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Tabletop. Für die Einen ist es Miniaturen im Wettstreit übers Feld führen, für den Anderen beruhigendes Anmalen als Ausgleichshobby. Doch wie fängt man mit diesem Hobby an? Wir zeigen euch, welche unterschiedlichen Ansätze es dabei gibt und wie ihr die teuersten Fehler vermeidet.

Mit Tabletop als Hobby anzufangen erscheint auf den ersten Blick als recht einfache Sache. Ein paar Miniaturen kaufen, einige Farben, schnell den Pinsel schwingen und schon geht es los mit dem ersten Gefecht. Doch vielfach scheint der Einstieg nicht so einfach und so erfüllend zu sein, sind doch diverse Flohmarktgruppen und Ebay voll mit offenbar kurzzeitig angefangenen Tabletop-Sammlungen, die der vormals enthusiastische Käufer nun wieder loswerden möchte.

Ein ziemlich teurer Spaß, kann dieses Hobby doch ohne große Probleme vierstellige Summen verschlingen. In diesem Artikel soll es daher um den Einstieg ins Tabletop gehen, wie man dabei Entscheidungen treffen kann und welche Fehler man unbedingt vermeiden sollte.

Der Weg ist das Ziel– Die Frage nach den eigenen Vorstellungen

Bevor man auch nur einen Euro für dieses Hobby in die Hand nimmt, steht die Frage im Raum, was man sich vom Tabletop eigentlich erhofft. Steht das Spielen für einem im Vordergrund, das Malen oder eine gesunde Mischung von beidem? Interessiert einen die Hintergrundgeschichte des jeweiligen Settings? Wie viel Zeit möchte man in das Hobby investieren? Wie viel möchte man dafür ausgeben? All diese Fragen sollte man ehrlich betrachten und im Hinterkopf behalten, bevor man losrennt und sich das Haus mit Plastikfiguren vollstellt, die dann vielleicht doch nur in irgendeiner Ecke verstauben.

Die nachfolgenden Fragestellungen setzen darauf, dass man zumindest beabsichtigt, ab und zu mit seinen Miniaturen auch zu spielen und diese nicht als reine Anschauungsstücke zu behandeln. In diesem Beitrag findet ihr ebenfalls Flussdiagramme, die euch die Fragen natürlich nicht beantworten können, aber sie in einer möglichen Reihenfolge vorschlagen, damit euch die Entscheidung im besten Fall einfacher fällt.

Oder vielleicht direkt gigantische Kampfroboter?
Oder vielleicht direkt gigantische Kampfroboter?

Schwert oder Laserkanone? – Setting und System

Bevor man den ersten Einkauf startet, steht die Auswahl des richtigen Systems an. Neben dem unangefochtenen Platzhirsch Games Workshop existieren noch unzählige weitere Anbieter, die eine ganze Reihe unterschiedlicher Szenarien abdecken, die für nahezu jeden Geschmack etwas bieten. Auch Buchvorlagen wie beispielsweise Game of Thrones finden dabei eine Umsetzung. Von antiken Soldaten bis Kämpfen in der fernen Zukunft ist alles möglich. Zunächst kann man sich also die Frage stellen, ob man ein historisches oder ein Fantasy-, bzw. Scifi-Setting möchte. Eine solche Vorselektion macht den vollen Markt wenigstens etwas überschaubarer.

Nach dieser Auswahl kann man sich überlegen, wie groß die Miniaturen sein sollen. Unterschiedliche Hersteller bieten auch unterschiedliche Maßstäbe an. Dropfleet Commander bietet beispielsweise ganze Großkampfschiffe zum Einsatz auf dem hauseigenen Tisch, Flames of War packt hingegen mehrere Infanteriemodelle auf eine Base und lässt den Spieler Panzer im Maßstab 1:100 verschieben. Viele unterschiedliche Anbieter befinden sich größentechnisch zwischen den beiden genannten Beispielen. Auf den ersten Blick mag der Maßstab dabei gar nicht so relevant sein. Wenn man jedoch beabsichtigt, Modelle auch zu bemalen, sollte man sich vorher überlegen, ob stecknadelkopfgroße Köpfe einen eher herausfordern oder frustrieren.

Dropfleet Commander lässt riesige Raumschiffe im Minimaßstab gegeneinander antreten
Dropfleet Commander lässt riesige Raumschiffe im Minimaßstab gegeneinander antreten

Weiterhin kann man hier schon die Überlegung anstellen, wie groß die Armee sein soll, die man bewegt. Unterschiedliche Systeme bieten hier von kompakten Scharmützeln zwischen wenigen Kombattanten bis zu riesigen Gefechten zwischen titanischen Armeen alle möglichen Skalierungen des Krieges. Die Frage was man für ein System hierbei bevorzugen sollte kann man unter unterschiedlichen Gesichtspunkten betrachten, beispielsweise wie viel Zeit man investieren möchte, wie viel Geld man in die Hand nehmen will bevor das erste richtige Spiel anstehen kann und wie viel Lagerplatz man zur Verfügung hat. Den letztgenannten Punkt sollte man dabei nicht unterschätzen, nehmen Figurensammlungen doch schnell mehr Platz in Anspruch als man geplant hatte. Im besten Fall kristallisieren sich nach einer solchen Vorauswahl eine Handvoll Systeme heraus, die man sich genauer anschauen möchte. Diese Auswahl kann man dann im nächsten Schritt weiter verfeinern.

Was soll ich nochmal tun? – Regeln und Spielbarkeit

Da wir, wie schon zuvor gesagt, davon ausgehen, dass die Modelle auch bewegt werden sollen, sollte man sich im besten Fall schon im Vorfeld die Regeln wenigstens einmal angesehen haben. Zielsetzung ist dabei weniger, dass man alle taktischen Kniffe erfasst, sondern ob man das System als angenehm empfindet. Viele Anbieter haben zumindest kostenlos Schnellstarter-Regeln in ihrem Angebot, die man online abrufen kann. Spätestens auf YouTube finden sich für alle gängigen Systeme Proberunden, in denen man sich anschauen kann, wie ein solches Spiel abläuft. Der Diskurs über das perfekte Regelsystem würde hier natürlich jeglichen Rahmen sprengen, meist kann man es aber auf einen simplen Satz herunterbrechen:

Oder vielleicht Fantasy Football?
Oder vielleicht Fantasy Football?

So simpel wie nötig, so komplex wie möglich.

Auch wenn der Satz auf den ersten Blick paradox erscheinen mag, gibt er für viele Spielerinnen und Spieler doch ein angenehmes Erlebnis wieder. Auf der einen Seite möchte man die Regeln schnell erfassen können und sie vor allem auch ohne das Nachschlagen in x Publikationen im Kopf behalten. Auf der anderen Seite bedeutet Komplexität meist taktische Optionen und damit einhergehend erhöhter Wiederspielwert. Wenn man solche Summen in die Hand nimmt, will man ja nicht nach den ersten Spielen schon wieder die Lust an dem Hobby verlieren, weil man es zu eintönig findet.

Nach dieser Betrachtung sollte man sich auch die Frage stellen, wie weit das entsprechende System im eigenen sozialen Umfeld und der Umgebung verbreitet ist. Während man beispielsweise Warhammer-Spielerinnen und -Spieler recht regelmäßig antreffen kann, wird die Suche nach einem Gegner in einem nicht so verbreiteten System deutlich schwieriger, vor allem wenn man abseits von Ballungszentren lebt. Da bietet es sich gegebenenfalls natürlich an, dass man zusammen mit Freunden dieses Hobby neu für sich entdeckt. Im besten Fall hat man sich an diesem Punkt für ein System entschieden und kann nun den nächsten Schritt gehen.

Im T3-Forum kann man viele Gleichgesinnte treffen, wenn es um kompetitives Spiel geht

Strahlender Ritter oder schrecklicher Unhold? – Die Wahl der Fraktion

Nach der Wahl des Systems steht als nächstes die Auswahl der eigenen Fraktion an. Auch hier können unterschiedliche Faktoren die Entscheidung beeinflussen. Unterscheiden muss man hier grundsätzlich zwischen synchronen und asynchronen Spielsystemen. In synchronen Systemen hat man an sich sehr ähnliche Parteien, die sich gegenüberstehen. Diese mögen sich beispielsweise in der Form der Fahrzeuge oder der Bewaffnung unterscheiden, sind beispielsweise aber alle Menschen auf einem ungefähr gleichen Technologiestand.

In asynchronen Spielsystemen unterscheiden sich die Fraktionen diametral in ihrem Auftreten, bestehen beispielsweise aus riesigen Käfern, metallischen Untoten oder Massen aus menschlicher Infanterie. Abseits des völlig unterschiedlichen Spielstils stellt dies natürlich auch völlig andere Anforderungen an das Zusammenbauen oder Bemalen.

Oder vielleicht ein Skirmisher mit Nordmannen?

Im Auge behalten sollte man dabei unbedingt, ob man sich gerade für eine Massenarmee entscheidet, wo die Anzahl der Miniaturen schnell dreistellig werden kann, oder ob man auf eine Elitearmee setzt, wo jedes einzelne Modell zählt. Da man in den meisten Fällen keine völlig unbemalten Figuren benutzen möchte, kann sich hier die Überlegung lohnen, was einem am Anmalen Spaß macht oder was Probleme bereitet. Eine Massenarmee sollte man nur anstreben, wenn man beispielsweise optimierte Arbeitsschritte mag, bei denen man oft nacheinander denselben Vorgang bei gleichen oder zumindest sehr ähnlichen Modellen ausführt. Wenn man das Gefühl hat, dass man mehr Abwechslung braucht, kann eine elitärere Armee die bessere Wahl sein.

Falls man zuvor noch nie Kontakt mit dem Bemalen von Figuren hatte, kann dieser Schritt schwierig umzusetzen sein. Dann kann es sich vor allem empfehlen, schlicht dem eigenen Ästhetikempfinden zu folgen. Im Idealfall stehen System und Fraktion nun fest, also also steht der erste Einkauf an.

Wenn das Bemalen Schwierigkeiten bereitet, verweisen wir auf unsere zweiteile Serie zum Bemalen von Miniaturen
Wenn das Bemalen Schwierigkeiten bereitet, verweisen wir auf unsere zweiteilige Serie zum Bemalen von Miniaturen

Shut up and take my money! – Der erste Einkauf

Nach all diesen Vorüberlegungen folgt nun der Moment der Wahrheit: Wir gehen Geld ausgeben.

Groß ist die Verlockung, direkt große Summen in die Hand zu nehmen, man ist sich seiner Sache inzwischen ja sehr sicher. Sinnvoller ist es meist jedoch, mit einer kleineren Investition zu starten. Viele Systeme bieten ein irgendwie geartetes Starterkit, das einen gewissen Rabatt auf die zu kaufenden Modelle bietet. Darüber hinaus verkaufen diverse Anbieter für ihre Spiele auch Grundboxen, die nicht nur das Grundregelwerk, sondern auch zwei Starterarmeen von unterschiedlichen Fraktionen enthalten. Letzteres lohnt sich logischerweise aber nur, wenn man eine der enthaltenen Fraktionen selbst spielen möchte und im besten Fall schon einen Abnehmer für die zweite Hälfte hat.

So oder so bietet es sich unbedingt an, eher gemächlich zu starten, statt gleich im großen Stil einzukaufen. Zu groß ist doch die Gefahr, dass man einen sogenannten Pile of Shame aufbaut, einen riesigen Haufen unangemalter Figuren, die wie ein Damoklesschwert über einem schweben und durch ihre schiere Masse jeden kreativen Prozess behindern.

Schneller als man glaubt sammeln sich große Mengen Miniaturen an

Auch unterschätzt man schnell die Nebenkosten, die bei dem Hobby anfallen können. Neben den eigentlichen Miniaturen legt man sich noch oft Farben, Pinsel oder Bastelmaterial zu, von der möglichen Investition in eine Spielmatte oder Gelände ganz zu schweigen. So kann schnell die Investition drastisch ansteigen, ohne dass man auch nur eine Figur bewegt hat.

Auch lohnt es sich Preise zu vergleichen. Natürlich ist es meist lohnend die lokalen Händler zu unterstützen, aber für die Erstinvestition zum Hereinschnüffeln sollte man sich im Netz zumindest mit den gängigen Preisen auseinandersetzen. Wie ganz zu Anfang gesagt kann sich auch der Blick in diverse Tauschbörsen oder auf Ebay lohnen. Je nach gewähltem System und Fraktion bekommt man hier gute Angebote, hier lohnt es sich aber natürlich noch mehr, über die tatsächlichen Wiederverkaufswerte Bescheid zu wissen.

Ein Hobby ohne Grenzen? – Die nächsten Schritte

Nach den ersten geklebten Figuren, den ersten bemalten Fingern und den ersten geschlagenen Schlachten hat man im besten Fall noch immer Lust sich mit dem Hobby auseinanderzusetzen. Wichtig ist auch hierbei nicht in überschwängliche Euphorie zu verfallen.

Zu schnell glaubt man jetzt ganz dringend eine bestimmte Einheit oder ein bestimmtes Modell zu brauchen, das einen gerade den Sieg gekostet hat. Ehe man sich versieht, kann man sich dann doch umgeben von einer unüberschaubaren Menge ungeklebten Plastiks wiederfinden. Eine stete Entwicklung der eigenen Modelle, sei es in der Anzahl oder in der Bemalung, kann hier auf Dauer zu viel besseren Ergebnissen führen, behält man so doch die Kontrolle und damit hoffentlich auch die Motivation.

Selbst innerhalb eines Systems können sich Fraktionen deutlich unterscheiden

Tabletop – Ein Hobby für Alle?

Zu sagen das Tabletop das beste Hobby der Welt ist, wäre ohne jede Frage übertrieben, aber trotzdem lohnt es sich dafür eine Lanze zu brechen. Unterschiedlichste Bedürfnisse, von dem geselligen Strategiespiel über das (hoffentlich) erfreuende Bemalen bis zur Auseinandersetzung mit dem Ganzen auf Turnierebene können einem eine angenehme Zeit bescheren.

In gleicher Weise muss man aber auch erkennen, wenn diese Beschäftigung in all ihren Ausprägungen einen nicht mit Freude erfüllt. Am Ende ist es eben eine recht teure Freizeitbeschäftigung, die einem den Tag versüßen soll. Und so ist es deutlich empfehlenswerter sich langsam an das Ganze heranzutasten statt sich Hals über Kopf hineinzustürzen. Hat man in diesem Hobby aber erst einmal Fuß gefasst, wird es einen nur widerwillig wieder loslassen.

Artikelbilder: diverse, Fotografien: Markus Kastell

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