Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten

Kreischendes Waffenfeuer und der Geruch brennenden Gummis erfüllen die Aschewüsten von Vigilus. Mit Speed Freeks ist eine Miniaturenbox für Orks erschienen, die ein eigenes Brettspiel enthält. Wir sind für euch in die Wüste hinausgebraust und schauen, ob sich die Investition auch für Nicht-Orkspieler lohnt.

Orks lieben Geschwindigkeit, jedenfalls im Warhammer 40k-Universum von Games Workshop (GW). Schon seit Ewigkeiten bauen sich dort die Grünhäute abstruse Fahrzeuge zusammen, die mit einer Mischung aus Nieten, Stahlplatten und dem guten Willen des Konstrukteurs zusammengehalten werden. Diese Fahrzeuge finden nicht nur Anwendung in der Bekämpfung aller möglichen Feinde, sondern fahren auch absurde Rennen gegeneinander.

Speed Freeks bietet dabei die Möglichkeit, diese Rennen nachzuerleben und die Fahrzeuge in irrer Geschwindigkeit gegeneinander antreten zu lassen.

Das Spiel versteht sich als inoffizieller Nachfolger von Gorka Morka, das schon vor Jahren vielen Spielern den Spaß an plündernden Orks näherbrachte. Im Gegensatz zur damaligen Variante geht es hier aber nicht um eine Mischung aus Infanterie und Fahrzeugen. Stattdessen setzt sich Speed Freeks alleine mit den Fahrzeugen und ihren Möglichkeiten auseinander. Im Nachfolgenden möchten wir euch das Spiel vorstellen, die neuen Modelle beleuchten, über den Hintergrund sprechen und kritisch überlegen, ob sich die Investition auch für Leute lohnt, die Speed Freeks als reines Brettspiel kaufen möchten.

Start your engines! – Die Spielregeln

Wie schon beschrieben setzt sich Speed Freeks mit Fahrzeuggefechten und Rennen zwischen verschiedenen Orkfahrzeugen auseinander. Das Ziel der Runde hängt dabei entscheidend vom gewählten Szenario ab. Mal soll man alle Fahrzeuge des Gegners verschrotten, mal ein Rennen gewinnen oder auch gegnerische Trümmeransammlungen zerstören. Die Grundregeln bleiben aber immer gleich.

Hinter dem Sichtschirm bleiben die Würfel zunächst versteckt
Hinter dem Sichtschirm bleiben die Würfel zunächst versteckt

Jeder Spieler besitzt zu Beginn des Zuges zehn sogenannte Speed-Freeks-Würfel, dies sind W6 mit Sonderzeichen darauf. Diese verteilt man hinter einem Sichtschirm auf drei verschiedene Felder: Klävva, Heiza und Dakka. Hierbei muss man für jedes eigene Fahrzeug mindestens einen Würfel auf das Heiza-Feld legen.

Wenn die Würfel verteilt sind, werden diese gleichzeitig offengelegt und die Spieler werfen die Wüfel auf ihrem Klävva-Feld. Wer hierbei, je nach Symbol, die meisten Erfolge erzielt, hat die Initiative für diese Runde.

Vorwärts Boys, gebremst wird nicht! – Die Phasen

In der nachfolgenden Heizaphase verteilt man seine dort abgelegten Würfel auf die eigenen Modelle und würfelt sie. Je nach Ergebnis darf sich das Fahrzeug bewegen mit Hilfe des sogenannten Krempels. Dabei handelt es sich um Bewegungsleisten, die man an sein Fahrzeug anlegt und die symbolisieren, dass sich das Fahrzeug nicht beliebig auf der Stelle drehen kann. Einen sogenannten Spezialkrempel, der gewagtere Fahrmanöver beinhaltet, kann man nur einmal pro Zug nutzen. Am Ende der Fahrzeugbewegung muss man noch testen, ob das Fahrzeug ins Schleudern gerät und in eine zufällige Richtung ausgerichtet werden muss. Wenn alle Bewegungen abgehandelt sind, geht es ans Schießen.

Die Bewegungen werden mit Krempel durchgeführt
Die Bewegungen werden mit Krempel durchgeführt

Dieses funktioniert grundsätzlich ähnlich, man verteilt die zuvor festgelegten Dakka-Wüfel auf die eigenen Fahrzeuge und schaut, ob sich im jeweiligen angegebenen Schussfeld lukrative Ziele befinden. Nach dem Wurf mit den jeweiligen Dakka-Würfeln darf sich das Ziel noch verteidigen und potenziell Treffer negieren. Falls Schaden durchkommt, erleidet das Zielfahrzeug diesen und wird, bei Erreichen der Wundschwelle, zerstört.

Hiernach folgt abschließend noch die Kloppa-Phase, in der nach dem gleichen Schema Nahkampfattacken abgehandelt werden. Hierfür muss man keine Würfel zuteilen, sondern greift auf den festen Wert der Fahrzeuge zurück. Als Ziel können logischerweise nur Fahrzeuge in der direkten Umgebung des eigenen Gefährtes gewählt werden.

Wenn auch diese Phase abgehandelt ist, beginnt der nächste Zug nach dem oben genannten Prinzip.

Motivation und Regelvielfalt

Die Regeln sind schnell erlernt und nicht besonders komplex, nach einer ersten Proberunde gehen diese gut ins Blut über. Die Züge sind dabei durch die abwechselnde Bewegung und Zufallsfaktoren wie das Schleudern manchmal etwas chaotisch, was den Stil der Orks aber gut widerspiegelt.

Neben den genannten Grundregeln besteht auch die Möglichkeit, noch unterschiedliche Ork-Clans mit verschiedenen Vorteilen zu nutzen oder den Fahrzeugen Aufmotza-Karten zu spendieren, die deren Fähigkeiten verbessern. Darauf kann man sich entweder vor einem Einzelgefecht einigen oder die Fahrzeuge Stück für Stück in einer Kampagne zwischen den Gefechten aufrüsten.

Dieses Motorrad macht schon was her
Dieses Motorrad macht schon was her

Das Grundregelwerk bietet dabei vier verschiedene Szenarien, wobei man für eins jedoch zwei Speed-Freeks-Spiele benötigt.

Insgesamt will sich eine wahre Langzeitmotivation nicht einstellen, nach den ersten Runden hat man irgendwie alles gesehen. Mehr Szenarien oder Variationen hätten der nicht ganz günstigen Box, wenn man diese als Brettspiel betrachtet, durchaus gutgetan.

Wirklich teuer wird es, wenn man mit mehr als zwei Personen spielen möchte. Für jeden weiteren Partizipienten benötigt man nämlich einen weiteren Orkbuggy und drei Warbiker. Wenn diese einem sowieso schon zur Verfügung stehen, kann man sie natürlich gut dafür nutzen, falls diese extra angeschafft werden müssen, ist der Preis von über 60 Euro pro Spieler ganz schön happig. Ob man dann für ein Spiel, das potenziell nicht oft gespielt wird, so viel Geld in die Hand nehmen möchte, ist durchaus fraglich.

Willkommen auf Vigilus – Der Hintergrund

Speed Freeks gehört zur gerade laufenden Vigilus-Kampagne von GW, nimmt dabei jedoch einen recht kleinen Teil ein. Hintergrund ist dabei nicht zuletzt, dass man mit dem im Dezember erschienenen Kampagnenbuch für Vigilus erst in die Tiefe des Ganzen einsteigen wollte. Der Hintergrund im kurzen Beiheft ist dementsprechend auch überschaubar und reißt das Thema nur oberflächlich an. Wer sich für den Hintergrund entscheidet, ist beim entsprechenden Kampagnenband deutlich besser aufgehoben. Durchaus schade, hätte man hier doch noch besser neue Spieler in die Welt von Warhammer einführen können.

Rot ist schneller! – Taktische Einschätzung

Viele Spielerinnen und Spieler werden sich die Box weniger für den Brettspielanteil zulegen, sondern eher, um die eigene Armee aufzurüsten, und hier kann Speed Freeks wirklich glänzen.

Warbiker sind natürlich immer eine gern gesehene Ergänzung zur eigenen Streitmacht, aber gewartet hat man eher auf die neuen Fahrzeuge. Beide sind dabei hübsch anzusehen und bringen taugliche Werte mit.

Der Shokkjump Dragsta ist das wahrscheinlich bessere der beiden Fahrzeuge
Der Shokkjump Dragsta ist das wahrscheinlich bessere der beiden Fahrzeuge

Der Kustom Boosta-Blasta kann sich auf Grund der Vielzahl seiner Schussattacken mit Infanterie im größeren Stil auseinandersetzen und mit seiner Rivet Cannon auch härtere Ziele wie leichte Fahrzeuge oder schwere Infanterie sinnvoll bekämpfen.

Der wahre Star der Box ist jedoch der Shokkjump Dragsta. Dieser bietet nicht nur eine Schusswaffe, die auch schwere Panzer angehen kann, sondern trifft mit dieser Waffe, für Orks sehr untypisch, auf 3+. Zusammen mit seiner hohen Mobilität ist kein schweres Ziel vor dem überraschend genauen Feuer sicher. Mit etwas über 100 Punkten bekommen die Orks hier eine hochmobile Waffenplattform, die auch nicht schlechter trifft, wenn sie verwundet wird.

Die Box ist somit, falls man an den neuen Fahrzeugen interessiert ist, durchaus zu empfehlen. Ironischerweise stellt sie aber im Augenblick auch die einzige Bezugsquelle für die entsprechenden Fahrzeuge da. Dies wiederum ist, wenn man nicht am Gesamtpaket trotz Ersparnis interessiert ist, eher ärgerlich. Shokkjump Dragsta würde man wohl potenziell mehrere spielen, Kustom Boosta-Blasta eher weniger, und genau dieser Umstand schlägt sich im Augenblick auch auf den typischen Wiederverkaufsbörsen nieder.

Zu hoffen ist hier, dass GW über kurz oder lang ermöglicht, dass die Modelle einzeln zu erwerben sind.

Viele bunte Grotz – Die Ausstattung

Vor dem ersten Ausprobieren steht immer das Auspacken, und Speed Freeks macht hierbei eine ausgezeichnete Figur. Die Box ist aus festem Karton und bis zum Rand gefüllt. Ohne Probleme ist diese damit auch für die weitere Lagerung des Materials geeignet.

Im Inneren finden sich dann in gewohnter Weise die Gussrahmen der Miniaturen und das restliche Spielmaterial.

Das Material im Überblick
Das Material im Überblick

Die nachfolgenden Dinge sind dabei in der Box enthalten:

  • Ein 24-seitiges Regel- und Hintergrundheft
  • Ein Kustom Boosta-Blasta
  • Ein Shokkjunp Dragsta
  • Sechs Warbiker
  • Sechs Ruinenteile fürs Spielfeld
  • Zwölf Datakarten für Fahrzeuge
  • 48 Schadenskarten
  • 24 Aufmotza-Karten
  • 4 faltbare Spielpläne
  • 2 Aufsteller in der Optik von Armaturenbrettern
  • Mehrere Bewegungslinien für Fahrzeuge
  • Eine Zollmessleiste aus Kunststoff
  • 21 Würfel

Das Material macht insgesamt einen guten Eindruck. Die Spielpläne sind aus festem Karton und können auch, über das eigentliche Spiel hinaus, für kleine Warhammergefechte oder Kill-Team-Runden hinzugezogen werden. Die beigelegten Spielkarten sind auf festen Karton gedruckt und gut lesbar. Die Würfel liegen angenehm in der Hand, hier ist die Optik jedoch teilweise etwas unsauber. Dies mindert nicht die Nutzbarkeit, lässt die Würfel aber billiger in der Verarbeitung erscheinen.

Das Wichtigste zuletzt: Die neuen Gussrahmen

Mit Spannung waren vor allem die beiden neuen Gussrahmen erwartet worden, mit denen der Reigen an neuen Orkfahrzeugen in Speed Freeks seinen Anfang nehmen sollte. Diese sind dann logischerweise auch das Highlight der Box. Beeindruckend ist hier die Ausnutzung der Fläche des Gussrahmens, die GW gelungen ist. Gefühlt ist jeder Millimeter mit Inhalten gefüllt. Das führt einerseits zu einem beeindruckend hohen Detailgrad, andererseits aber teilweise zu kleinteiligen Klebearbeiten. Die Sägezahnblätter in der Front des Shokkjump Dragsta bestehen beispielsweise aus fünf Einzelteilen. Die Bauanleitung hilft meist sinnvoll weiter, hat an einigen Stellen jedoch kleine Schwächen. Bei den genannten Sägezähnen stimmt beispielsweise die Nummerierung nicht ganz.

Ein Großteil der Teile findet aber ansonsten intuitiv die richtige Stelle. Die Aussparungen für die Teile im Modell sind gut gelungen und ermöglichen ein meist problemfreies Zusammenbauen. Beide Modelle bieten jedoch keinerlei Auswahl, es gibt für alle Teile nur einen vorhergesehenen Platz, unterschiedliche Waffenoptionen liegen ebenfalls nicht bei und sind auch weder bei Speed Freeks noch bei Warhammer 40k vorgesehen. Die sonst so individuellen Orks werden hier somit in vorbestimmte Bahnen gelenkt, ein Umstand, der nicht nur Begeisterungsstürme auslöste. Das Netz ist jedoch jetzt schon voll mit tollen Umbauten, so dass einen interessierten Bastler die Begrenztheit des Gussrahmens nicht aufhalten soll.

Die Warbiker sind der schon etwas angestaubte alte Gussrahmen, der jedoch gut gealtert ist. Bei den Ruinenteilen handelt es sich ebenfalls um neue Modelle, die bisher nicht veröffentlicht wurden. Diese können auch gut in Warhammerspielen genutzt werden und bieten Infanterie angenehm Deckung.

Insgesamt macht der Inhalt der Box somit eine gute Figur. Man bekommt ordentlich Plastik fürs Geld und bis auf kleine Abstriche ist auch das Begleitmaterial ordentlich gelungen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 60 Minuten
  • Spieleranzahl: 2+
  • Alter: 12+
  • Preis: 120 EUR (UVP )
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Sei mein Zeuge? – Ein Fazit

Speed Freeks ist für Orkspieler grundsätzlich eine gute Investition. Das Gelände ist in Ordnung, die neuen Fahrzeuge sind hübsch und Warbiker kann man eigentlich nie genug haben. Eingeschränkt wird die Freude hier nur durch die fehlende Teileauswahl bei den Fahrzeugen, die einen geübten Orkbastler aber nicht aufhalten wird.

Wer das Spiel jedoch so als Brettspiel erwerben möchte, bekommt ein zwar spaßiges, aber doch recht schnell eintöniges Spiel geliefert, das keine großen Überraschungen bereithält. Da man hier zwangsweise noch, falls man mit mehr Personen das Spiel betreiben möchte, zusätzliche Miniaturen braucht, wird das Ganze schnell ein teurer Spaß, der in keiner guten Relation zur Spielfreude steht.

Wir können den Kauf für Orkspieler also durchaus empfehlen, ansonsten aber nur für eingefleischte Orkfans.

für Orkspieler

             für reine Brettspiel-Interessenten

Artikelbild: Games Workshop, Bearbeitet von Verena Bach.
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein