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Den von einigen liebevoll „Pile of Potential“ genannten Haufen an ungebauten und unbemalten Miniaturen kennen viele Hobby*istinnen. Der von unserem Redakteur Geoffrey hat einen ansehnlichen Umfang erreicht. Als sich eine Enterpatrouille von Orks in seinen Schrank verirrt, wird es ihm zu viel. Zeit, dem Grau(en) ein Ende bereiten.

Ich gebe es zu: Ich bin ein langsamer Maler. Liebevoll wird jedes Detail erkundet, sorgsam Schicht um Schicht aufgetragen und der hinterste Winkel mit Farbe versehen, auch wenn diesen nie jemand zu Gesicht bekommen wird. Ich bin kein Angel Giraldez, aber auf meinem Niveau doch perfektionistisch. Da ich leider auf der anderen Seite einen großen Sammeldrang habe, kann man sich an fünf Fingern ausrechnen, wie es in meinen Hobbyschränken aussieht. Sagen wir es so: Die neue Starterbox von Warhammer 40k liegt auf meinem Schreibtisch, während die Modelle der letzten weiterhin ungehört nach Farbe rufen.

Um dem zu entgegnen, breche ich aus meiner Wohlfühlzone aus und werfe den inneren „Monk“ über Bord, zumindest für eine Weile. Ade, ihr kleinen Gürtelschnallen und Hemdsknöpfe, ich werde diese Enterpatrouille Orks in möglichst kurzer Zeit mit Farbe versehen.

Triggerwarnungen

Gewalt, Tod

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„Waagh“ erschallt es durch das Space Hulk – Der Hintergrund

Die Enterpatrouille Orks erschien im Zuge der Archen des Omens-Reihe und bietet den Grundstock für eine Armee, um die Spielart Enteraktionen in Warhammer 40k zu spielen. Angeführt wird die Patrouille durch den Boss Snikrot. Der wohl bekannteste unter den Ork-Kommandos ist nicht nur auf Armageddon dafür berüchtigt, recht unorkig mit Guerillataktiken vorzugehen. Still und heimlich schleichen er und seine Kommandos sich von hinten an, legen Hinterhalte und schlagen schnell und brutal zu. Die Vielzahl an Erkennungsmarken des Astra Militarum, die er als Trophäen trägt, sprechen für seinen Erfolg. In jüngster Zeit entdeckte Snikrot die Archen des Omens als neues Betätigungsfeld. Neben zehn Orkkomanndos finden sich daher noch zehn Viechjäga und fünf Posas in seinen Reihen. Die Viechjäga leben für die Jagd auf große Monster und Vehikel. Dies tun sie nicht ganz so dezent wie Kommandos, aber dafür mit umso mehr Brutalität. Technischen Klimbim wie auch Fahrzeuge lehnen diese rauen Gesellen ab. Bei Ihnen zählen Muskelkraft und große Prügel. Als höchstes der Gefühle findet sich vielleicht die ein oder andere Wumme im Gepäck.

Die Posas sind im Gegensatz dazu vor allem berüchtigt für ihr ausladendes Waffenarsenal. Ihre aufgemotzten Waffen strotzen nur vor Feuerkraft. Ihre irren Kombinationen aus Plasmaspulen, Munitionskartuschen und Raketenvorrichtungen widersprechen zwar jedem einzelnen Gesetz der Physik, aber das hat wohl noch keinen Ork davon abgehalten, Dinge in die Luft zu sprengen.

Dieser bunte Orkhaufen rauft und sprengt sich munter durch die ein oder andere Arche des Omens – und diese Woche auch über meinen Maltisch.

Erstma die Jungs zusamm‘hol’n – der Zusammenbau

Um die Masse an Figuren möglichst effizient fertig zu bekommen, muss ein Plan her. Das gilt nicht nur für das Bemalen, sondern auch schon für den Zusammenbau. Nach erster Sichtung wird zumindest für die Kommandos deutlich, dass „schnell“ hier relativ ist. Die Vielzahl an Auswahlmöglichkeiten wirkt überfordernd, wenn es natürlich auch viel Freude macht, die unterschiedlichen Modelle zusammenzubauen. Ich baue also jeden Kommando, wie auch Boss Snkirot, Modell für Modell zusammen.

Bei den Viechjäga drücke ich nun auf das Gaspedal. Statt Modell für Modell baue ich diese gleichzeitig zusammen. Zuerst löse ich die Teile aus dem Gussrahmen, entgrate diese (wieso nur laufen die Grate teils direkt über die Finger?) und lege die einzelnen Teile separat in kleine Kästchen. Bei aller Geschwindigkeit nehme ich mir für das Entgraten Zeit, denn schlimmer als jeder Fehler beim Malen wirkt auf mich eine hervorstehende Plastiklinie.

Beim Zusammenkleben habe ich die Erfahrung gemacht, dass der Kleber schneller haftet, wenn ich beide Seiten nach dem Auftragen kurz ruhen lasse, bevor ich die Teile zusammensetze. In meiner „Produktionskette“ trage ich also immer erst den Kleber auf die Teile der übernächsten Figur, bevor ich mich dem aktuellen Modell widme. In Windeseile entsteht so eine wilde Meute an Viechjäga.

Die Posas wirken zunächst ähnlich komplex wie die Kommandos, da ich die Waffen aus einer ganzen Reihe unterschiedlicher Teile zusammensetzen kann. Die einzelnen Bauteile sind untereinander alle kompatibel. So macht es einen Heidenspaß, völlig zufällig irgendwelche Läufe und Abschussvorrichtungen zusammenzukleben. Wie schon bei den Viechjäga baue ich mir hier eine Produktionskette auf. Schnell sind auch die Posas bereit für die Farbe.

Vorbereitungen für die Farbe.

Die Bemalung

Blicken wir der Realität ins Auge: Eine schnelle Bemalung wird selten die Qualität einer Figur erreichen, bei der man mühevoll die Details herausarbeitet und mit Bedacht jedes Highlight aufbaut. Die andere Seite der Medaille ist jedoch, dass wohl die meisten bemalten Modelle immer noch besser aussehen als ein grauer Haufen Plastik, der unerledigt im Regal liegt. Um eine größere Menge Figuren schnell und in annehmbarer Qualität zu bemalen, stütze ich mich daher auf drei Prinzipien:

  1. Schnelle Maltechniken
  2. Geringe Anzahl an Arbeitsschritten
  3. Einige wenige Details und Highlights

Bei den Maltechniken nutze ich Schritte, die schnell Kontraste erzeugen, wie Shadings und Trockenbürsten. Außerdem nehme ich meinen Airbrush zur Hand.

Kurze Erläuterung der wichtigsten Bemalungsbegriffe:

Drybrushing/Trockenbürsten: Mit sehr wenig Farbe auf eher steifen Pinseln wird über Kanten und strukturierte Oberflächen „gebürstet“, um einen sanften Farbauftrag zu erzeugen.

Highlights: Erhabene Stellen auf Miniaturen erhalten eine hellere Farbe, um Tiefe zu erschaffen. Bei der Standardbemalung von Miniaturen geht man davon aus, dass das Licht von allen Seiten kommt.

Shading/Lasieren: Auf hellen Bereichen der Miniatur wird eine verdünnte Farbe aufgetragen, die nicht deckend wirkt, sondern die unterliegende Schicht anders koloriert. Bei dieser Technik arbeitet man von Hell nach Dunkel.

Layering/Schichten: Im Gegensatz zum Lasieren arbeitet man hier von Dunkel nach Hell. Immer höhere Bereiche werden in sanft abgesetzten Farben bemalt, sodass Farbverläufe entstehen.

Danke an Roger Lewin für die Erstellung dieser Übersicht.

Mastaplan

Die Geschwindigkeit beim Bemalen vieler Figuren steht und fällt mit der richtigen Vorplanung.

Gerade wenn viel und schnell bemalt werden soll, möchte ich nicht zu viel Zeit mit einzelne

n Entscheidungen während des Prozesses verbringen. Daher mache ich mir vorher einen groben Plan, welche Farben ich wofür verwende. Dabei stütze ich mich auf mein Sortiment an Citadel-Farben von Games Workshop:

Für die Haut werde ich die Grundfarbe Orruk Flesh verwenden und mit einer 1:1-Mischung aus der Contrast-Farbe Ork Flesh und Contrast Medium für dunklere Vertiefungen sorgen.

Bei allen anderen Flächen trage ich eine Basisfarbe auf, lasiere alles mit Nuln Oil und sorge an prominenten Stellen mittels Trockenbürsten für ein paar Highlights.

Da Mastaplan (Basisfarbe – Higlight)

Kleidung (ohne Highlights): The Fang; Zandri Dust; Steel Legion Drab

Fell: Mephiston Red – Evil Sun Scarlet; Mechanicus Standard Grey – Celestra Grey

Knochen/Zähne: Zandri Dust – Ushabti Bone

Leder: Rhinox Hide – Gothor Brown

Rote Schilder/Zeichen/Kleidung: Mephiston Red – Evil Sun Scarlet;

Metall (ohne Highlights): Leadbelcher; Retributor Armour

Auf in die Schlacht – Die Bemalung

Da alle Modelle über großflächige Hautareale verfügen, nutze ich für diese den Airbrush. Natürlich geht das auch ohne, jedoch lassen sich gerade große und zahlreiche Flächen damit sehr schnell bemalen. Kleine Handgeräte gibt es auch schon für wenig Geld, und sie reichen für solche Aufgaben völlig aus. Die Lasur trage ich mit einem großen Pinsel auf. So sind die Orks innerhalb einer Stunde mit ihrem signifikanten Grün versehen.

Die Lasur aus verdünntem Contrast-Medium macht die Oberflächenstruktur sichtbar und gibt der Haut einen schönen Farbton.

Im weiteren Verlauf gehe ich von innen nach außen (Kleidung – Rüstung – Waffen) und Farbe für Farbe vor. Dies erfordert wesentlich mehr Konzentration als gedacht, da es mir manchmal wie eine Ewigkeit vorkommt, bis ich alle Modelle mit Braun, Beige oder Silber versehen habe. Zudem versuche ich die Farbe der Kleidung zu variieren (schließlich sind Orks etwas zu chaotisch um sich auf eine einheitliche Uniform zu einigen). Aufgrund der vielen Modelle empfinde ich es zwischenweise als schwierig, eine Vision von den fertigen Modellen zu entwickeln. Immer wieder fallen mir Stellen auf, die ich übersehen habe, und an einem Punkt schaue ich mir die Figuren an und frage mich, ob das Massenmalen so eine gute Idee war. Um dem wieder etwas zu entgehen, male ich die Figuren nun in Trupps und mache eine kurze Prüfpause, wenn ich mit einer Farbe mit Kommandos, Viechjäga und Posas fertig bin, was ungemein hilft. Das Bemalen kleiner ausgewählter Symbole und Platten gibt den Figuren mehr Charakter (auch wenn ich mich bremsen muss, nicht wieder jedes Detail herauszuarbeiten).

Schließlich komme ich an den Punkt, dass alle Grundfarben aufgetragen sind und das Bad im schwarzen Nuln Oil auf einmal viele Strukturen und Details sichtbar macht, die vorher fürs Auge nicht erkennbar waren. Die roten Blickfänge, Zähne, Knochen und die sonst zu eintönigen braunen Rucksäcke versorge ich mit den entsprechenden Highlights, wobei ich abgesehen von den Zähnen einfach nur trockenbürste, ohne zu genau zu sein. An dieser Stelle fallen mir immer mehr Stellen auf, an denen ich weiterarbeiten könnte. Doch ich mache genau hier einen Punkt. Nach knappen 24 Stunden sind 28 Modelle fertig bemalt – für mich ein Rekord.

Das Basing

Um auch beim Basing eine gutaussehende, aber schnelle Lösung zu haben, bietet der Markt eine Vielzahl an Strukturpasten. Diese sind meist schon mit Farbe abgemischt und sehen für sich schon gut aus. Für die Orks verwende ich Agrellan Earth, ebenfalls von Citadel Paints, eine Strukturpaste, die nach dem Trocknen rissig wird und so den Effekt eines ausgedörrten Wüstenbodens bekommt.

Durch leichtes Trockenbürsten mit Ushabti Bone setze ich noch kleine Highlights und verhelfe durch den ein oder anderen Grasbüschel den Bases noch zu etwas Abwechslung. Schließlich kommt noch mein Lieblingsmoment, in dem ich den Rand der Bases mit Steel Legion Drab den finalen Anstrich verpasse.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Alter: ab 12
  • Preis: 110 €
  • Bezugsquelle: Restbestände im Fachhandel, idealo, KuTaMi

 

Bonus/Downloadcontent

Die Spielwerte und Punkte, die Regeln für das reguläre Warhammer 40k wie auch die Enteraktionen bietet Games Workshop aktuell kostenfrei zum Download (Stand: 6. Juli 2023).Wer die Box also noch ergattert und auf alte Spielwerte stößt, kann auch in der neuen Edition von Warhammer 40k sofort mit dem Spielen loslegen.

Speedpainting – Die Lösung für meinen Pile of Potential?

Ich schaue am Ende mit etwas gemischten Gefühlen auf das Ergebnis. Zum einen bin ich stolz und baff, dass ich innerhalb von zwei Wochen tatsächlich 28 Modelle ansehnlich bemalt bekommen habe. Es war toll zu sehen, wie Stück für Stück eine halbe Streitmacht fertig auf dem Tisch stand. Auf der anderen Seite hat es mir immer wieder einen kleinen Stich versetzt, Details unbeachtet zu lassen und nicht herauszuarbeiten. Die Viechjäga mit ihrem Stammes-Hautschmuck, die vielen kleinen Gegenstände, die von den Kommandos mitgeführt werden, und die auf die Haut getackerten Panzerplatten der Posas, all diese Kleinigkeiten, die den Modellen ihren Charakter geben und für mich einen künstlerischen Wert darstellen, gehen bei dieser Malweise unter.

Wenn ich aber ehrlich zu mir selbst bin, spielen die Details auf dem Schlachtfeld, und dafür bemale ich die Figuren ja auch, doch eine untergeordnete Rolle. Es mag meinem inneren Perfektionisten nicht so recht gefallen, aber ohne mich in Detailarbeit zu verlieren, habe ich ein gutes Ergebnis erreicht, was auf dem Schlachtfeld Spaß macht und weitaus schöner ist als das graue Plastik. Und wenn ich mal wieder jede einzelne Schraube einer Handwaffe herausarbeiten möchte, kann ich mir ja ein Charaktermodell zu Hand nehmen. Der Rest meiner unbemalten Miniaturen wird es mir danken.

 

Artikelbilder: © Games Workshop Ltd.
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur

Lektorat: Rick Davids
Fotografien: Geoffrey Förste
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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