Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Die MittelPunkt als Larpkonferenz basiert auf der seit 1997 bestehenden nordeuropäischen Wander-Konferenz Knutepunkt (wenn sie in Norwegen veranstaltet wird), Knutpunkt (wenn sie in Schweden veranstaltet wird), Knudepunkt (Dänemark) und Solmukohta (wenn Finnland an der Reihe ist). Das deutsche Pendant heißt nicht ‚Knotenpunkt‘, was ja eine Annäherung implizieren würde, da „Mitte“ sich (soweit ich informiert bin) auf die Mittellande-Kampagne und deren Sitzung bezieht, die dieses Treffen mitinitiert hat. Dutzende Larper aus ganz Deutschland beraten über eine der längsten und am weitesten verbreiteten Kampagnen. Als Konferenz besteht die MittelPunkt seit 2002 und zählte dieses Jahr die neunte Veranstaltung.

Rund 180 Larper trafen sich am 11.-13.1.13, um ernsthaft über ihr Hobby zu reden und um Kontakte zu knüpfen. Schließlich weist das Wort ‚Punkt ‘ im MittelPunkt auf den Netzwerkgedanken hin.

Das reichliche Programm bot auch dieses Jahr Vorträge zu Larp aus verschiedenen Perspektiven

  • Wissenschaft: Historiker und Psychologen beleuchteten in ihren Vorträgen das Hobby vom wissenschaftlichen Standpunkt
  • Game Design: Larp-Veranstalter teilten ihre Tipps zur Krisenbewältigung,
  • Unterhaltung: Manche erfreuen sich an weniger ernsten Themen, wie dem jährlichen Rant.

Falls man nie gelarpt hat, aber selbst schon auf Rollenspiel-Conventions war, wird einem schnell klar, dass die MittelPunkt eine klassische Convention ist. Einige Unterschiede kann man dennoch festmachen. Es gibt weder Film-Stars, wie auf der RingCon, noch den massiven Besuch von Verkäufern, wie auf der RPC, noch einen Besuch seitens der Politik oder vielleicht der Presse (mit Ausnahme des Zauberfeder Verlages).

Das ist auch gut so, denn eine unbeachtete aber nicht geschlossene Gemeinschaft erlaubt einen intimen Rahmen. Eine Konferenz von der Szene für die Szene bleibt zwar nach außen geschlossen, erlaubt aber die besondere Convention-Kultur, die Rollenspieler und andere Hobby-Gruppen so an ihren Subkulturen schätzen. In einem solchen Rahmen ist es noch möglich mit interessanten Vertretern der Szene zu sprechen – seien sie aufgefallen bei Offline-Aktivitäten (Larpen an sich) oder Online-Aktivitäten (LarpWiki, Larp Kalender, LARPzeit, LarperNing, um einige Beispiele zu nennen).

Von zwei dieser nicht ungewöhnlichen Programmpunkte möchte ich in diesem Beitrag näher berichten. Der Grund ist banal. Ich war an beiden beteiligt und kann daher einige Hintergrundinformationen liefern. Wer mehr am allgemeinen Programm der MittelPunkt interessiert ist und einige begnadete Event-Bilder sehen möchte, der klicke auf folgenden Link: http://www.larp-mittelpunkt.de

Während des jährlichen Treffens des Deutschen Liverollenspiel Verbandes, wurde eine Arbeitsgruppe zur Larpforschung offiziell verkündet. Dies war mir persönlich sehr wichtig, da mir letztes Jahr deutlich wurde, dass eine Vernetzung der Larpforscher im deutschsprachigen Raum notwendig ist, um Larp, eine unterschätzte Kulturpraxis des jungen 21sten Jahrhundert, als Forschungsgegenstand an die deutschen Universitäten zu bringen. Enthusiastisch wurde die Idee aufgenommen und unsere Gruppe hat etwa ein Dutzend Wissenschaftler gefunden. Interessenten sind übrigens jederzeit willkommen. Einfach unserer Facebook-Gruppe oder unserem Online-Forum beitreten.

Zudem möchte ich auf die vielleicht allererste Video-Live-Schaltung zwischen zwei nationalen Larp-Konferenzen eingehen. MittelPunkt (D) und KoLa (PL) lösten die Terminüberschneidung, indem sie sich einfach über das Internet eine gute Stunde unterhielten. KoLa ist die Abkürzung für Konferencja LARPowa, und heißt übersetzt ‚Larp Konferenz‘. Die polnische Konferenz fand dieses Jahr zum zweiten Mal statt und begrüßte rund einhundert Teilnehmer, unter anderem auch aus der Tschechei.

Zu den Diskussionsthemen zwischen polnischen und deutschen Larpern zählten Fragen nach der Larp-Kultur, aber auch Pläne, um zukünftig gemeinsam Projekte zu stemmen. Ein Audio-Mitschnitt der fast gesamten Diskussion kann hier heruntergeladen werden: Klick (mp3, 19 MB)

An Kooperationen war auch die französische Delegation interessiert. Tatsächlich haben die Organisatoren der französischen Larp-Konferenz GNiales ein Komitee gegründet, das viele europäische Schwesterkonferenzen besucht. Persönlich bin ich der Delegation letztes Jahr auf der Mittelpunkt und der Solmukohta in Finnland begegnet, wie ich unter anderem hier berichtet habe.

Mit Karsten Dombrowski veröffentlichten wir die Aufsatzsammlung zum MittelPunkt, die dieses Jahr den Titel trägt: Larp: Nur ein Spiel? Die Beiträge umfassten die Themen

  • Larp aus christlicher Perspektive als Gewinn für die Erwachsenenbildung
  • Cross-Gender im Larp 
  • Eine Con-Review über ein Edu-Larp zum Thema BRD-DDR-Geschichte.
  • Drei Texte zum Thema Larp und Theaterwissenschaft

Das Buch ist erhältlich über den Zauberfeder-Shop oder Amazon.de.

Persönlich bin ich mit dem für mich leider nur kurzen Besuch zufrieden. Zum Abschluss möchte ich noch einmal die Offenheit zur Vernetzung hervorheben, die einige konkrete Ergebnisse bereits jetzt im ersten Monat des Jahres nach sich gezogen hat, wie einer regelmäßigen Liveschaltung zwischen ‚Larpaktivisten‘ hinsichtlich künftiger Zusammenarbeit sowie das erste Treffen der Larpforschung Arbeitsgemeinschaft im Frühjahr. Interessante Zeiten, die da auf das Hobby zukommen.

Publikationen zur MittelPunkt und KOLA

Bienia/Dombrowski (2013): Larp: Nur ein Spiel?, Zauberfeder Verlag.

Tabisz (2013): KOLA II, Online: http://issuu.com/annikaolejarz/docs/kola2013_publikacja

 

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein