6, die zu einem passenden Attribut gehören und muss damit eine vorgegebene Schwierigkeit überkommen. Die Würfel werden einzeln ausgewertet und werden nicht addiert.

Im Fall eines Kampfes ist die Schwierigkeit der passende Defensiv-Wert des Opfers, in Fällen wie z.B. dem Aufbrechen einer Tür wird die Schwierigkeit vom SL festgelegt.

Einen Twist bringen die LAFF-Punkte hinein. Diese werden durch gutes Rollenspiel gewonnen, dadurch, dass man dem SL ein Getränk vom Kühlschrank holt oder auch die Spielrunde zum Lachen bringt. Weitere Möglichkeiten sind gegeben. Sie können aber auch vom SL aberkannt werden, wenn jemand die Runde stört, sich über andere Themen unterhält, etc.

Die Punkte können benutzt werden, um pro Punkt das Ergebnis eines Würfels um einen Punkt hoch- oder runterzudrehen. SL und SC können das zugleich.

Wieso 6er System? SC/NSC haben sechs Attribute. Gewürfelt wird mit W6. Es gibt sechs Trefferzonen mit je sechs Trefferpunkten. Nahezu all Tabellen beschränken sich auf sechs Einträge. Kurz, knackig, leicht zu merken nenne ich das.

Zombies verfallen. Für jeden Tag verlieren sie einen Trefferpunkt an einer Zone. Für jedes Gehirn, das sie fressen, bekommen sie einen Brainmarker. Dieser kann dazu benutzt werden, um sich zu heilen oder auch die Hilfe des SL als Tipp zu erbitten. Möglicherweise sogar können sie dafür benutzt werden, in die Spielrealität einzugreifen.

Hat eine Trefferzone null Trefferpunkte erreicht, wird sie unbenutzbar und es kommt zu schweren Konsequenzen bei den sechs Attributen. SC sind also gezwungen zu fressen, denn sonst ist nach 36 Tagen Ende mit dem untoten Dasein. Gezielte Angriffe werden übrigens nicht unterstützt.

Charaktererschaffung

Zombies müssen auch mal...
Zombies müssen auch mal…

Auf die sechs Attribute Lurch, Flail, Clutch, Brawn, Chuck und Sense können nach mehreren Arten Punkte verteilt werden. Entweder werden achtzehn Punkte verteilt, oder es werden sechs Würfel gewürfelt und zugewiesen oder es wird je ein Würfel gewürfelt und dabei systematisch von oben nach unten vorgegangen.

(Lebendige) Menschen (ja, die kann man auch spielen) haben die Attribute Speed, Dexterity, Stamina, Throw, Alertness & Strength. Die Ermittlung ist die gleiche.

Dazu denkt man sich eine kurze Geschichte eines Otto-Normalbürgers aus und das war es schon.

Schnell und vollkommen zweckmäßig. Mehr braucht es nicht. Alles, was nicht kampf- oder sinnesrelevant ist, kann gehandwedelt werden.

Spielbarkeit aus Spielleitersicht

Nun ja, die Regeln sind recht knapp, aufs Nötigste beschränkt und bis auf drei Tabellen brauche ich keine Informationen. Da die Welt frei ist, eine Unterstützungen für Sonderfertigkeiten sämtlich fehlt und ich mich frei von Resident Evil bis I am Legend bedienen kann, muss ich nicht viel vorbereiten und im Kopf behalten.

Das Regelwerk bietet sogar ein aufs Nötigste ausdefiniertes Abenteuer, welches deutlich die Witzigkeit und Abstrusität präsentiert.

Echte Regeln für Zombifizierung fehlen, denn der Tod eines Menschen führt bereits durch den kleinsten Biss spätestens nach 24 Stunden zum Auferstehen als Zombie.

Spielbarkeit aus Spielersicht

Lachen, sich ekeln, mehr lachen, mehr ekeln. Das ist wohl der Fokus des Regelwerkes, auch wenn andere Geschichten möglich sind. Alleine durch die Zerfall-Regeln ist gesteuert, dass der Spaß jedoch nicht lange anhält. Wer für einen oder zwei Abende loslassen und einfach ein gänzlich anderes Spielgefühl erleben möchte, ist hier richtig.

Realismus ist fehl am Platz – das will das Regelwerk nicht, wie es deutlich in einer Box betont. Das Spiel gibt jedoch Hinweise, wie man einen Zombie spielen kann, welcher der Vorstellung all jener entspricht, die langsame schlurfende, intelligenzlose Untoter mögen. Flitzer sind aber auch möglich!

Die Regeln sind schnell gelernt und hindern nicht den Spielfluss. Durch die LAFF-Punkte und die Art, wie man sie sich verdient, ist Interaktivität sicher gestellt.

Preis-/Leistungsverhältnis

Die vielen Lacher während des Lesens wären mir die knapp 8 USD wert. Der eigentliche Preis von 14,99 USD ist jedoch deutlich zu hoch, wenn ich bedenke, wie beschränkt das Spiel einsetzbar ist. Für den neuen Preis sind Inhalt und Aufbereitung angemessen. Die Nominierung zum ENnie Award 2010 spricht Bände.

Bonus/Downloadcontent

Uns ist kein Download bekannt. Hier geht es zur Seite des Kleinverlages A terrible idea.

Fazit

Shambles, als Spiel, in dem man die spielt, die man sonst vernichtet, sieht sich nicht in der Tradition von Spielen wie Vampire:The Masquerade. Auch hier spielt man Untote, doch der Fokus auf Ernsthaftigkeit, Düsternis und Drama ist beim Produkt des A terrible idea-Verlages nicht zu finden.

Ganz im Gegensatz dazu agiert es mit Skurrilität, Ekel, viel Blut und noch mehr Lachern. Der Ansatz, ein gehirnfressendes Monster auf der Jagd zu spielen, gefällt sicher nicht jedem.

Für alle anderen, also diejenigen, die einfach mal was anderes spielen wollen, empfehle ich einen feuchtfröhlichen Abend mit Shawn of the Dead auf DVD/BluRay zuvor. Das Spiel bietet schnelle einfache Regeln mit einem Twist und sieht sich fernab des Elementes der Sozialkritik in Sachen Pop-Kultur-Ikone Zombie.

Lange währt der Spaß zwar nicht an. Mein Eindruck ist aber: Höchst amüsantes Spiel. Einem OneShot sehe ich gern entgegen.

Daumen5maennlich 

 

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