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Während der Pandemie ist das remote Rollenspielen ein großer Faktor geworden und aus vielen Runden nicht mehr wegzudenken. Foundry VTT und Roll20 haben ihren festen Platz gefunden und auch der eigentlich eher für Brettspiele gedachte Tabletop Simulator wird genutzt. Der GoDice D20 soll mehr Haptik in die Virtualität bringen.

Der GoDice D20.

Virtuelles Rollenspiel erlebte während der Covid-19-Pandemie seine bisherige Spitze in der Popularität. Plötzlich wollten die Würfel in browserbasierten Lösungen wie Foundry VTT oder Roll20 geworfen werden, oder die ebenfalls für die Brettspiel-Community so überlebenswichtige Software Tabletop Simulator wurde eingesetzt. Und auch Discord wurde immer mehr zu einem Tool, um der geliebten Realitätsflucht auf Distanz zu frönen. Die Firma Particula will hierfür eine haptische Komponente zurück in die Spielzimmer bringen. Nach den erfolgreichen GoDice mit App-Anbindung zum smarten Spielen gibt es nun auch Gehäuse für rollenspieltypische Würfel. Im uns zur Verfügung gestellten Pack handelt es sich um ein Gehäuse für einen W20. Im vollständigen Bundle gibt es auch noch Hüllen für W100, W12, W10, W8 und W4. Wie sich der eigenständige Zwanzigseiter schlägt, haben wir getestet.

Features

Einbindung in den Browser

Für den GoDice D20 ist die Einbindung in den Browser elementar, um mit den oben genannten Plattformen zu interagieren. Hierfür reicht der simple Download der Chrome Extension beziehungsweise ist für die Einbindung in Discord eine etwas komplexere Vorgehensweise notwendig. Ist die Erweiterung erst einmal installiert (sie lässt sich auch zu Microsoft Edge übertragen), kann jedoch nicht einfach munter drauf losgewürfelt werden. Die Extension aktiviert sich ausschließlich, wenn man eine laufende Runde bei Roll20 oder Foundry VTT im Browser geöffnet hat.

Der Dialog einiger Würfe in Discord.

Dies verhindert einen Technik-Probelauf und kann eine Runde, die pünktlich in ihr Abenteuer starten will, durchaus aufhalten. Und wenn es dann nicht verlässlich funktioniert, wird es frustrierend. Leider konnte im Test nicht ein ganzer Rollenspiel-Abend mit dem Würfel bestritten werden, da dieser ständig die Verbindung verloren hat, respektive die Browsererweiterung den Würfel gar nicht mehr fand.

Die Einbindung in Discord funktioniert jedoch wunderbar, hier fehlt aber der tatsächliche Mehrwert des haptischen Würfelns, da eine Einbindung in Charakterbögen oder ähnliches nicht direkt stattfindet.

Die App

Die dezidierte App für die gesamte Würfelreihe von Particula funktioniert, wie man es erwarten würde. Es gibt sogar einen sehr gut gemeinten (und absolut notwendigen) Ratschlag, die App lieber auf Endgeräten mit größerem Display zu installieren, wenn man es über das Smartphone versucht. Und auch wenn auf dem Smartphone alles einwandfrei funktioniert, ist beispielsweise auf dem Tablet natürlich alles besser zu sehen. Die Verbindung mit dem Würfel hat problemlos funktioniert und war selbsterklärend. Aber leider ist der GoDice D20 für die App nur bedingt brauchbar.

Von allen Spielen lassen sich nur der Pachisi-Klon und die RPG-Umgebung wirklich sinnvoll nutzen. Alle anderen Spiele starten zwar, brauchen aber mehr Würfel, um gespielt zu werden. Ein Yahtzee-Klon mit einem Würfel ist auch nur schwer vorstellbar. Apropos Klone: Die Spiele in der App scheinen (soweit mit nur einem Würfel feststellbar) zwar rund, aber die Aufmachung hinterlässt einen Beigeschmack. Einige der Spiele und die Übersichtsseite erinnern an die Flash-Game-Seiten der frühen 2000er-Jahre oder alte 500-in-1-Bootleg-Spiele-Cartridges für den Game Boy, die man als Kind aus dem Urlaub in Südeuropa mitbrachte. Bei jedem Start wartete man förmlich auf die irreführende Werbung für ein Pay-2-Win Mobile Game.

Verarbeitung

Hier direkt vorweg: Bei der Verarbeitung, der Präsentation und dem Lieferumfang hat man sich alle Mühe gegeben und ein sehr wertiges Endprodukt fertiggestellt. Beim ersten Auspacken befindet sich der Würfel in einer kleinen durchsichtigen Box, die durch zwei Einlagen den Eindruck erweckt, dass der W20 schwebt. Durch diesen dekorativen Kniff hat man auch eine schöne Möglichkeit, den Würfel ansehnlich auszustellen, wenn gewünscht. Für pragmatisch Veranlagte gibt es einen kleinen Stoffbeutel für die Aufbewahrung.

In der Basis der Box befindet sich die kleine Ladestation, die den Würfel mit Strom versorgt. Dies geschieht, indem das Gehäuse des W20 abgenommen und der darunterliegende W6 enthüllt wird. In ihm befindet sich die gesamte Technik. Nun drückt man die Seite mit der 5 für circa zehn Sekunden auf die Kontakte und der Würfel hat wieder einen vollständig geladenen Akku. Damit der Würfel im Anschluss wieder korrekt zusammengesetzt werden kann, sind auf den Innenseiten der beiden Hüllenhälften Anweisungen, welche Seite in welche Hälfte gesteckt werden soll.

Die Technik des Würfels kann auch durchaus überzeugen, wenn man von den oben beschriebenen Verbindungsproblemen einmal absieht. Die 3D-Sensoren sind absolut zuverlässig und haben nicht einmal ein falsches Ergebnis angezeigt. An der Bluetooth-Verbindung des Würfels scheint es ebenfalls nicht zu liegen, dass die Verbindung mit Foundry VTT und Roll20 im Test nicht funktioniert hat. Da sowohl iOS- und Android-App sowie Discord den Würfel problemlos erkannt haben, scheint schlicht die Browsererweiterung nicht fehlerfrei zu sein. Die LED-Beleuchtung ist ein nettes Gimmick ohne echten Mehrwert, aber wer liebt nicht immer noch mehr LEDs? Die angepriesenen zwei Stunden Spielzeit bei zehn Sekunden aufladen waren nicht feststellbar. Im Test waren es eher knappe 65 Minuten.

Doch wie sieht es mit der Kernfunktion des Würfels aus? Wie gut lässt er sich werfen und wie ist er austariert? Dafür wurden im Test unter Zuhilfenahme eines Würfelturms 1000 Würfe gemacht, um die Wahrscheinlichkeiten zu sehen. Für einen Würfel mit nicht wenig ausgefeilter Technik liegt der GoDice D20 sehr gut in der Hand und ist fast schon etwas zu leicht. Zu Beginn herrschte große Skepsis, ob der Würfel trotz der Verbindung der beiden Hälften vernünftig rollen würde. Hier konnte aber kein Stottern, Hubbeln oder Ähnliches festgestellt werden. Und nach 1000 Würfen lässt sich feststellen: Es gibt keine perfekte Verteilung auf die 20 Seiten, aber auch keine unnatürlichen Ausreißer. Am häufigsten wurde die 17 geworfen die mit 70-maligem Auftreten mehr als doppelt so oft geworfen wurde wie das Schlusslicht, die 18 (30 Mal). Durch diese beiden Zahlen haben wir dann nicht nur im Durchschnitt das statistisch wünschenswerte Aufkommen von 50, sondern sogar im Median.

Die Verteilung der Würfe.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Particula
  • Plattform: Browserbasiert, iOS, Android
  • Sprache: Englisch
  • Preis: 49,99 USD
  • Bezugsquelle: Fachhandel

 

Fazit

Es hätte so schön sein können: Die Einbindung des Würfels in Foundry VTT oder Roll20 hätte für die liebgewonnenen Onlinerunden wieder etwas Haptik, etwas zum Anfassen ins Spiel gebracht. Denn wie oft hat man den Zufallsgenerator im Computer schon bezichtigt, mit gezinkten Würfeln zu spielen? Nun hätten wir wieder selbst schuld sein können. Doch der GoDice D20 ist leider nur teures Spielzeug. Die sehr gute Technik seiner W6-Vorreiter wird nicht gut genug genutzt, da die elementare Browsererweiterung einfach unzuverlässig ist. Und in der uns zur Verfügung gestellten Version mit einem Würfel kann selbst der W6 in der gut funktionierenden App nicht glänzen. Vor allem für den UVP von 49,99 USD (wobei auf der offiziellen Webseite bei jedem Besuch während des Testzeitraums ein Sale herrschte) könnte man sich wesentlich schönere Würfel für die Runde daheim zulegen.

Wer Interesse an den technischen Möglichkeiten und gerade ein paar Taler auf der Seite liegen hat, sollte sich bei Bedarf das Sechserpack mit den W6 besorgen, denn in Verbindung mit der App kann man sehr viel Spaß damit haben. Da jedoch der Haupt-Kaufanreiz mit der Browsererweiterung absolut unzuverlässig ist, bekommt die Rollenspielvariante aktuell nur zwei von fünf möglichen Natural 20.

  • Liegt gut in der Hand
  • Sieht hübsch aus

 

  • Als einzelner Würfel schwer nutzbar
  • Anbindung an Foundry/Roll20 schwierig bis unmöglich
  • Kostspieliges Accessoire

 

Artikelbilder: © Particula
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Denise Hollas
Fotografien: Tim Billen
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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