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Als es aussah, als würde sich die Gilde der Fantasy-Rollenspieler auflösen, fand sich im letzten Herbst überraschend doch ein neuer Vorstand. Dieser ist seitdem dabei, Ordnung zu schaffen und zu sanieren – und bereits in diesem Jahr wieder eine FeenCon zu veranstalten. Wir haben mit dem neuen Vorsitzenden Markus Pomorin gesprochen.

Markus Pomorin ist kein Unbekannter: Nicht nur durch die Brettspielkiste kennen ihn manche, insbesondere auch als Veranstalter der NiederrheinCon in Dinslaken ist er innerhalb der Szene bekannt. Die Übernahme des höchsten Amtes beim Szene-Urgestein Gilde der Fantasy-Rollenspieler e. V. (GFR) verwunderte dennoch viele, da es zuvor keine bekannten Verbindungen gab.

Interview

Magistrat/Vorstand der GFR

Teilzeithelden: Für viele überraschend bist du, zusammen mit Marcus Budde als Schriftführer und Michael Jaegers als Schatzmeister, am 9. Oktober 2021 Vorstand bzw. Magistrat der vor der Auflösung stehenden GFR geworden. Wie ist es dazu gekommen?

Markus Pomorin, neuer GFR-Vorsitzender © Markus Pomorin

Markus: Bis zur Mitgliederversammlung im September letzten Jahres war mir eigentlich nicht wirklich bewusst, wo die GFR e.V. steht und wie sich daraus die Zukunft für die FeenCon entwickelt. Nach einem ausführlichen Gespräch mit Michael Jaegers und Darlegung der Situation, musste ich mir grundlegende Gedanken zum Angebot des Vorsitzes machen. Meine Entscheidung, der GFR sowie dem FeenCon den Vorsitz anzubieten, lag zum einen daran, dass Michael Jaegers, der langjähriges aktives Mitglied der GFR ist, gefragt hat, ob dies eine Option für mich wäre. Auch mitentscheidend war, dass ich einiges in der Vergangenheit der FeenCon zu verdanken habe, die ohne die GFR faktisch nicht stattfinden würde. Am Tag der Mitgliederversammlung im September 2021 wurde dem Angebot, den Vorsitz zu übernehmen, durch die Mitglieder zugestimmt. Marcus Budde als Chronist sowie Michael Jaegers als Schatzmeister boten sich an und wurden angenommen. Leider blieb der*die zweite Vorsitzende aus.

Eingangsbereich der FeenCon 2017.

Teilzeithelden: Was waren eure Beweggründe, diese schwierige Aufgabe zu übernehmen?

Markus: Es wäre schade, einen so alten und beständigen Verein wie die GFR e.V. aufzulösen und somit eine jahrzehntelang bestehende Veranstaltung wie die FeenCon nicht mehr stattfinden zu lassen. Jeder hat sicherlich seine eigenen Beweggründe, allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass wir in diesen beiden Punkten den selbigen haben.

Dass es eine schwierige Aufgabe und sehr viel Aufwand bedeutet, musste uns im Vorfeld nicht groß erklärt werden. Die Chance, dem Verein wieder ein Fundament zu schaffen, war Aussicht genug, um die Risiken abzuwägen. Natürlich liegt noch ein längerer Weg vor der GFR, wobei ich sehr optimistisch bin, dass die Mitglieder nun neuen Mut fassen und sich auf den „Neustart“ mit so vielen Veränderung freuen.

Teilzeithelden: Gibt es da schon Resonanz?

Markus: Die uns wichtigen Stimmen im Verein konnten wir bisher nicht anhören. Spätestens auf der nächsten Mitgliederversammlung wird es ein größeres Feedback geben.

Teilzeithelden: Ihr alle seid ja keine Unbekannten in der deutschen Rollenspielszene. Magst du deine Mitstreiter kurz vorstellen?

Markus: Ich kenne Michael Jaegers nun schon seit ein paar Jahren, ich habe ihm sehr viel zu verdanken. Seine Motivation ist schier unendlich, das finde ich klasse an ihm. Er ist sehr genau, das macht alles um ihn herum zu einem sicheren Areal. Wenn man weiß, wie man sich in diesem Kreis zu bewegen hat, dann gibt es kaum etwas „Unmögliches“.

Auf der Feencon 2019 gab es sogar Feencon-Tattoos.

Marcus Budde ist mir erst seit der ersten Magistratssitzung bekannt. Durch die vielen Teamsitzungen und Gespräche ist man sich persönlich nähergekommen. Marcus ist bodenständig und hatte seine Berührungspunkte mit der GFR in der Vergangenheit, ich würde passend dazu schreiben, dass er ein Träger mit vielen Informationen vom Ursprung her ist und es ihm sehr auf die Werte innerhalb der GFR ankommt.

Für uns zusammen kann ich nur schreiben, dass harte und zehrende Monate hinter uns liegen, wir aber dennoch viel gelacht und Spaß an dem Projekt GRF e.V./FeenCon hatten und auch noch haben werden.

Teilzeithelden: Seit der Amtsübernahme sind einige Monate verstrichen – welche Fortschritte habt ihr bereits machen können beim Sanieren des Vereins?

Markus: Der Zustand des Vereins war nicht nur in finanzieller Hinsicht ein sehr schlechter. Eine nicht unerhebliche Aufgabe bestand darin, den Mitgliederbestand zu aktualisieren. Erfreulich dabei war, dass wir auch wieder einen deutlichen Zuwachs bei den Mitgliedern verzeichnen können.

Auch die Vereinsarbeit jenseits der FeenCon musste wieder reaktiviert werden. Wir haben Kontakt zu den Regionalvertretungen (RV) und Arbeitsgemeinschaften (AG) aufgenommen und erfreulicherweise noch existente und aktive Gruppierungen in Düsseldorf und Krefeld vorgefunden. Auch freuen wir uns darüber, dass sich in Karlsruhe eine neue RV gegründet hat.

Ende März findet unsere Mitgliederversammlung statt. Diese wird zusammen mit einem Angebot im Zusammenhang mit dem Gratisrollenspieltag erfolgen, sodass wir neben der eher trockenen Vereinsarbeit auch Spielrunden im Angebot haben.

Die Hauptaufgabe der vergangenen Monate war jedoch sicherlich die finanzielle Sanierung des Vereins. Hierzu zählte nicht nur die Eröffnung eines neuen Kontos und das Einfordern ausstehender Mitgliedsbeiträge, sondern vor allem auch das Abtragen der aufgelaufenen Schulden bei der Finanzverwaltung, um dem Verein damit wieder eine Handlungsfähigkeit zu ermöglichen.

Faktisch konnte dies im Februar so weit abgeschlossen werden, dass die Verbindlichkeiten beim Finanzamt aufgelöst sind, der Verein wieder versichert ist und wir auch das Projekt FeenCon angehen können, das eigentlich erst für kommendes Jahr geplant wurde.

Dies ist vor allem auch der Community zu verdanken, die unserem Spendenaufruf gefolgt sind und der GFR in dieser misslichen Lage mehr als nur unter die Arme gegriffen hat.

FeenCon

Die FeenCon 2022 findet vom 25. – 26. Juni 2022 wieder in Bonn statt. Der neue Veranstaltungsort befindet sich in der Integrierten Gesamtschule Bonn-Beuel (IGS Bonn-Beuel). Wie gehabt öffnen sich die Tore am Samstag um 10 Uhr für die Besucher*innen. Alle Infos zu Ort, Programm und Tickets gibt es auf feencon.de.

Teilzeithelden: Die FeenCon wird in einer neuen Location stattfinden. Was kannst du uns über diese erzählen?

Markus: Die neue Location ist im Bonner Umfeld recht bekannt, denn viele haben hier seit den 70ern die Schulbank gedrückt. Die IGS Bonn-Beuel, oft ob ihres roten Erscheinungsbilds auch als Ketchup-Schule bezeichnet, ist ein Schulkomplex für über 1.400 Schülerinnen und Schüler. Dementsprechend ist das Gebäude groß und bietet neben einer kleinen und einer großen Turnhalle auch ein ansprechendes Außengelände mit diversen Sportplätzen.

Im Vergleich zur alten Stadthalle in Bad Godesberg liegt die IGS nun im Bonner Norden und auf der anderen Rheinseite und ist damit für viele Besuchende auch besser erreichbar.

Teilzeithelden: Abgesehen vom neuen Veranstaltungsort, mit welchen Änderungen ist derzeit zu rechnen?

Markus: Ein neuer Ort bringt zwangsläufig ein paar Änderungen mit sich, neue Möglichkeiten, aber auch Einschränkungen. Wir freuen uns, dass wir in diesem Jahr auch wieder einen deutlich gewachsenen Außenbereich anbieten können. Das Angebot auf dem Außengelände ist sehr vielfältig und reicht von Jugger und LARP über Schmuck- und Schreibwarenherstellung bis hin zu Kampfsport- und Tanztraining und Musik.

Neu ist auch die Möglichkeit, auf dem Gelände in Zelten zu übernachten. Dazu stehen auch die sanitären Anlagen inkl. Duschen zur Verfügung.

Ein paar Kompromisse mussten wir in diesem Jahr noch hinsichtlich der Räumlichkeiten eingehen. Dennoch ist es uns gelungen, eine deutlich geräumigere Ausstellungshalle und Spielumgebung zu realisieren.

Jugger auf der FeenCon 2017.

Teilzeithelden: Von was für Kompromissen sprechen wir da?

Markus: Unsere ersten Gespräche und Vorstellungen bezogen sich darauf, den weitläufigen Innenbereich der eigentlichen Schule mit diversen Klassenräumen nutzen zu können. Allerdings kollidiert hier unser Termin mit Maßnahmen der Schule, sodass wir in diesem Jahr nur die Sportanlagen und den Außenbereich zur Verfügung haben. In Anbetracht der großen Zahl an Aussteller*innen, die sich bislang angemeldet haben, ist dies allerdings sehr von Vorteil. Hinsichtlich verfügbarer Räumlichkeiten für Workshops und Lesungen ergeben sich damit allerdings ein paar Einschränkungen.

Teilzeithelden: Mit wie vielen Besuchenden und Ausstellenden rechnet ihr denn für diese erste FeenCon an einem neuen Ort?

Das Tabletop Warhammer 40.000 auf der FeenCon 2019.

Markus: Prognosen bezüglich der Besucher*innen sind nach den letzten zwei Jahren relativ schwierig, allerdings gibt es sehr viel und gute Resonanz in den sozialen Medien. Die Fläche für Ausstellende ist tatsächlich erschöpft und wir sind ausgebucht und es gibt ein sehr großes Programm.

Teilzeithelden: Die Orga, die zuletzt für die FeenCon verantwortlich war, wird wohl nicht dabei sein und mit der KrähenFee eine Con veranstalten, die von diesen als FeenCon-Nachfolge gedacht war. Wie ist euer Verhältnis zueinander?

Markus: Wir bedauern sehr, dass uns das Team der KrähenFee zukünftig, ob ihrer eigenen Veranstaltung, nicht mehr zur Seite stehen möchte. Wir freuen uns auf die KrähenFee am Ende der Sommerferien, die sicherlich eine Bereicherung für die Szene ist und sind weiterhin jederzeit offen für Kooperationen in jede Richtung.

Teilzeithelden: In einer der öffentlichen Aussagen der KrähenFee hieß es, man hätte sie seitens des GFR-Vorstands „direkt und eindeutig darauf hingewiesen, dass eine weitere Kooperation mit uns nicht mehr gewünscht ist“. Kannst du dir erklären, was damit gemeint ist?

Markus: Nein, da musst du schon die Person fragen, welche die Aussage getätigt hat. Von Seiten des GFR-Vorstands hat sich niemand dahingehend geäußert. Ganz im Gegenteil hatten wir in diesem Zusammenhang über unsere Facebook-Gruppe klargestellt, dass wir – wie bisher auch – weiterhin jederzeit offen für Kooperationen sind.

Der große Saal auf der FeenCon 2017.

Ausblick

Teilzeithelden: Wie soll es in Zukunft weitergehen, was sind eure Pläne und Visionen?

Markus: Das Vereinswesen hat sich seit der Gründung der GFR in den 80er-Jahren stark verändert. Wir spüren, dass das Interesse in einen Verein einzutreten oder in diesem gar aktiv zu werden, stetig rückläufig ist. Dies ist nicht nur in einem Rollenspielverein der Fall. Vereine müssen sich darauf einstellen und ihr Portfolio daran ausrichten, bzw. derart umgestalten, dass sie für Mitglieder attraktiver werden. Die Durchführung einer Convention alleine ist keine Existenzberechtigung für einen Verein.

Hier muss auch die GFR noch einiges an Arbeit leisten – Arbeit, die nicht vom Magistrat alleine erfüllt werden kann.

Teilzeithelden: Die von dir organisierte NiederrheinCon soll weiter stattfinden und dabei klar abgegrenzt sein von der FeenCon. Wirst du langfristig beide Cons unabhängig voneinander organisieren, oder wird es hier Änderungen geben?

Markus: Beide Conventions werden strikt voneinander getrennt und organisiert, es soll nicht der Anschein entstehen, dass ein Nutzen daraus übertragen wird. Beide Conventions sollen sich auch unabhängig voneinander entwickeln. Um die Vielfältigkeit, hinsichtlich der Veranstaltungsorientierung und des Inhaltes zu gewährleisten, werde ich auch nicht ewig für die GFR als erster Vorsitzender und der Mitwirkung an der FeenCon zur Verfügung stehen.

Teilzeithelden: Was wünscht du dir persönlich für die Zukunft der deutschen Convention- und Rollenspielszene?

Markus: In den letzten 20 Jahren, habe ich sehr viele Menschen in der Rollenspielszene und auch in anderen Spielebereichen kennengelernt. Alle, die den Kontakt in dieser Gemeinschaft suchen, werden sehr freundlich aufgenommen und ihnen wird Hilfe angeboten. Mein größtes Anliegen ist, dass es so bleibt und noch mehr Menschen ihren Weg dort hinfinden. Es gibt keine Barriere, die nicht abgebaut werden kann, wenn es überhaupt eine gibt. Alle, die sich engagieren möchten, sind herzlich willkommen.

In diesem Sinne: weiter, weiter und noch viel weiter … euer Markus!

 

Artikelbilder: © Michael Fuchs, GFR e.V.
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Saskia Harendt
Fotografien: Michael Fuchs, sofern nicht anders angegeben

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