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Ein Artikel von Benjamin Knöpfle

Wer kennt sie nicht? Den Geralt, den Victor, den Grégoire mit Mani, die Streiter des Guten im Allgemeinen und alle anderen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, alles, was kreucht und fleucht, dahin zu schicken, wo es herkommt, aber bitte ohne Rückfahrticket.

Im LARP haben Hexer und Hexenjäger seit einiger Zeit ein ungebrochenes Hoch und sind immer wieder anzutreffen. Diesmal geht es hier um einen Archetypus, der zwar aus vielen Hintergründen bekannt ist, aber auch ganz ohne bekannte Hintergrundwelt nicht nur seine Berechtigung, sondern auch seinen Reiz hat.

Ebenfalls erschienen in der Serie „Stereotypen im LARP“:

 

Monsterjäger – was sind die eigentlich?

Kurz und knapp: Profis. Sie sind die, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um Dinge zu jagen, mit denen sich der Normalsterbliche nicht mal gerne auf demselben Kontinent befinden möchte. Ob nun Vampire, Werwölfe, Untote aus der klassischen Mythologie oder Ghule, Krabbspinnen und Gruftweiber, um einen von Andrzej Sapkowski geschriebenen Hintergrund als Beispiel zu nehmen: Sie haben die Antwort auf die Fragen, die sich keiner stellen mag.

Ob man nun den vom Glauben getriebenen Monsterjäger, der für seinen Gott oder seine Kirche streitet, oder den berufstätigen Monsterjäger darstellt, der für sein tägliches Brot finstere und grässliche Bewohner des Umlandes einer gezielten Rückführung unterzieht – diese grobe Aufteilung lässt sich weiter in viele unterschiedlichen Typen aufspalten, denen es an Vorlagen aus Buch, Film oder Computerspiel nicht mangelt.

Auf der Jagd © Moritz Jendral

Wie sieht so ein Monsterjäger eigentlich aus?

Es gibt viele Hintergründe, bei denen man sich bedienen kann. Ob nun historisch gerüstet, fantasievoll gekleidet oder ein Mix aus allem: Hier kommt es weniger auf das „Was“ an, mehr auf das „Wie“. „Mehr Dreck!“, ist ein allseits beliebter, manchmal auch nervender, aber oft berechtigter Ausruf. Egal, wofür ihr euch entscheidet: Bringt Leben in die Rolle.

Seien es Glaubenssymbole oder Trophäen vergangener Jagden: Lasst eure Gewandung und Ausrüstung erzählen, wofür ihr gekommen seid. Ein spezialisierter Hexenjäger aus dem Warhammer-Universum wird immer eine andere Optik und ein anderes Spiel an den Tag legen als ein Drachentöter in voller Rüstung.

Der Feensammler. In den Details erkennt man die Profession. © Marco Winter Fotografie

Der Monsterjäger im Spiel

„Aber alle wollen doch was zum Kämpfen haben. Wieso brauchen wir dann den Typen da?“

Wie so oft, herrscht im LARP die Problematik, dass jeder die Bedrohung ausschalten möchte. Die Gründe mögen Legion sein und ihre Berechtigung haben, können aber potenziell schnell für Arbeitslosigkeit sorgen. Was unterscheidet also den Fritz aus Reihe Zwei, der gerade munter sein Ziel mit der Langwehr malträtiert, von dem Profi? Hier kommt die wahre Stärke dieses Charaktertyps ins Spiel: Wissen, Vorbereitung, Ausführung. Ein Monsterjäger ist zunächst mal so gut oder schlecht wie alle anderen darin, dem NSC-Kroppzeuch solange Gummi um die Ohren zu donnern, bis es sich in den Wald verzieht. Natürlich wissen auch die meisten, dass man Wesen X mit Methode Y mehr oder weniger gut bekämpfen kann. Aber wissen sie es denn wirklich?

Das Wissen

Hier kommen wir an einen Punkt, der die Rolle des Monsterjägers weit von seinen Zufallsmitstreitern abheben kann. Ein Monsterjäger weiß viel, oder zumindest sollte er das, wenn er nicht verfrüht und in einem Atemzug sein Rentenalter antreten und dann direkt beenden möchte. Hier hat man so viel Hintergrundmaterial zur Auswahl, dass es am Zusammentragen desselben nicht mangeln sollte. Ob nun aus klassischen Märchen und Sagen, Büchern, Spielen oder Larphintergründen – hier kann alles verwendet und sogar gemischt werden. Gemischt? Na klar!

Stereotypische Optik inspiriert von Warhammer © Nabil Hanano

Zum einen funktioniert fast jede Conreihe anders. Ein Dämon in Land A lässt sich durch einen einfachen Salzkreis aufhalten. In Land B bedarf es dafür eher ein 10-stündiges Ritual mit mehreren – mehr oder weniger – Beteiligten, um ein ähnliches Ergebnis zu vollbringen.
Und genau das ist das Spannende. Nehmen wir an, der Monsterjäger führt mindestens ein Notizbuch, wenn nicht sogar ein schönes und vielleicht sogar großes Bestiarium mit sich. Dann ist ein unbesiegbarer Feind kein nerviges Hindernis auf dem Weg zu Ruhm und Geld, sondern eine Ergänzung für den eigenen Wissenshort.

Wenn man dann mal mehrere Methoden zur Bekämpfung einer Bedrohung gesammelt hat, kann man diese auch alle durchprobieren. Wenn das Salz nicht hilft, hilft vielleicht die geweihte oder magische Waffe. Wenn diese auch keinen Erfolg verspricht, muss man es vielleicht doch mal mit dem Ritual versuchen. Dieses Wissen hat aber einen weiteren Vorteil, als nur ein erfolgreiches Erlegen zu versprechen. Es bietet Raum für Spiel. Seien es Geschichten, Sagen oder Fakten: Der Monsterjäger hat sie parat, oder der Spieler kann sich eine ausdenken, um für eine Unterhaltung oder einen Austausch zu sorgen.

Die Vorbereitung

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Ein weiterer Schritt zum Erfolg als Bestienschlächter ist eine gute Vorbereitung. Wer weiß, was er tun möchte und wie er es tun möchte, hat Optionen, wenn etwas schiefgehen sollte. Zusätzlich bietet die Vorbereitung eine Menge Potenzial für in- und externes Spiel. Zur Vorbereitung gehört nicht nur die Einholung von Wissen bei Ortskundigen, sondern auch die Abstimmung der Ausrüstung und die Wahl der Mittel. Ist der Feind ein Steingolem, scheint das Schwert nicht die beste Wahl zu sein, und dementsprechend kann man sich in dieser Phase des Spiels zusammen mit seinem vorhandenen Wissen wahrlich austoben.

Besonders interessant wird es dann, wenn mehrere Möglichkeiten in Betracht kommen. Mit welcher fängt man an? Welche nutzt jemand anderes? Was muss ich besorgen und was habe ich bereits? Wen kann ich wie mit einspannen? Hier können noch viele weitere Fragen gestellt werden, aber alle führen zu einem Ergebnis: Beschäftigung für sich und für andere. Man kann sich eine Zutat besorgen, einen Trank brauen oder eine Waffe weihen lassen.

Alles zu beschreiben wäre hier weder möglich noch zielführend, da es genauso auf die Bedrohung und die Ressourcen, die man zur Verfügung hat, ankommt, wie auf den Willen, diese einzusetzen und auszuprobieren. Überlegt, was ihr braucht oder brauchen wollt, und bindet andere Leute ein. Alchemisten, Tagelöhner, Magier, Söldner oder vielleicht sogar die örtliche Obrigkeit, wenn es eine gibt.

Exotische Waffe und Taschen sind obligatorisch © Paramount Pictures

Die Ausführung

Die Dorfbewohner sind befragt, das Buch der örtlichen Legenden gelesen und mit den eigenen Notizen abgeglichen, die Bedrohung zugeordnet und die Sonne steht auch günstig. Was also nun? Zunächst darf man natürlich darauf hoffen, dass die Spielleitung Notiz von den Maßnahmen genommen hat. Am besten ist es aber, auch sie nochmal mit ins Boot zu holen. Nun gilt es, die eigenen Erwartungen an den Erfolg weit herunterzuschrauben. Nicht, weil die NSC oder die SL die Rolle nicht wahrgenommen haben oder nicht verstehen, was man möchte. Jede Conreihe oder Orga ist einfach anders oder bedient sich eines anderen Hintergrunds.

Egal, wie gut man in Punkt 1 und 2 agiert hat, es ist kein Erfolgsgarant für Punkt 3, und wenn man sich das vor Augen führt, hat man zum einen viel mehr Spaß an den ersten beiden, und zum anderen ist man nicht maßlos enttäuscht, wenn zehn Stunden Arbeit an einer möglichen Plot-Immunität verpuffen. Freut euch über Erfolge und notiert euch im Notizbuch eure Misserfolge. Dann können Vampire aus Fantasieland eben nicht ohne den im Drachenfeuer gehärteten und mit Diamanten besetzten Pflock getötet werden. Das ist aber nicht euer Misserfolg, sondern eine Chance für einen weiteren Eintrag und eine weitere Geschichte.

Ich jage, du jagst, wir jagen

Ob nun alleine oder im Team, ein Monsterjäger hat mehr Facetten, als man in einem einzelnen Artikel beschreiben kann, und jeder spezielle Hintergrund hat mit Sicherheit einen eigenen verdient. Jedoch haben alle einige Dinge gemeinsam, die zum Spielspaß beitragen können, sei es nun für sich oder für andere.

Wenn man nicht das eigentliche Erschlagen von irgendwelchen Typen in Kostümen als ultimativen Erfolg und Spaßgarant betrachtet, bietet die Rolle abseits dessen eine Menge Möglichkeiten, sich auszutoben.

Artikelbilder: @Moritz Jendral, @Nabil Hanano, @Marco Winter, @Paramount Pictures

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