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Epic Words und Obsidian Portal sind Systeme, die speziell für das Kampagnenmanagement entwickelt wurden. Wir haben uns beide System in der Vergangenheit angesehen und auch einen direkten Vergleich angestellt. Heute sehen wir uns mit WordPress einen Vertreter der Generation Web 2.0 an. Wir unterscheiden aufgrund des unterschiedlichen Funktionsumfangs zwischen einem (kostenfrei) bei wordpress.de gehosteten Blog und einer selbst gehosteten Lösung. Wir raten an dieser Stelle von der dritten Option – den Premium Services aus dem Hause WordPress – ab, da diese im Vergleich zum eigenen Hosting deutlich teurer sind und nur über einen eingeschränkten Funktionsumfang verfügen.

Was ist WordPress?

WordPress ist eine Blogsoftware, die in den Jahren 2001 bis 2002 entwickelt und seitdem fortwährend weiterentwickelt wurde. Heutzutage ist WordPress die dominierende Blogsoftware im Internet. Die Plattform wordpress.com bietet heute Millionen von Weblogs ein Zuhause. Doch auch außerhalb der Blogosphäre hat sich WordPress mittlerweile verbreitet. Durch das schlanke und klare Verwaltungskonzept genießt es auch in der Welt der Content-Management-Systeme einen guten Ruf und es gibt sogar Bestrebungen, WordPress als Wiki einzusetzen. Auch unsere Seite Teilzeithelden.de ist mit dieser Software erstellt worden.

WordPress als kostenlose Variante

Jeder Benutzer darf sich nach einer Anmeldung auf WordPress.com eine beliebige Anzahl an Blogs anlegen. Man erhält insgesamt 3 GB Speicher kostenfrei, was selbst für eine Kampagne mit aufwändiger grafischer Darstellung ausreichend sein sollte.

Maske zur Blogerstellung auf wordpress.com
Maske zur Blogerstellung auf wordpress.com

Die Anmeldung am Dienst, sowie die Errichtung eines Blogs sind praktisch selbsterklärend. Nur wenige Sekunden nach der Anmeldung stehen wir vor unserem eigenen Blog, das sich bereits in voller Pracht präsentiert. Für ein grundlegendes Kampagnenmanagement benötigen wir zunächst einmal ein Abenteuerlog. Als Blogsoftware kann WordPress die Anforderungen hier voll erfüllen.

Durch die Anlage unterschiedlicher Kategorien können hier nicht nur unterschiedliche Kapitel der Kampagne, sondern auch unterschiedliche Blickwinkel (zum Beispiel der Charaktere) auf die Kampagne dargestellt werden. Somit vereinigt WordPress die Stärke der vormals verglichenen Kampagnensysteme, da sowohl eine Kampagnenchronik als auch Charaktertagebücher geführt werden können.

Durch Kategorien bzw. Filter nach Autoren kann immer der jeweilige Inhalt ausgegeben werden. Ein Haken hierbei ist, dass WordPress die Artikel streng chronologisch aufnimmt. Das bedeutet, dass man mit den entsprechenden Schaltflächen im Artikel immer zum nächsten bzw. vorherigen Artikel springt – und nicht zum vorherigen bzw. nächsten zugehörigen Artikel. Es existiert allerdings ein Workaround für all jene, die WordPress auf einem eigenen Server betreiben – dieser steht den Nutzern der kostenfreien Version leider nicht zur Verfügung. Tinquendi und Timberwere betreiben übrigens WordPress-Blogs, die hauptsächlich als Charaktertagebücher bzw. Abenteuerlogs geführt werden, während The Dresden Files: City on the River eine gesamte (mittlerweile beendete) Kampagne dokumentiert.

Neben dieser Funktion möchten viele Gruppen ihre Charaktere oder Spielleitercharaktere, gefundene Gegenstände, besuchte Schauplätze oder geschichtliche Fakten ihrer Kampagne hinterlegen.

Anders als in den bereits vorgestellten Systemen existieren in WordPress keine unterschiedlichen Inhaltstypen. WordPress unterscheidet lediglich zwischen dynamischen Inhalten (Beiträge) und statischen Inhalten (Seiten). Der Nachteil ist, dass man sich zunächst eine Struktur erarbeiten muss, in der die Beiträge dargestellt werden sollen. Das erfordert etwas Pioniergeist und die Nutzung des WYSIWYG-Editors, oder, wenn man zum Beispiel Tabellen einfügen möchte (Stichwort: Charakterbogen), auch mal die Bearbeitung der Vorlage mittels HTML. Das hört sich im ersten Moment natürlich sehr technisch und kompliziert an, man braucht sich davon aber nicht ins Bockshorn jagen zu lassen.

Das benötigte HTML-Wissen ist in aller Regel minimal und kann sich innerhalb einer Stunde auf SELFHTML (einer HTML-Referenz) angeeignet werden, den Rest übernimmt der komfortable Editor. Vorteilhaft: Man kann seine Inhalte genau so aufbereiten, wie man es sich wünscht – und nicht, wie es ein Programm vorgibt. Ist eine solche Vorgabe einmal erstellt, sollte man sie entsprechend auch als Vorlage benennen und unveröffentlicht in der Beitragsansicht belassen. Nutzer der kostenfreien Variante haben hier bei der Erstellung neuer Beiträge und Seiten die Möglichkeit, direkt in der Erstellung neuer Artikel eine alte Seite als Vorlage zu benennen. Ein praktisches Feature, welches wir in der selbst gehosteten Variante kurioserweise nicht spendiert bekommen haben und daher mit einem Plugin (s.u.) nachziehen werden.

Hat man seine Struktur vorbereitet und begonnen, Inhalte in WordPress zu erstellen, kommt schnell die Frage auf: Wie werden meine Beiträge später wiedergefunden? Dies ist eine Schwäche des WordPress-Systems: So komfortabel wie ein Wiki ist WordPress nicht, eine Verlinkung über Wiki-Schlagworte kommt daher nicht in Frage. Zur Strukturierung der Inhalte verwendet man also die (vorher definierten) Kategorien. Wenigstens können diese über die Menüfunktion automatisch in die Navigation integriert werden – hat man also einmal die Überkategorie „Charaktere“ ins Menü integriert, werden auch die dazugehörigen Charaktere automatisch mit ins Menü aufgenommen. Eine weitere Möglichkeit der Strukturierung der Artikel funktioniert über die Verschlagwortung (Tagging) der Beiträge. So kann man zumindest thematisch zusammengehörende Beiträge kennzeichnen. Beispielsweise können sämtliche Logbucheinträge, die zu einem bestimmten Abenteuer gehören, zusammengefasst werden. Leider ist es nicht möglich, Seiten zu verschlagworten, daher ist eine thematische Zusammenfassung statischer Inhalte über die Verschlagwortung nicht möglich.

Eine Verlinkung innerhalb der Beiträge wird immerhin über einen Button im Editor unterstützt, bei dem man sich den fraglichen Artikel heraussuchen kann – so komfortabel wie ein Wiki ist das aber leider nicht.

Der kostenfreien Version fehlt darüber hinaus die Möglichkeit, Teile eines Beitrages nur bestimmten Personen oder nur dem Spielleiter zugänglich zu machen. Eine elementare Schwäche, wenn man seine Kampagne vollumfänglich managen will. Ist der Spielleiter der Einzige der Gruppe, der Zugang zum Backend, der Verwaltungsmaske von WordPress, hat, können immerhin ganze Seiten auf den Entwurfsmodus und damit für die Welt unsichtbar geschaltet werden. Da das Berechtigungsmanagement in WordPress überschaubar ist, sollte ein Spieler nur die Berechtigungsgruppe „Autor“ erhalten. Dadurch können eigene Beiträge erstellt, aber keine Seiten eingesehen werden.

Apropos Zugangsrechte: Vorausgesetzt, dass die gesamte Gruppe mittels Accounts auf das Blog zugreifen können soll, hat man auch die Möglichkeit, die komplette WordPress-Installation privat zu schalten. In diesem Fall kommen nur noch der Administrator und von ihm ausgewählte Personen (also die Spielergruppe) auf die Inhalte des Blogs. Die entsprechende Einstellung findet sich unter „Einstellungen ? Lesen“ und steht kurioserweise nur Nutzern der kostenfreien Variante zur Verfügung.

Fazit: WordPress bringt von sich aus bereits zahlreiche Features mit, die auch die beiden Kampagnenmanagement-Systeme mitbringen. Es fehlt die Möglichkeit, Inhalte ganz bzw. teilweise zu verbergen und auch die Verlinkung der Artikel miteinander ist nicht ganz so komfortabel wie dies bei den Spezialistensystemen der Fall ist. Dafür bringt WordPress mit dem Kategorien bzw. Schlagwortkonzept die Möglichkeit, seine Inhalte absolut flexibel zu definieren und gestalten. Von Haus aus liegen auch schon einige unterschiedliche Templates vor, die in der Regel an den eigenen Geschmack angepasst werden können. Wer also einen gewissen Einarbeitungsaufwand nicht scheut und mit den Nachteilen leben kann, ist bei WordPress – auch in der kostenfreien Variante – bestens aufgehoben.

WordPress in Eigenregie – die große Freiheit

Wem die oben genannten Features noch nicht ausreichen, der darf ab diesem Punkt den Geldbeutel auspacken und die Ärmel hochkrempeln. Es gilt, eine eigene WordPress Installation aufzusetzen. Zuerst die Frage, die sich am Anfang jedes Projektes stellt: Was kostet mich der Spaß? Hier lohnt ein Blick auf die Systemvoraussetzungen von WordPress. Diesen Mindestvoraussetzungen muss euer Webhosting-Paket genügen. In der Regel geht das ab drei Euro los und nach oben sind wie immer keine Grenzen gesetzt. Manche Provider schreiben bei Ihren Tarifen direkt dazu, ob der Tarif wordpressfähig ist. Hier lohnt es sich immer, die Tarife einzeln durchzugehen, anstatt blind der Empfehlung des Providers zu folgen. Meistens ist der angepriesene Tarif teurer (und großzügiger dimensioniert), als das, was ihr benötigt. Habt ihr euch für einen Tarif entschieden und habt diesen gebucht, dann ladet ihr euch die aktuellste WordPress-Version von WordPress.org herunter. Diese muss dann auf euren Webspace geladen werden. Nach der Erstellung einer Datenbank könnt ihr mit der Installation von WordPress beginnen. Eine exakte Anleitung hierfür ist in der WordPress Version mitgeliefert und ihr solltet euch diese ansehen, bevor ihr Geld ausgebt.

Habt ihr all diese Schritte hinter euch, strahlt euch ein etwas steriles und vor allem leeres WordPress entgegen. Leider erfüllt es nicht den vollständigen Funktionsumfang der kostenfreien Version – das müssen wir jetzt noch nachrüsten.

Homepage WordPress

Flexibilität durch Plugins

So paradox es klingt – die Open Source Version von WordPress ist nicht ganz so umfangreich wie die Community-Version. Das ist aber kein Beinbruch, denn in der Open Source Version hat man, anders als in der freien Variante, die Möglichkeit sogenannte Plugins zu installieren. Plugins sind kleine „Miniprogramme“ deren Zweck darin besteht, die eigene WordPress Installation mit individuellen Funktionen zu erweitern. Es gibt sogar ganze Community-Portale, die mit WordPress gebaut worden sind und deren zahlreiche Funktionen komplett durch Plugins nachgebaut wurden.

Um die fehlenden Funktionen wiederherzustellen, solltet ihr auf diese Plugins zurückgreifen:

Duplicate Post – dieses kleine Plugin gibt euch die Funktion wieder, eure Seiten kopieren zu können. Zwar nicht ganz so komfortabel wie in der Community Version, aber immerhin noch sehr nutzerfreundlich.

Restricted Site Access – in der Open Source Version von WordPress ist es nur noch möglich, Suchmaschinen auszuschließen, eine komplette Sperre des Systems für nicht angemeldete Nutzer ist leider nicht möglich. Restricted Site Access erlaubt euch aber genau das: Sollte eine gesperrte IP oder ein nicht angemeldeter Nutzer auf die Seite gelangen, wird er direkt auf die Anmeldebox verwiesen. Der Link führt euch auf eine englische Seite, in der das Plugin erklärt wird.

Das war es auch schon an fehlenden Funktionen – jetzt wollen wir noch einige neue hinzufügen, damit euer Kampagnenmanagement rockt:

Optional Content Plugin – diese kleine Perle ist für den Betrieb eines Kampagnenmanagementsystems unheimlich wertvoll. Hiermit könnt ihr mittels Shortcode (kleinen, Wiki-Code ähnlichen Schnipseln) bestimmte Teile einer Seite nur unter bestimmten Bedingungen anzeigen lassen. Zum Beispiel können bestimmte Inhalte nur dem Spielleiter oder einer Teilmenge der Spielgruppe angezeigt werden. Einziger Wermutstropfen: Hat ein Spieler die Rechte, den Beitrag oder die Seite zu bearbeiten, kann er auch die hinterlegten, geheimen Informationen einsehen.

Restrict Content – mit diesem Plugin können ganze Seiten oder Beiträge vor der Öffentlichkeit oder der Spielergruppe verborgen werden. Der Spielleiter kann diese Möglichkeit nutzen, um kommende Schauplätze oder Charaktere vorzubereiten oder geheime Notizen zu hinterlegen.

Easy Spoiler – Dieses Plugin dient dazu, Spoiler im Text einzufügen. Anstatt des gesamten Inhaltes (der auch z.B. eine Grafik sein kann) erscheint nur ein selbstgewählter Anrißtext und kann mittels Klick erweitert werden. Im Kampagnenmanagement kann das zum Beispiel bei FATE genutzt werden, um hinter dem Aspekt als Spoilertext die dazu gehörige Geschichte oder Erklärung zu liefern, oder um hinter Vor- bzw. Nachteilen den Regeltext zu verstecken.

Dies sind natürlich nur einige Plugins, die für eure Kampagne interessant sein können. Es existieren hunderte, wenn nicht gar tausende weitere Plugins, die nur darauf warten, in eurer Kampagne eingesetzt zu werden. Denkbar sind zum Beispiel Kalender, die eure Spieltermine festhalten, ein einfaches Forum oder vielleicht sogar ein Wiki-Plugin um die Wiki-Funktionen von WordPress noch weiter auszubauen. Der Fantasie sind hier nur wenig Grenzen gesetzt, allerdings verlangt WordPress an dieser Stelle auch Eigeninitiative und Lernbereitschaft von seinen Nutzern.

Anders als in der kostenfreien Variante kann der Nutzer nicht nur vorgegebene grafische Templates verwenden, sondern auch auf eine Vielzahl selbst geschriebener Templates zurückgreifen und diese ggf. sogar im Code weiter anpassen. Gerade wer aufwändige grafische Gestaltung schätzt, wird diese Möglichkeit lieben.

Fazit

Anders als die bisher vorgestellten Systeme liefert WordPress kein fertiges Umfeld, in der einfach losgelegt werden kann. Sämtliche Instrumente sind zwar vorhanden, sie müssen aber auf die spezielle Kampagne noch angepasst werden. Das erlaubt dem Nutzer alles nach seinen Wünschen einzurichten, verlangt aber auch ein gewisses Engagement und Lernbereitschaft.

Fachkenntnisse im Umgang mit einer eigenen Homepage und der Wille, sich in ein System einzuarbeiten, sind praktisch Pflicht. Die anfallenden Kosten sind in der Regel höher als bei den vorgestellten Systemen, nur der monatliche Tarif bei Obsidian Portal übersteigt diese Kosten noch.

Auch die Trennung zwischen Spielleiter und Spielerinformationen gelingt nicht vollständig. Möchten Spieler aktiv an der Gestaltung der Webseite teilhaben, ist darauf zu achten, an welcher Stelle welche Informationen hinterlegt werden. Eine mögliche, bereits oben beschriebene Lösung ist es, Seiten nur durch den Spielleiter zu erstellen und geheime Informationen auch nur hier zu hinterlegen. Spieler mit der Nutzergruppe Autor können in diesem Fall nicht auf die Informationen zugreifen. Das ist besser als Epic Words, eine ideale Lösung ist das aber noch nicht.

Zusammenfassend kann WordPress die flexibelste aller bislang beschriebenen Lösungen sein. Die genannten Mängel sind zu großen Teilen lösbar. Da Zeitaufwand und Kosten allerdings über dem der bekannten Portale liegen, bleibt diese Lösung Enthusiasten vorbehalten, die willens sind, Zeit und Geld in eine ideale Lösung zu investieren.

 

 

 

 

1 Kommentar

  1. Man kann via Custom Post Types im Prinzip auch (beispielsweise) Templates für Spieler und NPCs erstellen, die dann von Spielern und Spielleitern mit Inhalt gefüllt werden können. Damit kann man sich eine Charakterdatenbank aufbauen. Theoretisch muss man für CPTs programmieren können, es gibt Plugins, die einem das abnehmen und quasi drag&drop-Interfaces bieten, um seinen CPT zusammenzustückeln. Spätestens, wenn es daran geht, diese Informationen dann anzuzeigen, muss man allerdings Templates programmieren. Damit also eher was für Personen mit php- und html-Kenntnissen. Damit kann man im Prinzip aber mit CPTs auch fast jede beliebige Datenstruktur abbilden und ausgeben. Charactersheets beispielsweise wären aber überhaupt kein Problem.

    Die Zugriffsrechte lassen sich ebenfalls mit Plugins feiner granulieren, es gibt auch dafür Erweiterungen, die mehr als nur die von WordPress-Core vorgesehenen Benutzerränge oder Benutzergruppen zur Verfügung stellen. Damit kann man Inhalte erstellen, die nur Spieler oder nur Spielleiter sehen können (sowohl im Frontend wie im Backend). Welches Plugin man hier genau nutzt ist allerdings von persönlichen Vorlieben und Kenntnissen abhängig, deswegen verzichte ich an dieser Stelle auf ein Beispiel.

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