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Was ist besser als Roboter mit Waffen? Roboter mit mehr Waffen! Mit dem Codex Imperial Knights kehren die großen Kampfmaschinen zurück auf die Schlachtfelder des 40ten Jahrtausends. Kann man endlich die Feinde des Imperiums wieder in den Staub treten oder bietet der Codex nur übergroße Punktegräber?

Machen wir uns nichts vor. Roboter sind großartig. Seit jeher faszinieren die gewaltigen Maschinen in allen möglichen Settings Jung und Alt. Egal ob kantige Roboter in Science-Fiction-Filmen der 60er oder moderne Roboterabenteuer wie Transformers. Auch im Warhammer 40k-Universum von Games Workshop (GW) haben gewaltige humanoide Kriegsmaschinen von je her einen Platz. Früher in der Gestalt der Titanen, die sich für normale Warhammer-Spiele kaum eigneten, inzwischen in der Form der sogenannten Knights, kleinere Kriegsmaschinen, die aber immer noch nahezu alle anderen Ziele auf dem Feld überragen.

Mit dem Codex Imperial Knights sind die großen Maschinen in der 8ten Edition angekommen und bringen neue Auswahlen mit sich. Diese Review soll daher neben den neuen Regeln auch die neuen Modelle vorstellen und diskutieren, ob sich die Investition in die Bestien aus Metall lohnt.

Ritter der Robotertafelrunde? – Konzept und Hintergrund

Auf den 120 Seiten des Codex findet sich in gewohnter Weise zu Beginn der Hintergrund der Armee, um neuen Spielerinnen und Spielern einen Einstieg in das Setting zu ermöglichen und altgedienten neue Informationen zu vermitteln.

Die Knights sind titanische Kampfmaschinen, die die meisten imperialen Fahrzeuge an Feuerkraft und Größe bei Weitem übertreffen. Gesteuert werden sie dabei von Männern und Frauen, die in den Cockpits durch neuronale Anschlüsse mit ihren Maschinen verschmelzen. Gesteuert wie eine zweite Haut, erreichen sie dabei unglaubliche Fähigkeiten, manch einer verliert sich aber auch in seiner Maschine und lässt einen Teil seiner Menschlichkeit zurück. Die Imperial Knights sind dabei in zwei verschiedene Konzepte unterteilt: Questor-Imperialis-Welten und Questor-Mechanicus-Welten.

Mit Canis Rex gibt es erstmals ein spezielles Charaktermodell der Knights

Die Imperialis-Welten sind dabei feudal aufgestellt und orientieren sich grob am realen Mittelalter. Die Edlen der Welt, die auch die Knights steuern, bilden dabei meist eine Art Hofstaat, der durch Lehnseide an den hohen Monarchen gebunden ist. Die Bevölkerung ist ebenfalls feudal orientiert und untersteht dann wiederum den Edlen. Die Mechanicus-Welten sind dem Omnissiah, dem Maschinengott des Imperiums der Menschheit, näher und daher auch technisierter. Auch hier sind die Edlen stolz auf ihre Abstammung, aber religiöser als ihre Imperialis Gegenparts.

 

Für die Imperialis-Welten bietet der Codex fünf Häuser, für die Mechanicus-Welten vier, die mit ihren jeweiligen Besonderheiten, Farbschemata und besonderen Personen vorgestellt werden. Haus Griffith beispielsweise hat sich auf die Jagd nach großen Monstern spezialisiert, die auch ihre Heimatwelt bevölkern. Abseits der Häuser gibt es noch die sogenannten Freiklingen, die ihre ehemaligen Häuser verlassen haben und aus den unterschiedlichsten Gründen nun durch die Galaxis ziehen. Auch hier bietet der Codex einige Beispiele. Mit Gerantius, dem grünen Ritter, ist sogar eine Hommage an alte Bretonenzeiten aus Warhammer Fantasy vorhanden.

Die unterschiedlichen Häuser und Freiklingen bieten dem Interessierten nicht nur eine breite Auswahl, sondern auch Inspiration für die Gestaltung eigener Hintergrundgeschichten und Malschemata. Wie alle anderen Codizes besitzt auch dieser eine Zeitleiste, die sowohl Ereignisse in der Vergangenheit als auch aktuelle Entwicklungen zeigen soll. Die Geschichten sind nett geschrieben, aber auch von einem gewissen wiederkehrenden Pathos gekennzeichnet. Dieser Abschnitt ist in anderen Codizes deutlich besser gelungen.

Der gesamte Hintergrundteil ist in seiner Ausformung trotzdem gut gelungen und holt alle Spielertypen ab.

Hab‘ ich dich nicht eben schon gesehen? – Truppenauswahl und Armeemöglichkeiten

Direkt zu Beginn fällt bei den Auswahlen der Imperial Knights eine deutliche Einschränkung der Abteilungsauswahl auf. Alle Einheiten im Codex sind Kriegskolosse, weswegen man mit ihnen nur Superschwere Unterstützungskontingente oder Superschwere Kontingente füllen kann. Die pure Auswahl im Codex ist eher ernüchternd. Insgesamt sind elf Auswahlen enthalten, eine recht magere Ausbeute.

Ernüchternder wird dies noch, wenn man sich anschaut, dass diese Auswahlen auf insgesamt drei Chassis beruhen. Das ist zwar weniger störend, wenn man nur ein paar wenige Knights als Unterstützung für ein anderes imperiales Konzept spielt, bei einer reinen Knight-Armee kann dies aber schnell repetitiv wirken. Die grundsätzlichen Auswahlmöglichkeiten sind aber ordentlich. Die kleinste Klasse bieten die Armiger, die in der Warglaive und der Helverin Variante verfügbar sind.

Eine Hommage an alte Bretonenzeiten

Der Warglaive ist dabei der Panzerjäger, der auch im Nahkampf austeilen kann, der Helverin ist bestens für die Bekämpfung leichter Fahrzeuge oder schwerer Infanterie mit mehreren Lebenspunkten geeignet. Die mittelgroße Klasse bilden die Questoris mit sechs verschiedenen Varianten und einem speziellen Charaktermodell. Der Knight Crusader ist beispielsweise völlig auf Beschuss ausgelegt während der Knight Gallant auf den Nahkampf spezialisiert ist. Als neue Klasse ist der Knight Perceptor hinzugekommen, der mit dem Laser-Impulsor nicht nur eine neue Waffe besitzt, sondern auch Armiger-Läufer in der Umgebung verstärkt. Ebenfalls neu ist das einzige Charaktermodell im Codex, Canis Rex. Für die beiden letztgenannten Einheiten gibt es bei GW aktuell noch kein Modell, zu erwarten ist aber, dass beide in einer Box erscheinen, teilen sie sich doch die gleichen Waffenoptionen.

Die Königsdisziplin bilden die beiden neuen Knights der Dominus-Klasse, der Knight Castellan und der Knight Valiant. Die Modelle überragen dabei die anderen Knights nochmal um ein gutes Stück und sind völlig auf Beschuss ausgelegt, der Castellan auf lange Reichweite, der Valiant auf den Nahbereich. Beide bieten dabei eine geradezu groteske Anzahl an Waffen, die designtechnisch nicht jedermanns Sache sein werden. Die Qualität der neuen Gussrahmen ist aber herausragend, auch kleine Details sind sauber erkennbar. 

Als letzte „Einheit“ befindet sich noch ein neues Gebäude, der Sacristan Forgeshrine, im Codex. Dieser ermöglicht ihm nahe positionierte Knights zu reparieren oder aufzumunitionieren.
Zusammengefasst bietet der Codex Imperial Knights theoretisch eine gute Auswahl an Modellen, wobei sich viele jedoch nur durch die Bewaffnung unterscheiden.

Im Einklang mit dem Maschinengeist – Werte und Regeln

Egal für welchen Knight man sich entscheidet, man stellt ein extrem schwer zerstörbares Ziel auf den Tisch. Selbst die kleinen Armigers bringen Widerstand Sieben und Zwölf Lebenspunkte mit. Questoris- oder Dominus-Maschinen sogar Widerstand Acht und 24, respektive 28 Lebenspunkte. Als ob der hohe Widerstand kombiniert mit den vielen Lebenspunkten noch nicht genug wäre verfügen alle Modelle über einen 3+ Rüstungs- und einen 5++ Rettungswurf.

Wenn somit nicht gerade extrem ungünstige Würfelwürfe zusammenkommen, dürften alle Varianten ordentlich Feuer einstecken können. Das Waffenarsenal ist ebenfalls äußert beeindruckend und vereint normalerweise die Feuerkraft mehrerer Panzer in einem Fahrzeug. Den Beschuss muss man daher sinnvoll planen und sich genau überlegen mit welcher Waffenoption man welches Ziel angehen möchte. Die Rächer-Gatlingkanone ist mit ihren zwölf Schüssen ausgezeichnet gegen Infanterie geeignet, die Vulkanlanze schmilzt gegnerische Panzer wie Butter und die Donnerspulenharpune mit ihrem absurd hohen Schadenswert von Zehn und zusätzlichen tödlichen Verwundungen kann selbst große Monstren mit einem Schuss erledigen.

Selbst die kleinste Klasse, der Armiger, überragt Infanterie deutlich

Im Nahkampf will man sich auch mit nahezu keinem Knight anlegen, haben diese doch gigantische Nahkampfwaffen oder zertrampeln kleinere Feinde einfach. Auch spezialisierte Nahkämpfer werden sich wohl zweimal überlegen, ob sie einen Knight im Nahkampf angehen wollen, ist doch das Abwehrfeuer ebenfalls vernichtend. Wo andere Armeen zwischen Fabrikwelten, Septen oder Space Marine-Legionen wählen können, bekommen die Imperial Knights zusätzliche Boni, je nachdem welchem Haus sie angehören. Haus Raven macht aus all seinen schweren Waffen beispielsweise Sturmwaffen, die auch nach dem Vorrücken noch ohne Abzüge feuern dürfen. So werden aus den sonst so langsamen Einheiten plötzlich hochmobile Feuerplattformen, die sich an vielen Stellen ihre Gefechte aussuchen können.

Die Freiklingen ermöglichen eine Individualisierung von Knights ohne Hauszugehörigkeit, um eigene Charaktermodelle zu erschaffen. Dabei wählt man einen Vorteil und zwei Nachteile, wobei die Nachteile durch einen Moralwerttest eine Runde lang ignoriert werden können. Alternativ kann man die Vor- und Nachteile auch zufällig bestimmen und erhält dann zwei Vorteile und einen Nachteil. Beide Varianten erlauben mehr Individualität und sind vor allem dann interessant, wenn man nur einen einzelnen Knight zur Unterstützung in eine bestehende Armee aufnehmen möchte.

Bei all den Boni, den Fähigkeiten und der Waffengigantomanie muss man sich jedoch im Klaren sein, dass man im Vergleich zu anderen Armeen natürlich viel weniger Figuren aufs Feld bringen kann, kostet die teuerste Knight-Variante doch fast 600 Punkte. Daher muss im besten Fall jeder Schuss sitzen und ein einfaches Abarbeiten der Modelle wird zwangsweise zur Niederlage führen. Eine reine Knight-Armee ist daher wahrscheinlich eher für erfahrenere Spielerinnen und Spieler geeignet als für Neueinsteiger.

Alle Waffen auf Maximum! – spezielle Ausrüstung, Begabungen und Gefechtsoptionen

Auch der Codex Imperial Knights bietet eine Vielzahl von Auswahlmöglichkeiten, namentlich 29 Gefechtsoptionen, 15 Begabungen des Kriegsherrn und 22 besondere Gegenstände, die hier Erbstücke der Adelshäuser genannt werden. Allen drei Bereichen ist gemein, dass ihr Einfluss merklich größer ist als bei vielen anderen Armeen, optimiert man damit doch sowieso schon exzellente Profile und Waffensysteme. Ionenschild drehen ermöglicht beispielsweise einem Knight seinen Rettungswurf für eine komplette Phase um Eins zu verbessern.

Ein Knight der Questoris Klasse (rechts) ist wiederum deutlich größer

Todesgriff erlaubt es wiederum einem Knight mit Donnerschlag-Faust ein gegnerisches Modell zu greifen und potentiell in einem Zug direkt zu Tode zu quetschen. Die Gefechtsoptionen sind zwar gut, aber nicht unbalanciert, sind sie doch recht teuer. Gleichzeitig generieren Imperial Knights relativ wenige Kommandopunkte, im Besonderen, da Superschwere Kontingente keine Kommandopunkte bringen, wenn sie nicht mindestens drei Knights der Questoris- oder Dominus-Klasse enthalten. Eine reine Armee aus Knights wird so wahrscheinlich nicht über neun Kommandopunkte kommen.

Die Begabungen des Kriegsherrn sind ebenfalls solide ausgefallen ohne wirkliche Ausreißer nach oben oder unten und ermöglichen eine Anpassung an die eigenen Präferenzen. Die Begabung des Hauses Vulker, die Verwundungswürfe unter Vier gegen den Knight automatisch scheitern lässt, sticht etwas heraus, macht sie das entsprechende Modell im Kampf gegen andere titanische Gegner extrem gefährlich. Interessant im Zusammenhang mit den Begabungen ist auch die Gefechtsoption Erhabener Hof, die mehr Knights Begabungen wählen lässt, eine gute Möglichkeit die Armee noch mehr zu individualisieren. Zuletzt kann jede Armee noch einzigartige Ausrüstungen und Waffensysteme nehmen. Vor allem einzigartige Großwaffen wie der Plasmadezimator Cawls Zorn kommen als ausgezeichnetes Update in Frage.

Die Auswahl ist insgesamt in diesem Bereich überraschend groß und federt, durch die vielen Individualisierungsmöglichkeiten, in gewisser Weise die geringe Modellauswahl ab.

Einfach alles niedertrampeln? – Eine kompetitive Einschätzung

Die neue Dominus-Klasse ist gewaltig, optisch aber wohl nicht jedermanns Sache

Wie schon angemerkt ist der Umgang mit einer reinen Knight-Armee nicht einfach. Neben der niedrigen Anzahl Modelle kommt noch hinzu, dass man die in Turnierspielen so wichtigen Missionsobjekte schlecht sichern kann, besitzen alle anderen Armeen inzwischen doch eine Variante der Fähigkeit Objekt gesichert. Knights können diese Fähigkeit zwar auch über ein Relikt erhalten, in den meisten Fällen wird man aber ein Objekt immer noch freikämpfen müssen. Trotz der immensen Feuerkraft kann dies schwerfallen, gibt es doch genug Einheiten, die explizit dafür da sind, dass sie nicht weglaufen und nur schwer ausgeschaltet werden.

Eine große Einheit Poxwalker der Death Guard oder eine Einheit Necronkrieger wird schwer zu vertreiben sein. Auch bieten die Knights natürlich ideale Ziele für Beschuss aller Art. Ein so gewaltiges Modell zu verstecken wird kaum möglich sein und auch Deckung wird man nur unter idealen Umständen erhalten. Gleichzeitig setzen viele Turnierarmeen im Augenblick auf einen hohen Erstschlagschaden, der schnell auch einen Knight ernsthaft beschädigen und damit seine Schlagkraft reduzieren kann.

Letztendlich ist auch die Abwesenheit von Psionikern ein Problem, ist man mit einer reinen Knight-Armee der gegnerischen Psiphase doch hilflos ausgeliefert. Trotzdem gibt es eine ganze Reihe sinnvoller Einsatzfelder für die riesigen Kriegsmaschinen, meist dann eben in einem unterstützenden Kontingent für andere imperiale Streitkräfte. Gut arbeiten die Kriegsmaschinen dabei mit Astra Militarum-Streitmächten zusammen. Während der Astra Militarum Teil der Armee Kommandopunkte und Einheiten zum Besetzen von Missionszielen bereitstellt, sorgen die Knights für brachiale Feuerunterstützung. Ein anderes mögliches Einsatzfeld wäre es den Knight als überschweres Ablenkungsmanöver zu nutzen.

Offensiv platziert und mit den nötigen Gefechtsoptionen versorgt, wird der Gegner nicht in der Lage sein den Läufer direkt vor seiner Nase zu ignorieren. In der Zeit kann dann die restliche Armee ihre Arbeit machen, Missionsziele sichern und ungestört vorrücken. Falls der Gegner dann den waffenstarrenden Läufer ignoriert ist dieser natürlich ebenfalls in der Lage immensen Schaden anzurichten, auch da er sich aus dem Nahkampf zurückfallen lassen kann und direkt wieder schießen und angreifen darf. Die nächsten Turniere dürften daher den ein oder anderen Questoris- oder sogar Dominus-Läufer aufweisen, mit dem man auch erst einmal fertig werden muss.

Marsch mit den Maschinen? – Ein Resümee

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover
  • ISBN:  978-1-78826-166-1
  • Seitenanzahl: 120
  • Preis: 32,50 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon, Kutami

 

Der Codex Imperial Knights reiht sich gut in die Liste der bestehenden Werke ein und gibt dem Imperium überschwere Feuerunterstützung, die man gut an bestehende Armeen anschließen kann. Der Umfang ist in Ordnung, der Hintergrund über weite Strecken gut ausgearbeitet.

Nur der etwas mäßige Zeitstrahl und die geringe Anzahl unterschiedlicher Chassis schmälern das Bild hier. Wer aber große Roboter mag und seiner Armee noch einen Blickfang hinzufügen möchte, kann hier ohne Bedenken zugreifen. 

Artikelbilder: Games Workshop
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

 

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