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Sturm und Regen waren die Herausforderungen des diesjährigen Drachenfests. Außerdem kehrten die Veranstalter zur altbekannten, kürzeren Dauer von Mittwoch bis Samstag zurück. Ob alle der Natur trotzten und die Stimmung gut war, haben wir für euch in den Blick genommen.

Das diesjährige Drachenfest, im Jahr der ersten goldenen Herrschaft, bot viel Altbekanntes und viel Neues zugleich. Sowohl die Wettersituation stellte erneut eine Herausforderung dar, diesmal jedoch weniger durch lähmende Hitze als durch Regen und Sturm. Gleiches galt auch für organisatorische Entscheidungen im Vorfeld, die und deren Kommunikation nicht bei allen für Zufriedenheit sorgten. Zugleich stellte dieses Drachenfest eine Rückkehr zur Normalität nach Corona dar, ging es doch wieder über den normalen Zeitraum, anstatt der doppelten Länge. Größte Diskussion im Vorfeld dürfte wohl der Wechsel der Lagerflächen von Grün und Blau gewesen sein. Bisher als einzige vom jährlichen Durchrotieren des Lagerplatzes verschont geblieben, gab es in beiden Lagern nicht nur Zufriedene.

Neues und Ärger im Vorfeld: Von kritisierter Kommunikation und alter Gewohnheit

Für viele teils hitzige Diskussionen im Vorfeld sorgte die Verteilung der Lagerplätze. Anders als bisher wurden die Lagerplätze der einzelnen Lager von der DrachenFest UG & Co. KG bereits zwei Wochen im Voraus bekanntgegeben. Dabei blieben die größten Lager, Grün und Blau, nicht an ihrem seit Jahren angestammten Platz. Bisher wechselten alle Drachenlager aus Gründen der Fairness auf dem Quast durch, wodurch sich sowohl unterschiedliche Bündniskonstellationen durch Entfernung und Nachbarschaft ergaben. Aber auch OT die Wege zu den Duschen immer für andere Lager mal weiter und mal kürzer waren. Grün und Blau blieben bisher von diesem Wechselspiel verschont. Das galt ab diesem Jahr nicht mehr. Die beiden Großlager wechselten erstmals ihre Positionen miteinander. Das hatte zur Folge, dass das grüne Lager nun direkt neben der Stadt und nah bei den Duschen angesiedelt und das blaue Lager nun den weitesten Weg zum frischen Nass hatte – zur äußeren Anwendung und auch zu dem zur inneren. Der Durstige Dolch, Aushängeschild des blauen Lagers und beliebteste Kneipe auf dem Drachenfest, war nun nicht mehr direkt an das blaue Lager angegliedert, sondern weit entfernt. Ein besonders schwerer Schlag für die Blauen, die den Dolch nicht nur als Zeichen der blauen Gastfreundschaft und Feierlaune sahen, sondern auch als integralen Bestandteil des blauen Lagers. Unabhängig davon, dass der Durstige Dolch bereits seit Jahren ein fester Bestandteil der Stadt und nicht mehr des blauen Lagers war.

Entsprechend groß war das anfängliche Entsetzen und die Empörung der Blaulagerist*innen. Sowohl das generelle Umlagern als auch die lediglich zwei Wochen Vorlauf wurden teils heftig und emotional kritisiert. So verständlich es durchaus war, dass ein liebgewonnener und angestammter Platz plötzlich verloren war, so hatte man dennoch zeitweilig das Gefühl, Menschen mit Mobilitätseinschränkungen oder Familien mit Kindern gäbe es nur im blauen Lager. Zudem war zumindest theoretisch allen Lagerist*innen bewusst, dass es für kein Lager eine Standortgarantie gab. Auch wurde von Veranstaltungsseite nachvollziehbar kommuniziert, warum eine frühe Planung der Lagerordnung nicht möglich war – die Anmeldezahlen der einzelnen Lager waren schlicht nicht früher bekannt, da die Anmeldefristen entsprechend lang waren. So verständlicherweise ärgerlich ob des Verlustes gewohnter Privilegien die ganze Sache für die Blauen war, so wenig kann man hier den Veranstalter*innen einen ernsthaften Vorwurf machen. Wobei ein klarer Hinweis einige Monate vor der Veranstaltung, dass wirklich alle Lager ihren Platz nicht sicher haben, vermutlich geholfen hätte, die aus Überraschung geborene Empörung einigermaßen abzufedern. Nachdem der erste Ärger verraucht war, arrangierten sich die meisten Blauen schnell mit ihrem neuen Platz und wussten sowohl den einzigen Toilettenwagen als auch die dominierende Lage auf der großen Wiese, sowie die neuen Nachbar*innen zu schätzen.

Wünschenswert wäre es ebenfalls, das vorzeitige Bekanntgeben der Lagerplätze beizubehalten und diese nicht wie sonst zur Überraschung am Anreisetag zu machen. Ein gewisses Maß an möglicher Vorausplanung wäre nämlich auch für den Rest hilfreich.

Ebenfalls auf wenig Gegenliebe stieß das kurzfristige Anheben der inzwischen hohen Frühanreiseticket-Preise beim Kauf vor Ort. Kritisiert wurde hier weniger die Preisanhebung an sich, die durchaus zu rechtfertigen gewesen wäre, als vielmehr erneut der Zeitpunkt und die Art der Kommunikation. Bekanntgegeben wurde die Preiserhöhung nämlich erst drei Tage vor Beginn vor Veranstaltung, genau nach dem Schließen des Onlinevorverkaufs. Damit dienten die höheren Preise vor Ort nicht der Motivation zum Kaufen der Frühanreisetickets im Vorfeld und damit der besseren Planbarkeit, wie viele Menschen wann auf dem Quast sein werden. Man konnte sich daher des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass die Veranstalter*innen hier auf Kosten der Frühanreisenden ein bisschen hinterrücks abkassieren wollten. Inflationsbedingte Mehrkosten, die sich auch bei den normalen Eintrittspreisen bemerkbar machen, sind verständlich – der Zeitpunkt der Bekanntgabe hingegen weniger.

Wir trotzen Wind und Wetter – und dem stillen Verschwinden der Toilettenwagen

Dem Online-Shitstorm im Vorfeld folgte auf dem Gelände dann auch gleich ein richtiger Sturm, der vor allem die Aufbaumannschaft und die meisten Frühanreisenden erwischte. Zelte rissen ein und ganze eben erst errichtete Palisaden wurden vom Wind umgerissen oder verschoben. Hier zeigte sich in der Folge die Solidarität untereinander und Reaktionsfähigkeit der Veranstalter*innen und der Aufbaumannschaften. Obgleich bereits durch mehrere Tage schwerer Arbeit ausgelaugt, hielt die Moral aller, man stellte sich dem Sturm entgegen und konnte alle Schäden beseitigen. Palisaden wurden ein zweites mal errichtet, verlorene Ausrüstung repariert und für gerissene Zelte entstanden Flickstationen, bei denen man sich Materialien zur Reparatur besorgen konnte. Die Drachenfestgemeinschaft hatte die Schlammkatastrophe von 2017 überstanden, war gemeinsam im strömenden Regen durch ganze Schlammberge gewatet und hatte buchstäblich halbe Seen auf dem Quast überwunden. Von ein bisschen Wind und Regen würde man sich jetzt nicht aufhalten lassen. Entsprechend waren bis zum Time-In Mittwoch morgens alle Sturmfolgen zumindest so weit beseitigt, dass man problemlos IT gehen konnte.

Leider ebenfalls beseitigt worden waren die Toilettenwagen und Wasserstellen, die das Drachenfest hygienetechnisch deutlich von Festivals unterschied. Zahlreiche Wagen mit fließendem Wasser und beleuchteten Toiletten hatten olfaktorische Erleichterung bedeutet und nicht nur Kontaktlinsenträgern eine gewisse Hilfe verschafft. War die Lagerplatzänderung immerhin noch im Vorfeld kommuniziert worden, so wurden einer von zwei Toilettenwagen kommentarlos gestrichen, eine Anpassung war als Besucher*in somit nicht möglich. Das Verschwinden der Toilettenwagen war dabei bedauerlicherweise nur der Hauptpunkt der deutlich verschlechterten Hygienesituation. Damit einher ging eine zu seltene Säuberung der Dixis und Pissoirs, die sich zeitweise deutlich in ihrem Umfeld bemerkbar machten und nicht unbedingt zur Benutzung einluden. Ein Umstand, dessen Schuld die Veranstalter*innen beim beauftragten Unternehmen sehen, das die zugesagten Leerungen nicht eingehalten hätte. Dazu fehlte jegliche Möglichkeit, die Hände zu waschen, auch das bereitgestellte Desinfektionsmittel war leider zu häufig leer und wurde nicht ausreichend nachgefüllt. Passend dazu erwiesen sich auch die im letzten Jahr neu eingeführten Duschen als den Witterungsbedingungen nicht gewachsen. Bei hohen Temperaturen waren die überdachten Duschwagen mit offenem nicht überdachtem Umkleidebereich noch positiv aufgefallen, da man nach dem Duschen nicht in einer stickigen Sauna stand, in der man sofort erneut durchgeschwitzt war. Nun aber sorgte Regenwetter dafür, dass man sich nach dem Duschen gar nicht erst abtrocknen musste und auch die frische Kleidung schon eine gewisse Nässe ansammeln konnte, während sie im Regen lag. Unzureichende Ablagen für Kleidung und fehlende Stromanschlüsse zum Föhnen rundeten das Bild ab. Hier haben die Veranstalter*innen für die nächsten Jahre durchaus Verbesserungspotential, will man seinen bisher eigentlich in Hygienefragen sehr guten Ruf behalten. Auch wenn zukünftige Drachenfeste vermutlich wieder eher unter Hitze leiden werden, wäre eine gewisse Wetterfestigkeit nicht von Nachteil.

 

2023 war das erste Jahr der goldenen Herrschaft
2023 war das erste Jahr der goldenen Herrschaft

Spielfreude und neue Konzepte

So negativ diese Kritikpunkte und die Aufregung klingen mögen, insgesamt war das Drachenfest 2023 eine gelungene Veranstaltung. Die Spielleitung war immer ansprechbar, die Umplatzierung der Lager schuf neue Bündnissituationen und ermöglichte ein Ende des jahrelang Großbündnis aus Rot-Grün, was die Diplomatie wesentlich flexibler machte, und das kühle regnerische Wetter war gegenüber dem Hitzetod der Vorjahre eine deutliche Verbesserung.

Nachdem der Regen gegen Donnerstagmittag größtenteils weitergezogen war, genossen die circa 5000 Teilnehmer*innen ein rundum gelungenes Drachenfest. Plots wurden gejagt und Bündnisse so eifrig geschmiedet wie gebrochen. Ganz ohne Beschwerden über Gegner*innen, die nicht ausspielen, wird das Drachenfest wohl nie ablaufen. Doch im Vergleich zu den Vorjahren ging auch dieses Problem gefühlt zurück. Da solche Beschwerden immer von jeder Seite über die jeweiligen Gegner*innen kommen, ist dies ein deutlicher Hinweis, dass die Grundstimmung entspannter und fairer als in den Vorjahren war. Die neuen Laudemien, eine Art Zusatzwährung, die auf unterschiedlichste Art errungen werden und gegen Dracheneier (Siegpunkte) eingetauscht werden konnten, ermöglichten zusätzliches Spiel durch Handel, Diplomatie und Diebstahl. Wie kreativ man mit dieser neuen, noch unerprobten Währung umgehen konnte, bewiesen unter anderem Mitglieder des Wandellagers, die mittels vorgetäuschter Laudemien-Lotterie bergeweise Kupfer verdienten.

Das weiße Lager lockte wieder mit seinem berühmten Puppenspiel, in dem das aktuelle Geschehen auf dem Drachenfest pointiert und ironisch zusammengefasst wurde und trotzte mit seiner Vorstellung sogar zeitweise einer Belagerung. Auf die IT-Klagewut des letzten Jahres wurde dadurch reagiert, dass das Goldene Gericht schlichtweg per Warpsteinbombe in die Luft gesprengt wurde – ja liebe Schwarze, das ist wirklich passiert. Ein Schicksal, dass das Goldene Gericht unter anderem mit Glockenturm und Garten im weißen Lager teilte.

Die teils häufig wechselnden Bündnisse sorgten für ein abwechslungsreiches Bäumchen-wechsel-dich-Spiel der Banner, die wenigsten Lager waren in der Lage, langfristig eroberte Banner zu halten. Fielen Lager nicht durch Belagerungen bei Tag, wurden sie Opfer von Nachtaktionen. Hier taten sich besonders die Schwarzen hervor, einer der Gründe, warum das schwarze Lager letztendlich das Drachenfest gewann und somit 2024 das Jahr der schwarzen Herrschaft wird.

Neben dem offiziellen Wettstreit wuchsen auch die kleineren Nebenveranstaltung. Bei Drachenball und Steckkrieg etwa wurde mit Blanco-Negro eine dritte „Fan“-Gruppe ins Leben gerufen, die eifrig an der dritten Halbzeit teilnahm. Höhepunkt mehrerer Lager war ein großes, langes und ergreifendes Traum-Aspekt-Ritual. Der Limbus erfreute sich wieder daran, Gestorbene zu erschrecken und das Orklager veranstaltete einen versteckten Markt in der Stadt, auf dem allerlei … ungewöhnliche und alternative Waren gehandelt wurde.

Sorgte erneut für Begeisterung: der Drachenball
Sorgte erneut für Begeisterung: der Drachenball
Siegreich in diesem Jahr: das Lager des schwarzen Drachen
Siegreich in diesem Jahr: das Lager des schwarzen Drachen

Abreisechaos und Freude auf das nächste Jahr

Nach einem, im Endeffekt gelungenen und begeisternden Drachenfest, das rückblickend insgesamt auch durch gutes Wetter gesegnet war, stand Heimreisenden und Organisation noch ein letztes Hindernis im Weg.

Auf dem Rundweg um den Quast kam es zu einer Autopanne, die selbigen für Stunden blockierte und ein großes Verkehrschaos verursachte. Dieses konnte von der Organisation trotz Abbaustress jedoch relativ schnell durch eine Umleitung des Verkehrs durch die Stadt Aldradach gelöst werden. Als Entgegenkommen für die Umsetzung des blauen Lagers behielt dieses den einzigen verbliebenen Toilettenwagen und auch die anderen kleinen Probleme konnten ertragen oder überwunden werden.

Die kürzere Dauer sorgte für mehr Kraft und Ausdauer aller Teilnehmer*innen und ließ zusammen mit dem kühleren Wetter vier Tage intensives Spiel entstehen, nach dessen Ende sich alle schon auf das Drachenfest 2024 freuen.

In einer früheren Version war von mehreren gestrichenen Toilettenwagen die Rede. Tatsächlich wurde nur einer von zwei Wagen an den Lagerplätzen durch Dixis ersetzt. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.

Artikelbilder: © Nabil Hanano
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Sabrina Plote

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