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Beim Bemalen von Miniaturen kann die Arbeit mit der Airbrush nicht nur eine Erleichterung sein, sondern sie ermöglicht auch besondere Maltechniken, welche angewandt werden können. In unserer Artikelreihe wagen wir diesmal die ersten Schritte und zeigen euch, wie ihr allzu großen Frust beim Lernen vermeidet.

In unserer Airbrush-Artikelreihe haben wir euch bereits die benötigten Materialien und die Funktionsweise der Airbrush vorgestellt. Auch wie ihr eure Pistole reinigt und pflegt, haben wir euch bereits gezeigt. Solltet ihr diese Artikel noch nicht gelesen haben, empfehlen wir euch, dies noch zu tun. Diesmal steigen wir in die eigentliche Arbeit mit der Airbrush ein. Da aber kein*e Meister*in vom Himmel fällt und der Umgang mit einem neuen Werkzeug Stück für Stück erlernt werden will, zeigen wir euch erste Übungen und Techniken, welche auch von Anfänger*innen gut bewältigt werden können.

Üben auf Papier

Um zunächst ein Gefühl für den richtigen Druck, die richtige Farbkonsistenz und natürlich auch für das Verhalten der Airbrush unter verschiedenen Bedingungen zu bekommen, sollten erste Übungen auf einem weißen Blatt Papier durchgeführt werden. Es bietet sich hierfür ein Düsensatz der Größe 0,4 mm an, da er etwas leichter zu handhaben ist und nicht so schnell verstopft. Der Druck sollte am Kompressor auf 1,6 bis 2 bar beziehungsweise 23 bis 29 psi eingestellt werden.

Die Farbkonsistenz

Ebenfalls sehr wichtig ist die Farbkonsistenz. Diese sollte in etwa der von Milch entsprechen. Jede Acrylfarbe kann bei entsprechender Verdünnung mit der Airbrush verarbeitet werden. Hierfür wird die Farbe mit einem passenden Verdünner oder destilliertem Wasser vermischt, bis die Farbe die passende Viskosität erreicht hat. Natürlich ist dies eher eine grobe Vorgabe, und es gehört ein gewisser Grad an Erfahrung dazu, Druck und Farbkonsistenz aufeinander abzustimmen. Die Farbe kann zwar direkt im Becher der Airbrush gemischt werden, dies kann aber zu Verstopfungen der Düse führen. Es empfiehlt sich darum, die Farbe in einem separaten Becher oder auf einem Stück Kunststoffblister zu mischen. Ein alter Pinsel ist zum Verrühren sehr hilfreich. Um zusätzlich zu verhindern, dass Farbklumpen in der Airbrush landen, kann die Farbe durch einen Filter in den Farbbecher gefüllt werden. Spezielle Airbrushfarben können zwar sofort gesprüht werden, doch auch bei ihnen kann eine leichte Korrektur hilfreich sein.

Und los

Nun beginnen wir mit ersten Übungen auf dem Papier. Durch das Herunterdrücken des Triggers wird der Luftfluss gestartet und durch langsames Zurückziehen Farbe hinzugegeben. Fühlt sich der Farbfluss richtig an oder kommt es zu einer Verzögerung des Flusses? Sollte es beim Sprühen zum Stottern kommen und kein gleichmäßiger Farbfluss erfolgen, kann der verwendete Druck etwas erhöht werden. Alternativ kann auch die Farbe weiter verdünnt werden. Kommt es im Sprühbild allerdings zu den sogenannten Spinnenbeinen und nicht getrocknete Farbe verläuft auf dem Papier, deutet dies auf einen zu hohen Druck oder zu dünne Farbe hin. Ist ein zufriedenstellendes Sprühbild erreicht, können erste Linien und Formen gesprüht werden. So lässt sich das Zielen mit der Pistole üben, um später auch die richtigen Stellen auf dem Modell zu treffen.

Auch das Verhalten der Airbrush lässt sich auf diese Weise erkunden und ein Gefühl kann dafür entwickelt werden. Sprüht einzelne Punkte und variiert dabei den Abstand der Pistole zum Papier. Je geringer der Abstand zum Objekt, umso feiner werden Punkte und Linien. Übt das Setzen gezielter Punkte und versucht dabei, die Farbe richtig zu dosieren.

Als nächstes könnt ihr den Fokus mehr auf die Dosierung der Farbe legen. Ein weites Zurückziehen des Triggers ermöglicht einen dicken Farbauftrag, die vorsichtige Zugabe von Farbe zum Luftstrom hingegen gibt einen feinen Nebel aus, welcher zum Schattieren und dem Erzeugen von Highlights gut geeignet ist. Auch saubere Farbverläufe sind so möglich. Probiert ruhig einmal einen weichen Farbverlauf von hell nach dunkel zu erzeugen.

Wenn ihr euch mit dem Verhalten der Airbrush und dem Zusammenhang von Farbviskosität und Druck vertraut gemacht habt, können wir zur nächsten Übung übergehen.

Grundieren

Ein guter Weg, um das Sprühen von Miniaturen zu üben und ein Gefühl dafür zu entwickeln, ist das Grundieren. Da hier eine deckende Farbschicht auf dem gesamten Modell aufgebracht wird, kann wenig falsch gemacht werden. Gleichzeitig wird aber das Zielen und Dosieren von Farbe geübt. Auch in diesem Fall bietet sich der Düsensatz der Größe 0,4 mm an, und auch eine Grundierung sollte leicht verdünnt werden, wobei hier die Konsistenz etwas dicker gelassen und dafür der Druck etwas erhöht wird. Das Sprühverhalten sollte vor Arbeitsbeginn auf einem Blatt Papier oder dem behandschuhten Handrücken überprüft werden. Das zu grundierende Modell kann zur einfacheren Handhabung auf einem Malhalter fixiert werden.

Auf dem Handrücken lässt sich das Sprühverhalten überprüfen.

Luft und Farbe

Es wird nun stoßweise Grundierung auf das Modell aufgebracht, wobei immer zunächst Luft aktiviert, dann Farbe hinzugegeben und wieder reduziert wird, bis nur noch Luft fließt. Der Luftzug wird außerdem dazu genutzt, die Grundierung auf dem Modell trocken zu blasen. Das Modell wird dabei gedreht und auch die Airbrush mit einem leichten Schwung bewegt, sodass alle Bereiche gleichmäßig mit Farbe bedeckt werden, ohne dabei das Modell zu fluten. Auf diese Weise bleiben alle Details gut erhalten. Dosiert die Farbe vorsichtig und widersteht der Versuchung, das Modell schnell und großflächig mit Farbe zu bedecken. Stattdessen legt mit einem feinen Nebel mehrere Schichten über das Modell. Dies dauert zwar etwas länger, liefert aber deutlich bessere Ergebnisse. Ein besonderer Vorteil der Grundierung mit der Airbrush ist, dass Stellen, welche noch nicht ausreichend Farbe erhalten haben, gezielt nachgebessert werden können.

Zenitales Highlight

Ein schwarz oder grau grundiertes Modell kann nun noch ein zenitales Highlight erhalten. Dies erleichtert nicht nur die Bemalung, sondern es kann gleichzeitig geübt werden, nur bestimmte Bereiche eines Modells mit Farbe zu versehen und Farbe vorsichtig zu dosieren. Gebt dazu ein verdünntes Weiß in den Farbbecher der Airbrush und sprüht vorsichtig, mit einem feinen Nebel weiße Highlights auf die erhabenen Stellen des Modells. Hierzu sollte die Farbe immer von oben auf das Modell treffen, maximal in einem 45° Winkel. Die tieferen Bereiche des Modells und alle, die im Schatten liegen, bleiben so dunkel, und das unterstützt die Plastizität.

Das zenitale Highlight hilft bei der Erzeugung von Licht- und Schatteneffekten.

Groß anfangen

Um das Aufbringen von Farbverläufen und das Erzeugen von Highlights zu üben, bietet es sich an, mit großen, schlichten Modellen zu beginnen. Große, glatte Flächen lassen sich relativ einfach highlighten, da sie Fehler eher verzeihen und nicht ein so großes Maß an Präzision benötigen. MDF-Gebäude sind zum Beispiel ein sehr gutes Übungsfeld. Besonders, wenn sie in Segmenten gebaut werden, lassen sie sich gut mit der Airbrush bearbeiten.

Auch gradlinige Fahrzeuge wie Panzer sind ein gutes Übungsfeld. Gebäude lassen sich oft komplett mit der Airbrush bemalen. Bei Fahrzeugen ist der nachträgliche Einsatz eines Pinsels für Details und Kantenhighlights angebracht. Ein zenitales Highlight kann die Bemalung eines Fahrzeuges unterstützen. Überlegt euch ein Farbschema und legt eure gewählten Farben in mindestens drei hellerwerdenden Tönen bereit, beziehungsweise die passenden Farben, um entsprechende Töne anzumischen. Es sollte eine Schattierung sein, welche dunkler als die gewünschte Farbe ist, die gewünschte Farbe und ein helleres Highlight. Das Triadensystem der Warpaints Air von The Army Painter ist hierfür eine gute Hilfe.

Keine Angst vor Kontrast

Beginnt mit der dunkelsten Farbe und tragt dünne Schichten auf. Nutzt den Effekt des zenitalen Highlights, welcher bei einer dünnen Farbschicht die dunkel gebliebenen Stellen zusätzlich abdunkelt. Hat das Modell eine deckende Schicht erhalten, tragt die nächste Schicht mit der gewünschten Grundfarbe auf. Versucht hierbei, den gedachten Lichteinfall zu berücksichtigen. Im Schatten liegende Teile bleiben dunkel und es wird mit feinem Nebel ein Farbübergang erzeugt. Die vom Licht am besten beschienenen Teile erhalten hierbei die intensivste Tönung. Zuletzt wird mit dem Highlight eine dritte Schicht aufgetragen. Hier werden nur die höchsten Stellen aufgehellt. Versucht insgesamt, die Übergänge nicht zu weitläufig zu gestalten. Gerade bei den ersten Versuchen scheuen viele zu große Kontraste und vernachlässigen so die Schatten. Erzeugt weiche, aber dennoch schnelle Übergänge und lasst viel Dunkel, um den Effekt zu verstärken. Denkt außerdem daran, dass die Basis jeder helleren Schicht, eine dunklere ist. Versucht also nicht, die Verläufe direkt auf der Grundierung zu erzeugen, sondern bringt die Highlights jeweils auf der vorhergegangenen Farbschicht auf.

Kleiner weitermachen

Um die Präzision weiter zu üben, kann sehr gut auf Space Marines für Warhammer 40000 zurückgegriffen werden. Sie sind leicht verfügbar, können oft auch günstig gebraucht gekauft werden oder der eigene Hobbyschrank ist ohnehin schon voll damit. Da die Marines nur aus Rüstung bestehen, welche abhängig vom gewählten Farbschema häufig auch eintönig ist, lassen sie sich ähnlich wie der Panzer im obigen Beispiel bemalen, nur sind die Modelle etwas kleiner.

Space Marines oder ähnliche Modelle in Vollrüstung lassen sich noch mit der 0,4 mm Düse bemalen, eine 0,2 mm Düse hilft aber bei der Präzision. Solltet ihr mit der kleineren Düse noch keine Erfahrung gemacht haben, kann es nicht schaden, auch mit ihr zunächst auf dem Papier zu üben, um ein Gefühl für Druck, Farbkonsistenz und Handling zu bekommen.

Auch hier erfolgt auf dem zenitalen Highlight eine Grundschicht mit der Schattenfarbe. Der Auftrag der Grundfarbe benötigt hier schon etwas mehr Präzision. Die Highlights sollten sehr vorsichtig und mit Geduld gesetzt werden. Es ist sehr ärgerlich, wenn auf dem Modell statt einer sanften Aufhellung und deckender Fleck entsteht.

Euer Finger ist euer Freund

Es ist gar nicht so leicht, Highlights auf kleineren Stellen aufzubringen, ohne dabei auch umliegende Teile zu treffen. Es hilft, Teile oder Bereiche, welche nicht getroffen werden sollen, mit dem Finger abzudecken. Dieses Vorgehen erfordert Übung, hilft aber bei sauberen Farbverläufen und erzeugt bessere Kontraste. Der Finger kann hier auch genutzt werden, um zu zielen. So kann das Sprühen auf dem Finger beginnen und so vorsichtig auf die gewünschte Stelle bewegt werden.

Üben, üben, üben

Mit den Techniken, die wir euch hier an die Hand geben, könnt ihr mit entsprechender Übung und Ausdauer schöne Ergebnisse erzielen. Sie bilden die Basis für immer feinere Bemalungen. Es lassen sich aber bestimmte Dinge nur schwer vermitteln, und es erfordert ein gewisses Maß an Erfahrung, um essentielle Dinge wie den perfekten Druck einzustellen und die richtige Farbkonsistenz anzumischen. Je mehr sich mit dem Thema auseinandergesetzt und praktisch geübt wird, umso leichter fallen diese Dinge auch. Seid also nicht frustriert, wenn etwas mal nicht so klappt, wie gewünscht, sondern bleibt am Ball. Ihr werdet sehen, es lohnt sich. Aber auch mit nur wenig Übung lassen sich bereits wirklich ansehnliche Effekte erreichen und die Arbeit bei der Bemalung erleichtern.

Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Saskia Harendt
Fotografien: Dennis Rexin

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