Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Als Rollenspieler und vor allem als Spielleiter haben wir schon lange Karten gezeichnet, wenn es darum ging, Orte zu visualisieren. Die üblichen Hilfsmittel waren früher ein Block Papier, Blei- und Buntstifte und ein Radiergummi.

Diese selbstgezeichneten Karten haben uns geholfen, Städte, Straßen, Häuser oder auch Gewölbe zu zeigen. Im digitalen Zeitalter jedoch stehen uns andere Hilfsmittel zur Verfügung. Die Fanszene hat eine Unmenge von Programmen erzeugt, die selbst denen, die nicht gut zeichnen können, Werkzeuge an die Hand geben, um die gewollte Szenerie mehr oder minder gut darstellen zu können.

Nachdem wir vor einigen Monaten Pyromancers Dungeonpainter Online vorgestellt haben, wollen wir uns heute dem VISARD von Intelligence Software aus der Schweiz widmen.

Handhabung/Erscheinung

Die Oberfläche, © VISARD

Bereits nach dem Starten der herunterzuladenden Software fällt auf, dass das Programm nicht den üblichen Weg von Software im Windowsbereich geht. Eine Menüleiste in klassischer Art existiert nicht, der Werkzeug- und Objektbereich ist nach rechts gewandert. Wir werden kurz von einem Splash Screen begrüßt und dürfen loslegen.

Der große Hauptarbeitsbereich links, nach Wunsch mit Gitternetz unterlegt, erlaubt uns die Platzierung der Objekte. Hierbei gilt es zu unterscheiden zwischen Tiles, Objekten und Kreaturen. Letztere waren in der Version, die mir vorlag, noch nicht enthalten.

Tiles sind quadratische Elemente, die genutzt werden können, um den Untergrund darzustellen. Die schiere Menge an Tiles ist ein großer Pluspunkt. Vom Wüstensand, über Grasland, zu steinigen Böden, bis hin zu vereisten Oberflächen fand ich hier fast alles, was mir einfiele. Lediglich Lavaflüsse und ähnliches selten Benutzes war nicht aufzufinden. Diese sind aber für nachfolgende Versionen bereits angekündigt.

Tiles, © VISARD

Tiles sind nicht nur einzelne Elemente, sondern in Tilesets zusammen gefasst. Manche sind so umfangreich, dass man erst eine Unterauswahl treffen kann, um die Anzahl der Elemente zu minimieren. So ein Tileset kann z.B. aus mehreren Flächen bestehen, die nahezu alle möglichen Berandungen und Endstücke eines gepflasterten Platzes umfassen.

Möchte man zwei Oberflächen nebeneinander anordnen, nehmen wir einmal Grasland und Steinpflaster an, können wir sie mit dem Mixed Tile Mode ineinander nach Wunsch und Parametrierung überblenden. So schaffen wir realistische Oberflächen, auf welche wir nun unsere Objekte platzieren können.

Objekte können alles sein. Planken, Wege, Heuschober, Häuser, Risse im Boden, Steinhaufen, Brunnen, Lagerfeuer, Büsche. Im Gegensatz zu den Tiles, die ich fest auf dem Raster platzieren muss, kann ich Objekte drehen und verschieben, kann ihre Helligkeit bestimmen und auch ihren Graustufenanteil steuern. Letzteres kann z.B. benutzt werden, um bestimmte besondere Orte hervorzuheben. Hübsch sind auch die berechneten Schatten, die die Karten deutlich lebendiger werden lassen. Die Schattenberechnung ist nicht in der Demoversion beinhaltet.

Objekte, © VISARD

Objekten können erklärende Texte zugeordnet werden und sie können über die Z-Höhe in den Vorder- oder Hintergrund mehrstufig angeordnet werden. Besonders interessant ist die Nutzung der Assoziationsfunktion. Über die Konfigurationsmöglichkeit von Optionen kann ich Häusern Stockwerke zuweisen. Jedem dieser Stockwerke kann ich dann eine eigens erzeugte Karte zuweisen oder vielleicht auch einen Zugang zu einem Dungeon. Würde ich beispielsweise mit viel Zeit eine ganze Stadt erzeugen wollen, mit Bodenplänen der Häuser, eine Kanalisation und von dort aus versteckte Zugänge zu den Gruften aus lang vergessener Zeit, bietet mit der VISARD alle Möglichkeiten dazu.

  • Über 60 Sets für den Außenbereich:

    • Eis- und Schneelandschaft, Waldwiese, Ackerland, Sumpf und Moor
    • Wüstengebiete, Fels- und Steinboden, mehrere Bepflasterungen für Städte
    • Sets für Friedhof und Parkanlagengestaltung, befestigte Hafenanlagen etc.
  • 16 Sets für den Innenbereich:
    • Gast- und Wirtshaus, Bibliothek, Stallungen & Wohnraum
    • Kerkerräume mit Zellen, Kellerräume, Badehäuser
    • umfangreiche Verlies-Sets
  • 20 Haustypen mit jeweils mehreren Formen für
    • Handwerkshäuser, Handelshäuser und Kontoren
    • Stadt- und Amtshäuser, Tavernen, Scheunen und Lagereinrichtungen
    • Verladekräne, Wassermühlen, Verkaufsstände, Zelt und Vordächer
    • Wald-, Naturhäuser und Pfahlbauten, Orientalische Kuppelgebäude
    • Tempelanlage,etc
  • 4 Burg und Wehranlagen
    • Pfahlbaubefestigung,Holzfort
    • Stadtfestungen,Wüstenburg
  • Allgemeine Sets
    • Boote und Galeeren, Bäume und Sträucher, Kisten
    • Wege und Gleisbebauung, Einrichtungen f. Wohn- und Wirtshäuser, Bibliotheken, Badehäuser
    • Fuhrwerk, Bodenfallen, Bücher und Schriftrollen
    • Teppiche und Bodenfresken, Okkulte Innerräume

 

Selbstverständlich bietet das Programm auch die Möglichkeit, eigene Grafiken zu importieren und in den Karten zu nutzen. Darüber hinaus finden wir sogar eine Projektverwaltung, die wir nutzen können, um zusammengehörige Karten abzulegen und die Übersicht zu behalten.

Eine Tempelanlage, © VISARD

Nach getanem Werk kann die Karte als Bitmap exportiert werden und dann weiter benutzt werden. Beim Export kann ich wählen, welchen Maßstab ein Kästchen einnimmt. Zusätzlich kann ich Berandung, Beschriftungen und die sehr hübsche Nebelfunktion aktivieren. Leider funktionierte der Export nur sehr unzuverlässig in der mit zur Verfügung gestellten Version und brachte die Software sogar einmal zum Absturz. Hervorzuheben ist, dass dieser Fehler nur dann aufkam, wenn ich die Karte vorher nicht gespeichert hatte und ich nach kurzer Kommunikation mit dem Entwicklungsstudio eine Zusage zur Behebung bekam.

Das umfangreiche Handbuch erklärt die Funktionen und Möglichkeiten der Software wirklich gut und sollten noch Fragen offen sein, steht der Support bereit, mit dem ich selbst gute Erfahrungen gemacht habe. Des weiteren gibt es noch den Blog des Entwicklungsstudios, auf welchem wertvolle Tipps zu finden sind: http://visardblog.intelligence-software.de/

Preis/Leistungsverhältnis

Mit 27,99 EUR liegt der VISARD nicht allzu hoch im Preis, wenn man ihn beispielsweise mit dem Campaign Cartographer vergleicht. Dafür bekomme ich ein Stück Software, welches stetig weiter entwickelt wird und auch ständigen Updates unterliegt.

Auch in diese Betrachtung gehört mit hinein, dass bereits die mit über einem Gigabyte sehr große kostenlose Demoversion nahezu alle Funktionen beinhaltet. Lediglich der Schattenwurf wird nicht berechnet und die Projektverwaltung ist eingeschränkt.

Im deutschsprachigen kommerziellen Bereich gibt es nichts vergleichbares zum jetzigen Zeitpunkt und man merkt die bisherigen 2 Jahre Entwicklungszeit der Software deutlich an.

Da für die kommenden Monate zum Ende des Jahres 2012 eine Preiserhöhung angekündigt ist, die dann auch mit einer Vielzahl neuer Features verbunden ist, würde ich besser jetzt denn später zuschlagen. Unter den neuen Features ist möglicherweise ein Generator, der Dungeons generieren kann, zu finden.

Fazit

Dichter Nebel liegt über dem Hafen, © VISARD

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich die Oberfläche gar nicht mag. Ich kann schon nachvollziehen, dass die Macher den Fantasy-Touch auch im Programm verankern möchten, praktisch jedoch finde ich das nicht. Eine klassische Oberfläche einer Windows-Anwendung wäre mir weit lieber gewesen.

An dieser Stelle muss ich jedoch betonen, dass ich selbst eine gewisse Gewöhnungshaltung an Design- und Entwicklungsprogramme durch meinen Beruf habe. Versetze ich mich hinein in jemanden, der nicht so geprägt ist von dem klassischen Aufbau einer Software-Oberfläche und bewerte nur die Intuitivität, ist ein deutliches Plus, dass die Oberfläche nicht überladen durch große Menüs mit teils in Untermenüs versteckten Optionen ist. Tooltips fehlen jedoch eindeutig an den Buttons.

Auch fehlt mir die Möglichkeit, den Tile-Explorer wie auch die Objektdatenbank als eigenständige Fenster verschieben zu können. Ein Zoom des Hauptfensters wäre auch sehr wünschenswert. Letztlich vermisse ich als eingefleischter Science-Fiction Fan Tiles und Objekte für dieses Genre.

Lassen wir mal diese Mankos weg, ist der VISARD eine sehr schöne und bereits weit ausgereifte Softwarelösung, um Karten für meine Spielrunde zu designen. Die Im- und Exportmöglichkeiten lassen kaum Wünsche übrig, die Positionierung der Elemente geht nach etwas Eingewöhnung leicht von der Hand und ermöglicht das Zeichnen wirklich schöner Karten.

Die wahre Stärke des Designers ist die unglaubliche Fülle an Objekten, die ich platzieren kann. Auch die Handhabung ist in vielen Punkte intuitiv, so dass ich ohne großes Lesen des Handbuchs bereits solide Ergebnisse kriege.

Alles in allem muss ich eine Kaufentscheidung aussprechen für diejenigen, die gute Fantasykarten erzeugen wollen. Ich mag vor allem den leicht dreckigen Touch der Karten, sobald die Nebeloption aktiviert ist.

Daumen4Maennlich 

Artikelbilder: © VISARD

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein