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Ein Artikel von Lukas Heinen und Lars Lerchenberger

Wo es Geschichten über strahlende Ritter gibt, dürfen Knappen nicht fehlen. Hat nicht selbst der legendäre König Artus als Knappe das Schwert aus dem Stein gezogen? In vielen Geschichten in Literatur und Film spielen Knappen mit. Sie sind nicht immer Nebenfiguren, sondern manchmal sogar die wahren Helden der Geschichte.

Ebenfalls erschienen in der Serie „Stereotypen im LARP“:

Auch im LARP ist der Knappe immer wieder anzutreffen, um der Grundidee zu folgen, in die Rolle des jungen, unerfahrenen Kämpen zu schlüpfen, der erst am Anfang seiner Heldenreise steht und dessen Abenteuer genauso spannend sind wie die des alten, schlachterfahrenen Veteranen. Vielleicht sogar noch packender, denn das Wagnis ist ungleich größer, hat der Knappe doch noch nicht die Erfahrungen seines Ritters vorzuweisen.

Was ist ein Knappe realhistorisch?

Aber was ist ein Knappe eigentlich? Was macht ihn aus? Historisch betrachtet ist der Knappe (in der Langform eigentlich Schildknappe) ein junger ritterbürtiger Mann, der in den Diensten eines Ritters steht. Er erlernt von ihm das Waffenhandwerk und steht ihm im Feld zur Seite. Dieser Werdegang begann schon in der Kindheit: Der Dienst als Page begann meist vor dem zehnten Lebensjahr. Als Page galt es, zunächst höfische Gepflogenheiten zu meistern und die Grundlage für den späteren Knappendienst zu legen.

Ab dem vierzehnten Lebensjahr begann der der nächste Schritt auf dem Weg zum Rittertum und der Fokus der Ausbildung verlagerte sich auf das Erlernen des Kriegshandwerks. Von Rüstungspflege bis hin zur Waffenkunst war diese Zeit ein körperlich anstrengender und fordernder Lebensabschnitt des noch jungen Mannes, der erst mit dem Ritterschlag enden sollte.

Der Knappe im LARP

Der Knappe sonnt sich, während sein Herr wichtige Dinge tut
Der Knappe sonnt sich, während sein Herr wichtige Dinge tut

Warum im Liverollenspiel dann aber nicht gleich als Ritter einsteigen? Den Fehler, eine Zeit als Knappe gar nicht erst in Betracht zu ziehen und sofort als Ritter einzusteigen, hat auch einer der Autoren dieses Artikels vor vielen Jahren schon gemacht. Die Erkenntnis, wie viele schöne Spielmomente man gerade als Knappe erleben kann, kam leider zu spät: Wehmütig betrachtet man die Knappen auf einem Turnier bei der Schwertkampfausbildung oder schickt sie mit Aufgaben auf Abenteuer los, die man eigentlich selbst gerne verfolgen würde.

Ein Tadel über eine verpatzte Dienstaufgabe oder ein Lob angesichts einer besonders gelungenen Blasonierung eines schwierigen Wappens sind schöne und aufregende Momente, die eine Meister-Schüler-Beziehung hervorbringen kann. Irgendwann ist jedoch der Zeitpunkt verpasst, wo man noch glaubwürdig in die Rolle eines jungen Schülers springen kann, und die Chance, diese besondere Zeit zu erleben, ist vertan.

In der Lehrzeit können viele kleine Schätze verborgen liegen und bei den zahlreichen Themen von Kampfessübungen bis zur höfischen Minne findet sich für fast jeden ein spannendes Spielangebot. Auch Heldenmomente, wenn der Knappe zum Beispiel über seinem verwundeten Ritter steht, um ihn gegen die drohenden Unholde zu verteidigen, bergen durch die enge Beziehung zwischen Meister und Schüler viel mehr Potenzial für die großen Emotionen.

Eine gerüstete Knappin © Aloha-Airbrush

Die Spielsituationen, die man nur als Knappe und nicht mehr als Ritter erleben kann, weil man sich eben doch noch besser in die verruchte Taverne schleichen kann oder dem ungeliebten anderen Knappen einen Streich spielen will, besitzen Ihren ganz eigenen Charme.

Außerdem gibt es die besonderen, großen Momente, an die man gerne zurückdenkt, wie der Moment des Ritterschlages. Wie viel bedeutsamer muss dieser Moment in der Charakterentwicklung und im Rollenspiel erscheinen, wenn man ihn mit Abenteuern, Heldentaten und dem ein oder anderen Drama untermauert hat?

So findet sich der Knappe eben meist als Teil einer Gruppe an der Seite seines Ritters.

Selten ist er allein anzutreffen, und die wahren Stärken, die diese Rolle in sich birgt, liegen im Spiel mit seiner Gruppe und vornehmlich seinem Ritter verborgen.

Der Knappe ist eine dankbare Rolle

Als Schüler hat man insbesondere als LARP-Anfänger die Möglichkeit, seinem Ritter zu folgen und so geführt seine ersten Schritte ins Abenteuer machen. Als Vertrauter und Schutzbefohlener gelangt man mit wenig Eigeninitiative an Orte, die einem sonst verschlossen bleiben und bei einem aktiven Rittervater auch gerne mal mitten ins Geschehen. Man ist eben Teil einer Gruppe. Gerade als Anfänger bringt das natürlich eine Grundsicherheit mit, denn die Gruppe hilft einem hoffentlich mit Rat und Tat auf den ersten Schritten in die LARP-Welt, verleiht Ausrüstung und sorgt für eine vertraute Zone im Unbekannten. Sie ist auch Hilfe- und Anspielstation, sowohl für unsichere Anfänger, die nicht weiterwissen, als auch für erfahrenere Spieler, falls einmal Langeweile aufkommt oder der Rittervater gerade nicht greifbar ist.

Auch ungewöhnliche Dinge wie der Heroldsdienst können zu den Knappenpflichten gehören

Schwierig kann es allerdings werden, wenn in Abwesenheit des Ritters der Knappe auf einmal den höchsten Rang unter den Anwesenden bekleidet. Das mag manchen Anfänger dann doch überfordern, aber im Grunde ist auch das eine schöne Gelegenheit für Rollenspiel, sei es, um zu glänzen oder auch einmal bewusst als halb-ausgebildete Rolle zu scheitern.

Man kann in der Rolle des Knappen beobachten und lernen, und Unwissenheit kann wunderbar zur Rolle passen. Zudem stehen einem als Knappe auch viele Türen offen. Im LARP oft etwas unscharf irgendwo zwischen Adel und einfachem Volk angesiedelt, kann sich der Knappe in beiden Gesellschaftsschichten bewegen und sein Spiel finden.

Der Knappe ist eine undankbare Rolle

Knappenringen auf dem Epic Empires 2018

Aus der Position des Knappen können sich im LARP leider auch Probleme ergeben, wenn man nicht aufpasst. Dass der Knappe sich in mehreren Gesellschaftsschichten bewegen kann, kann durchaus zum Nachteil werden: Wie in allen Lebenslagen neigt der Mensch bekanntlich auch im LARP zur Grüppchenbildung, was dazu führen kann, dass der eigene Charakter verloren zwischen den Stühlen steht.

Es kann intime durchaus logisch sein, wenn die Bauern ungerne mit dem Knappen offen reden wollen. Der junge Knappe ist schließlich ein werdender Ritter und meist von Stand. Es kann durchaus so enden, dass Bauern und Knechte gemeinsam trinken und der Knappenspieler außen vor bleibt. Auf der anderen Seite kann der Knappe zwar seinen Ritter begleiten, aber wenn es unglücklich läuft, wird der Knappe die meiste Zeit im Hintergrund verweilen, während die hohen Herren miteinander agieren. Das mag ebenfalls intime logisch und konsequent sein, aber es ändert nichts, wenn der Spieler dadurch den Anschluss verliert. Zumal Knappen abseits von Veranstaltungen wie Turnieren oder Ritterlagern nur selten in so großer Zahl vertreten sind, dass sie eine eigene Gruppe bilden und sich gegenseitig Spiel verschaffen können.

Wie bei allen Gefolgschafts-Rollen – zu denen der Knappe definitiv zählt – gehören zudem einige Aufgaben, die sehr undankbar erscheinen, wenn sie nicht mit Spiel bereichert werden. Niemand ist ausschließlich auf einer Con, um seinen Herren zu bedienen und ihm in die Rüstung zu helfen.

Hier liegt viel Verantwortung beim Spieler des Ritters. Der Knappe wird dadurch in seinem Spiel eingeschränkt, dass er oft an der Seite des Ritters verweilt oder von ihm mit Dienstbotenaufgaben bedacht wird. Den Stuhl für die Dame zum Turnierplatz schleppen, kann durchaus eine schöne Szene sein, aber wenn sich die Aufgaben auf so etwas beschränken, läuft etwas schief.

Der Ritterspieler muss also darauf achten, dass sein Knappe ins eigene Spiel eingebunden wird, gerade dann, wenn sich der Ritter in höheren Gesellschaftskreisen bewegt. Dabei muss der Ritterspieler berücksichtigen, dass dem Knappenspieler ausreichende Freiheiten und somit eigenes, unabhängiges Spiel ermöglicht wird.

Die Darstellung als Knappe

Ähnlich den fantastischen und historischen Ausprägungen des Ritters stehen auch dem Knappen viele Wege offen. Doch ist man als Knappe natürlich eingeschränkter, denn Gewandung und Optik sind durch den Ritter oder die Gruppe vorgegeben: Oftmals trägt der Knappe Farben und Wappen des Herren.

In ziviler Gewandung, aber dem Wappen seines Herren

Der Knappe wird insgesamt ähnlich seinem Ritter, allerdings in einfacherer Variante ausgestattet sein. Immerhin stellt man einen zukünftigen Ritter dar und das sollte im Optimalfall wie bei jedem gelungenen Kostüm von Ausstehenden erkennbar sein. Das stellt den Knappenspieler natürlich vor eine Herausforderung, denn er sollte einerseits seinen Rittervater nicht in Prunk und Protz übertreffen, andererseits aber edel genug aussehen, um in seiner Rolle verstanden und nicht mit einem Knecht verwechselt zu werden. Es kann helfen, auch bei der zivilen Gewandung Wappen oder Farben des Herren zu berücksichtigen, beispielsweise durch Aufnäher oder Stoffwahl.

Gleichzeitig empfiehlt es sich, die Ausstattung gleich als Grundstock und Basis für die spätere Ritterrolle zu wählen und sich bei prunkvollen Details wie Stickereien, Zaddeln et al. hinter seinem Ritter zurückzuhalten, so dass man nach erfolgtem Ritterschlag die Gewandung zumindest in Teilen weiter- oder wiederverwenden kann.

Die Bedeutung des Ritters für die Darstellung

Während die Rolle des Ritters ohne Knappenspieler noch leidlich funktioniert, ist die Knappendarstellung ohne Ritter deutlich eingeschränkter. Das Klischee des einsamen Ritters auf Queste ist in der Popkultur stark verbreitet und funktioniert deshalb auch gut im Liverollenspiel.

Natürlich kann ein Knappe im Grunde auch selbst auf Abenteuer ausziehen, aber der Reiz der Knappenrolle liegt ja gerade im Spiel mit dem jeweiligen Ritter, denn insbesondere das Zusammenspiel zwischen den beiden holt das Beste aus dieser Rollenkombination heraus.

Der Ritter trägt in seiner Rolle eine hohe Verantwortung für die Spielerfahrung des Knappen.

Der Knappendienst bringt auch den Kriegsdienst mit sich © Bernd Holzhäuser

Daher ist ein harmonisches OT-Verhältnis und ständige Kommunikation eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche und vor allem spaßige Knappenzeit. Man kann beispielsweise absprechen, wie viele Dienste, die eigentlich tatsächliche Arbeit darstellen, dem Knappen aufgebürdet werden dürfen. Botengänge, das Bedienen des Herren, helfende Hände beim Anrüsten oder auch die Pflege der Ausrüstung sind Dinge, die für den einen zur Rolle dazugehören und viel Spaß bereiten, für den nächsten teilweise spielstörende Arbeit bedeuten können.

Dadurch, dass man an den Herrn Ritter gebunden ist, sind die Freiheiten des eigenen Spiels eingeschränkt. Hier gilt es, klar im Vorfeld über gegenseitige Erwartungen und Wünsche zu sprechen, denn letztendlich geht es um den gemeinsamen Spaß an der Kombination. Wieviel Zeit muss füreinander aufgewendet werden? Wie reagiert der Ritter auf genommene Freiheiten und somit potenzielle Konflikte? Wieviel Spiel kann der Ritter dem Knappen bieten angesichts eigener, bindender Verpflichtungen? Hier sind im Vorfeld abgesprochene Phrasen mit Signalwirkung, zum Beispiel: „Herr, Ihr habt mir doch befohlen, die andere Aufgabe zuerst zu erledigen“, ein einfacher und wirksamer Weg, ein unliebsames Spielangebot abzulehnen. Außerdem hat es noch keiner Ritterdarstellung geschadet, wenn der Spieler selbst die eigene Rüstung polieren musste.

Knappen ziehen gerne Ärger an, teilen aber auch aus © Oliver König

Einen passenden Ritter zu finden, ist allerdings gar nicht mal so leicht. Wenn man nicht aus dem Freundeskreis oder der eigenen Gruppe einen Ritterspieler rekrutieren kann, muss man sich unbekannte Ritterspieler anschauen. Diese zu finden, ist nicht schwer, denn nach unserer Erfahrung gibt es deutlich mehr Ritter- als Knappenspieler innerhalb der Szene.

Die wahre Herausforderung liegt darin, eben jene Spieler zu finden, bei denen das gleiche Spielverständnis vorherrscht und auch das menschliche Miteinander gut funktioniert, denn die enge Schüler-Meister-Beziehung sorgt dafür, dass Reibungen und Disharmonien viel stärker ins Gewicht fallen, da zumindest der Schülercharakter ohne den Meister nicht gut funktioniert.

Knappinnen und Rittermütter

Im Text wird zwar immer von männlichen Rittern und Knappen gesprochen, aber natürlich werden diese Rollen heutzutage im Liverollenspiel auch von Frauen gespielt. Da wir im 21. Jahrhundert angekommen sind, sollte jedem, der einer Frau abspricht, eine Knappen- oder Ritterrolle zu spielen, klar sein, dass hier unter dem Deckmantel der Geschichte reiner Sexismus kolportiert wird – und so etwas hat in unserem LARP absolut nichts zu suchen.

Fazit

Der Knappe ist eine Rolle, die sowohl Anfängern als auch erfahrenen Spielern etwas zu bieten hat. Die Stärken dieser Rollenwahl liegen im Zusammenspiel mit dem jeweiligen Ritter und in der Entwicklung, die dieser Rolle als Schüler inhärent ist. Wenn man die Herausforderungen zu meistern weiß, dann kann diese Rolle so viel Freude bereiten, dass einige Spieler sich sogar bewusst gegen einen Ritterschlag entscheiden und Knappe bleiben – und das mag mehr sagen als tausend Worte.

Fotografien: Bernd Holzhäuser, Aloha-Airbrush, Oliver König, privat mit Erlaubnis

Über den Co-Autor

Im realen Leben eher als Pfeffersack unterwegs, ist Lars seit 2003 begeisterter Liverollenspieler. Er testet gerne die große Vielfalt dieses Hobbys in den unterschiedlichsten Settings aus, allerdings liegt sein Hauptaugenmerk auch nach vielen Jahren nach wie vor auf der Ritterdarstellung mit all ihren Facetten.

 

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