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In einer Galaxie voller Abenteuer gibt es viel zu entdecken. Der Notruf eines gestrandeten Raumschiffes klingt erst mal einfach, aber in den Tiefen des Alls gibt es mehr Gefahren als versagende Technik. In folgendem Spielbericht für Starfinder werden die ersten Schritte eines spannenden Abenteuers zwischen den Sternen erzählt.

Starfinder ist ein recht junges Rollenspielsystem. Paizo veröffentlichte es 2017 als Science-Fiction-Version ihrer Pathfinder-Welt, 2018 wurde es von Ulisses Spiele ins Deutsche übersetzt. Tatsächlich spielt Starfinder im selben Universum wie Pathfinder, nur hunderte Jahre in der Zukunft.

Triggerwarnungen

Bodyhorror, Tod

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Spielwelt, Regeln und Charaktererschaffung

Auch wenn der Planet Golarion auf geheimnisvolle Weise verschwunden ist, haben die Völker Golarions das Sternensystem besiedelt und reisen auch über dessen Grenzen hinaus. Magie und Technik wurden so weit entwickelt, dass sie mittlerweile als eins betrachtet und behandelt werden.

Die Regeln von Starfinder ähneln denen von Pathfinder, sprich: Es werden Proben mit W20 und Schaden mit W4, W6, W10 oder W12 gewürfelt.

Als Charakter wurde Vânn-9 Feirrus vom Klan Brokhyr erstellt. Er ist ein Androide mit der Anpassung „xenometrischer Androide“ (zu finden im Buch Starfinder Einsatzbuch: Charaktere), womit er zu einem Androidenzwerg gemacht werden konnte. Als Klasse wurde Technomagier aus dem Grundbuch gewählt, da dies zu seiner einprogrammierten Affinität zu Maschinen passt. Gespielt wurde ein selbst geschriebenes Abenteuer als Rollenspielduett mit einer Spielleiterin und einem Spieler.

Die Runde wurde bewusst als narratives Erzählspiel angelegt. Infolgedessen wurde auf viele Regelmechaniken verzichtet und Würfel wurden hauptsächlich bei Wahrnehmungs- und Qualitätsproben eingesetzt. Des Weiteren wurde eine Hausregel angewandt, die beinhaltet, dass Spielende kleinere Szenen selbst gestalten und beschreiben können.

Glossar:

Absalom Station – stadtgroße Raumstation an der Position des verschwundenen Planeten Golarion, politisches und kulturelles Zentrum der Paktwelten

Golarion – Spielwelt von Pathfinder, Heimatwelt der Zwerge, Menschen, Goblins und vieler anderer Spezies. Im Starfinder-Universum ist der Planet auf unbekannte Weise verschwunden.

Himmelsquest – mystische Aufgabe, die den Zwergen Golarion von ihrem Gott auferlegt wurde. Ziel der Himmelsquest war es, den Himmel zu erreichen, jetzt führt sie zu den Sternen.

Kasatha – humanoide außerirdische Spezies mit vier Armen und verlängertem Kopf, Teil der Paktwelten

Lashunta – humanoide Spezies mit Antennen am Kopf, oft telepathisch begabt, kommt ursprünglich von der Paktwelt Castrovel

Leichenflotte – loser Verband aus Piratenschiffen, die hauptsächlich von Untoten gesteuert werden

Paktwelten – politischer Verbund aller Planeten des Sternensystems

Spielbericht

Prolog – Ehre durch Mühsal

Persönliches Logbuch

Zeitstempel: 11.82.311 (Absalom-Standardzeit)

Wichtige Anmerkung: Achtung! An die Finder dieser Aufzeichnungen! Sämtliches Werkzeug, die Ausrüstung, der Fuhrpark und die Überreste aller Zwerge der Bergbaukolonie Brokhyr 16 sind Eigentum von Klan Brokhyr! Wenn sie nach den Gesetzen der Paktwelten geborgen und zu einer Niederlassung von Klan Brokhyr überführt werden, wird ein Standardfinderlohn in Höhe von dreißig Prozent an die rechtmäßigen Finder*innen ausgezahlt. Widerrechtliches Bergen und Veräußern ohne Genehmigung des Brokhyrklans wird strafrechtlich verfolgt.

Tag Neun. Ich bin immer noch eingeklemmt. Mein Arm wird nicht zu retten sein und muss ersetzt werden. Sofern ich selbst gerettet werde. Mein Anzug hat noch für vier Tage Lebenserhaltung. Zehn Tage, wenn ich rationiere. Auf Notenergie könnte ich circa 50 Tage überleben. Aber ich verliere Flüssigkeit und meine Diagnoseprogramme arbeiten wegen der Schäden fehlerhaft. Also sind die Berechnungen anzuzweifeln. Zum Glück funktioniert noch das Inforelais der Station. Damit habe ich Zugang zur Infosphäre. In einem Forum habe ich eine nette Lashunta kennengelernt. Sie schreibt sehr rührende Gedichte über ihre Gefühlswelt. Außerdem ist noch der Account für BINDLE© aktiv, womit ich das exotische Unterhaltungsprogramm der Sphäre zur Verfügung habe. Biolebewesen haben wirklich faszinierende Vorstellungen von Unterhaltung.

Kennzeichnung: Vânn-9 Spezies: Androide (Phänotyp: Zwerg) Aufgabe: Minenarbeiter
Kennzeichnung: Vânn-9 Spezies: Androide (Phänotyp: Zwerg) Aufgabe: Minenarbeiter

Der Prolog des Abenteuers begann damit, dass Feirrus zwischen einigen Felsbrocken eingeklemmt war und auf Rettung hoffte. Wie viele andere Zwergenklans unterhält auch Klan Brokhyr einige Minenkolonien auf Asteroiden, um den Hunger seiner Raffinerien und Schmieden zu stillen. Feirrus wurde wie viele andere Androiden erschaffen, um die gefährlichsten Arbeiten in diesen Minen zu leisten.

Der Alltag in der Asteroiden-Bergbaukolonie Brokhyr 16 war geprägt von straffer Routine und herzlicher Kameradschaft. Alles endete mit dem Angriff einiger Piratenschiffe, die es auf die Reichtümer des Klans abgesehen hatten. Bei den schweren Gefechten kamen viele Zwerge um oder wurden verschleppt. Vânn-9 überstand den Einsturz eines Minenschachtes nur dank seines robusten Androidengestells und einer großen Portion Glück. Doch er war eingeklemmt und so mit seinem endgültigen Systemversagen konfrontiert.

Das Notsignal wurde von einem Schiff empfangen, das daraufhin Kurs auf die Minenkolonie setzte. Doch das Rettungsschiff gehörte nicht wie erwartet Klan Brokhyr. Es handelte sich um einen schweren Frachter namens Seldana mit einer Besatzung aus Bergungsspezialist*innen. Feirrus wurde von der Bergungscrew gerettet und traf mit ihrem Kapitän eine Vereinbarung. Er sollte einige Zeit in der Crew dienen, um seine Rettung abzuarbeiten. Für einen Zwerg war die Begleichung solch einer Schuld eine Ehrensache.

Erster Akt – Den Raum bereisen.

Während der Rückreise zur Absalom Station erkannte Feirrus, dass an Bord der Seldana ein ungewöhnlicher Status quo herrschte. Der Kapitän, ein Halbelf namens Amaran Nogros, führte zwar nominell das Schiff, pflegte aber einen sehr ignoranten Führungsstil. Das Schiff war bis auf die Quartiere des Kapitäns und der Brücke in einem desolaten Zustand. Die Crew unter der Führung dier erste*n Offizier*in, ein*er nichtbinäre*n Untote*n namens Vatia Alemus, hielt das Schiff mit Klebeband und hingebungsvoller Einsatzbereitschaft am Laufen. Als merkwürdige Nebensächlichkeit fand Feirrus heraus, dass der Name des Schiffes Seldana auch der Name einer elfischen Operndiva war, die starke Ähnlichkeiten mit dem Kapitän teilte. Die Gründe dafür blieben vorerst im Dunkeln.

Die Seldana ist ein schwerer Frachter des Typs Sanjaval-Rotsonne.
Die Seldana ist ein schwerer Frachter des Typs Sanjaval-Rotsonne.

Feirrus fand sich in den engen dunklen Gängen der Seldana bestens zurecht. Mit seinem zwergischen Fleiß und seinen einprogrammierten Fähigkeiten, inklusive seiner nützlichen Fähigkeiten in der Kombüse, errang er die Sympathien der Besatzung. Dabei bekam er auch den Unmut der Besatzung über den inkompetenten Kapitän zu hören.

Auf der Absalom-Station wurde die Ladung gelöscht und neuer Proviant aufgenommen. Die Organisation dieser Aufgaben wurde vollständig vom ersten Offizier Alemus übernommen, während der Kapitän das Unterhaltungsangebot der Station genoss. Dabei kam er in Besitz von Koordinaten eines verunglückten Schatzschiffes. Das war eine zu gute Gelegenheit, um sie zu ignorieren.

Die Seldana brach wieder auf und erreichte ein paar Standardtage später das Wrack eines in der Leere treibenden Kasathakreuzers Die Kommunikation empfing ein Standardnotsignal, auf das schon ein weiteres Schiff reagiert hatte. Ein Kasathaschiff hatte bereits am Wrack angedockt. Über Komm berichtete die Kapitänin des Rettungsschiffs, dass von dem Rettungstrupp an Bord des Wracks keine Rückmeldung mehr kam. Die Besatzung der Seldana bereitete sich mit Zustimmung ihres Kapitäns auf eine Rettungsmission vor.

Zweiter Akt – Vergeude keinen Atemzug.

Der Rettungstrupp mit Feirrus und zwei Besatzungsmitgliedern betrat den verunglückten Kreuzer über eine Luftschleuse. An Bord des Wracks gab es keine Lebenserhaltung mehr, was die Untersuchung erschwerte. Überall waren Kampfspuren zu finden, aber keine Überreste der Besatzung. Doch es konnte Kontakt mit dem Rettungstrupp der Kasathas hergestellt werden. Sie hatten ebenfalls noch keine hilfreichen Hinweise auf den Verbleib der Besatzung gefunden.

Nach dem Zusammentreffen mit dem Trupp der Kasathas fand das Team dann doch einige tote Besatzungsmitglieder. Dabei handelte es sich allerdings sowohl um vor Kurzem verstorbene Kasathas als auch um seit Langem verweste Leichen anderer Humanoiden. Das Rätsel gab seine Lösung auf überraschende und unschöne Weise preis. Auf ein nicht wahrnehmbares Kommando erhoben sich alle Toten und griffen die Lebenden an.

Untote haben bei einem Kampf im Vakuum viele Vorteile auf ihrer Seite.
Untote haben bei einem Kampf im Vakuum viele Vorteile auf ihrer Seite.

Gleichzeitig kam ein Schiff der Leichenflotte näher, das außer Sicht hinter einem Asteroiden gelauert hatte. Während das Rettungsteam um sein Überleben kämpfte, traf Kapitän Nogros eine Entscheidung. Er wollte das Rettungsteam seinem Schicksal überlassen und sein Heil in der Flucht suchen. Doch Offizier Alemus stellte sich ihm entgegen, übernahm das Kommando über die Seldana und hielt mit dem Kasathaschiff dem Angriff des Leichenschiffs stand.

An Bord des Wracks kämpften beide Rettungsteams um ihr Überleben und zogen sich unter heftigen Kämpfen zu den Luftschleusen mit der wartenden Fähre zurück. Draußen im All stellte sich das Kasathaschiff dem Angreifer, während die Seldana auf die Fähre wartete und Unterstützungsfeuer gab.

Die Knochenschiffe der Leichenflotte sind gestaltgewordene Alpträume.
Die Knochenschiffe der Leichenflotte sind gestaltgewordene Alpträume.

An Bord des Wracks hatten sich unterdessen beide Trupps gegen die Untoten zusammengeschlossen und sich kämpfend auf die Fähre zurückgezogen. Mit schweren Verlusten wurden die Andockklammern gelöst und die Fähre flog zur Seldana zurück.

In einem heldenhaften Akt opferte sich die Brückenbesatzung der Kasathas, während der Rest der Besatzung in den Rettungskapseln das Schiff in Richtung Seldana verließ. Das dem Untergang geweihte Schiff steuerte zwischen das Leichenschiff und die Seldana, um Deckung für die Flucht zu geben.

Epilog – Die Liste ist lang.

Auf dem Rückweg zu sicheren Raumrouten gab es noch viel zu erledigen. Es mussten Notreparaturen am Schiff durchgeführt und gefallene Kamerad*innen betrauert werden. Ein Standgericht aus Crewmitgliedern klagte den Kapitän wegen Feigheit und Vernachlässigung der Pflicht an. Ihm wurde die Wahl zwischen seiner Unterschrift unter dem Verkaufsvertrag des Schiffes an die Crew für eine Crediteinheit oder der Reise in einer Rettungskapsel gewährt. Er entschied sich für Erstgenanntes und wurde für den Rest der Reise in einer defekten Bordtoilette eingesperrt.

Mit Schrammen an Körpern und Schiff erreichte die Seldana einige Tage später einen sicheren Hafen. Für Feirrus war der zukünftige Weg klar: seine Pflicht gegenüber der Besatzung der Seldana erfüllen, die übrige Ausrüstung an Klan Brokhyr zurückbringen und den Groll gegenüber den Piraten begleichen.

Spielbarkeit aus Spielleitungssicht

Starfinder hat recht einfache Grundregeln, die auch bei Pathfinder und D&D genutzt werden. Diese sind leicht zu erlernen und einzuprägen. Kompliziert wird es mit den zahlreichen Zusatzregeln für Talente, Zauber und Fähigkeiten, die die Spielleitung unmöglich alle im Kopf haben kann. Es musste also nachgeschlagen werden.

Da an dem Spielabend nur die Grundregeln genutzt wurden, war das Spielen einfacher und alle konnten sich auf die Handlung konzentrieren.

Spielbarkeit aus Spieler*innensicht

Die schon erwähnten Grundregeln machen das Spielen einfach. Allerdings erkennt man recht schnell während eines Spielabends, dass die Charaktere zu sehr auf kämpferische Herausforderungen ausgelegt sind. Fast alle Fähigkeiten, Talente und Zauber sind für Kämpfe angepasst. Es gibt zu wenige Fähigkeiten für soziales und Erkundungsrollenspiel. Aufgrund der Klassen und Stufen kann man den Charakter kaum individualisieren.

An dem Spielabend wurde dieser Nachteil mit zusätzlichen Fähigkeiten und Hausregeln ausgeglichen.

Die harten Fakten:

    • Verlag: Ulisses Spiele/Paizo LLC
    • Erscheinungsjahr: 2018
    • Sprache: Deutsch/Englisch
    • Format: Taschenbuch
    • Seitenanzahl: 520
    • ISBN: 978-3-96331-752-1
    • Preis: 24,95 EUR
    • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, DriveThruRPGSphärenmeister

 

Fazit

Rückblickend war es ein großartiger und sehr unterhaltsamer Spielabend, da die Mischung aus sozialen, kämpferischen Konflikten und Erkundung gut gelungen war. Auch das Aufbereiten bekannter Science-Fiction-Themen soll hier lobend hervorgehoben werden.

Die Starfinder-Welt bietet der Spielleitung eine unendliche Auswahl an Themen und Settings, aus denen geschöpft werden kann. Science-Fiction ist nur der offensichtliche Aufkleber, aber darunter beinhaltet die Welt eine Vielzahl an Themen aus den Genres Cyberpunk, Space Opera, Fantasy, Postapokalypse und Horror. Somit können Spielleitung und Spielende eine Starfinder-Kampagne gezielt den eigenen Wünschen und Vorlieben anpassen.

Die Grundregeln sind einfach und immer mit dem Hinblick auf die Nutzung von Lageplänen mit Rastern gestaltet, die man auch in anderen Tischrollenspielen nutzt. So sind Kämpfe im Spiel übersichtlich zu spielen und zu leiten. Außerhalb der Kämpfe sind die Fähigkeiten und Zauber nur bedingt geeignet, da hier viele Erkundungs- und Sozialfähigkeiten fehlen.

Die Bewertung bezieht sich rein auf die Regeln des Systems und nicht auf den gespielten Spielabend.

 

  • Vielseitige Spielwelt

  • Einfache Grundregeln

  • Regeln gut für Tabletopbegegnungen

 

  • Kaum Zauber und Fähigkeiten außerhalb von Kämpfen

  • Charakter schwer zu individualisieren

 

Artikelbilder: © Ulisses Spiele/Paizo LLC, Blizzard Entertainment
Layout und Satz: Mika Eisenstern
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